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Discworld: Jingo Drucken E-Mail
Auf der Scheibenwelt droht ein Krieg auszubrechen Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 08 August 2015
 
Titel: "Jingo"
Deutscher Titel: "Fliegnde Fetzen"
Bewertung:
Autor: Terry Pratchett
Umfang: 414 Seiten
Verlag: Corgi Books
Veröffentlicht: 1997
ISBN: 978-0-552-14598-5
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Gerade, als sich zwei Fischer – einer von Ankh-Morpork und einer von Klatch – über einen Fang streiten, erhebt sich zwischen ihren Booten auf einmal eine Insel aus dem Meer. Natürlich erheben beide – und damit in weiterer Folge auch ihre jeweiligen Reiche – Anspruch auf die neue Landmasse, so klein sie auch sein mag. Ein Konflikt, der den jahrhundertelangen Frieden zwischen Ankh-Morpork und Klatch ernstlich bedroht. Um die Lage zu beruhigen, lädt Lord Vetinari eine Delegation von Klatch, darunter den Prinzen, nach Ankh-Morpork ein, um dort die Situation zu besprechen. Doch die Stimmung ist äußerst angespannt, und als auf den Prinzen schließlich ein Attentat verübt wird, droht die Lage endgültig zu eskalieren. Ein Krieg zwischen den beiden Völkern scheint nun unausweichlich zu sein. Während Kriegstreiber auf beiden Seiten die Messer wetzen, ruhen die letzten Hoffnungen beider Reiche, diesen doch noch zu verhindern, auf Commander Vimes und seine Gefolgsleute von der Stadtwache, die in Feindesgebiet aufbrechen, um die Hintermänner der Verschwörung zur Strecke zu bringen…

Review: Bereits in früheren Scheibenwelt-Romanen hat Terry Pratchett immer wieder mal gesellschaftskritische Töne einfließen lassen – aber wohl noch nie zuvor waren diese so ausgeprägt wie bei "Jingo", wo er sich mit der Mechanik hinter kriegerischen Auseinandersetzungen beschäftigt. Angefangen beim Aufwärmen eigentlich längst vergangener Geschichten, über unfundierte Vorurteile bis hin zu einer grauenhaften Gruppendynamik, die entstehen kann, wenn viele Menschen auf einem Platz zusammenkommen und sich gegenseitig hochschaukeln (nicht umsonst besitze ich ein T-Shirt mit dem Spruch "Never underestimate the power of stupid people in large groups!"). In der Art und Weise, wie Pratchett die Mechanik dahinter hier aufrollt, die sich vom Grundgedanken her genauso gut auch auf den Alltag – seien es Fremdenhass, engstirniges Denken zwischen politischen Parteien, oder auch etwas so "harmloses" wie Fehden zwischen Fans konkurrierender Fußballvereine – anwenden lässt, ist "Jingo" ungemein aufschlussreich und erhellend.

Damit brachte mich der Roman noch mehr als die bisherigen Scheibenwelt-Romane ordentlich zum Nachdenken. Vor allem die nachfolgende Passage hat mich in ihrer Ernsthaftigkeit und ihrem Wahrheitsgehalt dabei eiskalt erwischt, und ließ mich kurz innehalten: "And then he realized why he was thinking like this. It was because he wanted there to be conspirators. It was much better to imagine men in some smoky room somewhere, made mad and cynical by privilege and power, plotting over the brandy. You had to cling to this sort of image, because if you didn't then you might have to fact the fact that bad things happened because ordinary people, the kind who brushed the dog and told their children bedtime stories, were capable of then going out and doing horrible things to other ordinary people. It was so much easier to blame it on Them. It was bleakly depressing to think that They were Us." Wow. Einfach nur wow. Hier lief mir echt kurz ein kalter Schauer über den Rücken.

Doch trotz all dieser nachdenklichen Stellen schafft es Pratchett auch diesmal wieder, den Roman ungemein unterhaltsam zu machen. Wie gewohnt strotzt "Jingo" nur so über vor amüsanten Dialogen, Wortwitz, sowie den lustigen Anmerkungen des Autors. Auch die Geschichte selbst steckt voller Humor, und überzeugt darüber hinaus auch wieder mit zahlreichen originellen Ideen sowie generell Pratchetts unvergleichlichem Einfallsreichtum, wie z.B. was den persönlichen Terminverplaner betrifft. Vor allem, nachdem dieser mit einem aus einem Paralleluniversum vertauscht wurde, und Vimes auf einmal Termine wie "Sterben um 6 Uhr" aufsagt, kann man vor Pratchetts Kreativität nur den Hut ziehen. Und auch die Figuren sind natürlich wieder einmal wunderbar. Commander Vimes trägt dabei die Hauptlast auf seinen Schultern, aber auch seine Kollegen von der Stadtwache und insbesondere auch Lord Vetinari, der sich mit seiner Cleverness zu einem der ganz großen Helden der Geschichten mausert, bekommen ihre Momente spendiert, um zu glänzen. Mein einziger Kritikpunkt sind die Stellen mit Nobby in Frauenkleidern, die für mich nur bedingt funktioniert haben. Allerdings war der Rest des Romans so gut, dass auch dies die Höchstwertung nicht mehr verhindern kann.

Fazit: "Jingo" ist einerseits wieder genauso amüsant und unterhaltsam, wie man das bei den Scheibenwelt-Romanen gewohnt ist. Egal ob die Dialoge zwischen den Figuren, die Figuren selbst, gelungene Gags, köstliche Szenen, sein unvergleichlicher Einfallsreichtum oder auch die immer wieder eingestreuten lustigen Beschreibungen und Kommentare von Terry Pratchett, in "Jingo" findet sich wieder einiges, dass für beste Unterhaltung sorgt. Noch mehr als bei so manchen früheren Romanen der Reihe liegt "Jingo" jedoch letztendlich ein sehr ernster Kern zugrunde, beschäftigt sich Pratchett hier doch mit so wichtigen Fragen wie Aufhetzung, Propaganda, Fremdenhass, und den Mechaniken des Krieges – und was ganz gewöhnliche Menschen dazu antreibt, sich von der Kriegsmaschinerie anstecken zu lassen. Vor allem die zitierte Stelle über den erschreckenden Gedanken, dass "Die" vielleicht "Wir" sind, wird mir noch sehr lange in Erinnerung bleiben. Das einzige, was ich kritisieren könnte, ist die eine oder andere humoristische Einlage – allen voran Nobby in Frauenkleidern – die für mich nicht so recht zünden wollte. Letztendlich ist der Rest des Romans aber zu stark, als dass sich dies negativ auf mein Urteil und/oder die Wertung auswirken würde.

Bewertung: 5/5 Punkten
Christian Siegel






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