Kurzinhalt:
Zweiunddreißig Jahre nach der Schlacht von Yavin sind die Jedi nur mehr ein Mythos. Nach dem Scheitern von Lukes Versuch, einen neuen Jedi-Orden aufzubauen, können sich die wenigsten in der Galaxis noch an die Hüter des Friedens und der Freiheit erinnern. Eine davon war J'Hara. Als diese stirbt, nimmt ihr Enkel Karr Nuq Sin dies, sowie einen heftigen Streit mit seinen Eltern, zum Anlass, um seinem Heimatplaneten Merokia den Rücken zu kehren. Zusammen mit der Aristokraten-Tochter Maize Raynshi – deren Vater Teil der Neuen Ordnung ist – bricht er in die Galaxis auf, um nach Jedi-Artefakten zu suchen. Denn: Karr ist selbst machtsensitiv, und erhält bei der Berührung von Gegenständen immer wieder einen Einblick in deren Vergangenheit. So möchte er mehr über die Jedi, den Orden und ihre Geschichte erfahren. Doch die Reise ist voller Gefahren…
Review:
"Der Sammler" ist im Vorfeld von "Der Aufstieg Skywalkers" erschienen, wobei er ja eigentlich sogar noch ein paar Jahre vor "Das Erwachen der Macht" spielt. Der Roman erweist sich letztendlich, soweit es die Geschichte aus der Sequel-Trilogie im Allgemeinen und eben Episode IX betrifft, als völlig überflüssig. Das ist dann auch gleich mal mein erster Kritikpunkt: Ich verstehe nicht, warum man nicht, wenn man eh einen völlig neuen Kanon aufbaut, den Autoren der Romane und Comics ausreichend Hintergrundinformationen und -material geben kann, um die Filme zu bereichern und aufzuwerten, statt irgendwelche für die Story aus der Trilogie völlig belanglose Geschichten zu erzählen. Dies ist übrigens auch kein Vorwurf an den Autor von "Der Sammler", weil der kann ja nichts dafür. Und da es offenbar ein lebenslanger Traum war, für "Star Wars" schreiben zu können, will ich ihm auch nicht vorwerfen, trotz dieser Einschränkung eine entsprechende Gelegenheit als sie sich ihm bot ergriffen zu haben. Aber wenn die Verbindungen zwischen den Filmen und dem Roman derart gering bis fast schon nicht existent sind (die wenigen Ausnahmen – wie eine Rückblende zu Lukes Jedi-Training von Obi-Wan auf dem Millennium Falken während des Flugs nach Alderaan – lassen sich an einer Hand abzählen), stellt sich mir halt schon die Sinnfrage. Vielen mag es ausreichen, einfach nur ein weiteres (von der bisher bekannten Story weitgehend losgelöstes) Abenteuer in der weit weit entfernten Galaxis zu lesen; und manche es sogar vorziehen, Geschichten rund um neue Figuren zu lesen, statt zum x-ten Mal auf Luke, Leia, Han, Lando usw. zu treffen. Für mich machen aber halt eben diese uns bekannten (und beliebten) Figuren einen wesentlichen Reiz der Geschichten im "Star Wars"-Universum aus.
