Kurzinhalt:
Harry Potter kann es gar nicht erwarten, wieder nach Hogwarts zurückzukehren und dann auch endlich seine Freunde Ron und Hermine wieder zu sehen – auch wenn ihn die Tatsache, dass er die ganzen Ferien hinweg nichts von ihnen gehört hat, verunsichert. Dann stellt sich jedoch heraus, dass der Hauself Dobby dafür verantwortlich war, und alle Briefe an ihn abfing. Dieser warnt Harry nämlich eindringlich davor, wieder auf die Schule für Hexen und Zauberer zurückzukehren, würde er dort doch in großer Gefahr schweben. Harry denkt jedoch gar nicht daran, sich von dieser vagen Warnung abschrecken zu lassen. Wieder zurück in Hogwarts und mit seinen Freunden vereint, stürzt er sich auf das zweite Schuljahr. Doch es dauert nicht lange, bis es zu einem schrecklichen Zwischenfall kommt, der einen Schüler versteinert zurücklässt. Eine Schrift aus Blut warnt davor, dass die Kammer des Schreckens geöffnet wurde. Harry, Ron und Hermine beschließen, der Sache auf den Grund zu gehen. Ihre Spur führt in die Vergangenheit, wurde die Kammer des Schreckens doch bereits vor Jahrzehnten einmal geöffnet – was einem Schüler damals das Leben kostete. Im Zuge ihrer Ermittlungen hegen sie schon bald einen schrecklichen Verdacht: Ist etwa ihr guter Freund Hagrid für das Monster verantwortlich, das in Hogwarts sein Unwesen treibt?
Review:
"Harry Potter und die Kammer des Schreckens" konnte mir leider nicht mehr ganz so gut gefallen wie der erste Band (im Übrigen ein spannender Unterschied zur Filmreihe, wo ich die ersten beiden auf einem – soliden – Niveau sehe). Teilweise liegt dies sicher an meinem Faible dafür, in eine neue Welt einzutauchen, von dem der Vorgänger – vor allem in den ersten paar Kapiteln – profitierte, und ein Reiz, der dem zweiten Abenteuer nun naturgemäß fehlt. Schwerer wiegt allerdings, dass "Die Kammer des Schreckens" den ersten Roman der Reihe sowohl inhaltlich als auch vom Aufbau her zu ähnlich ist. Wieder gilt es, ein Rätsel zu lösen, wieder gibt es für die Geschehnisse in Hogwarts einen viel zu offensichtlichen Roten Hering, und wieder stellt sich am Ende eine Art Schatten von Lord Voldemort als Urheber heraus. Das alles kennt man halt schon aus dem Vorgänger. Der Roman leidet aus meiner Sicht auch ein bisschen darunter, dass Hermine in weiterer Folge zu den Opfern zählt, und somit Harry und Ron den Rest des Abenteuers allein bestreiten müssen. Ich verstehe grundsätzlich, warum sich Rowling dazu entschieden hat – mit ihrem Wissen und ihrem Können ist Hermine fast schon eine Art Deus Ex Machina; man hat definitiv mehr Angst um Harry und Ron, wenn sie nicht von ihr begleitet werden. Aber dadurch fehlt im letzten Drittel des Romans die wunderbare Dynamik zwischen den dreien, die viel vom Reiz der ersten Geschichte ausgemacht hat. Und dann ist da noch Dobby. Ich weiß, dass die Figur bei vielen enorm beliebt ist, aber ich konnte mit dem Kerl noch nie etwas anfangen. Ich finde ihn zwar im Roman eine Spur weniger nervtötend als im Film (wo ich ihn für die zweitschlimmste CGI-Figur nach Jar Jar Binks halte), tat mir aber trotzdem mit den Kapiteln wo er auftrat enorm schwer. Was umso bedauerlicher ist, als seine Story an sich grundsätzlich durchaus zu gefallen wüsste: Dieser missbrauchte Sklave, der am Ende durch Harrys Trick seine Freiheit erlangt. Wenn die Figur nur nicht so furchtbar nervig wäre.
