Originaltitel: The Golden Pince-Nez Episodennummer: 6x03 Bewertung: Erstausstrahlung US: 21. März 1994 Heimkino-Premiere D: 2012 Drehbuch: Gary Hopkins Regie: Peter Hammond Besetzung:
Jeremy Brett als Sherlock Holmes,
Charles Gray als Mycroft Holmes,
Rosalie Williams als Mrs Hudson,
Frank Finlay als Professor Coram/Sergius,
Nigel Planer als Inspector Hopkins,
Anna Carteret als Anna,
Natalie Morse als Susan Tarlton,
Patricia Kerrigan als Abigail Crosby,
Christopher Guard als Willoughby Smith,
Kathleen Byron als Mrs Marker,
Roger Ringrose als Alexis,
Daniel Finlay als Vladimir,
Harry Kirkham als Mortimer u.a.
Kurzinhalt:
In Abwesenheit von Dr. Watson, der in seiner Ordination aufgrund von einer Pandemie gerade überschwemmt wird, erhält Sherlock Holmes Besuch von seinem Bruder Mycroft. Währenddessen macht Inspektor Hopkins dem beratenden Meisterdetektiv seine Aufwartung, und bittet ihn im Hinblick auf den Mord an Willoughby Smith um Hilfe. Dieser arbeitet als Sekretär für Professor Coran, der das frühe Christentum erforscht. Die Umstände des Mordes scheinen dabei zwar nicht wirklich Rätsel aufzugeben, sehr wohl aber das Motiv. Hopkins findet einfach keinen Grund, warum jemand Willoughby ermorden sollte – und tut sich dementsprechend auch schwer, einen Verdächtigen zu eruieren. Sherlock und Mycroft statten dem Tatort einen Besuch ab, und können zusammen gleich mehrere Hinweise im Hinblick auf den Mörder – oder besser gesagt, die Mörderin – deduzieren. Aber auch die Befragung des Dienstmädchen, welche die Leiche gefunden hat, eine Randbemerkung der Köchin, sowie der Aufbau des Hauses fördern interessante Hinweise zu Tage. Der Schlüssel zur Lösung des Falls scheint jedoch im goldenen Pince-Nez zu liegen, das am Tatort gefunden wurde…
Review (kann Spoiler enthalten):
Für "Das goldene Pince-Nez" stand Edward Hardwicke aufgrund der Dreharbeiten zu "Shadowlands – Ein Geschenk des Augenblicks" nicht zur Verfügung. Die von den Serienmachern dafür gefundene Lösung zählt für mich zu den größten Stärken der Adaption (wenn ich auch verstehen kann, wenn man dies anders sieht, da es im Vergleich zu fast allen Holmes-Geschichten halt schon eine deutliche Abweichung ist): Denn hier fungiert Mycroft als Watson-Ersatz. Die Dynamik zwischen den beiden Brüdern unterscheidet sich dabei natürlich eklatant von jener zwischen Holmes und Watson, was die Folge von vornherein hervorstechen lässt. Nicht falsch verstehen: Natürlich beziehen die Geschichten normalerweise einen großen Reiz aus dem Unterschied der beiden. Aber hier ausnahmsweise mal zwei Personen beim Ermitteln zu erleben, die sich in vielerlei Hinsicht auf einem Level befinden, war schon auch sehr spannend. Und generell sorgte es einfach mal für eine nette Abwechslung. Zumal mir Charles Gray in der Rolle nun mal auch wirklich gut gefällt.
Abseits dieser (positiven) Auffälligkeit ist "Das goldene Pince-Nez" allerdings recht durchschnittlich. Und das kurioserweise, obwohl ich die Vorlage zu einer der besseren Geschichten der Anthologie "Die Rückkehr des Sherlock Holmes" zählte, und auch die Adaption soweit recht gelungen fand. Ja, das mit der Suffragette-Bewegung wirkt schon ein bisschen aufgesetzt, aber andere, frühere Episoden haben sich im Bemühen, die Kurzgeschichte auf überdurchschnittliche Episodenlänge aufzublähen, auch schon blöderes einfallen lassen. So wendete dieser Teil zumindest einen interessanten, aufschlussreichen Blick auf diese Protest-Bewegung, der man sich vor allem auch bis zu diesem Zeitpunkt – Mitte der 90er – in Film und Fernsehen nur sehr selten zugewendet hatte. Seltsamerweise tat ich mir in dieser verfilmten Form im Gegensatz zur Vorlage ein bisschen mit der Auflösung schwer. Insbesondere natürlich im Hinblick darauf, dass sich Anna im Wissen vor Sergius in seinem Zimmer verschanzt. Wie genau haben sich die vorgestellt, wie das weitergehen soll? Sergius war ja ans Bett gefesselt, und Anna sieht nichts. Und überhaupt, viel Liebe scheint es zwischen den beiden ja nicht mehr zu geben. Warum versteckt Sergius sie denn dann überhaupt? Trotz dieses Mankos – und auch, wenn "Das goldene Pince-Nez" sicherlich nie die Qualität von "Der Detektiv auf dem Sterbebett" erreichte – hat mich die Episode aber gut unterhalten. Einerseits eben wegen des Zusammenspiels zwischen Mycroft und Sherlock (inklusive einer Wiederholung von Holmes' wohl berühmtester Weisheit, die hier ihrem gemeinsamen Vater zugeschrieben wird), aber durchaus auch im Hinblick auf den Fall, der Sherlock wieder die Gelegenheit für ein paar nette Deduktionen gibt. Zudem darf er bei der Befragung des Dienstmädchens, als er den sie offensichtlich verstörenden Blutfleck auf dem Fußboden abdeckt, auch wieder seine menschlich-mitfühlende Seite durchscheinen lassen. Jeremy Brett war zudem wenn schon nicht in Höchst- so doch zumindest in guter Form. Und die Inszenierung von Peter Hammond besticht vor allem mit den zahlreichen Einstellungen durch Fenster u.ä., sowie auch wieder der einen oder anderen netten Spiegelung eben darin.
Fazit:
Ich verstehe alle, die bei "Das goldene Pince-Nez" die typische Dynamik zwischen Holmes und Watson (da Edward Hardwicke anderweitig beschäftigt war) vermissen. Ich empfand jedoch das Duo Sherlock und Mycroft als interessante Paarung, und willkommene Abwechslung. Der Fall war ebenfalls ganz ok. Am besten gefiel mir an diesem, dass er den Holmes-Brüdern Gelegenheit für ein paar interessante Deduktionen bot. Mit der Auflösung am Ende war ich hingegen nicht ganz glücklich. Und die Nebenhandlung rund um die Suffragetten-Bewegung bringt zwar ein bisschen historischen Hintergrund ein, wirkt aber eher wie ein Fremdkörper; zu offensichtlich ist, dass diese Szenen nur eingefügt wurden, um die Laufzeit zu strecken (wobei eben dies in der Vergangenheit auch schon mal krampfhafter erfolgte). Insgesamt aber eine solide Episode, die für mich in erster Linie von der Rückkehr von Charles Gray als Mycroft Holmes aufgewertet und (leicht) über das Mittelmaß gehoben wird.