Kurzinhalt:
Während sie mit dem Auto fahren, geraten Brant Tucker und Charlene Mooney in einen Sturm. Sie suchen daraufhin das nächstgelegene Gasthaus auf – und staunen nicht schlecht, als sie die dortigen Besucher sehen, scheinen diese doch aus allen Ecken und auch Zeiten der Welt zu stammen. Die Erklärung: Beim besagten Unwetter handelt es sich um einen Realitätssturm, der die Grenzen zwischen Zeit und Raum verwischt. Offenbar ist irgendetwas Großes vorgefallen, welches das Universum aus dem Lot brachte. Um sich die Zeit zu vertreiben, erzählen die Besucher nacheinander Geschichten aus ihrem Leben…
Review:
Mit "World's End" bleibt Neil Gaiman seinem bisherigen Ansatz treu, auf einen auf Dream fokussierte und die Handlung rund um die Endlosen fortführenden Band eine Anthologie unabhängiger Einzelgeschichten folgen zu lassen. Die Rahmenhandlung mündet dabei schließlich auch in der meines Erachtens größten Stärke des Bands, nämlich den Trauerzug, der optisch eindrucksvoll umgesetzt war, und dem Leser im Hinblick auf den starken Verdacht, wer hier im Sarg liegt, einen kalten Schauer über den Rücken jagt. Die einzelnen Geschichten an sich kamen bei mir hingegen, wie eigentlich üblich, etwas durchwachsen bei mir an. Bei "Eine Geschichte aus zwei Städten" stach in erster Linie die spannende Erzählweise hervor. Gaiman verzichtet hier auf klassische Sprechblasen, und stellt vielmehr die Bilder und Texte nebeneinander. Aber auch inhaltlich war ich von diesem Comic durchaus angetan; vor allem die Idee, dass Städte ein Eigenleben, bzw. genauer gesagt, einen Traum von sich selbst entwickeln, gefiel mir. "Cluracans Geschichte" gefiel mir in erster Linie mit dem kritischen Blick auf (totale) Autorität, war davon abgesehen aber sowohl inhaltlich als auch optisch nicht wirklich etwas Besonderes. Auch die Geschichte "Hobs Leviathan" war, insbesondere soweit es den abschließenden "Gag" betrifft, nicht wirklich neu, wenn auch grundsätzlich kompetent erzählt. Auf "Der Goldjunge" konnte ich mich hingegen irgendwie nicht so recht einlassen. Die Idee eines achtzehnjährigen Idealisten, der Präsident wird, und die USA über zwei Amtszeiten hinweg in ein goldenes Zeitalter führt, war mir dann doch etwas zu unglaubwürdig; aber vielleicht bin ich mittlerweile auch einfach schon zu zynisch geworden. Am wenigsten konnte ich allerdings mit "Leichentücher" anfangen. Irgendwie sprach mich die Idee dahinter nicht wirklich an, zudem übertrieb es Neil Gaiman dann spätestens dort mit dem Konzept einer Geschichte in einer Geschichte in einer Geschichte. Kritisch sehe ich auch Charlenes abschließenden Kommentar, der den Leser fast schon schmerzlich darauf stößt, dass – bis auf "Hobs Leviathan" – die weibliche Perspektive fehlt. Zwar schön, dass Gaiman sich hier quasi selbst an der Nase nimmt, allerdings wäre es ja in seiner Macht gestanden, etwas daran zu ändern. Insofern war das ein bisschen seltsam. Wie gesagt, der Trauerzug am Ende war dann nochmal wirklich beeindruckend, und weckte definitiv mein Interesse im Hinblick auf den nächsten Band. Insgesamt würde ich "Worlds' End" aber doch zu den schwächeren (Sammel-)Bänden der "Sandman"-Reihe zählen; wobei "schwach" in diesem Fall eben noch lange nicht "schlecht" heißt.
Fazit:
"Worlds' End" versammelt phantastische Einzelgeschichten, die bei mir recht unterschiedlich angekommen sind. Sowohl inhaltlich als auch von der Machart her stach insbesondere "Eine Geschichte aus zwei Städten" positiv hervor. Der Rest war überwiegend ok, während ich mir mit "Der Goldjunge" und "Leichentücher" eher schwer tat. Kritisch sehe ich darüber hinaus die verschachtelte Erzählweise, der auf den letzten zwei Blättern dann noch eine weitere Ebene hinzugefügt wird. Highlight von "Worlds' End" war zweifellos der Trauerzug, der nicht nur optisch imposant in Szene gesetzt war, sondern den geneigten Leser mit mindestens so viel Befürchtung wie gespannter Erwartung auf den nächsten Band "Die Gütigen" blicken lässt.