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Discworld: Snuff Drucken E-Mail
Commander Vimes ermittelt auf dem Land Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 12 November 2016
 
Titel: "Discworld: Snuff"
Deutscher Titel: "Steife Brise"
Bewertung:
Autor: Terry Pratchett
Umfang: 476 Seiten
Verlag: Doubleday
Veröffentlicht: Oktober 2011
ISBN: 978-0-552-16336-1
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Commander Vimes wird dazu verdonnert, mit Lady Ramkin und ihrem gemeinsamen Sohn Sam ein paar Wochen Urlaub auf dem Land – genauer gesagt, dem Wohnsitz seiner vermögenden Frau – zu verbringen. Das Wohnen auf dem Land kommt für ihm einen Kulturschock gleich, dennoch gelingt es ihm anfänglich, sich damit anzufreunden. Dann stolpert er jedoch plötzlich über eine riesige Blutlache, und am nächsten Tag steht der örtliche Polizist vor seiner Tür, um ihn wegen Mordes zu verhaften. Doch so leicht lässt sich Vimes nicht übertölpelt. Nun da er weiß, dass es jemand auf ihn abgesehen hat, beginnt er mit seinen Ermittlungen, und entdeckt zuerst die übel zugerichtete Leiche einer jungen Goblin-Frau, und stößt daraufhin auf genau jenes finstere Geheimnis des Dorfs, vor dem die Mächtigen dort Angst hatten, dass er darüber stolpern könnte. Nun setzt Vimes Himmel und Hölle in Bewegung, um die grauenhafte Ungerechtigkeit im Umgang mit Goblins zu sühnen, und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen…

Review: Auch "Snuff" war wieder ein guter Scheibenwelt-Roman, an die letzten Bücher der Reihe kam Pratchett mit diesem Spätwerk in meinen Augen aber nicht mehr heran. Woran das liegt, traue ich mich nicht zu beurteilen. Vielleicht war seine Krankheit zu diesem Zeitpunkt schon weiter vorangeschritten. Vielleicht hat er sich auch im hohen Alter zunehmend als Mensch – und damit auch als Künstler – verändert. Und vielleicht war das auch einfach nur ein Ausreißer – immerhin haben mir seine früheren Scheibenwelt-Romane ja auch nicht immer alle gleichermaßen gut gefallen. Aber irgendwie hat mich "Snuff" nie so recht begeistert. Das liegt unter anderem am sehr langen, schwafelnden und noch völlig ziellosen Einstieg. Allzu lang hatte ich irgendwie keine Ahnung, wo sich das ganze hinbewegt. Es halt zugegebenermaßen auch nicht, dass sich mein erster Verdacht, welches Thema sich Pratchett hier vorknöpft, als falsch herausstellte, denn im ersten Moment als er von den Goblins hört die weggeschafft wurde musste ich unweigerlich an den Holocaust denken. Nicht, dass Sklaverei um so vieles lustiger und weniger verabscheuungswürdig wäre, aber meine erste Assoziation war halt dann doch noch um einiges schlimmer. Generell ist "Snuff" – wie viele Spätwerke Pratchetts – sehr lang geraten. Wo andere Romane dies durch einen durchgängig hohen Unterhaltungswert und eine vielschichtige Handlung kompensierten, bot "Snuff" eine seltsame Mischung aus unfokussiert und zu sehr auf Vimes konzentriert (klingt komisch, ist aber so).

Auch dem Bösewicht hat sich Pratchett wieder nur oberflächlich gewidmet. Ich persönlich hätte es gerade auch in diesem Fall interessant gefunden, einen Blick in ihn hineinzuwerfen. Die Art und Weise, wie er dann am Ende mehrmals zurückkehrte, war dann auch sehr klischeehaft. Und sein letztendliches Ende schien mir irgendwie die Grundaussage des Buches zuvor, was Gerechtigkeit betrifft, völlig zu widersprechen. Ich kann zwar verstehen, dass Pratchett für ihn einen klaren Abschluss wollte, und es ist innerhalb der Scheibenwelt-Romane nun wahrlich nicht das erste Mal – eher im Gegenteil. Dennoch vermittelte das Buch hier eine sehr seltsame und irgendwie auch fragwürdige Aussage, nach dem Motto "Die Polizei darf einen Verbrecher nicht umbringen, ein Zivilist aber schon" – was der Anstiftung zur Selbstjustiz gleichkommt. Das hat mich dann doch – unangenehm – überrascht. Nichtsdestotrotz ist selbst ein nicht mehr ganz so guter Pratchett-Roman insgesamt gesehen immer noch gut – und das gilt auch für "Snuff" wieder. Zwar vom Wortwitz her irgendwie nicht mehr ganz so hervorragend wie einige frühere Romane (auch das könnte auf seine Alzheimer-Erkrankung zurückzuführen sein), war auch dieses Scheibenwelt-Abenteuer wieder durchaus unterhaltsam, und mit einigen amüsanten Momenten, lustigen Anspielungen und witzigen Dialogen gespickt. Auch Commander Vimes moralischer Konflikt konnte mir wieder sehr gut gefallen. Am deutlichsten stach für mich aber hervor, wie Pratchett hier die Duldung eines schrecklichen Verbrechens durch das Stillschweigen von weiten Teilen der Bevölkerung thematisiert. Eben dies war es dann auch, was "Snuff" doch noch eine überdurchschnittliche Wertung einbringt.

Fazit: Keine Ahnung, ob es einfach nur ein zufälliger Ausreißer war, oder sich hier Terry Pratchetts Krankheit schon zunehmend bemerkbar machte, aber an so man frühere "Scheibenwelt"-Romane kam "Snuff" für mich nicht ganz heran. Auf den ersten knapp 200 Seiten wackelt die Geschichte noch sehr ziellos hin- und her, und generell war der Erzählstil wieder einmal ein sehr schwafelnder und ausschweifender – was ich von Pratchett in der Vergangenheit nicht unbedingt gewohnt war. Das zentrale Thema rund um Sklaverei war zwar grundsätzlich nett, kam jedoch auch irgendwie kaum zur Geltung. Und vor allem auch die am Ende mitschwingende Aussage in Richtung Selbstjustiz sehe ich ausgesprochen kritisch. Am besten konnte mir an "Snuff" gefallen, wie Pratchett hier das Stillschweigen von weiten Teilen der Bevölkerung gegenüber einer schrecklichen Ungerechtigkeit thematisiert – wo sich Anleihen ans Nazi-Deutschland (unter anderem) finden lassen. Auch Sam Vimes fand ich als zentrale Figur wieder einmal wunderbar. Und generell gab es wieder einmal ein paar nette Anspielungen, amüsante Momente und witzige Dialoge. Zu meinen Favoriten innerhalb der Scheibenwelt-Romane kann ich "Snuff" aber nicht zählen.

Bewertung: 3/5 Punkten
Christian Siegel






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