Kurzinhalt:
Nach der Zerstörung des zweiten Todessterns und dem Tod von Imperator Palpatine läuft die TIE-Fighter-Pilotin Yrica Quell – so wie auch viele anderen imperialen Offiziere – zur Neuen Republik über. Dort wird sie schließlich mit der Bildung einer neuen Staffel betraut. Da dieses aus unterschiedlicher Klassen – nämlich je einem A-, B-, U-, X- und Y-Flügler – besteht, erhält dieses schließlich den Namen Alphabet-Geschwader. Nach einigen Übungsmissionen wird die Staffel dann schließlich auf das aus Fliegerassen bestehende und bei den Rebellen berüchtigte imperiale Schattengeschwader angesetzt. Wyl Lark hat vor einiger Zeit seine frühere Staffel an dieses verloren, und sinnt auf Rache. Quell wiederum war einst selbst Teil des Schattengeschwaders. Mit dem Auftrag soll sich nicht nur die Alphabet-Staffel, sondern auch Quell als ihre Anführerin – und Überläuferin – beweisen. Dann jedoch droht die Mission in einer Katastrophe zu enden…
Review:
Ich halte es für offensichtlich, dass "Das Alphabet-Geschwader" der Versuch war, in die Fußstapfen der "X-Wing"-Romane aus dem alten "Expanded Universe" (nun "Legends"-Universum) zu treten. Einerseits knüpfte auch die mehr oder weniger unmittelbar an "Die Rückkehr der Jedi-Ritter" an, und handelte davon, wie die Rebellenallianz daran arbeitet, nach der Zerstörung des zweiten Todessterns und dem Tod von Imperator Palpatine (und seiner rechter Hand Lord Vader) das Imperium endgültig zu besiegen. Und andererseits natürlich, da in beiden Fällen ein spezifisches Geschwader der Neuen Republik im Mittelpunkt steht. Ich kann natürlich verstehen, dass man trotz dieser Ähnlichkeiten keine 1:1-Kopie der alten Romane vorlegen wollte. Das wäre einerseits im Hinblick auf Plagiatsvorwürfe kritisch, und sicherlich auch für Alexander Freed in schriftstellerischer Hinsicht wenig befriedigend gewesen. Leider aber fand ich, dass insbesondere Michael Stackpole (weil den Outpot seines Nachfolgers Aaron Allston sah ich insgesamt ja leider deutlich kritischer) die Sache deutlich besser gelöst hat, als es Alexander Freed hier gelang. Punkt eins: Auch wenn der Fokus bei der "X-Wing"-Reihe auf Neben- bis hin zu neuen Figuren lag (was damals, relativ kurz nachdem Timothy Zahn mit der legendären "Thrawn"-Trilogie den Grundstein für das "Expanded Universe" legte, ein spannender neuer Zugang und eine interessante Abwechslung war), so achtete er dennoch darauf, dass mit Han, Leia, Luke usw. auch die uns bekannten Helden immer wieder in Erscheinung treten. Oftmals nur in sehr kleinen Minirollen bis hin zu kurzen Gastauftritten, aber dennoch. Demgegenüber muss man bei "Das Alphabet-Geschwader" gänzlich auf die Helden aus der Original-Trilogie verzichten. Nicht einmal Nebencharaktere wie Mon Mothma oder Wedge Antilles treten hier in Erscheinung. Als einzige Verbindung zum etablierten Kanon bleibt Hera Syndulla übrig. Deren bedeutsame Rolle im Geschehen sehe ich zwar definitiv positiv. Dennoch war mir sie allein entschieden zu wenig.
