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The Sandman - Vol. 7: Kurze Leben Drucken E-Mail
Traum und Delirium auf der Suche nach Zerstörung Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 20 August 2022
 
Titel: "Kurze Leben"
Originaltitel: "Brief Lives"
Bewertung:
Autor: Neil Gaiman
Übersetzung: Gerlinde Althoff
Zeichnungen: Jill Thompson
Tusche: Vince Locke & Dick Giordano
Farben: Daniel Vozzo
Lettering: Todd Klein (E)
Cover: Dave McKean
Umfang: 260 Seiten
Verlag: Panini (D), Vertigo (E)
Veröffentlicht: 20. Februar 2009 (D), 1994 (E)
ISBN: 978-3-866-07782-9 (D)
Kaufen: Taschenbuch (D), Taschenbuch (E)
 

Kurzinhalt: Delirium möchte ihren verschollenen Bruder Zerstörung finden, der sich vor hunderten von Jahren zurückgezogen hat. Nachdem Verlangen und Verzweiflung ablehnen, ihr zu helfen, wendet sie sich an Traum. Unter normalen Umständen hätte wohl auch dieser abgelehnt, allerdings leidet Morpheus, nachdem seine jüngste Beziehung in die Brüche gegangen ist, gerade an Liebeskummer – und sieht in der Suche nach ihrem gemeinsamen Bruder eine willkommene Abwechslung, die ihn auf andere Gedanken bringt. Jedoch scheint ihre Quest unter keinem guten Stern zu stehen. All jene Personen, die früher mit Zerstörung zu tun hatten, noch am Leben sind, und die seinen Aufenthaltsort kennen könnten, kommen auf unterschiedliche Art und Weise ums Leben. Auch ihre Fahrerin, Ruby, stirbt, als sie mit angezündeter Zigarette im Mund einschläft. Zwar sieht all dies nach Unfällen auf, Morpheus vermutet jedoch, dass es sich um einen vor langer Zeit etablierten Schutzmechanismus von Zerstörung handelt, damit er nicht gefunden werden kann. Kurz beschließt er, die Suche abzubrechen, ehe er sich von Delirium davon überzeugen lässt, sie doch wieder aufzunehmen. Letztendlich gelingt es ihnen tatsächlich, Zerstörung aufzuspüren. Doch nicht zur verläuft das Wiedersehen nicht so wie erwartet und erhofft, Morpheus wird für dieses zudem einen hohen Preis zahlen müssen…

Review: In "Kurze Leben" begeben sich Delirium und Dream auf eine mystische Quest, um ihren Bruder Destruction zu finden. Anfangs eigentlich nur als Ablenkung gedacht – hat Dream doch eigentlich nicht die Absicht, ihn zu finden, sondern will sich so nur ein bisschen die Zeit vertreiben und auf andere Gedanken kommen – nimmt ihre Suche letztendlich ein tragisches Ende. Denn nicht nur, dass Destruction nicht etwa, wie von Delirium gehofft, zur Familie der Endlosen zurückkehrt, er nimmt die Tatsache dass man ihn fand auch als Anlass, die letzte Reise anzutreten. Mehr noch, war diese – letztendlich vergebliche – Suche für Morpheus mit einem hohen Preis verbunden. Denn um Destruction aufzuspüren, musste er sich auf einen Handel mit seinem Sohn einlassen, der sich seit seiner Begegnung mit den Mänaden nach dem Tod sehnt – ein Wunsch, den ihm Dream nun als Gegenleistung für seine Hilfe gewähren muss. Die letzten Seiten rund um die Rückkehr in sein Reich zeigen deutlich, dass diese Erfahrung an Morpheus nicht spurlos vorübergegangen ist, und geben dem vorangegangenen Gespräch mit Destruction, rund um die Unvermeidlichkeit von Veränderung, zusätzliche Bedeutung. Generell war eben diese Begegnung, das Ziel der Reise von Dream und Delirium, zweifellos der Höhepunkt der Sammlung. Aber schon davor gab es zahlreiche spannende und/oder faszinierende Begegnungen, und die eine oder andere tragische Entwicklung, wie z.B. rund um Ishtar, oder auch Ruby. Der hohe Blutzoll, der die noch dazu letztendlich mehr oder weniger vergebliche (weil ja, sie finden ihn, aber die Begegnung nimmt eben nicht das von Delirium erhoffte Ende) Suche erfordert, gibt "Kurze Leben" einen sehr tragischen Touch.

Aber auch alles rund um die – dem Titel bewusst eine ironische Note gebenden – langlebigen Wesen die wir hier kennenlernen, bevor sie sich für immer verabschieden, sprach mich an. Neil Gaiman trifft hier meines Erachtens sehr deutlich die zwar wenig neue, aber doch profunde Aussage: Egal wie kurz oder lang man lebt, es ist nie lang genug. Wenn es ein Kapitel gab, mit dem ich etwas weniger anfangen konnte, dann ist das jenes im Mittelteil, wo Morpheus die Suche kurzzeitig unterbricht. Das erschien mir als relativ überflüssiges Zwischenspiel – auch wenn es den Preis, den andere für Deliriums Quest zahlen müssen, nochmal unterstrich. Trotzdem wäre das auch kürzer gegangen. Problematisch finde ich zudem nach wie vor die Darstellung von Despair (ich hoffe ja, bei der Netflix-Serie – die ich mir erst wenn ich zumindest mal mit den zehn Hauptbänden durch bin – hat man sich diesbezüglich etwas anderes überlegt). Davon abgesehen hatte es mir die künstlerische Gestaltung, die im vorliegenden Fall diese Bezeichnung auch wirklich verdient, wieder einmal durchaus angetan. Von heutigen Comics ist man vielleicht eine etwas intensivere Farbgebung gewohnt, aber grundsätzlich gefallen mir der (auch eindeutig als eben solcher, bewusst gewählter) Stil, und die durchaus abwechslungsreiche Gestaltung, sehr gut, und beschert man uns im Verlauf von "Kurze Leben" wieder einige eindrucksvolle Bilder, wie z.B. wenn Destruction, Delirium und Dream seine Hütte verlassen. Insgesamt ist "Kurze Leben" jedenfalls eine wirklich interessante und faszinierende Geschichte, nach der ich auch – obwohl die Story hier ja grundsätzlich in sich abgeschlossen ist – auf den weiteren Verlauf der Handlung rund um den Sandman schon sehr gespannt bin.

Fazit: Oftmals hat man bei solchen Geschichten rund um eine Quest ja den Eindruck, dass eher die Reise, denn die Aufgabe, das Ziel ist (ein gutes Beispiel dafür ist sicherlich "Der Herr der Ringe"). Von "Kurze Leben" kann ich das nicht behaupten; hier halte ich beides gleichermaßen für wichtig. Auf der einen Seite war die Suche selbst sehr interessant, und schon mit einigen dramatischen, tragischen Höhepunkten gespickt. Das Herzstück von "Kurze Leben" ist dann aber zweifellos das Treffen mit Destruction. Die Erzählung gewinnt zudem dadurch, dass Delirium und Dream das angestrebte Ziel nicht wirklich erreichen – sie finden ihren Bruder zwar, doch dieser lehnt es ab, zur Familie zurückzukehren – in Hinblick auf den Preis, den die Suche erfordert hat, zusätzlich an Tragik. Einzelne Kapitel mögen zwar im Vergleich zum Rest ein bisschen abfallen, insgesamt war das aber eine wirklich starke und faszinierende Erzählung.

Bewertung: 4/5 Punkten
Christian Siegel
Coverbild © 2019 Vertigo






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