Kurzinhalt:
Dorian Sudler ist ein skrupelloser – und soziopathischer – Wirtschaftsprüfer, der im Auftrag von Weyland-Yutani eine ihrer Einrichtungen nach der anderen Besucht, um Kosten zu senken; meist, in dem er einige Personen versetzen oder überhaupt gleich feuern lässt. Sein jüngster Auftrag führt ihn zur Raumstation "Kalte Schmiede", in dem unter der Leitung von Dr. Blue Marsalis an zuvor geborgenen Alien-Eiern geforscht wird, wobei man u.a. auf Primaten zurückgreift, um Xenomorphen zu züchten. Neben der offiziellen Forschung nach einer Biowaffe verfolgt Dr. Marsalis noch ein geheimes, egoistisches Ziel: Sie ist auf der Suche nach einem Heilmittel für jene Krankheit, die sie ans Bett fesselt, und in wenigen Monaten töten wird. Um ihre Forschungen zu betreiben, übernimmt sie regelmäßig die Kontrolle über den Androiden Marcus. Dann jedoch kommt es zu einem verheerenden Sabotageakt, der zum Ausbruch der Xenomorphen führ…
Review:
Schön langsam verliere ich mit den "Alien"-Lizenzromanen die Geduld. Ich freue mich für alle, die es genießen, auf diese Weise deutlich zahlreicher als nur anhand der Filme (und schon bald der ersten Ableger-Serie) in diese Welt eintauchen zu können, aber bislang hat mich der diesbezügliche Output leider nur bedingt überzeugt. Am besten schlug sich noch der auf dem Computerspiel basierende "Alien: Isolation". An den fühlte ich mich hier stellenweise auch erinnert, wohl nicht zuletzt aufgrund des Settings, der an eben dieses (und William Gibsons verworfenem Drehbuchentwurf zu "Alien³") erinnerte. Und eigentlich hätte es ja, wie schon zuvor bei "Prototype" (der eigentlich erst im Jahr darauf erschienen ist; irgendwie bin ich hier offenbar mit der Reihenfolge durcheinandergekommen, was aber insofern keine Rolle spielt, als die beiden ohnehin voneinander unabhängig sind), noch recht interessant und vielversprechend begonnen. Mit Dorian Sudler stellt Alex White hier eine absolut verabscheuungswürdige Figur vor, bei der alle negativen Eigenschaften von Carter Burke (und noch ein paar mehr) noch einmal um ein Vielfaches gesteigert sind. Auch die Wahl der Hauptprotagonistin fand ich interessant. Wie Alex White hier – mit der Frau, die sich eines männlichen Androiden-Körpers bedient – die Trans-Thematik aufgreift, ist wieder einmal ein wunderbares Beispiel für die erzählerischen Möglichkeiten, die das Science Fiction-Gerne bietet, um eben solche Themen aufzugreifen, und durch SF-Elemente auf eine andere (und hoffentlich leichter zugängliche) Ebene zu bringen. Und generell haben mich die ersten rund fünfzig Seiten noch ziemlich gut unterhalten.
Leider aber verstand es Alex White in meinen Augen nicht, dieses eigentlich recht vielversprechende Setup in weiterer Folge auch zu nutzen. Das beginnt schon beim Auftritt der Aliens. Dass diese hier nicht aus Menschen, sondern Affen schlüpfen, hätte die Möglichkeit geboten, sie ein bisschen abzuwandeln und so vom üblichen Muster abzuweichen. Ich hatte z.B. im ersten Moment vermutet, dass diese kleiner als sonst üblich sein würden. Das hätte dem Ganzen einen spannenden, neuen Aspekt gegeben, mit dem sich "The Cold Forge" automatisch von den bisherigen Erzählungen abgehoben hätte. Leider aber nutzt White eben diese Chance nicht, und präsentiert erst recht wieder "nur" die üblichen Xenomorphen. Deutlich schwerer wiegt allerdings, dass ich Dorian Sudlers sehr rasch sehr überdrüssig wurde. Wie gesagt, für eine sehr kurze Zeit weiß der zu faszinieren, und bietet White hier eine aufschlussreiche Charakterstudie einer solchen soziopathischen Figur. Aber im Vergleich zu eben Burke nimmt er hier einen viel zu großen Stellenwert in der Story ein – und dauert es auch viel zu lange, bis ihn die gerechte Strafe ereilt. Ein weiteres Problem ist, dass einem von vornherein klar ist, dass Blue die Ereignisse hier überleben wird. Eine derartige Figur hier zu präsentieren, und sie dann sterben zu lassen, war einfach ausgeschlossen. Dementsprechend hält sich aber halt leider die Spannung in enormen Grenzen. Blue kann wie gesagt nichts passieren, bei Dorian wartet man eigentlich nur darauf (und für meinen Geschmack viel zu lange), dass ihm etwas passiert. Und alle anderen Figuren hinterlassen einfach keinen Eindruck, als dass man mit ihnen mitfiebern würde.