Der nächste wesentliche Punkt: Ja, Michael Stackpole stellte viele neue Figuren vor, und griff gelegentlich auch Charaktere auf, die in "Die Rückkehr der Jedi-Ritter" nur kurz zu sehen waren, dort aber nichtmal mit Namen genannt wurden (wie Wes Jenson). Dennoch achtete er darauf, dass mit Wedge Antilles in der Hauptrolle eine in den Filmen bereits etablierte (und aus diesen trotz seiner kleinen Rolle auch durchaus beliebten) Figur im Mittelpunkt stand. Das gab "Star Wars"-Fans eine Person, über die sie quasi an die Geschichte andocken konnten. Hier handelt es sich jedoch bei allen Pilot:innen der Staffel um bislang unbekannte Gesichter. Yrica Quell wurde zwar zugegebenermaßen in "Schattengeschwader" etabliert, aber das ist schon der nächste Punkt: Für mich wollte die dortige Erzählung ihres vermeintlichen Todes – und wie sie zur Rebellion überlief – nicht mit der Darstellung hier passen. Es ist schlimm genug, wenn sich zwei voneinander relativ unabhängige Romane und/oder Comics widersprechen, wie es beispielsweise bei "Imperium in Trümmern" und "Die Prinzessin und der Schurke" der Fall war. Aber "Das Alphabet-Geschwader" und "Schattengeschwader" wurden von Marvel und Del Rey als Crossover-Event beworben. Wie man das dann derart versemmeln kann, ist mir unbegreiflich. Ein weiterer wesentlicher Unterschied liegt darin, dass im alten "Expanded Universe" der Tod von Palpatine und der Verlust des zweiten Todessterns natürlich schwere Rückschläge waren, das Imperium deshalb aber noch lange nicht besiegt war. Auch danach war die Flotte des Imperiums immer noch größer als jene der Rebellen, und blieb damit der David gegen Goliath-Charakter bis zu einem gewissen Grad erhalten. Dies kulminierte dann in einem spannenden Handlungsstrang, wo es darum ging, Coruscant zu erobern. Hier nun schlägt man eine gänzlich andere Richtung ein: Das Imperium ist nach der Niederlage bei Endor defacto besiegt. Nicht nur ist dies von der Ausgangssituation von vornherein nicht so interessant, es überzeugt mich auch nicht wirklich.
Aber auch abseits vom Vergleich mit der "X-Wing"-Reihe fand ich zumindest mal den ersten Teil der Trilogie rund um das titelspendende Alphabet-Geschwader nicht so prickelnd. Ein Hauptgrund dafür sind die Figuren, die ich leider überwiegend uninteressant (und teilweise auch etwas klischeehaft) fand. Yirca Quell, die hier eindeutig im Mittelpunkt steht, mag insgesamt zwar noch am Besten wegkommen, selbst sie konnte für mich aber weder mit den interessanteren Charakteren sowohl des alten Expanded Universe als auch des neuen Kanons mithalten. Und der Rest der Staffel hinterließ bei mir gleich überhaupt keinen Eindruck. Das gelang Michael Stackpole, tatsächlich aber auch dem oftmals von mir kritisierten Aaron Allston ungleich besser. Die Idee des Geschwaders hat mich leider auch nicht vollständig überzeugt. Im ersten Moment klingt es natürlich spannend, und auch wie eine ziemlich gewiefte Idee, da man so die Stärken der individuellen Kampfjäger in einer einzelnen Staffel vereint. Aus meiner Sicht hätte es dann aber von jeder Flügler-Art mindestens zwei geben müssen. Weil die Schiffe sind einfach was ihre individuellen Stärken und Schwächen, die Manövrierfähigkeit, die Geschwindigkeit, die Schildstärke, die Bewaffnung usw. betrifft einfach zu unterschiedlich, als das man sich sinnvoll Deckung geben könnte. Was hilft es mir beispielsweise, wenn ich einen flinken A-Flügler drinnen hab, den aber praktisch allein losschicken müsste, weil die anderen Klassen nicht mithalten können? Aber auch die Aufgabe, der sich das Alphabet-Geschwader hier stellen muss/soll, fand ich nicht ganz so prickelnd. So erfrischend es grundsätzlich auch war, dass es mal nicht gleich um das Schicksal einer ganzen Welt ging, und so logisch es erscheinen war, eine Staffel gegen eine andere antreten zu lassen, aber mich wollte diese Aufgabe einfach nicht packen. Mir fehlte im Vergleich zu den "X-Wing"-Romanen auch die Kameradschaft. Auch dies mag aufgrund der Tatsache, dass die Staffel hier ja erst gegründet wird, nur logisch sein, und könnte sich in den folgenden Teilen der Reihe noch ändern, aber ich denke, dass dies ein wesentlicher Mitgrund war, warum die Figuren bei mir keinerlei Eindruck hinterließen.
