HOME PROJEKTE LINKS CHAT JOBS DATENSCHUTZ ARCHIV
Startseite arrow Reviews arrow Literatur & Comics arrow Discworld: Night Watch
Discworld: Night Watch Drucken E-Mail
Sam Vimes verschlägt es in die Vergangenheit Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 16 April 2016
 
Titel: "Discworld: Night Watch"
Deutscher Titel: "Die Nachtwächter"
Bewertung:
Autor: Terry Pratchett
Umfang: 472 Seiten
Verlag: Doubleday
Veröffentlicht: 2002
ISBN: 978-0-552-14899-3
Kaufen: Taschenbuch (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Während der Verfolgung des soziopathischen Serienmörders Carcer wird Commander Vimes zusammen mit ihm dreißig Jahre in die Vergangenheit geworfen. Nachdem er dort, da er sich nicht ausweisen kann, ins Gefängnis gesteckt wurde, erhält er Besuch von Lu-Tze, der ihm offenbart, dass es sich hierbei um eine Nebenwirkung der Krise rund um die Glasuhr (siehe "Thief of Time") handelt, die Zeit jedoch die Angewohnheit hat, sich selbst wieder gerade zu rücken. Dafür wird die Zeit jedoch die Hilfe von Commander Vimes benötigen, den unmittelbar nach seiner Ankunft in der Vergangenheit hat Carcer John Keel ermordet, der dem damaligen Sam Vimes nicht nur als Mentor diente, sondern der auch bei dein in Kürze bevorstehenden Unruhen in der Stadt eine entscheidende Rolle gespielt hat – und dabei sein Leben verlor. Damit die Zeit sich selbst wieder heilen kann, muss Vimes nun dessen Part in der Geschichte übernehmen…

Review: Es gibt vieles, was die "Discworld"-Romane auszeichnet, aber ein Aspekt wurde mir glaube ich erst beim Lesen von "Night Watch" so richtig bewusst: Nämlich, wie abwechslungsreich sie sind. Zwar spielten in früheren Scheibenwelt-Abenteuern sowohl die Zeit (wie z.B. in "Thief of Time", als dessen Quasi-"Sidequel" sich "Night Watch" offenbart) als auch Zeitreisen durchaus schon mal eine Rolle, und dennoch ist "Night Watch" irgendwie inhaltlich wieder ganz anders, als es die bisherigen Abenteuer von der Scheibenwelt waren. Was ihn dabei für mich unter anderem so interessant gemacht hat, ist der Einblick in die Vergangenheit des Ankh-Morporks von vor 30 Jahren – und damit noch vor dem ersten "Scheibenwelt"-Abenteuer, wo der Patrizier noch nicht Lord Vetinari hieß, es somit auch noch nicht sein Gilden-System gab, und auch die Nachtwache noch eine ganz andere Rolle hatte, als dies später für die Stadtwache der Fall sein sollte. Nicht minder faszinierend fand ich die Idee, dass Sam Vimes hier auf sein jüngeres Ich trifft und jene Mentoren-Rolle einnehmen muss, die ursprünglich John Keel für ihn hatte – der nun jedoch von Carcer umgebracht wurde. Aus diesem Wechselspiel der beiden Versionen von Vimes, bzw. generell der Grundidee, auf das eigene, jüngere Ich zu treffen, bezieht "Night Watch" einiges an Reiz.

Was den Roman darüber hinaus für mich auszeichnete, war, wie spannend ich ihn fand. Normalerweise ziehe ich bei "Discworld"-Abenteuern jetzt nicht unbedingt den Tod eines Protagonisten in Betracht. Angesichts der Tatsache, dass Sam Vimes zu Beginn noch John Keels Tod von vor dreißig Jahren gedachte, und nun ja dessen Rolle einnimmt, war ich mir aber doch die ganze Zeit über unsicher, ob er nun diesen Teil von Keels Schicksal ebenfalls erfüllen und somit vielleicht nie wieder in die Zukunft gelangen wird. Jenem Teil von mir, der düstere Enden mag (und den dieser Ausgang an einen ganz bestimmten SF-Film erinnert hätte – dessen Namen erwähne ich hier aber lieber mal nicht), hätte das gefallen, letztendlich war ich aber auch mit dem Ausklang sehr froh, den wir bekommen haben. Aber nicht nur inhaltlich, und was den Schauplatz betrifft, sondern auch tonal unterschied sich "Night Watch" in meinen Augen stark von den meisten anderen "Discworld"-Romane. So gibt es zwar auch hier wieder einiges an Wortwitz, insgesamt hält sich der Humor aber eher in Grenzen, und haben wir hier einen doch eher ernsten Roman vor uns, der auch mit dem einen oder anderen aufrüttelnden Moment aufwartet.

