Originaltitel: Endgame
Episodennummer: 4x20
Bewertung:
Erstausstrahlung USA: 13. Oktober 1997
Erstausstrahlung D: 10. Oktober 1998
Drehbuch: J. Michael Straczynski
Regie: John Copeland
Hauptdarsteller: Bruce Boxleitner als Captain John Sheridan, Claudia Christian als Commander Susan Ivanova, Jerry Doyle als Security Chief Michael Garibaldi, Mira Furlan als Delenn, Richard Biggs als Doctor Stephen Franklin, Bill Mumy als Lennier, Stephen Furst als Vir Cotto, Jason Carter als Marcus Cole, Jeff Conaway als Zack Allan, Patricia Tallman als Lyta Alexander, Peter Jurasik als Londo, Andreas Katsulas als G'Kar.
Gastdarsteller:
J. Patrick McCormack als General Lefcourt,
Marjorie Monaghan als Number One,
Carolyn Seymour als Senator Crosby,
Ungela Brockman als Earthforce NCO,
David Purdham als Captain James,
Julian Stone als Captain Mitchell,
Gary McGurk als President Clark,
Maggie Egan als ISN Anchor u.a.
Kurzinhalt:
Nach der Befreiung Sheridans sind nun alle Spielfiguren für das große Finale im Erd-Bürgerkrieg in Position. Nun beginnt man an mehreren Stellen mit der Umsetzung von Sheridans ausgeklügeltem Plan, mit dem die Erde – unter so geringen Verlusten auf beiden Seiten wie nur möglich – von Clarks unterdrückendem Regime befreit werden soll. Eine Schlüsselrolle kommt dabei Garibaldi, Franklin und Lyta auf dem Mars zu, denn mit ihrer Hilfe sollen einige der von den Schatten veränderten Telepathen auf die Kreuzer der Erdstreitkräfte geschmuggelt werden, um diese so außer Gefecht zu setzen. Zudem führt eine Gruppe Weißer Stern-Schiffe ein riskantes Manöver aus, in dem sie innerhalb der Mars-Atmosphäre aus dem Hyperraum springen, um die Verteidigungsanlagen auszuschalten. Nachdem dies erledigt ist, springt Captain Sheridan mit seiner Streitmacht in den Sektor. Während die Begleitschiffe die letzten noch verbliebenen Erdkreuzer beschäftigen, setzt er unaufhaltsam und unbeirrt seinen Weg bis zur Erde fort. Doch Präsident Clark droht mit seiner letzten Anweisung, Sheridans Sieg dem Geschmack von Asche im Mund zu verleihen. Doch auch abseits der großen Schlacht geht es um Leben und Tod: Marcus stöbert in den Archiven von Babylon 5 verzweifelt nach einem Weg, um Susan doch noch das Leben zu retten…
Denkwürdige Zitate:
"She would want to be here for the battle, conscious or otherwise."
"I know. But we must do what's best for her."
"She's dying. What is there to do?"
(Ein verzweifelter Marcus im Gespräch mit Delenn.)
"We're one jump from more trouble than most of you have seen during your years in Earthforce. It is my supreme hope that in all the years after this we may never see a day like this again."
(Captain Sheridan zur Flotte, kurz bevor sie in den Sektor der Erde springen.)
"Sheridan was one of my students back at the academy. I taught him everything he knows. I know how he thinks. I know how he fights. To tell you the truth, I've always admired him. And now I'm going to have to kill him and his ship and everyone around him. It's a terrible day, Charlie. I wish to hell I'd never lived to see it."
(General Lefcourt äußert sein Bedauern ob der bevorstehenden Schlacht.)
"We know that many in the government have wanted to act but have been intimidated by threats of retaliation against your families your friends. You are not alone anymore. We call upon you to rise up and do what's right. We have drawn their forces away from Earth and disabled them. The time to act is now. This is not the voice of treason. These are your sons and daughters, whose loyalty has never wavered, whose belief in the Alliance has forced us to take extraordinary means. For justice, for peace, for the future… we have come home."
