Originaltitel: Flashes Before Your Eyes
Episodennummer: 3x08
Bewertung:
Erstausstrahlung USA: 14.02.2007
Erstausstrahlung D: 03.12.2007 (Free-TV, Pro7)
Drehbuch: Damon Lindelof & Drew Goddard
Regie: Jack Bender
Hauptdarsteller: Naveen Andrews als Sayid Jarrah, Emilie de Ravin als Claire Littleton, Michael Emerson als Benjamin Linus, Matthew Fox als Jack Shephard, Jorge Garcia als Hugo „Hurley“ Reyes, Josh Holloway als James „Sawyer“ Ford, Henry Ian Cusick als Desmond Hume,Daniel Dae Kim als Jin-Soo Kwon, Yunjin Kim als Sun-Hwa Kwon, Evangeline Lilly als Kate Austen, Elizabeth Mitchell als Juliet Burke, Dominic Monaghan als Charlie Pace, Terry O‘Quinn als John Locke
Gastdarsteller: Sonya Walger als Penny Widmore, Alan Dale als Charles Widmore, Fionnula Flanagan als Ms. Hawking, Shisir Kurup als Donovan
Kurzinhalt:
Desmond holt Charlie und Hurley in den Dschungel, damit sie über Eko’s Tod eingeweiht und die weitere Vorgehensweise besprechen können. Plötzlich rennt Desmond wie von der Tarantel gestochen zum Strand – Claire ist in eine Strömung geraten und droht zu ertrinken. Er rettet sie, doch Charlie und Hurley fragen sich nun, wie er davon wissen konnte, was mit Claire passiert – waren sie doch weit vom Strand entfernt, so dass er keinesfalls ihre Hilfeschreie hören konnte. Da sie nicht erwarten, auf eine direkte Frage eine Antwort zu bekommen, beschließen sie, ihn auf ein kleines Saufgelage einzuladen, in der Hoffnung, eine Flasche Whiskey könnte seine Zunge lockern. Zuerst flüchtet sich Desmond in Ausreden, und als Charlie ihn einen Feigling nennt, rastet er aus und greift ihn an – und erinnert sich daran zurück, was mit ihm passiert ist, nachdem er den Schlüssel umgedreht und das Notfallsystem des Bunkers aktiviert hat…
Review:
 Was für eine phantastische Folge – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Nachdem in den letzten Folgen die realistischen, bodenständigen Handlungen überwogen, rückt hier der Mystery- und SF-Aspekt erneut in den Mittelpunkt, und beschert uns eine der bisher faszinierendsten – und besten – Episoden der Serie. Zudem bricht man endlich wieder einmal mit dem allzu bekannten Konzept der in die Handlung auf der Insel eingebetteten Rückblenden. Stattdessen beginnt "Erinnerungsfetzen" ganz normal auf der Insel, und präsentiert uns danach durchgängig Desmond's Erlebnisse, nachdem er den Schlüssel umgedreht hat. Dabei entführen uns die Macher in seine Vergangenheit, jedoch mit einem interessanten Twist: Denn es handelt sich nicht unmittelbar um Flashbacks; vielmehr ist Desmond bereits alles bekannt, was bis zur Implosion auf der Insel passieren wird. Es scheint also so, als wäre er in der Zeit zurückgesprungen. Durch dieses Wissen entwickelt sich aber wiederum nicht alles so, wie es sich in seiner Vergangenheit zugetragen hat.
Gewürzt wird dies durch immer wieder eingestreute Anspielungen auf die spätere Handlung auf der Insel – einerseits kurze Erinnerungsfetzen, andererseits auch Töne (wie die Mikrowelle, die wie der Warnton des Bunkers klingt) oder seltsame Zufälle (wie das Paket, das in den Raum 815 geliefert werden soll). Und dann ist da noch die seltsame alte Frau, die wohl spätestens wenn sie sich gemeinsam mit Desmond auf die Parkbank setzt und über Schicksal etc. sinniert jeden SF-Fan an das Orakel aus "Matrix" erinnern wird. Trotzdem wirkt sie nicht wie eine billige Kopie der Figur; die Macher lassen sich zwar offensichtlich von ihr inspirieren, schaffen aber nichtsdestotrotz eine neue, interessante Persönlichkeit, welche die Serie auch wenn sie wohl leider nie zurückkehren wird und nur in dieser einen Episode zu sehen war, dennoch bereichert hat – was nicht zuletzt auch an der gelungenen Darstellung von Fionnula Flanagan liegt. Besonders faszinierend fand ich dabei die Disussionen über den freien Willen, das Schicksal und die "Kurskorrekturen" des Universums. In ihrer Fähigkeit, die Zukunft zu erkennen spiegelt sich zudem Desmonds entsprechende Begabung wieder – und dass sie den Mann mit den roten Schuhen nicht hätte retten können, verheißt nichts Gutes für Charlie. Nach jenem Moment, als sich die alte Frau plötzlich als das "Lost"-Äquivalent des Orakels offenbart, war dies die zweite große überraschende Wendung der Episode. Mit ihm würde es einen absoluten Sympathieträger erwischen, der auch wenn er bisher in der 3. Staffel etwas in den Hintergrund gerückt ist zu den Hauptfiguren der Serie zählt, und um den es mir nicht nur wegen seiner süßen Beziehung zu Claire wirklich leid tun würde. Man kann daher nur hoffen, dass sich die düstere Prophezeiung nicht bewahrheiten und Desmond doch noch einen Weg finden wird, Charlie zu retten.
 Doch der geniale Einfall, dass Desmond seine Vergangenheit quasi erneut durchlebt, ist nicht der einzige Grund, warum mich diese "Flashbacks" so überzeugt haben wie schon lange keine mehr. Denn Desmond's Erinnerungen sind nicht einfach nur dazu da, damit wir ihn besser kennenlernen und mit ihm sympathisieren, man zeigt uns hier Ausschnitte aus seinem Leben, die für alle späteren Ereignisse – insbesondere natürlich alles auf der Insel – von absolut essentieller Bedeutung sind. Sei es nun, wie abschätzig Penelope's Vater auf seinen Antrag reagiert hat, oder auch sein Streit und die damit einhergehende Trennung von seiner geliebten Penny. Man fühlt daraufhin nicht einfach nur mit ihm mit, sondern man versteht ihn – etwas, dass ich bisher noch nicht von allen Personen auf der Insel behaupten kann, auch wenn viele von ihnen schon deutlich mehr Flashbacks spendiert bekamen…
Fazit:
"Erinnerungsfetzen" war eine ungemein faszinierende, packende, mysteriöse und alles in allem grandiose Folge, die mich ab dem Moment als wir in Desmonds Vergangenheit gesprungen sind bis hin zum bitteren Ende so gefesselt hat wie schon lange keine Episode mehr. Und angesichts der Tatsache, dass ich auch die letzten Folgen allesamt sehr gelungen, unterhaltsam und teilweise auch wirklich spannend fand, ist das nun wahrlich kein geringes Lob…
Wertung: 5 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © ABC)
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