Kurzinhalt:
Als Privatdetektiv hat sich Simon Brenner nun schon einige Jahre zur Ruhe gesetzt. Als Chauffeur glaubt er nun, jenen Beruf gefunden zu haben, mit dem er halbwegs gemütlich in die Pension kommt. Nicht zuletzt, als er in erster Linie die dreijährige Helena herumkutschiert, die an ihrem Herrn Simon einen ziemlichen Narren gefressen hat. Dies wird ihm dann eines Tages insofern zum Verhängnis, als er ihr den Wunsch nach Schokolade nicht abschlagen kann – doch nachdem er ihr aus der Tankstelle eine Tafel mitgenommen hat, fehlt von Helena jede Spur. Nachdem der erste Schock überwunden ist, verständigt er den Vater des Mädchens, den wohlhabenden Unternehmer Kressdorf, der gerade dabei ist, ein paar Schrebergärten in Praternähe aufzukaufen, wo er einen neuen Freizeitpark errichten will. Pläne, die jedoch einigen der Anrainer ein Dorn im Auge sind. Aber auch seine Frau könnte die eigentliche Zielscheibe der Entführung sein, betreibt sie doch im ersten Wiener Bezirk eine umstrittene Abtreibungsklinik. Von Schuldgefühlen geplagt, kann und will Simon Brenner die Ermittlungen nicht der Polizei überlassen – weshalb er kurzfristig doch wieder in seinen alten Beruf als Privatdetektiv zurückkehrt…
Review:
Nach sechs in relativ kurzer Zeit entstandenen Krimis rund um den früheren Polizisten Simon Brenner hatte Wolf Haas von seiner Figur erstmal genug. Das Ende von "Das ewige Leben" ließ eigentlich wenig Zweifel daran, dass dies eigentlich auch das Ende für die Buchreihe hätte sein sollen. Doch irgendwie wollte der Privatdetektiv Wolf Haas dann doch nicht los lassen. Die zunehmende Popularität der Figur (und damit natürlich auch der Vorlagen), die den Verfilmungen mit Josef Hader in der Hauptrolle zu verdanken war, mag hierbei auch eine Rolle gespielt haben. Und so gab es sechs Jahre nach "Das ewige Leben" – und damit nur etwas kürzer, als zuvor die komplette Reihe an sich in Anspruch genommen hatte – mit Simon Brenner doch noch ein Wiedersehen. Zusammen mit ihm ist natürlich auch der Erzähler zurück. Wie das sein kann, wird von Wolf Haas in ziemlich charmant-beiläufiger Manier mit den ersten paar Sätzen abgehandelt. Dann steht auch schon der eigentliche Fall im Mittelpunkt, wo wir den Herrn Simon und seine junge Passagierin Helena zuerst bei glücklicheren Zeiten erleben, ehe wir quasi live mit dabei sind, wie der Brenner zum leeren Autor zurückkehrt. Wie Wolf Haas Simons absoluten Schock und seine Verzweiflung beschreibt, war ein höchst eindringlicher und meines Erachtens auch sehr lebensnaher Moment. In so einer Situation weiß man einfach nicht, was man mit sich anfangen, und wie man damit umgehen soll. Jedenfalls hat mir der Brenner in diesem Moment ungemein leid getan, und ist es Wolf Haas ausgesprochen gut gelungen, mich in seine Lage versetzen zu lassen.
Der sich aus diesem Setup ergebende Kriminalfall konnte mir dann ebenfalls gefallen. Positiv sticht dabei nicht zuletzt hervor, wie es Wolf Haas auch im siebenten Roman – und nach der längeren Pause – wieder gelingt, einen Fall zu präsentieren, der sich vom Setting und Ablauf her stark von den vorherigen unterscheidet. Zudem ist dieser auch wieder nicht unkomplex, und präsentiert man uns gleich mehrere Verdächtigte. Die Story entwickelte sich zudem durchaus interessant und teilweise auch unerwartet weiter, insbesondere auch im Hinblick auf die Beziehung, zu der bestimmte Personen zueinander stehen. Aber auch der eine oder andere spannende Moment – wie z.B. wenn sich der Brenner im Schrebergartenhäuschen versteckt – findet sich hier wieder. Und generell war ich in der Story wieder voll drin, und verfolgte mit Spannung, welche weiteren Verwicklungen der Brenner im Verlauf des Falls wohl aufdecken wird. Denn zumindest das eint "Der Brenner und der liebe Gott" mit den bisherigen Romanen der Reihe: auch diesmal stehen die gesellschaftlichen Abgründe insbesondere der feineren, gehobenen Gesellschaft im Mittelpunkt. Was mir ebenfalls nach wie vor sehr gut gefällt, ist die eigenwillige Erzählweise der Romane, an der sich trotz der "Statusänderung" des Erzählers nichts geändert hat. Im Plauderton lässt er uns an Brenners Ermittlungen teilhaben, und streut dabei zwischendurch auch immer wieder mal (wobei diese meines Empfindens nach bei früheren Teilen der Reihe auch schon mal ausgeprägter waren). Diesen Stil, sowie den ganz eigenen Humor der Reihe, mag man nun mal, oder eben nicht. Was ich aber in jedem Fall auffällig fand: Bei der Veröffentlichung von "Der Brenner und der liebe Gott" war Josef Hader ja bereits drei Mal in die Rolle des Detektivs geschlüpft – und ich hatte schon den Eindruck, dass dies auch verändert hat, wie Wolf Haas die Figur sieht. So war insbesondere der trockene Humor vom Brenner in der Szene, wo er verhört/gefoltert wird, für mich zu 100% Josef Hader. Insofern ist es eigentlich ziemlich schade, dass der Roman (bislang?) nicht mit ihm in der Hauptrolle verfilmt wurde.
Fazit:
Nach sechs Jahren Ermittlungspause holte Wolf Haas seinen Ex-Polizisten Simon Brenner doch wieder aus der detektivischen Frühpension. Das Ergebnis ist ein weiterer gelungener Krimi der Reihe, der sich durch den gewohnten (Erzähl-)Stil und Schmäh auszeichnet. Was dabei für mich neuerlich bestach, ist, wie es Wolf Haas auch hier wieder gelungen ist, sind einen Fall auszudenken, der sich von den bisherigen stark unterscheidet. Vor allem die Entführung, welche die Initialzündung für die Ermittlungen und alle daraus resultieren Entwicklungen (und Todesfälle) gibt, hat daran sicherlich großen Anteil. Zudem hat Simon Brenner diesmal aufgrund seiner direkten Verbindung zu Helena auch einen persönliche(re)n Grund, um den Fall zu lösen. Dieser ist wieder nett verschachtelt, bietet einige spannende Momente, und entwickelt sich insgesamt interessant weiter. Angereichert wird der klassische Kriminalfall wieder von zahlreichen beiläufigen Kommentaren des (nun noch allwissenderen) Erzählers, einzelnen Spannungsmomenten, sowie dem köstlichen Humor. Aus meiner Sicht ist es Wolf Haas jedenfalls gelungen, auch nach der (damals) mehrjährigen Pause qualitativ nahtlos an die anderen Romane der Reihe anzuknüpfen.
Bewertung: 4/5 Punkten
Christian Siegel
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