(Sheridans flammende Rede, nachdem er den Orbit der Erde erreicht hat.)
Review:
"Söhne und Töchter der Erde" (im Übrigen eine der ganz wenigen Episoden, wo mir der deutsche Episodentitel besser gefällt als das Original) fühlt sich, so wie schon einige Folgen vor ihr, wie der von langer Hand geplante Höhepunkt einer epischen Geschichte an – und das nicht "nur", weil sie den Mitte der dritten Staffel ausgebrochenen Erd-Bürgerkrieg zu seinem Abschluss führt. Und auch nicht einfach "nur", weil die letzten Folgen allesamt konsequent auf dieses Finale hingearbeitet haben. Vielmehr finden sich in "Söhne und Töchter der Erde" einige Referenzen auf frühere Episoden bzw. Ereignisse, die mich ob JMS' vorausschauender Art und Weise, in der er bestimmte Entwicklungen teils mehrere Staffeln im Vorhinein geplant hat, mein in der Monsterbox enthaltenes "Babylon 5"-Kapperl ziehen lässt. So erfahren wir hier z.B. endlich, welche Rolle die zum Mars gebrachten Telepathen in Sheridans Plan spielen – etwas, das direkt auf "Der Feind meines Feindes" zurückgeht. Äußerst subtil ist die kurze Logbuchaufzeichnung von Dr. Franklin, in der wir das Schicksal von Caylin, mit der er in "Die Schlacht der Telepathen" eine kurze Romanze hatte, erfahren. Und dann ist da natürlich noch das außerirdische Gerät, das Anfang der zweiten Staffel dazu verwendet wurde, Garibaldi zu retten, und auf die Season 1-Folge "Die Heilerin" zurückgeht. Da liegen immerhin drei ganze Staffeln dazwischen!
Beginnen wir mit dem Kampf um die Erde. Was mich dabei in erster Linie beeindruckt hat, ist die schiere Masse an Effekten. Teilweise hat man den Eindruck, "Söhne und Töchter der Erde" böte mehr CGI-Szenen, als die komplette erste Staffel der Serie zusammen. Da stand mir bei der Erstsichtung damals echt die Kinnlade offen, denn auch wenn man von "Babylon 5" damals schon durchaus dynamische, beeindruckende und imposante Schlachtszenen gewohnt war, aber von der Fülle an entsprechenden Szenen her stach diese Episode dennoch diesbezüglich noch einmal heraus. Aber auch qualitativ gefallen sie mir nach wie vor sehr gut. Sehr schön war z.B. die Einstellung der Erdkreuzer im Orbit des Mars. Am beeindruckendsten waren aber wohl die ganzen Hubschrauber-artigen Kamerafahrten auf dem Mars. Bislang hatte man sich bei "Babylon 5" mit ähnlichen Tricks ja eher zurückgehalten, und versucht, durch eher statische Einstellungen den Realismus der Szenen zu verstärken. Hier schöpft man aber aus den vollen, und nutzt die größere Freiheit von CGI-Umgebungen was die Positionierung und Bewegung der Kamera betrifft voll und ganz aus. Vor allem die lange Einstellung, wo wir ein startendes Shuttle bis in den Orbit verfolgen, war ein echter Augenöffner. Aber auch davon abgesehen gab es – sowohl auf der Mars-Oberfläche als auch danach – einige sehr beeindruckende Momente, wie z.B. auch jene Einstellung, wo die Agamemnon aus den Flammen hervortritt. Effekttechnisch war "Söhne und Töchter der Erde" jedenfalls ein absolutes Highlight der Serie, und sollte gerade auch jene, denen das Ende des Schattenkrieges zu unspektakulär war, befriedigen und besänftigen.
