Autor: Boy Julius Knobloch - Datum: Mittwoch, 11 Oktober 2006
Es ist wohl nicht untertrieben "Shadow Falls" als die Rückkehr des traditionellen amerikanischen Radiodramas zu feiern - allerdings ist "Shadow Falls" nicht im Radio zu hören sondern nur als Podcast, ein Podiobook also. Das erste laut der Podshow professionell hergestellte Audiodrama überhaupt. Gut, "Silent Universe" war ein wenig eher und hat auch ein etwas anderes Konzept, aber dank der Podshow im Rücken ist "Shadow Falls" bekannter. Radiodramas, wie man diese Hörspiele im englischen Sprachraum nennt - also Serien wie "The Shadow", "Boston Blackie", "Superman" oder "X minus One" - haben noch immer eine große Fangemeinde und daher ist es nicht verwunderlich wenn "Shadow Falls" einschlug wie eine Bombe. Jetzt ist die erste Staffel zu Ende und es ist Zeit die Serie an sich mal genauer vorzustellen.
Die Handlung
Shadow Falls. Eine Kleinstadt irgendwo in den USA. Ein unbedeutendes Kaff, in dem so gut wie nie Fremde vorbeischauen, ein Ort der in der Mitte des Nirgendwo liegt wie der örtliche Polizist Captain Vanstark gegenüber Gaylen Altos erklärt - Shadow Falls ist eine Durchgangsstation. Begründet von den Überlebenden einer großen Katastrophe ist die Idylle, die diese Stadt ausstrahlt allerdings trügerisch. Denn unter der biederen Oberfläche brodelt es. Als die Siedler damals vor 300 Jahren die Stadt gründeten wurden sie von den Indianern gewarnt, dass dieser Ort nichts Gutes bringt aber sie haben sich über die Warnungen hinweggesetzt. Vielleicht hätten sie doch besser auf sie gehört, dann wäre das Schicksal, dass Molly Hammacher wiederfährt vielleicht abwendbar gewesen. Diese ist nämlich zu Beginn der Serie verschwunden genauso wie ihre beste Freundin. Molly, die als allwissende Erzählerin fungiert berichtet von der indianischen Legende, die vom Coyoten und vom Wolf erzählt, die alle 150 Jahre aufeinander treffen und miteinander um die Herrschaft über das Totenreich kämpfen. Und jeder in Shadow Falls ist auf die eine oder andere Weise mit diesen beiden Entitäten verknüpft.
Da ist Gaylen Altos, ein Fremder, ohne Erinnerung an sein Leben bevor er in Shadow Falls auftritt. Er findet Unterschlupf beim ehemaligen Priester Leonard Faire, der seinen Glauben verloren hat. Dessen Sohn Jacob wiederum, der im Diner von Mollys Mutter arbeitet, hat eine Affäre mit Sienna Van Stark - und weiß nicht, dass Sienna auf ihn angesetzt wurde um zu erfahren was er genau über den Wolf und den Coyoten weiß. Gaylen wird überdies von Visionen geplagt, die ihn in das Jahr 1851 versetzen. Damals brannte die Kirche von Shadow Falls bis auf die Grundmauern nieder mitsamt den eingeschlossenen Gläubigen. Und was hat Brier Ghent, ein Mann mit nicht unbedingt guten Absichten - so scheint es zumindest - mit all dem zu tun? Sind die Bewohner der Kleinstadt wirklich nur Bauern im Spiel zwischen Coyote und Wolf - unfähig ihre Schicksalen zu entkommen? Oder gibt es einen Weg aus dem Zyklus auszubrechen? Und was passierte mit Molly und ihrer Freundin? Je mehr die Handlung fortschreitet desto mehr ahnt man, dass der epische Kampf zwischen Gut und Böse - oder vielleicht auch eher Böse und eher weniger Böse wie die Erfinder es oftmals betonen - Opfer fordern wird...
"Shadow Falls" hat einerseits Elemente von "Twin Peaks" - die Kleinstadt mit ihrer trügerischen Idylle unter der es allerdings brodelt - und "Desperate Housewifes" - zahlreiche amouröse Verwicklungen, die Beziehungen zwischen den Einwohnern. Dabei ist "Shadow Falls" aber durchaus etwas Eigenständiges. Die Idee sich auf die indianischen Götter Wolf und Coyote zu beziehen ist originell und auch die Handlung an sich, die in dieser ersten Staffel die Grundlagen für den Story-Arc legt. Denn wie "Babylon 5" oder "Farscape" gibt es ein durchdachtes Konzept und die Macher betonen auch dass sie genau wissen wie die Serie enden wird. Auf wieviele Folgen die Serie genau angelegt ist ist allerdings nicht bekannt.
Die Macher
Mark Yoshimoto Nemcoff ist kein Unbekannter. Seine Beiträge für den "Daily Source Code" und auch "Pacific Coast Hellway", sein eigener Podcast, haben rasch die Herzen der Hörer erobert, die bissige Kommentare und beißende Satire lieben. Mit "Shadow Falls" hat sich Mark jetzt einen Traum erfüllt - zusammen mit dem Director/Co-producer Matt Johnson und Co-writer/Co-producer James Napoli stellte er die Serie auf die Beine. Mark stellte das Konzept dann Adam Curry vor, dem die Idee gefiel mit der Verbreitungsmethode des Podcastings - schließlich ist das Format an sich ja ideal dafür, einzelne Episoden, die automatisch auf den Computer geladen werden - etwas mehr zu machen als man bisher erreicht hatte. Und nach einer Weile ominöser Andeutungen im DSC startete dann die erste Folge von "Shadow Falls".
Das Besondere an dieser Art der Ausstrahlung ist, dass man ohne weiteres auf Anregungen der Hörer eingehen kann - es gibt den "Companion", der Interviews mit dem Cast bringt, Hintergründe und Kommentare der Zuhörer, Fanfiction in jedweder Form ist ausdrücklich erwünscht - egal ob man Audiodateien erstellt, Geschichten schreibt, Songs aufnimmt - und die Zuhörer werden auch aufgefordert zu schreiben, was sie von der zweiten Staffel erwarten. Darüberhinaus wird momentan in "Second Life" der Ort nachmodelliert, man kann sich als Charakter also demnächst die Gebäude ansehen und wie in einem Computerspiel wird es Rätsel geben, die einige Hinweise auf die Zukunft der Serie andeuten. Darüberhinaus steht der Cast für Interviewanfragen zur Verfügung egal ob per Email oder für Podcasts, natürlich eine geschickte PR-Massnahme die Podcast-Fans einzuspannen.
Fazit
Wer "Twin Peaks" mochte, wer die geheimnisvolle Atmosphäre mag die "Shadow Falls" ausstrahlt, Mystery und sich an die Hörspiele seiner Jugend erinnert - zudem sollte man natürlich etwas Englisch können, aber man kommt mit seinem Schulenglisch einigermaßen zurecht - sollte sich die erste Staffel anhören. Ich kann jetzt schon kaum auf die zweite Staffel warten... Verdammt. Kann sich Mark nicht irgendwie beeilen?