MacGregors gänzlich misslungener AbschiedKategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Donnerstag, 07 Februar 2008
Titel:
"Indiana Jones und die Macht aus dem Dunkel"
Originaltitel:
"Indiana Jones and the Interior World"
Bewertung:
Autor:
Rob MacGregor
Übersetzer:
Bettina Zeller
Umfang:
245 Seiten
Verlag:
Goldmann
Veröffentlicht:
1996 (Deutschland) bzw. 1992 (USA)
ISBN:
3-442-43162-5
Wo erhältlich?
Die deutsche Übersetzung ist ausverkauft, es werden aber immer wieder Exemplare auf ebay und/oder dem amazon marketplace angeboten.
Kurzinhalt:
1929: Indiana Jones befindet sich gemeinsam mit seinem Freund Marcus Brody bei Ausgrabungen auf der Osterinsel, als er von einem Archäologen erfährt, der seit geraumer Zeit verschollen ist. In einem nahegelegenen Dorf geht das Gerücht um, dass ein sagenumwobenes Geisterschiff mit seinem Verschwinden zu tun haben soll. Indy vermutet schon bald, dass hinter dieser Legende eine durchaus reale Bedrohung steckt, nämlich Piraten, die sich diesen Aberglauben zunutze machen, um ihre illegalen Aktionen zu decken. Auf ihrer Suche nach dem verschollenen Archäologen werden sie schließlich von der Crew des Schiffes gefangen genommen. Während Brody die Flucht gelingt, bleibt Indiana Jones zurück, und erfährt schließlich von einer jungen Frau namens Salandra, dass sie seine Hilfe benötigen: Denn die Caleuche und ihre Crew kommen aus einer anderen Welt unter dem Erdmantel, die mit der Welt oben gewisse Parallelen teilt. Und nun sind durch einen machtgierigen Politiker, dem es gelungen ist, das Horn des Einhorns an sich zu bringen, beide Welten in großer Gefahr…
Review:
Ich will ehrlich sein: Als ich – angesichts der Veröffentlichung des nun aber definitiv letzten "Indiana Jones"-Films im letzten Jahr – wieder Lust auf die Romane bekommen habe, einfach um noch einmal ein paar weitere Abenteuer mit unser aller Lieblings-Archäologen zu erleben, hatte ich offensichtlich keine Erinnerung mehr daran, wie wenig mir viele von ihnen – insbesondere jene von Rob MacGregor (was insofern überraschend ist, als dieser in Fan-Kreisen für seine Romane durchaus gelobt wird: etwas, dass ich absolut nicht nachvollziehen kann) – gefallen haben. Sonst hätte ich es wohl entweder ganz gelassen, oder aber wäre selektiv vorgegangen, und hätte anhand meiner damaligen Reviews eine Auswahl getroffen (die dann insbesondere die soliden bis sehr guten Romane von Wolfgang Hohlbein umfasst hätte). Aber: Hätte ich mir meine alten Reviews nochmal durchgeschaut, hätte ich wohl zumindest mal die Rob MacGregor-(Mach-)Werke ausgelassen. Nicht zuletzt schrieb ich in meiner damaligen Rezension noch, dass wohl jeder Indy-Fan sich "Die Macht aus dem Dunkel" maximal ein einziges Mal im Leben vorknöpfen wird – und selbst das hielt ich schon für zu viel. Und jetzt habe ich ihn mir tatsächlich noch ein zweites Mal angetan! An meiner überaus kritischen Meinung zu Rob MacGregors Indy-Abschied (seine unlizenzierte Adaption zum Videospiel "Indiana Jones and the Staff of Kings" nicht mitgerechnet) hat sich dabei leider weder durch die dazwischenliegende Zeit noch die ihm gebotene zweite Chance nicht wirklich etwas geändert (auch wenn ich ihm nun immerhin einen mickrigen halben Punkt zugestehe; damals habe ich ihm ja überhaupt mit null Punkten die absolute Höchststrafe zukommen lassen).
Damals wie heute mein größter Kritikpunkt: Die Idee rund um die hohle Erde, und die unter dem Erdmantel schlummernde Unterwelt. Ich konnte mich darauf einfach nie einlassen, und fand den Gedanken – im Kontext einer Erzählung, die in "unserer" Welt angesiedelt ist – völlig absurd. Erschwerend kommt dann noch das mit den Gegenstücken in beiden Welten hinzu, die offensichtlich manchmal echte Doppelgänger sind (siehe Hans Beitelheimer), wie Zwillinge, und dann wiederum einfach nur "spirituelle" Spiegelbilder, wie Hitler und Maleiwa, oder auch Indy und Salandra. Das passt einfach hinten und vorne nicht zusammen – wie im Übrigen auch die Aussage, dass die Zeit in beiden Welten unterschiedlich schnell vergeht, weil dann macht insbesondere auch das mit diesen Gegenparts überhaupt keinen Sinn. Und auch abseits davon, dass ich mit dieser Idee einfach überhaupt nichts anfangen konnte, wiederholt Rob MacGregor damit seinen wiederkehrenden Fehler (zumindest in meinen Augen), den mystisch-fantastischen Elementen zu viel Gewicht zu geben. "Indiana Jones" sollte in erster Linie eine Abenteuergeschichte sein, welche um die besagten Elemente (und gerne auch mal eine Romanze) angereichert wird, die übernatürlichen Aspekte sollten dabei aber nie im Mittelpunkt stehen. Ich bleibe dabei: In Anbetracht seiner Romane habe ich den Eindruck, dass Rob MacGregor nie verstanden hat, was denn eigentlich den Reiz von "Indiana Jones" ausmacht. Am Ende versucht er dann auf einmal, doch noch die Kurve zu kratzen, in dem er eine weltliche Erklärung für Indys Erlebnisse – vorgeschlagen von Marcus Brody – aufs Tapet bringt. Leider aber ist eben diese keine Sekunde lang plausibel; dafür haben wir zusammen mit Indiana Jones zuvor einfach schon zu viel erlebt, als dass man daran glauben könnte. Und auch, dass Indy selbst es in Betracht zieht, erschien mir nicht plausibel.