Abseits der Effekte konnte mir in erster Linie Sheridans ausgeklügelte und auf mehrere Aktionen verteilte Strategie gefallen. Derart ausgefeilte Schlachtpläne mit mehreren einzelnen Teams, Schauplätzen bzw. Schritten sieht man bei Raumschlachten sonst ja eigentlich nie. Das war echt eine willkommene Abwechslung, und zeigte sowohl Sheridans strategisches Geschick als auch sein Bestreben, Verluste auf beiden Seiten möglichst zu verhindern. Und tatsächlich schien für eine Weile ja auch alles wie am Schnürchen zu laufen – ehe wir einen seltenen und letzten Blick auf Präsident Clark erhaschten, der sich (in Anlehnung an historische Diktatoren, insbesondere natürlich Adolf Hitler) das Leben nahm, jedoch nicht, ohne den Aufständischen eine höchst beunruhigende Nachricht zu hinterlassen: "Verbrannte Erde". War die Episode bis zu diesem Punkt bereits sehr unterhaltsam, spannend und vor allem auch temporeich, drehte sie nun was die Dramatik betrifft spätestens hier so richtig auf, als es Sheridan und seinen Kräften binnen weniger Minuten gelingen musste, das komplette Verteidigungsgitter der Erde auszuschalten, um eine Katastrophe zu verhindern. Die Inszenierung – teilweise auch wieder mit bewusstem, die Dramatik einer Szene verstärkenden Einsatz von Zeitlupen – zusammen mit Christopher Frankes wieder einmal grandioser Musik machten diesen Kampf zu einigen der packendsten und mitreißendsten Minuten der gesamten Serie.
Einen großen Anteil daran hat sicher auch, dass wir von "Babylon 5" gelernt haben, auch den Verlust von Hauptfiguren in Betracht zu ziehen – etwas, an den uns ja gerade auch Ivanovas Verletzung erst eine Folge zuvor wieder erinnert hat. Berücksichtigt man darüber hinaus nun noch, dass sich die komplette Folge teilweise stark wie ein Serienfinale anfühlt, so traute zumindest ich JMS bei der Erstsichtung durchaus zu, dass Sheridan zur Rettung der Erde sein Leben geben würde, was die Spannung während des vermeintlich letzten Ritts der Agamemnon für damals ins Unermessliche steigern ließ. Letztendlich wird er in letzter Sekunde gerettet, doch auch dies fühlte sich nicht wie ein billiger Trick oder eine Deus Ex Machina-Rettung an. Wunderbar dann auch die nachfolgende Szene bei ISN. Etwas, das den Erdbürgerkrieg ja irgendwie auszeichnete war, dass wir ihn im Vergleich zu den meisten ähnlichen Auseinandersetzungen innerhalb der Serie fast ausschließlich nur aus einer Perspektive verfolgten, und – so wie Sheridan und seine Leute – nie einen echten Einblick davon bekamen, wie es denn eigentlich den Menschen auf der Erde geht. Maggie Egan, welche die ISN-Reporterin spielt, hatte nun die undankbare Aufgabe, uns in einer einzigen Szene eben dies rückwirkend bewusst zu machen, und zugleich die Bedeutung von Sheridans Befreiung der Erde, und das Ausmaß der Erleichterung sowohl von ihr als auch von allen anderen, die von Clark unterdrückt wurden, zu vermitteln – und meistert diese Aufgabe mit Bravour. Ihre emotionale Rede, als sie nach all der Zeit endlich wieder vor die Kameras tritt, setzt unter Sheridans Kampagne einen versöhnlichen Schlusspunkt, und macht uns nochmal deutlich, wofür unsere Helden gekämpft – und teilweise auch gefallen – sind.
