Kurzinhalt:
Kurz nach der V'Ger-Krise verlässt Spock für zwei Wochen die Enterprise, um an einer Konferenz teilzunehmen. In seiner Abwesenheit übernimmt Kirks alter Freund Patrick Brady die Rolle des ersten Offiziers, während der deltanische Offizier Tenaida als Wissenschaftsoffizier fungiert. Zudem lässt der Vulkanier ein von ihm geschriebenes Programm zurück, welches dem Captain im Bedarfsfall mit vulkanischer Logik zur Seite stehen soll. Tatsächlich wird James T. Kirk schon bald eben darauf zurückgreifen. Und das, obwohl die Mission noch sehr routinemäßig beginnt: Die Enterprise begrüßt Vertreter der Kaldorni und der Beystohnai an Bord, welche den gleichen Planeten besiedeln wollen. Ein Diplomat der Föderation – mit dessen jetziger Ehefrau, Cecilia Simons, Kirk eins verbandelt war – soll zwischen beiden Seiten vermitteln. Dann jedoch mehren sich die mysteriösen Ereignisse. So wird mehrmals der Befehl gegeben, den Kurs zu wechseln – die betreffenden Personen bestreiten aber, eben diesen gegeben zu haben. Schließlich stellt sich heraus, dass sich an Bord der Enterprise ein Gestaltwandler befindet, der die Verhandlungen zwischen den Kaldorni und Beystohnai sabotieren will. Doch wie soll man einen unbekannten Feind aufspüren, der jede beliebige Gestalt annehmen kann?
Review:
"Der unsichtbare Gegner" ist kurz nach "Star Trek – Der Film" angesiedelt; wobei man das letztendlich nur an den Uniformen auf dem Cover (und hier stärker beim Original-Cover der Taschenbuchausgabe als vom eBook, wo diese kaum zu erkennen sind) merkt. Davon abgesehen könnte die Geschichte genauso gut während Kirks erster Fünfjahresmission mit der Enterprise angesiedelt sein. Sprich: V.E. Mitchell weiß mit dem grundsätzlich ja interessanten zeitlichen Setting nicht wirklich etwas anzufangen. Wobei sich das letztendlich als exemplarisch für den ganzen Roman herausstellen soll, der zwar über einzelne ganz interessante Ideen verfügt, diese aber kaum zu nutzen weiß. Ein gutes Beispiel dafür ist alles rund um den Gestaltwandler. Als Einfall grundsätzlich ganz pfiffig und interessant; immerhin sollte "Deep Space Nine" ein paar Jahre später beweisen, dass sich mit diesem Konzept einige spannende Dinge umsetzen lassen. Bei "Der unsichtbare Gegner" wirkt jedoch vieles bemüht, und müssen sich die Figuren manchmal auch furchtbar begriffsstutzig anstellen, damit alles nicht schon früher auffliegt. Das beginnt schon relativ früh; schlimm genug, dass man den Kurs einmal wechselt, ohne beim Captain, dem ersten Offizier oder jemand ähnlichem nachzufragen. Aber wenn das dann noch ein zweites Mal passiert, greift man sich auf den Kopf. An anderer Stelle wundert sich Kirk darüber, dass Cecilia Simons nicht über ihre sonstige unwiderstehliche sexuelle Ausstrahlung verfügt, und fragt sich, woran das liegen könnte – und man denkt sich nur: Oida, ist das nicht offensichtlich? Zwar stellt sich kurz darauf heraus, dass er dann eh vermutet hatte, dass es sich um den unbekannten Feind handeln könnte, aber dann stellt man sich halt unweigerlich die Frage, warum er nicht in dem Moment reagiert hat und diesen festnehmen ließ. Das hätte ihnen viel Ärger und Aufwand erspart.
