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Die Rocinante fliegt durch den Ring Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 16 April 2022
 
Titel: "The Expanse: Abaddons Tor"
Originaltitel: "The Expanse: Abaddon's Gate"
Bewertung:
Autoren: Daniel Abraham & Ty Franck (als James S. A. Corey)
Übersetzung: Jürgen Langowski
Umfang: 640 Seiten (D)
Verlag: Heyne (D), Orbit (E)
Veröffentlicht: 10. Februar 2014 (D), 04. Juni 2013 (E)
ISBN: 978-3-453-31803-8 (D), 978-1-84149-993-2 (E)
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Das von der Venus aus gestartete Konstrukt des Protomoleküls bleibt im Orbit von Uranus stehen. Ein sogenannter Slingshotter versucht, den Ring zu erreichen – und zerschellt, als er die Oberfläche trifft. Da die Trümmer nicht auf der anderen Seite des Rings hervortreten, geht man davon aus, dass es sich um eine Einstein-Rosen-Brücke handelt – man die Grenze jedoch nur mit einer gewissen Geschwindigkeit sicher passieren kann. Neben Schiffen vom Mars und der Erde machen sich auch die Gürtler auf, Ansprüche auf den Ring zu stellen. Eben dafür bringen sie die Behemoth – einst als Generationenschiff der Mormonen gedacht – in Stellung. Clarissa Mao, Julies Schwester, schleicht sich indes unter falscher Identität auf eines der Erdenschiffe, wo sie als Mechanikerin arbeitet. Mit einem ausgeklügelten Plan will sie sich an James Holden und der Crew der Rocinante, die sie dafür verantwortlich macht, dass ihr Vater im Gefängnis gelandet ist, rächen: Sie will seinen guten Ruf vernichten und sein Andenken zerstören, in dem sie einen Terroranschlag verübt, und diesen Holden in die Schuhe schiebt. Als die Bombe explodiert, und Clarissa sein gefälschtes Geständnis in den Äther rausschickt, in dem er zudem den Ring für die Gürtler beansprucht, ruft dies die Flotten der Erde, vom Mars, aber auch des Gürtels selbst auf den Plan. Doch entgegen Clarissas Plan gelingt es der Rocinante, in den Ring zu entkommen…

Review: Aus meiner Sicht befand sich die Serie in der zweiten Hälfte der dritten Staffel ja auf ihrem Höhepunkt, insofern war ich schon sehr gespannt darauf, wie mir die entsprechende Vorlage gefallen würde. Zugleich sei festgehalten, dass es mittlerweile seit Season 3 doch etwas zu lange her ist, als dass ich einen direkten Vergleich ziehen könnte (ich freue mich schon darauf, mir die Serie sobald ich zumindest mal mit den ersten sechs Romanen durch bin nochmal komplett anzuschauen). So oder so muss ich aber sagen, dass mich "Abaddons Tor" doch ein klein wenig enttäuscht hat, und ich den dritten Band einen Hauch schwächer einschätzen würde als die ersten beiden. Was insofern recht sonderbar (und leicht widersprüchlich) ist, als ich die beiden Kapitel mit Holden in der Ring-Station absolut großartig fand. Für mich waren die mit Abstand das bisherige Highlight der Buchreihe: Mitreißend, aufschlussreich und faszinierend. Die Offenbarung der Schöpfer des Protomoleküls beschwor einerseits einen wunderschönen "sense of wonder" herauf, nur um zugleich mit der Erkenntnis, dass diese von einer noch größeren, fremden und feindlichen Macht ausgelöscht wurden, in Grauen und Furcht umschlagen zu lassen. Aber auch davor (und später dann) hatten es mir die Holden-Kapitel durchaus angetan, insbesondere eben auch dann, wenn ihm Miller seine Aufwartung machte. Auch anderes hatte es mir bei "Abaddons Tor" wieder durchaus angetan. Wie z.B. das innerhalb der Reihe wiederkehrende Motiv eines sowohl internen als auch externen Kampfes zwischen den besseren und schlechteren Eigenschaften der menschlichen Natur, wobei sich Abraham und Franck in ihrer letztendlich positiv-optimistischen Sicht auch hier wieder treu bleiben, und somit trotz aller Schwierigkeiten, Rückschläge und Bedrohungen eine utopische Zukunftsvision präsentieren, in der wir als Zivilisation letztendlich unsere niederen Instinkte besiegen. Eine Message, die wir wie ich finde gerade auch aktuell wieder gut gebrauchen können.