Womit wir auch beim letzten Punkt angelangt wären. Denn wir sind hier eben bei "Babylon 5", was auch heißt, dass es bei Kämpfen, wo so viel auf dem Spiel steht, keinen Triumph geben kann, ohne dafür auch einen Preis zu zahlen. Im Falle von "Söhne und Töchter der Erde" ist der Preis jedoch nicht wie man das ursprünglich erwartet hätte Ivanovas Leben, sondern vielmehr das von Marcus. Sobald er beginnt, in den Unterlagen der Station nach Wegen zu suchen, wie man ihr Leben vielleicht doch noch retten könnte, beschleicht einen ein ungutes Gefühl – denn wenn es tatsächlich so einfach wäre, hätten Sheridan & Co. diese Option schon längst in Betracht gezogen. Kurz mag man vielleicht noch die Hoffnung hegen, dass sie eventuell ja doch beide überleben könnten – aber dann wäre der Einsatz der Maschine einer Deus Ex Machina gleichgekommen, und hätte sich die tragische Wendung in der Folge zuvor als billiger Trick herausgestellt, und eben das ist nicht JMS' Stil. Und so kommt es, wie es ganz im Stile von großen, tragischen Geschichten unerfüllter Liebe wohl kommen musste: Marcus rettet, mit einem zärtlichen letzten "Ich liebe dich" auf den Lippen, Ivanova das Leben, in dem er sein eigenes opfert – und beschert "Söhne und Töchter der Erde" damit einen tragischen, emotionalen Abschluss, der Sheridans Sieg eine bittersüße Note verleiht.
Fazit:
"Söhne und Töchter der Erde" führt den Erd-Bürgerkrieg zu einem packenden, mitreißenden und teilweise auch emotionalen Abschluss – und nicht nur den. Zahlreiche Referenzen auf frühere Episoden und Ereignisse vermitteln den Eindruck, hier quasi ein Serienfinale vor uns zu haben. Sie zeigen, wie früh bzw. lange auf diese Episode hingearbeitet wurde – geht dies doch bis zum Ende der ersten Staffel zurück – und in der Art und Weise, wie diese Elemente hier nun zusammengeführt wurden, offenbart sich die Größe von JMS' Vision. Diese setzte im vorliegenden Fall auch große Anforderungen an die CGI, sowohl was die Fülle an entsprechenden erforderlichen Szenen betrifft, als auch deren Qualität. Heutzutage mögen sie nicht mehr so beeindruckend sein wie damals, aber Mitte der 90er waren sie, was Qualität und Quantität betrifft, durchaus revolutionär. Neben den Weltraumszenen stachen dabei für mich auch die dynamischen Aufnahmen von der Marsoberfläche mit zahlreichen Kamerafahrten hervor. Generell ist "Söhne und Töchter der Erde" eine ungemein temporeiche Folge, in der sich die Ereignisse förmlich überschlagen – dabei jedoch nie zu überhastet wirken und/oder verhindern würden, dass die bewusst gesetzten emotionalen Momente ihre Wirkung verfehlen. Was Letzteres betrifft, stechen in erster Linie Sheridans Rammbefehl, die Rückkehr der ISN-Reporterin, sowie natürlich Marcus' Opfer am Ende hervor. Kurz und gut: "Söhne und Töchter der Erde" ist ein großartiger, hochdramatischer Abschluss des Erd-Bürgerkriegs, und eine (weitere) Sternstunde der Serie.
Wertung: 5 von 5 Punkten
Christian Siegel
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Vom Skript zur Folge:
Diesmal konnte ich keinen nennenswerten Unterschied ausmachen
Quelle: "Babylon 5: The Scripts of J. Michael Straczynski - Volume 11"
Stimmen zur Episode:
Gastregisseur – und Produzent – John Copeland: „Joe hat diese Episode quasi auf mich zugeschnitten. Er sagte mir "Du wirst das sehr gut hinbekommen – wenn es dich nicht umbringt" – das waren seine exakten Worte, als er mir das Drehbuch überreichte. Wenn wir zusammen im Schneideraum sitzen und unseren Schnitt für eine Episode anfertigen, nennt er mich "Captain Action". Meistens übernehme ich die Führungsrolle wenn es darum geht, die Actionszenen einer Episode zu gestalten, und Joe übernimmt bei den dramatischen Abschnitten die Führung. Ich sehe mich gerne als jemand der über die Jahre hinweg, in meinen Studentenfilmen und in den Dingen die ich seither getan habe, in Action-Dingen wirklich gut geworden ist, und ich denke, er hat mir ganz bewusst etwas gegeben, dass zu meinen Stärken passte.”