All das soll jedoch nicht heißen, dass mir der zweite Teil der "Harry Potter"-Reihe so überhaupt nicht gefallen hätte. Am besten fand ich, wie sie sich hier aufgrund der Vorurteile gegen Schlammblütler mit Rassismus auseinandersetzt. Hier lehrt J.K. Rowling ihren jungen LeserInnen eine wichtige Lektion, ohne dass dies je belehrend oder gar predigend rüberkommen würde. Es ergibt sich einfach natürlich aus der Geschichte heraus. Das war zweifellos ein großer Pluspunkt. Der Roman ist zudem wieder hochwertig geschrieben, und kann auch wieder mit so manch gewitzten Dialogen aufwarten. Das Rätsel rund um die Kammer des Schreckens, das Tagebuch, sowie Tom Riddle, ist zudem grundsätzlich wieder einmal sehr gut aufgebaut. Die Hinweise sind gut verteilt, jedoch auch nicht derart offensichtlich, dass die Auflösung zu vorhersehbar wäre. Besonders reizvoll fand ich auch jenes Kapitel, wo Harry mit Hilfe des Tagebuchs in Riddles Vergangenheit vordringt. Gilderoy Lockhart ist zudem eine amüsante Ergänzung zum Ensemble, die den jungen LeserInnen lehrt, Werbung und Propaganda zu durchschauen, und hinter die Fassade zu blicken (ich fand es nur immer schon schade, dass just die sonst so clevere Hermine ihm auf den Leim geht). Und grundsätzlich ist der Roman wieder unterhaltsam und kurzweilig, wobei ich interessant fand, dass er im Gegensatz zum ersten Mal, der stark anfing und dann in der zweiten Hälfte für mich etwas abbaute, dies hier genau umdreht: Denn je mehr das Mysterium rund um die Kammer des Schreckens in den Mittelpunkt rückt, desto unterhaltsamer wird er. Neben der Behandlung – und Anprangerung – von Rassismus hatten es mir aber in erster Linie Harrys Selbstzweifel angetan, wo sie ihren LeserInnen eine weitere ganz wichtige Message (auf sehr natürliche Art und Weise) mitgibt. Dieser fürchtet ja, da er Parsel spricht, dass er in Slytherin besser aufgehoben gewesen wäre. Die Erklärung von Dumbledore, warum er stattdessen in Griffyndor geschickt wurde – eben weil er genau dies gewünscht hat – macht deutlich, dass nicht unsere Talente und/oder unser Herkunft, sondern unsere Entscheidungen, unsere Taten, bestimmen, wer wir sind. Auch das ist eine ungemein wichtige und wertvolle Aussage.
Fazit:
"Harry Potter und die Kammer des Schreckens" konnte für mich nicht ganz an den gelungenen ersten Band anknüpfen. Dies lag nicht zuletzt auch daran, als er von Aufbau und Inhalt her dem "Stein der Weisen" zu ähnlich war. Zudem war der Rote Hering wieder einmal allzu offensichtlich als solcher erkennbar. Mit Dobby kann ich zudem leider nach wie vor absolut nichts anfangen; ich find den Kerl einfach nur furchtbar nervig. Und auch wenn ich den Grund dafür verstehen kann, bedeutete die außer Gefecht gesetzte Hermine, dass man im letzten Drittel des Romans auf die Dynamik zwischen den drei Freunden verzichten muss. Positiv stach für mich in erster Linie die kritische Auseinandersetzung mit Rassismus ins Auge, die Kindern eine wichtige Lektion diesbezüglich lehrt, ohne dass es verkrampft und/oder predigend rüberkommen würde. Nett auch die Aussage, die sich daraus ergibt, in welches Haus Harry Potter gesteckt wurde – und vor allem auch, warum. Und generell sorgt Rowlings auch hier wieder für ein sich in erster Linie an Kinder und Jugendliche richtendes Buch erstaunlich gehobener Schreibstil zusammen mit einem sich konstant vorwärts bewegenden Plot dafür, dass es auch "Harry Potter und die Kammer des Schreckens" wieder versteht, zu unterhalten. Aus meiner Erinnerung heraus würde ich ihn aber als den schwächsten der sieben Bände einstufen.
Bewertung: 3/5 Punkten
Christian Siegel
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