Anfänglich war ich offen gestanden noch etwas besorgt, als mir bewusst wurde, dass wir den Großteil des Romans allein mit Sam Vimes bestreiten und auf die ganzen anderen liebgewonnenen Figuren größtenteils verzichten werden müssen. Und auch wenn dies ein weiterer Aspekt ist, in dem sich "Night Watch" von vielen anderen Scheibenwelt-Romanen (die mir sonst eher Ensemble-orientiert erscheinen) unterscheidet, sollte es sich in weiterer Folge nicht als Problem erweisen. Denn dank dem Roman erfuhren wir nicht nur mehr über die Geschichte von Ankh-Morpork, sondern konnten auch einen Blick in die Vergangenheit von Sam Vimes werfen, und diesen dadurch besser kennenlernen. Sehr interessant fand ich auch alles rund um die Revolution, wobei es mir vor allem Vimes' sehr cleveres Vorgehen angetan hatte. Und das Finale war dann einerseits sehr spannend und bot andererseits auch einen dramatischen Ausklang, der deutlich macht, dass solche weitreichende gesellschaftliche Veränderungen oftmals ihren Preis haben. Wenn es überhaupt etwas gibt, das mir an "Night Watch" weniger gut gefallen konnte, dann war das wohl Carcer. So wie viele andere Scheibenwelt-Widersacher vor ihm war er recht uninteressant, und doch recht eindimensional gezeichnet. Man merkt nun mal, dass Terry Pratchett eher an seinen – vielschichtigen, komplexen – Helden als an seinen Schurken interessiert ist.

Fazit: Vor allem auch nach dem kindgerechten "The Amazing Maurice and His Educated Rodents" war "Night Watch" ein ordentlicher – aber in meinem Fall sehr willkommener – Bruch. Trotz einiger amüsanter Stellen spielt diesmal nämlich der Humor eine doch eher untergeordnete Rolle, und geht es hier deutlich ernster zu, als man das sonst bei den "Discworld"-Romanen gewohnt ist. Und so sehr ich die lockereren, amüsanteren Scheibenwelt-Abenteuer auch schätzen mag, so sehe ich gerade auch in dieser tonalen Bandbreite eine wesentliche Stärke der Reihe. Sehr gut gefallen hat mir zudem die Grundidee, mit Vimes Zeitsprung 30 Jahre in die Vergangenheit, wo er sein jüngeres Ich trifft, und für diesen zudem - nach John Keels Tod – als Mentor agieren muss. Und auch diesen Einblick in die Vergangenheit von Ankh-Morpork fand ich sehr interessant. Einzig Carcer fiel für mich ab und offenbart eine der wenigen Schwächen der Scheibenwelt – denn die Bösewichte sind meist weder die komplexesten noch die interessantesten Figuren. Von diesem Punkt abgesehen war "Night Watch" aber ein weiterer großartiger Scheibenwelt-Roman.

Bewertung: 4.5/5 Punkten
Christian Siegel






Artikel kommentieren
RSS Kommentare

Kommentar schreiben
  • Bitte orientiere Deinen Kommentar am Thema des Beitrages.
  • Persönliche Angriffe und/oder Diffamierungen werden gelöscht.
  • Das Benutzen der Kommentarfunktion für Werbezwecke ist nicht gestattet. Entsprechende Kommentare werden gelöscht.
  • Bei Fehleingaben lade diese Seite bitte neu, damit ein neuer Sicherheitscode generiert werden kann. Erst dann klicke bitte auf den 'Senden' Button.
  • Der vorgenannte Schritt ist nur erforderlich, wenn Sie einen falschen Sicherheitscode eingegeben haben.
Name:
eMail:
Homepage:
Titel:
BBCode:Web AddressEmail AddressBold TextItalic TextUnderlined TextQuoteCodeOpen ListList ItemClose List
Kommentar:




  fictionBOX bei Facebook   fictionBOX bei Twitter  fictionBOX als RSS-Feed

TV-Planer
Im Moment keine TV-Einträge vorhanden