Patricia Tallman über ihren Zugang zu Lytas Szenen: „Ich weiß noch genau dass ich in den Szenen, wo wir den Bunker einnahmen, Lyta als völlig verängstigt gespielt habe. Einfach, weil das so überhaupt nicht ihre Rolle ist. Da sind sie also, sprengen Leute in die Luft und ringen herum und übernehmen den Bunker, und sie denkt sich nur: "Oh mein Gott!"”
Richard Biggs über die Dreharbeiten der Mars-Szenen: „Ich erinnere mich daran, einen Parka überzuziehen, eine Gasmaske, Handschuhe, Stiefel, und einen großen Overall… und das Mitte März, draußen im Valley, bei 30° Celsius. Und dann tat ich so als sei ich auf dem Mars, und würde frieren.”
John Copeland über eine der größten Schwierigkeiten bei den Dreharbeiten: „Es war eine echte Herausforderung, das Brücken-Set wie zwei unterschiedliche Schauplätze wirken zu lassen. Auch mental gesehen, für die Leute die darin spielten, mit der Clark-EarthGov-Ideologie auf der einen und den Jungs die kommen um die Erde zu befreien auf der anderen Seite. John Flinn und ich sprachen sehr viel darüber, sowohl was die Belichtung als auch die Art und Weise wie wir die Kamera bewegten betraf. Wir zeigten auf der Apollo andere Dinge, als auf der Aggy, und wurden in mancher Hinsicht sogar ziemlich wagemutig. Ich mochte einige der Aufnahmen die wir auf der Brücke der Aggy machten. Es fühlt sich echt so an, als wäre es "Jagd auf Roter Oktober" mit Bruce, wie wir uns durch Ebenen von Bildschirmen bewegten, auf denen sich Dinge abspielten. Und dann, natürlich, als die Aggy im Kampf gegen die Verteidigungsplattformen der Erde in Stücke geschossen wird, sprengten wir die Scheiße aus ihr raus. Das war sehr cool, da ich sehr viele lustige Sachen in die Luft jagen, Leute durch Trennwände fliegen lassen, die Decke auf Leute zusammenbrechen und einen Trägerbalken durch den Boden stoßen durfte. Ich versuchte, eine andere Art von Beschädigung zu zeigen als wir dies sonst bei diesen Sets taten, um das Gefühl zu vermitteln dass das Schiff von allen Seiten zermalmt wird. Das kannst du zwar grundsätzlich auf jeder Art von Schiff machen, dass verschiedene Decks und Ebenen hat, aber in diesem Ausmaß hatten wir das zuvor noch nie gemacht.”
Bruce Boxleitner über Sheridan: „Er ist der ultimative sich aufopfernde Held. Er ist wie Kapitän Ahab, der dazu bereit ist, höchstpersönlich auf den Rücken des Wals zu klettern und mit ihm unterzugehen. Es ist verrückt, und lebensmüde. Er möchte in großem Stil abtreten. Er steht auf Explosionen; er hat ein bisschen was von einem verrückten Bombenleger. Wenn im Zweifel, jag's in die Luft!”
John Copeland über die Inszenierung der erwachenden Telepathen: „Das war wie ein Horrorfilm. Wir spielten mit einigen schiefen Winkeln und falschen Perspektiven während wir mit der Kamera herumfuhren und sie bewegten, und ließen eine der kryonischen Behälter auf uns zukommen wie Draculas Sarg, wenn der Deckel aufspringt. In diesem Moment glich die Episode einem Hammer-Film. Mit torkelnden Schatten an der Wand zu spielen hatte dann etwas von Frankenstein, wie er durch die Straßen des Dorfes schreitet, um sich die Braut zu schnappen. Es hat wirklich Spaß gemacht, all dies zu umzusetzen, und es führte zu einigen wunderbar gruseligen Stellen.”