Eher mühsam fand ich auch, dass Alexander Freed die gleiche Zeile mehrmals im Roman wiederholt, nämlich immer dann, bevor die jeweilige Figur beginnt, ihre Geschichte zu erzählen, und wir diese in einer Rückblende miterleben. Ich musste da leider doch zunehmend mit den Augen rollen. Last but not least (so weit es meine Kritikpunkte betrifft) fand ich "Das Alphabet-Geschwader" auch einfach zu lang – insbesondere im Hinblick auf die doch relativ dünne Story, die hier erzählt wird. Und ja, schon klar, zum Auftakt muss man sich – wenn man fast ausschließlich auf völlig neue Figuren zurückgreift – natürlich die Zeit nehmen, um diese vorzustellen, was halt allein schon einiges an Platz in einem Buch erfordert. Trotzdem war mir das Erzähltempo hier insgesamt zu niedrig, und der Roman für den überschaubaren Inhalt zu lang. Trotz dieser ausführlichen Kritik: Es gibt auch positive Aspekte. Zwar ist es mir wie gesagt mit dem anstehenden Sieg der Rebellen über das Imperium so kurz nach der Schlacht von Endor fast zu früh, es ergibt sich allerdings insofern eine spannende – und auch im Vergleich zum Expanded Universe für die "Star Wars"-Literatur neue – Situation, als die Allianz lernen muss, nicht mehr länger wie unterdrückte Freiheitskämpfer zu denken. Als Sieger des Konflikts müssen sie aufpassen, nicht zum nächsten Imperium zu werden. Das war schon ein netter und interessanter Gedanke. Zu den größten Stärken von "Das Alphabet-Geschwader" gehörte für mich zudem die Offenbarung am Ende, dass alle Mitglieder des Schattengeschwaders, an denen sich Wyl rächen wollte, längst tot – da im Einsatz gefallen – sind, und seither durch völlig neue Piloten ausgetauscht wurden. Zudem – und gerade auch für einen solchen Roman rund um ein Kampfgeschwader nicht unwichtig – gelingt es Alexander Freed recht gut, die Action bildlich zu beschreiben, und dadurch – soweit es halt auf dem Papier möglich ist – recht mitreißend zu machen. Und auch wenn die Figuren für mich insgesamt etwas zu blass blieben, aber einzelne charakterorientierte Momente fand ich schon ganz nett (wie z.B., wenn die Bitten der "Großmutter" von Palpatines Agenten unerhört bleiben). Dem Vergleich mit der "X-Wing"-Reihe – und hier eben wie gesagt insbesondere den Büchern von Michael Stackpole – hält aber zumindest der erste Roman zum Alphabet-Geschwader für mich nicht stand.
Fazit:
Als jemand, der mit dem alten Legends-Universum aufgewachsen ist, müssen die Romane (und Comics) aus dem neuen Kanon halt unweigerlich gegen eben diese antreten. Im Falle von "Das Alphabet-Geschwader" drängt sich insbesondere der Vergleich zu den frühen "X-Wing"-Romanen von Michael Stackpole auf – und hier zumindest mal der erste Roman der dreiteiligen Reihe mal klar und deutlich den Kürzeren. Angefangen dabei, dass uns hier bis auf Hera Syndulla nur bislang unbekannte Figuren vorgesetzt werden, über die mich nur bedingt überzeugende Zusammenstellung der Staffel, bis hin zur zumindest vorerst noch fehlenden Kameraderie (die natürlich in den zwei weiteren Bänden noch kommen kann), welche eben diese unter anderem auszeichnete. Wie die Mehrheit der Charaktere bei mir leider generell kaum Eindruck hinterlassen konnten. Und auch die Idee, dass es allein mit dem Schlag bei Endor gelungen sein soll, dass Imperium quasi schon zu besiegen, überzeugt mich nicht so recht. Davon abgesehen hatte das Setting grundsätzlich aber durchaus seinen Reiz. Auch die Zusammenstellung der Piloten der Staffel – im Hinblick auf ihre sehr unterschiedlichen Vorgeschichten – gefiel mir grundsätzlich. Quell ist als Hauptfigur ebenfalls nicht gänzlich uninteressant. Und auch wenn der Roman in meinen Augen viel zu (und unnötig) lang war, ist er doch immerhin flüssig genug geschrieben, um dabei nie wirklich langweilig zu werden. Für den zweiten Teil erhoffe – und erwarte – ich mir aber, nun da das Setup abgeschlossen ist, eine deutliche Steigerung.