Eines der größten Schwachpunkte von "The Cold Forge" ist aber zweifellos, dass die titelspendenden Aliens hier zu einer Randnotiz verkommen. Es gibt viel zu wenige Szenen, wo die Bedrohung durch sie tatsächlich spürbar wird, geschweige denn im Mittelpunkt steht. Ich hatte auch nie wirklich das Gefühl, dass Alex White an diesem Teil seiner Geschichte interessiert wäre. Vielmehr scheinen sie ihm nur als Mittel zum Zweck zu dienen, während er vom Duell zwischen Blue und Dorian erzählt. Letztendlich hätte sich diese Geschichte aber halt, mit wenigen Veränderungen, auch problemlos außerhalb des "Alien"-Universums erzählen lassen. Und dann ist da noch der Punkt, dass "The Cold Forge" einfach viel zu lang ist. Wenn man sich, so wie ich, für das im Mittelpunkt stehende Duell eben nicht interessiert, wird der Roman somit aufgrund seiner Länge richtiggehend mühsam. Immerhin, einen Pluspunkt aus dem späteren Teil der Story will ich euch nicht vorenthalten: Es gibt da einen Moment, wo Blue jemanden im Kokon erlöst, bevor das Alien in ihm zur Welt kommt. Dafür nutzt sie Marcus' Körper – obwohl dessen Programmierung ausschließt, dass er Menschen Schaden zufügt. Doch obwohl sie ihn steuert, ist er doch zumindest so weit bei Bewusstsein, dass er die Tat mitbekommt – ohne etwas tun zu können. Das war in der Tat ein interessanter Einfall, der mich zum Nachdenken anregte – und zumindest kurz mal aus der Lethargie riss. Ich wünschte nur, er wäre in einen spannenderen und gelungeneren Roman eingebettet gewesen.
Fazit:
"The Cold Forge" hat eigentlich ganz vielversprechend begonnen. Leider war ich eine der Hauptfiguren, Dorian Sudler, viel zu früh leid, und habe mich daraufhin durch seine Passagen regelrecht durchgekämpft. Der Ausgang des Geschehens war zudem viel zu früh viel zu eindeutig, was die Spannung enorm reduzierte. Der Roman ist noch dazu viiiiiel zu lang; gute hundert Seiten hätte Alex White ruhig kürzen dürfen, dann wäre mein Urteil wohl zumindest eine Spur wohlwollender ausgefallen. Vor allem aber störte ich mich daran, dass hier die eigentliche Bedrohung durch die Aliens viel zu kurz kam, und stattdessen Blue, Dorian, und das Duell zwischen ihnen, im Mittelpunkt stand. Mit nur geringfügigen Abweichungen hätte sich die Story jedenfalls auch ganz abseits der "Alien"-Lizenz erzählen lassen – was für mich dann halt schon die Frage aufwirft, was die Geschichte in eben diesem Universum verloren hat. Auch einzelne interessante Ideen und gelungene Denkansätze – wie die Art und Weise, wie Blue hier den Androiden Marcus dazu zwingt, gegen seine Programmierung zu handeln – können an meinem überwiegend enttäuschten Eindruck nichts mehr ändern.