Kurzinhalt:
Auf Chandrila, dem Heimatplaneten der früheren Anführerin der Rebellen und nunmehrigen Kanzlerin der neuen Republik, Mon Mothma, wird die erste provisorische Regierung der Neuen Republik eingerichtet. Auch Leia Organa, mittlerweile mit Han Solo verheiratet – und mit ihrem ersten gemeinsamen Kind schwanger – ist auf dem Planeten, um an der neuen Regierung mitzuwirken. Teilweise ist sie jedoch ob der von Mothma gewählten Vorgehensweise, gerade auch im Hinblick auf das Imperium, frustriert. Als Han Solo nach einer Mission, die ihn zusammen mit Chewbacca nach Kashyyyk führte – wo sie den Planeten aus den Fängen des Imperiums befreien wollten – spurlos verschwindet, wendet sie sich hilfesuchend an Norra Wexley, und bittet sie und ihr Team, nach ihrem Ehemann zu suchen. Kurz darauf gelingt es ihnen tatsächlich, Han aufzuspüren. Dieser denkt jedoch gar nicht daran, sie zurück nach Chandrila zu begleiten – wurde doch Chewie vom Imperium gefangen genommen, und sitzt nun in einem Gefängnis auf Kashyyyk fest. Während man einen Plan ausarbeitet, um den Wookiee und die anderen gefangenen zu befreien, bereitet man sich auf Chandrila auf die Ankunft von Admiral Sloane vor, die das Imperium in Friedensgesprächen vertreten soll…
Review:
Auf den ersten Seiten hat mich "Lebensschuld" fast schon ein bisschen positiv überrascht. Ich fand Chuck Wendigs Schreibstil dort nicht ganz so aufdringlich und störend wie in "Nachspiel". Auch war von Beginn an klar, dass Leia, Han und Chewie diesmal eine größere Rolle spielen würden, und dementsprechend einer meiner größten Kritikpunkte am Vorgänger zumindest abgeschwächt werden würde. Doch auch wenn mir der Mittelteil der "Nachspiel"-Trilogie immerhin eine Spur besser gefallen konnte, sonderlich begeistert war ich auch hier wieder nicht. Zuerst einmal dauert es doch ziemlich lange, bis die Handlung rund um Han so richtig zur Geltung kommt (weshalb man auf den ersten rund 150 Seiten noch geneigt ist, den prominent auf dem Cover prangernden Millennium Falken als mutwillige Täuschung einzuschätzen). Doch selbst wenn sie es tut, bleibt die Truppe rund um Nora ganz klar im Mittelpunkt, und Han (sowie Leia und Chewie) Randfiguren. Trotz dieses nicht unerheblichen Mankos hat mir alles rund um die Befreiung von Kashyyyk definitiv am Besten gefallen. Umso bedauerlicher, dass sich nur ein verhältnismäßig kleiner Teil des Romans eben damit auseinandersetzt (für meinen Geschmack hätte das ruhig der Schwerpunkt sein dürfen). Sehr enttäuschend dann auch, als der Handlungsstrang, nachdem Nora und ein Großteil der anderen den Planeten verlassen, wieder relativ fallen gelassen wird. Einer meiner größten Kritikpunkte an "Lebensschuld" ist aber, dass auch die Stellen, in denen Han und Leia prominenter vertreten sind, insofern nur bedingt begeistern konnten, als ich die beiden leider überaus schlecht getroffen fand. Teilweise habe ich mich echt gefragt, ob Wendig eigentlich jemals einen "Star Wars"-Film gesehen hat. Die Handlungsweise, wie sie reden, all das wollte mir leider oftmals nicht wirklich dazu passen, wie wir die Figuren aus der Original-Trilogie kennen. Noch schlimmer hat es Mon Mothma erwischt, wobei ich Wendig hier zumindest insofern keinen Vorwurf machen will, als dieser Eindruck in erster Linie auf ihrer Darstellung aus "Andor" resultiert, und die Serie ist natürlich erst lange nach seinem Roman entstanden. Aus heutiger Sicht mindert jedoch auch dieser Aspekt den Lesegenuss.
Überhaupt, auch wenn ich "Lebensschuld" zumindest ein bisschen besser fand, aber von "Genuss" zu sprechen ist in diesem Fall doch ziemlich verkehrt. Ja, stellenweise hält sich Wendig mit seinem eigenwilligen Stil hier etwas mehr zurück; dafür fallen jene Passagen, wo er eben diesem freien Lauf lässt, dann aber umso negativer und störender auf. Und im weiteren Verlauf des Buchs passiert eben dies leider immer öfter. Auch mit den Figuren konnte ich wieder einmal nicht viel anfangen. Am interessantesten fand ich noch Admiral Sloane; vor allem dann am Ende, als sie erkennt, dass jenes Imperium, welches Admiral Rax will, nicht mehr ihres ist. Auch Norra Wexley war zumindest halbwegs ok. Der Rest war mir entweder egal, oder hat mich auch hier wieder regelrecht genervt. Letzteres gilt insbesondere für Temmin (es ist bezeichnend, dass er an einer Stelle vermeintlich erschossen wird, und ich dann richtiggehend enttäuscht war, als sich herausstellte, dass das nur ein Betäubungsschuss war) und seinen umprogrammierten Kampfdroiden. Dessen ungeachtet halte ich es nach wie vor für einen der größten Fehler der Reihe, die Geschichte aus der Perspektive von bislang unbekannten Figuren zu erzählen, statt sich auf Luke, Leia und Han (und Chewie, C-3PO, R2D2, Lando usw.) zu fokussieren, und uns zu erzählen, wie es mit ihnen nach der Zerstörung des Todessterns weiterging. Umso mehr, als die alten Geschichten, mit denen zumindest ich aufgewachsen wurden, von Disney ja ins Reich der Mythen und Legenden verbannt wurden. Die Action fristet hier leider ebenfalls wieder ein Schattendasein, und wenn sie auftaucht, ist sie nicht sonderlich packend beschrieben. Das kann Freed (dessen Alphabet-Geschwader-Trilogie ich ja parallel lese) definitiv besser. Last but not least bleibe ich dabei: Der eher langsame Zerfall des Imperiums, wie er im früheren Expanded Universe beschrieben wurde, erscheint mir nach wie vor plausibler, als der nach der Vernichtung des zweiten Todessterns und dem Tod des Imperators recht rasche Sieg der Neuen Republik, wie er nun im neuen Kanon beschrieben wird.
Fazit:
"Lebensschuld" war zwar eine Spur besser als der Vorgänger, von "gut" aber immer noch ziemlich weit entfernt. Die beiden Hauptgründe für mein etwas milderes Urteil liegen darin, dass sich Wendig mit seinem mir doch eher auf die Nerven gehenden Stil diesmal zumindest stellenweise zurückhält, sowie in der größeren Rolle, die Leia und Han im Geschehen einnehmen. Letzterer Pluspunkt wird jedoch zumindest teilweise wieder dadurch zunichte gemacht, dass ich beide hier nicht wirklich gut und treffend charakterisiert fand. Generell finde ich den Schwerpunkt auf bislang unbekannte Figuren, statt die Geschichte der Hauptfiguren aus der Original-Trilogie weiterzuerzählen, nach wie vor enttäuschend (und gerade auch im Hinblick auf die Entkanonisierung des alten "Expanded Universe" unverständlich). Umso mehr, als ich mit dem Großteil der neuen Charaktere nicht viel anfangen kann. Und sonderlich gepackt hat mich das Geschehen leider auch wieder nicht. Mal schauen, ob der letzte Band der Trilogie das Ruder doch noch herumreißen kann.