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Großartiger Zeitreisethriller von Connie Willis Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 22 Juli 2017
 
Titel: "Dunkelheit"
Originaltitel: "Blackout"
Bewertung:
Autor: Connie Willis
Übersetzung: Claudia Kern
Umfang: 714 Seiten
Verlag: Cross Cult
Veröffentlicht: 26. Dezember 2016
ISBN: 978-3-95981-168-2
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Wir schreiben das Jahr 2060: Vor einiger Zeit wurde die notwendige Technologie erfunden, um Zeitreisen zu ermöglichen. Genutzt wird dies seither ausschließlich von Historikern, welche sie dazu nutzen, die Geschichte der Menschheit direkt vor Ort zu erforschen. Dabei gibt es jedoch gewisse Beschränkungen, weil das Zeitkontinuum sorgt selbst dafür, dass die Vergangenheit nicht verändert wird. So sind bestimmte Brennpunkte tabu, und beim Transfer kommt es gelegentlich zu zeitlichen oder örtlichen Gleitungen, falls der eigentlich geplante Ankunftsort gerade beobachtet wurde, und somit jemand bemerkt hätte, wie sie plötzlich aus dem Nichts erscheinen. Als Forschungsobjekt besonders beliebt ist der zweite Weltkrieg. Gleich drei Historiker verschlägt es zugleich ins England des Jahres 1940. Mike möchte echte Helden kennenlernen, und deshalb dem Aufnahmezentrum in Dover einen Besuch abstatten, landet dann jedoch in Dünnkirchen und damit unmittelbar in einem Brennpunkt der Geschichte – woraufhin er befürchtet, den Lauf des Krieges verändert zu haben. Eileen studiert die Auswirkungen auf die Menschen am Land, und ist in einem Haus als Gouvernante tätig. Aufgrund eines Masern-Ausbruchs und der damit einhergehenden Quarantäne verpasst sie dann jedoch ihren Abholtermin. Und Polly befindet sich mitten im Londoner Blitzkrieg, als ihre Bühne – jenes Portal, über das die Historiker zwischen den Zeiten reisen – aus unerfindlichen Gründen den Dienst versagt. Sie alle drei sind somit mitten im Zweiten Weltkrieg gestrandet – und suchen verzweifelt nach einem Weg, um wieder in ihre eigene Zeit zurückkehren zu können…

Review: "Dunkelheit" ist ein echter Wälzer. Wenn man bedenkt, dass dieser und der Nachfolger "Licht" insgesamt 1.500 Seiten einnehmen, ist es kein Wunder, dass sich der englische Verlag zu einer Zweiteilung entschieden hat, der Cross Cult auch gefolgt ist. Nun bin ich niemand, den ein dickes Buch abschreckt, und gerade auch bei "Dunkelheit" würde ich selbst jenen, die ihrer Literatur sonst dünner und leichter vorziehen, empfehlen, ihm eine Chance zu geben. Denn "Dunkelheit" mag zwar umfangreich sein, ist aber von Connie Willis derart gut und flüssig geschrieben, dass er sich dennoch leicht liest – und zudem stellenweise so spannend, dass ich die Seiten förmlich verschlang, und den gesamten Roman in einem leicht verlängerten Wochenende ausgelesen hatte (wobei ich zugegebenermaßen auch Vielleser bin). Zugegeben, es dauert ein bisschen, bis man sich bei der Fülle an Figuren und Schauplätzen zurechtgefunden hat. Aber nach spätestens 100 Seiten war ich dann drin, und es fiel mir schwer, den Roman aus der Hand zu legen. Vor allem der Mittelteil war dabei ungemein packend: Wie es Mike nach Dünnkirchen verschlägt (übrigens ein interessanter Zufall, dass ich den Roman gerade jetzt gelesen habe, so kurz, bevor Christopher Nolans "Dunkirk" ins Kino kommt), wie Eileen daran gehindert wird sich abzusetzen und zur Bühne zu gehen, und vor allem auch die Schilderung des Blitzkrieges in London. Pollys erste Besuche im Schutzbunker sind extrem eindringlich geschrieben, und jagten mir – trotz der tropischen Außentemperatur – einen kalten Schauer über den Rücken. Mit zahlreichen – ob historisch akkurat oder frei erfundenen, habe ich nicht verifiziert – Details gespickt, gelingt es Connie Willis dabei ungemein gut, den Leser in die damalige Zeit zu transportieren, und ihm das Gefühl zu geben, er wäre selbst ein zeitreisender Historiker. Und auch wenn ich jetzt nicht unbedingt der Geschichts-Fanatiker bin, fand ich diesen Einblick enorm faszinierend.