Ein weiterer wesentlicher Kritikpunkt war für mich alles rund um Cecilia Simons. Angefangen dabei, dass hier eine weitere Ex von Captain Kirk aus dem Hut gezaubert wird. Über die Darstellung bzw. das Verhalten ihrer Figur. Die Art und Weise, wie ihre fast schon unwiderstehliche sexuelle Ausstrahlung beschrieben wird; fast so, als würde es sich um eine Orionerin handeln. Bis hin zur unzeremoniellen Art und Weise, wie diese bis dahin für die Handlung ja durchaus wichtige Figur dann schließlich aus der Geschichte entfernt wird. Vor allem aber leidet "Der unsichtbare Gegner" darunter, dass mich die zugrundeliegende Story einfach nie wirklich ansprechen wollte. Weder die Verhandlungen rund um den Planeten, noch die Familiengeschichte rund um Cecilia und ihre Tochter, oder auch alles rund um den titelspendenden "unsichtbaren" Gegner fand ich interessant, geschweige denn spannend. Und dann muss auch noch erwähnt werden, dass sich V.E. Mitchell hier sehr stark auf Kirk fokussiert (außer ihm kommt maximal noch McCoy in ein paar prominenten Szenen zur Geltung), von ihm abgesehen aber nur mehr bislang unbekannte (und eben auch größtenteils uninteressante) Nebenfiguren im Mittelpunkt stehen. Der Rest der Stammbesetzung – Uhura, Sulu, Chekov, Scotty und aufgrund seiner Abwesenheit natürlich auch Spock – spielen hier keine Rolle. Apropos Spock: Seine Abwesenheit wird sicherlich ebenfalls viele stören, ich muss allerdings gestehen, dass das für mich noch zu den interessanteren Aspekten von "Der unsichtbare Gegner" zählte. Wir sind das klassische Trio Kirk, Spock und McCoy so gewohnt, dass es durchaus einen gewissen Reiz hat, wenn Jim mal ohne Spocks Logik (und Wissen) auskommen muss. Auch das von ihm quasi als Vertretung (zu Testzwecken) zurückgelassene KI-Programm zählt für mich zu den (wenigen) interessanten Aspekten des Romans. Um "Der unsichtbare Gegner" für mich durchgängig unterhaltsamer zu machen, hätte es von denen halt nur noch einige mehr gebraucht.
Fazit:
Es gibt rund um die Original-Serie von "Star Trek" ein reichhaltiges Angebot an literarischen Abenteuern. Ich sehe daher – leider – keinen Grund, warum jemand just zu V.E. Mitchells "Der unsichtbare Gegner" greifen sollte. Die Story wäre mit durchschnittlich noch zuvorkommend eingestuft, dazu gesellen sich dann einzelne Kritikpunkte wie die hier vorgestellte Figur der Cecilia Simons (insbesondere im Hinblick auf ihre sexuelle Ausstrahlung, aber auch ihre viel zu durchsichtigen Manipulationsversuche), das teils naiv-unvorsichtige bis hin zu richtiggehend begriffsstutzige Verhalten der Enterprise-Besatzung (Captain Kirk inklusive) im Hinblick auf den Gestaltwandler, bis hin zum hanebüchenen Mutter-Tochter-Konflikt. Abseits von Kirk, der hier als einziger von der Stammbesetzung eine größere Rolle spielt, fokussiert sich die Autorin auch viel zu sehr auf neue Gastfiguren. Aus dem interessanten zeitlichen Setting kurz nach "Star Trek – Der Film" macht V.E. Mitchell leider ebenfalls nichts. Und zu allem Überfluss fand ich die Story dann auch noch leidlich spannend. Immerhin sind die bekannten Figuren recht gut getroffen. Spocks Abwesenheit verändert zudem die Dynamik an Bord auf nicht uninteressante Art und Weise. Und das mit dem Logikprogramm als sein Ersatz war auch ganz nett. Um eine Empfehlung für den Roman auszusprechen, waren die positiven Aspekte aber zu wenig/dürftig.
Bewertung: 1.5/5 Punkten
Christian Siegel
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