Jason Carter über die tragische letzte Szene: „Dieses "Ich liebe dich" war ungemein schwer, denn in diesem "Ich liebe dich" steckt eine allumfassende Hingabe. Dein gesamtes Leben steckt in diesen Worten, weshalb es eine ungeheure Verantwortung war. […] Es war schwierig, aber die Zuschauer werden beurteilen können, ob ich es geschafft habe, oder nicht. Es ist nicht gerade ein gewöhnliches "Ich liebe dich" wenn du dein Leben für sie gibst.”
Quelle: "Babylon 5: Season by Season-Guides - Volume 4: No Surrender, No Retreat"
Kommentare von JMS
Es ist überhaupt keine Frage dass wir im Krieg manchmal Maßnahmen ergreifen müssen, die wir unter anderen Umständen als fragwürdig ansehen würden. Das ist eines der schrecklichen Dinge am Krieg: Er ist keine saubere Angelegenheit. Allzu oft wird Krieg auf hurra-patriotistische Art und Weise dargestellt, weshalb du von Zeit zu Zeit sagen musst: "Nein, Krieg verändert uns und zwingt uns dazu Dinge zu tun die wir nicht unbedingt tun wollen, aber wo wir einfach keine andere Wahl haben."
Quelle: "Babylon 5: Season by Season-Guides - Volume 4: No Surrender, No Retreat"
An diesem Punkt in unserer Entwicklung hatten wir den Dreh ziemlich raus, was Raumschlachten betraf, und die meisten der Schiffe die in diesen Schlachten verwendet wurden hatten wir bereits designt. Aber in "Söhne und Töchter der Erde" erwartete uns ein Haufen neuer Schwierigkeiten: CGI verwenden um die Marslandschaft – Boden, Himmel, Habitate – zu kreieren, eine Reihe neuer Sets zu bauen, und auf einer heißen Bühne mit Schauspielern die in noch heißeren Mänteln und Atemgeräten steckten zu drehen. Die Geschichte umfasst verschiedenste Schauplätze, und spielt sich u.a. auf Weißen Stern-Schiffen, feindlichen Kreuzern der Erdregierung, der Agamemnon, auf dem Mars, auf der Erde, an Verteidigungsgittern, Basen, in atmosphärischen Shuttles, Bunkern, Minbari-Kreuzern und Schiffen der nichtalliierten Welten statt – alles notwendige Komponenten um der Episode ein echtes Gefühl von Größe zu verleihen, die jedoch zugleich ungemein viel Design und Unterstützung erforderte. Und fast jede andere Szene ist entweder eine reine CGI-Einstellung oder ein composite shot [Anm.: Eine Szene mit realen und CGI-Elementen]. Es ist irrsinnig.
Die größte Herausforderung der Episode bestand darin, eine glaubwürdige Mars-Umgebung zu erschaffen. Es sollte nicht einfach nur echt aussehen, sondern sich auch echt anfühlen. Das bedeutete, Figuren wie Lyta direkt in die Mitte eines Vorbeiflugs eines Weißen Sterns zu stellen, zum Beispiel, und generell eine andere Herangehensweise anzuwenden, was die Art und Weise betrifft, wie wir unsere CGI einsetzten. Bis zu diesem Zeitpunkt versuchten die Künstler bei der Computeranimation üblicherweise, sowohl bei uns bei B5 als auch anderswo, einen sehr klaren und festen Look zu vermitteln. Aber damit sich die CGI unmittelbarer und realer anfühlte, hatte ich das starke Gefühl dass wir nach etwas streben sollten, dass roher aussieht, ein Wackelkamera-artiges Gefühl, welches am deutlichsten in der Aufnahme der Sicherheitskamera des Angriffs durch den Weißen Stern zu sehen ist. Soweit mir bekannt ist, wurde dieser Zugang zuvor kaum verwendet, wenn überhaupt, und es erwies sich als überaus erfolgreich – und ebnete damit einem ähnlichen Zugang zur Verwendung von CGI bei solchen Serien wie "Battlestar Galactica" und anderen den Weg.