Generell muss ich dem Autorenduo zugestehen, sich bislang bei keinem der Romane wiederholt zu haben, und immer eine wirklich unterschiedliche Geschichte, sowohl vom Inhalt als auch dem Aufbau her, präsentiert zu haben. Und schriftstellerisch ist den beiden ebenfalls nach wie vor nichts vorzuwerfen, wobei es ihnen vor allem auch wieder sehr gut gelingt, die unterschiedlichden Stimmen der Figuren einzufangen. Dass "Abaddons Tor" trotz dieser Stärken und den beiden phänomenalen "Holden in der Ringstation"-Kapitel in meinen Augen nicht ganz mit den ersten beiden "Expanse"-Bänden mithalten kann, liegt daran, dass ich die "Point of View"-Figuren dort irgendwie interessanter fand. Wobei ich Clarissa Mao aus dieser Kritik dezidiert ausnehmen will; die sehe ich nämlich definitiv auf einem Niveau mit Holden, Miller, Avasarala und Draper (Prax übertrifft sie aus meiner Sicht sogar leicht). Nicht zuletzt, als sie so ein wunderbar komplexer, vielschichtiger und problemgebeutelter Charakter ist, und auch im Verlauf des Romans mit Abstand die größte Entwicklung durchmacht. Demgegenüber wollte allerdings leider der Funke zwischen Bull und mir einfach nicht überspringen. Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass ich Pa oder auch Ashford als "point of view"-Charaktere wesentlich interessanter gefunden hätte. Vor allem auch letzteres hätte enorm viel Charme besessen, da wir dann zum ersten Mal in der Reihe mal auch einen Einblick in eine Figur erhalten hätte, die im Vergleich zur Allianz unserer Helden auf der anderen Seite steht. In erster Linie tat ich mir aber mit Anna schwer. Möglicherweise, da ich selbst in keinster Weise gläubig bin, viel es mir sehr schwer, zu ihr eine Bindung aufzubauen. Insofern musste ich mich durch ihre Kapitel teilweise leider doch ein bisschen durchkämpfen. Zuletzt noch ein vergleichsweise kleiner Kritikpunkt: Dass eine UN-Weltregierung in der Zukunft tatsächlich die Todesstrafe aufrecht halten würde, ist für mich eigentlich unvorstellbar; die Tatsache, dass es für Abraham und Franck scheinbar derart normal und selbstverständlich ist, dass sie sich wohl nichts weiter denken, und darin auch keinen Widerspruch zum ansonsten optimistisch-utopischen Ton ihrer Romane sehen, ist eigentlich erschreckend. Aber das nur am Rande.

Fazit: Ein bisschen verblüffend ist es ja schon: Auf der einen Seite war "The Expanse" in meinen Augen nie besser als in den beiden Kapitel mit Holden in der Ringstation. Insgesamt würde ich "Abaddons Tor" aber halt doch einen Hauch schwächer einschätzen als die ersten Bände. Denn während mir alles rund um Holden und Clarissa sehr gut gefallen konnte, fielen die Kapitel der anderen beiden POV-Charaktere hier für mich doch etwas ab. Bull fand ich einfach als Figur wenig interessant, und bei Anna viel es mir irgendwie schwer, einen Bezug zu ihr herzustellen. Insofern konnten ihre Kapitel mit dem Rest – und auch "Leviathan erwacht" und "Calibans Krieg" – nicht ganz mithalten. Generell hätte ich es persönlich vorgezogen, wenn man einen ihrer beiden Plätze an Ashford abgetreten ist. Bislang verlieren die Trennlinien zwischen unseren Helden und ihren Widersachern nämlich recht klar; Clarissa mag diesen Eindruck zwar zwischenzeitlich entkräften, landet allerdings am Ende erst recht in "unserem" Camp; und ist generell eher eine Antiheldin als Bösewichtin. Den Buch-Ashford, der sich in meinen Augen doch recht stark von jenem aus der Serie unterschied, hätte ich hingegen wirklich gerne kennengelernt, um seine Gedankengänge besser nachvollziehen zu können. Trotz dieses Mankos ist aber auch "Abaddons Tor" wieder hochklassige Science Fiction-Unterhaltung, die insbesondere Fans der Reihe viel Freude bereiten sollte.

Bewertung: 4/5 Punkten
Christian Siegel
(Cover © 2017 Heyne)





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