Aber auch von der Grundidee rund um die innere Welt abgesehen war "Indiana Jones und die Macht aus dem Dunkel" ein denkbar schwacher Abschied von Rob MacGregor. So köchelt der Roman vor allem action-technisch ziemlich auf Sparflamme; und dann konnten mich zu allem Überfluss auch noch die wenigen entsprechenden Einlagen weder mitreißen, noch überzeugen. Letzteres gilt insbesondere für das Finale in der Inneren Welt, wo sich dann u.a. auch ein Drache und ein Dinosaurier in den Kampf einmischen. Ich mein, was zur Hölle?! Keine Ahnung, ob Rob MacGregor an dieser Stelle nicht mehr wollte, und deshalb absichtlich einen solchen Quatsch abgeliefert hat, in der Hoffnung, nicht noch einmal gefragt zu werden, einen weiteren Indy-Roman zu schreiben (wenn ja, hat es geklappt), oder ihm einfach nichts mehr eingefallen ist. So oder so ist das Ergebnis teilweise echt haarsträubend. Und dabei gab es tatsächlich einzelne ganz nette Ansätze; sei es das erste Kapitel (nach dem Prolog) auf der Osterinsel, die Suche nach dem verschollenen Beitelheimer, sowie die kurz ins Spiel gebrachte Idee eines Piratenschiffs, welches sich der Sage nach einem Geisterschiff bedient, um ungestört ihren illegalen Machenschaften nachgehen zu können. Schade, dass die Geschichte letztendlich eine völlig andere Richtung einschlug. Um kurz ein Fazit über MacGregors Indy-Romane im Allgemeinen zu ziehen, muss ich leider festhalten, dass ich diese überwiegend für misslungen hielt. Er legte mir zu viel wert sowohl auf romantische als auch mystische Aspekte; letztere zogen sich teilweise durch alle sechs Romane, wie z.B. das mit Indys Schutztier, dem Adler. Aus meiner Sicht ist er auch daran gescheitert, uns die Entwicklung eines früheren Indys hin zu jenen aus dem Filmen zu zeigen. Und neben der Idee, dass Indiana mal verheiratet war, wird vor allem auch das mit der Unterwelt aus "Die Macht aus dem Dunkel" als größter Blödsinn, den sich MacGregor einfallen ließ, in Erinnerung bleiben. Apropos: Ich hoffe doch, dass sich diesmal meine überwiegend negative Meinung zu seinen Indy-Romanen ins Gedächtnis brennen wird, und ich somit zumindest "Herren der toten Stadt", "Geheimnis der Arche" und "Macht aus dem Dunkel" nun nie wieder in die Hand nehmen werde.
Fazit:
Es gibt Geschichten, die angesichts ihrer Grundidee im Prinzip von vornherein zum Scheitern verurteilt sind. So ging es mir – damals (sprich anno 2008, als ich ihn das erste Mal gelesen und besprochen habe) wie heute – mit "Indiana Jones und die Macht aus dem Dunkel". Was bei Jules Verne zahlreiche Generationen von vor allem jungen Lesern in Staunen versetzte – die Idee einer Welt im Inneren der Erdkugel – erscheint in der in unserer Realität angesiedelten Welt von Indiana Jones einfach nur lächerlich. Dementsprechend konnte ich mich leider auch zu keinem Zeitpunkt darauf einlassen – wozu sich dann auch noch das nicht minder alberne Konzept rund um die Doppelgänger in beiden Welten (sowie die unterschiedlich verlaufende Zeit; beides zusammen ergibt einfach überhaupt keinen Sinn) anschloss. Generell übertrieb es MacGregor hier wieder einmal völlig mit den fantastischen, übernatürlichen Elementen – die bei "Indiana Jones" immer nur die nötige Würze, nie aber die Haupt-Zutat sein sollten. Die mangelnde – und wenn sie dann mal in Erscheinung tritt, noch dazu wenig packende und/oder überzeugende – Action, sowie zahlreiche absurde bis richtiggehend lächerliche Momente gaben "Indiana Jones und die Macht aus dem Dunkel" dann endgültig den Rest. Ich bin jedenfalls froh, nun (erneut) die MacGregor-Ära der "Indy"-Abenteuer hinter mir zu haben – auch wenn ich meiner Erinnerung nach leider auch mit jenen von Max McCoy und Martin Caidin (ganz im Gegensatz zu Wolfgang Hohlbein, dessen Bücher mich danach dann – quasi als Belohnung – erwarten) nicht immer glücklich gewesen bin.
Christian Siegel
Bewertung:
0.5/5 Punkten
Artikel kommentieren
Kommentar schreiben
Bitte orientiere Deinen Kommentar am Thema des Beitrages.
Persönliche Angriffe und/oder Diffamierungen werden gelöscht.
Das Benutzen der Kommentarfunktion für Werbezwecke ist nicht gestattet. Entsprechende Kommentare werden gelöscht.
Bei Fehleingaben lade diese Seite bitte neu, damit ein neuer Sicherheitscode generiert werden kann. Erst dann klicke bitte auf den 'Senden' Button.
Der vorgenannte Schritt ist nur erforderlich, wenn Sie einen falschen Sicherheitscode eingegeben haben.