Abschließend noch drei kurze Randbemerkungen, da es ansonsten zu dem, was sich im Drehbuch bzw. auf dem Schirm finden lässt nicht mehr viel hinzuzufügen gibt. Erstens: Präsident Clarks Tod sollte eindeutig an den Tod von Adolf Hitler erinnern, sowohl im Hinblick auf seinen Selbstmord als auch die "Verbrannte Erde"-Politik. In den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs gab Hitler den Befehl, dass alles was von Deutschland noch übrig war und nicht schon zerbombt wurde zerstört und niedergebrannt werden sollte. Es war nur der Entscheidung seiner Untergebenen zu verdanken, diesem Befehl nicht Folge zu leisten, dass in diesen letzten Tagen nicht noch mehr Leben verlorengingen. Zweitens: Über die Jahre hinweg haben mich einige Leute immer wieder wegen des Begriffs "Rammgeschwindigkeit" genervt, da sie meinten dass es so etwas nicht gäbe. Au contraire. Jedes Marine-Schiff hat Alarme und Mechanismen um zu verhindern, dass es mit etwas anderem zusammenstößt, und es gibt einen Punkt an dem die Geschwindigkeit die man erreicht während man sich auf das Ziel zubewegt zu groß wird, um noch auszuweichen und in letzter Sekunde eine Kollision zu verhindern. Wenn ein Kapitän "Rammgeschwindigkeit" befiehlt meint er damit einerseits, diese sichere Geschwindigkeit zu überschreiten, und andererseits all die Monitore und Alarme auszuschalten die andernfalls sein Schiff daran hintern würden, mit einem anderen zusammenzustoßen. Drittens, und nur für das Protokoll: Hätte ich im Vorfeld gewusst dass Claudia "Babylon 5" verlassen würde, hätte ich nie im Leben Marcus umgebracht, da dies sein Opfer sinnlos macht und die Wirkung dieses Ereignisses zerstört, dass nun im Grunde umsonst war.
Quelle: "Babylon 5: The Scripts of J. Michael Straczynski - Volume 11"
Die Episode schien recht hektisch.
Ok, eine generelle Antwort… die Leute sehen Hektik, wo in vielen Fällen gar keine ist. Pass gut auf: WIR BEFINDEN UNS IM VIERTEN AKT DES ERD-ZYKLUS. Wie im vierten Akt einer Episode, muss man hier wirklich loslegen. Das soll schon weißglühend anfangen. Was in "Söhne und Töchter der Erde" ist und auch das meiste von dem, was in "Werkzeug der Vergeltung" ist… sollte immer so sein, mit oder ohne 5. Staffel. Ich habe größtenteils vor diesen Episoden gestrafft. Dies ist die Kulmination von etwas, das wir drei Jahre lang aufgebaut haben, und ich halte es vom Tempo her so verdammt schnell, wie ich nur kann. Also geh nicht davon aus, dass es hektisch ist… es ist schnell, und da liegt der Unterschied.
Die Leute beschweren sich, wenn wir Charaktergeschichten machen und der Arc sich nicht schnell genug weiterentwickelt… die Leute beschweren sich, dass es so schnell ist, wenn der Arc in vollem Schwung ist… könntet ihr Euch vielleicht mal einigen?
Wie hast Du so viel in eine Stunde hineinbekommen?