Mit den drei Hauptfiguren gibt uns die Autorin zudem Einblick in drei sehr unterschiedliche Kriegsschauplätze, wo zudem die Protagonisten mit sehr unterschiedlichen Problemen und Herausforderungen konfrontiert werden. Eben dies macht "Dunkelheit" sehr abwechslungsreich. Zudem gibt es zwischendurch auch immer wieder Kapitel von anderen Historikern, die sich teilweise im Jahr 1944 oder 1955 befinden, und damit den Roman um einen zusätzlichen Blickwinkel bereichern. Sehr interessant dann auch, wie die drei zentralen Handlungsebenen dann schließlich alle in London zusammenlaufen, und dann just an jenem Abend, wo ein bestimmtes Kaufhaus von einer Bombe getroffen wurde. Auch an diesem Teil des Romans kam echte Spannung auf. Und generell fand ich das Geschehen eigentlich immer packend und/oder interessant, und habe ich mich trotz der Länge bei "Dunkelheit" keine einzige Sekunde gelangweilt. Connie Willis versteht es einfach, den Leser an diese Schauplätze zu transferieren, und schreibt generell ungemein gut und flüssig, so dass das Lesen leicht von der Hand geht. Lediglich zwei Kritikpunkte würde ich gegenüber "Dunkelheit" ins treffen führen. So hätte eine kurze Erklärung zu Beginn zu einzelnen Begriffen wie Echt- und Blitzzeit nicht geschadet, und mir den Einstieg erleichtert. Vor allem aber fand ich den Schnitt zwischen den beiden Bänden ungeschickt gesetzt. Statt mit einem echten Cliffhanger zu enden, macht "Dunkelheit" im letzten Kapitel vielmehr noch einmal einen ziemlichen Schwenk hin zu einer anderen Figur (statt der Notlage von Mike, Peggy und Eileen), der für einen ziemlich zusammenhanglosen und unspektakulären Ausklang sorgt. Ein oder zwei Kapitel von "Licht" vorzuziehen, die jeweils in einer spannenden Wendung bzw. Offenbarung mündeten, hätten die Erwartungshaltung auf die Fortsetzung in meinen Augen weitaus stärker geschürt. Weil so wirkt das ganze eher wie ein plötzlicher Abbruch, so als wäre halt das Kapitel vorbei – aber eben nicht der Roman. Mich persönlich hat es, da ich ohnehin nahtlos bei "Licht" weitergelesen habe, zwar nicht wirklich gestört, aber etwas ungünstig finde ich es schon.

Fazit: "Dunkelheit" ist ein fantastischer Zeitreise-Thriller. Dank der unterschiedlichen Figuren, die sich in unterschiedlichen Zeiten oder Schauplätzen befindet, erhalten wir dabei nicht nur einen faszinierenden und umfassenden Einblick ins Leben in England während des Zweiten Weltkriegs, eben dies macht den Roman zudem sehr abwechslungsreich. "Dunkelheit" ist zudem phänomenal geschrieben. Trotz des Umfangs liest sich der Roman sehr flüssig, und habe ich ihn dank ihrer packenden Schreibweise und einzelnen extrem spannenden Momenten förmlich verschlungen. Zugleich schafft sie es aber auch ungemein gut, durch ihre ausführlichen Beschreibungen, zahlreiche Details, den Figuren, einzelnen Ereignisse etc. dem Leser das Gefühl zu geben, sich tatsächlich im England des Jahres 1940 zu befinden – so, als wäre man selbst ein zeitreisender Historiker – und die damalige Zeit im Auge des Lesers wieder zum Leben zu erwecken. Zwar hätte es vielleicht nicht geschadet, ein paar Grundlagen und Begriffe der Zeitreise-Technologie gleich zu Beginn aus der Welt zu schaffen, um dem Leser den Einstieg etwas zu erleichtern. Zudem halte ich den Abschluss des Romans für sehr willkürlich gesetzt, und doch eher ungeschickt gewählt – die ersten beiden Kapitel des Nachfolgers "Licht" hätten für einen ungleich dramatischeren Ausklang gesorgt. Davon abgesehen ist "Dunkelheit" aber ein ungemein faszinierender und fesselnder Roman, den ich allen Science Fiction-Fans und/oder Geschichts-Freaks nur wärmstens ans Herz legen kann.

Bewertung: 4.5/5 Punkten
Christian Siegel





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