Erschwerend kommt hinzu, dass ich bekanntermaßen kein Freund davon bin, welche Richtung man bei der Sequel-Trilogie inhaltlich eingeschlagen hat. Dies betrifft die mangelnde Vision im Vorfeld ebenso, wie das allgemeine Setting, dass einfach jenem aus "Eine neue Hoffnung" zu sehr ähnelte. Das fand ich nicht nur einfallslos, es machte in meinen Augen auch den Triumph unserer Helden in "Die Rückkehr der Jedi-Ritter" bedeutungslos. Das gilt für den Aufstieg der Neuen Ordnung als neues Imperium ebenso (wobei ich es dennoch definitiv interessanter gefunden hätte, in einem Roman mehr darüber zu erfahren, wie die Galaxis neuerlich von einem solchen Regime unterworfen werden konnte), wie das Scheitern rund um Lukes Aufbau eines neuen Jedi-Ordens. Immerhin hieß der letzte Teil der Original-Trilogie ja nun mal eben "Die Rückkehr der Jedi-Ritter"; streng genommen kann man das nur auf Luke beziehen, für mich war aber schon immer klar (und damit meine ich, als ich den Film als Kind gesehen habe, noch lange, bevor ich mich für die "Legends"-Bücher interessierte), dass damit zugleich eine Rückkehr des Ordens – und der Wächter für Frieden und Freiheit – gemeint ist. "Der Sammler" hingegen macht die Wertlosigkeit des Triumphs in der Original-Trilogie insofern nochmal offensichtlicher, als die Jedi hier nun, über fünfzig Jahre nach den Klonkriegen, noch mehr ein reiner Mythos sind, als in der dunklen Ära des Imperiums. Auch das schmeckt mir halt nicht wirklich. Und auch hier gilt: Dafür kann Kevin Shinick nichts, und mache ich ihm keinen Vorwurf. Aber es wirkt sich halt auf meinen Eindruck seines Romans aus.
Abseits dieser Kritikpunkte muss ich aber zugestehen, dass "Der Sammler" soweit ganz gut geschrieben und vor allem auch recht kurzweilig geraten ist. Mit Karr Nuq Sin und Maize Raynshi stellt er zwei interessante neue Figuren vor, bei denen ich einem möglichen Wiedersehen in der Zukunft nicht abgeneigt wäre. Karrs Fähigkeit der Psychometrie (eine Gabe, über die ja u.a. auch Quinlan Vos verfügte) sorgt zudem für einige der besten Momente des Romans. Und auch wenn man darüber diskutieren kann, wie realistisch es ist, dass sein Urgroßvater nach all der Zeit noch am Leben ist, sorgte Karrs Begegnung mit ihm – und die Offenbarung, dass die Jedi eben nicht, wie von diesem gedacht, die Bösen sind und die Republik verraten haben (sondern vielmehr selbst von dieser – oder genauer gesagt, Imperator Palpatine – verraten wurden) – für einen emotionalen Ausklang der Geschichte. Last but not least darf man natürlich auch nicht vergessen, dass "Der Sammler" von Anfang an als "Young Adult"-Veröffentlichung gedacht war, und sich somit in erster Linie an jüngere Leser:innen richtet. Die sollten hier aus meiner Sicht auch besser bedient werden, als bei "Poe Dameron - Freier Fall" (ein Vergleich, der sich nicht zuletzt angesichts der Parallelen im Grundkonzept – ein Teenager, der von zu Hause ausreißt, und ins Alls aufbricht – förmlich aufdrängt) – und könnten mit dem Roman generell durchaus um einiges mehr anfangen können, als das bei mir der Fall war.
Fazit:
Trotz meiner überwiegend negativen Meinung zu "Der Sammler" kann ich dessen Autor Kevin Shinick nicht wirklich etwas vorwerfen. Teilweise liegt meine kritische Meinung darin begründet, dass ich mit dem für das Sequel-Trilogie gewählten Setting, welches für mich den Triumph unserer Helden aus der Original-Trilogie ziemlich wertlos erscheinen ließ, noch nie viel anfangen konnte. Im vorliegenden Fall betrifft das insbesondere die Idee, dass die Jedi nach dem Untergang des Imperiums nicht als die Hüter der Galaxis zurückgekehrt, sondern im Gegenteil sogar noch mehr aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden sind, als dies zur Zeit des Imperiums nicht schon der Fall war. Erschwerend kommt hinzu, dass sich "Der Sammler" auf bislang gänzlich unbekannte Figuren konzentriert, und generell keine Antworten auf die sich für die Entwicklung von OT zur ST ergebenden Fragen parat hat. All dies macht "Der Sammler" für mich letzten Endes zu einer enorm belanglosen Angelegenheit. Kann man darüber hinwegsehen, und freut sich einfach nur auf ein weiteres Abenteuer in dieser weit, weit entfernten Galaxis, so versteht es der Roman aber zweifellos, für kurzweilige Unterhaltung zu sorgen. Mir persönlich ist eben dies (allein) halt nur leider nicht genug.