Das ist eine von den Sachen, von denen ich nicht weiß, ob sich sie adäquat oder sinnvoll erklären kann. Eine Menge davon läuft total instinktiv, ich setze mich nicht hin und denke darüber nach, ich tu es einfach. Aber um es mal auseinanderzunehmen...einen Teil davon macht die Intensität der Szenen aus, denke ich. Starke Emotion, streckt und dehnt die Zeit; wenn Du dich jemals in einer schweren traumatischen Situation befunden hast, können ein paar Minuten wie Stunden erscheinen. Umso mehr Du einen Charakter in eine Situation voller intensiver Emotionen bringen und dieselben Emotionen beim Zuschauer auslösen kannst, wirst Du die wahrgenommene Zeit verlangsamen. Außerdem hat es noch mit dem Kontext zu tun. Wenn Du etwas in früheren Episoden vorbereitest, brauchst Du in so etwas wie "Söhne und Töchter der Erde" keine Vorbereitung oder Exposition mehr, die Zeit verbraucht: Du begibst Dich direkt an die Spitze der Glockenkurve dieser Geschichte und bleibst dort. Der Teil, der üblicherweise nur ein paar Minuten am Ende der Episode einnimmt, ist diesmal praktisch die gesamte Episode; gleiches Ergebnis.
Eine unglaubliche Menge an Renderzeit ist in diese Episode geflossen und das Resultat ist deutlich zu sehen. Noch mehr CGI gibt es nur im Prequel, das zu etwa 21% aus Effekten besteht, hauptsächlich reine CGI und Composites.
Also, wenn es kein Zufall sein sollte, ist die "eingekreiste, bekritzelte Nachricht, die von einem Verrückten bei seinem Selbstmord zurückgelassen wird" SEHR ähnlich zu den Ereignisssen Dr. Strangelove. Vielleicht ist das auch JMS' Hommage an Kubrick (wie der Raumanzug im "2001"-Stil, der in einer Episode der zweiten oder dritten Staffel von B5 auftauchte).
Nur um das klarzustellen: Die Notizen… so wie es im Skript steht, sollte nur eine Notiz gefunden werden, in der die Worte "Verbrannte Erde" auftauchen. Es war John Copelands Idee, die Notiz so aussehen zu lassen, und er hat ziemlich offen bei AOL erwähnt, dass das seine Hommage an Strangelove war (John hat bei dieser Episode Regie geführt). Der Raumanzug… das war keine absichtliche Erwähnung von 2001… wir gingen zu Modern Props, um einen Raumanzug für "Verloren in der Zeit" zu holen, und der einzige, den sie vorrätig hatten und der auch für uns halbwegs passend war, war ein Überbleibsel von 2010. Ich habe die Kostümbildner gebeten, ihn so weit wie möglich zu verändern... obwohl er doch ziemlich genau das blieb, was er tatsächlich war. Also war es in diesem Fall keine Absicht.
Was meinte Sheridan mit "Rammgeschwindigkeit?"
Du bist in einem Raumschiff, in einem Vakuum und bewegst Dich auf Ziel X zu. Du weißt, dass es Zeit braucht, um Energie und Bewegung umzulenken, also bewegst Du Dich mit Geschwindigkeit X, wenn Du die Möglichkeit haben willst, die Korrekturtriebwerke einzusetzen, um ausweichen zu können bevor Du auf das Objekt aufprallst. Wenn Du andererseits das Objekt treffen willst, und kein Interesse daran hast, die Korrekturtriebwerke für Ausweichmanöver auf der Strecke zwischen Dir und dem Objekt zu benutzen, bewegst Du Dich mit Geschwindigkeit Y und gibst mit den Korrekturtriebwerken zusätzlich Schub. Y = Rammgeschwindigkeit.
Die Symmetrie und der Symbolismus, darin, wie Du diese letzte Schlacht strukturiert hast. Die Geschichte von Babylon 5 fing mit der Flotte der Minbari an, die sich der Erde näherte, um sie in der Letzten Schlacht des Erd-Minbari-Krieges zu zerstören. Die Minbari-Flotte nun zurückkehren zu lassen, nicht um die Menschheit zu vernichten, sondern um sie zu retten, und dann auch noch Seite an Seite mit Kriegsschiffen der Erde, war umwerfend.
Du hast es bemerkt, nicht wahr? Es kam, wie es kommen musste.
Quelle: Der deutsche Lurker’s Guide für Babylon 5
Zusammengestellt und überarbeitet von Christian Siegel
(Bilder © Warner Bros.)
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