Mit: Pål Sverre Hagen, Anders Baasmo Christiansen, Gustaf Skarsgård, Odd Magnus Williamson, Tobias Santelmann, Jakob Oftebro, Agnes Kittelsen u.a.
Kurzinhalt:
Getrieben von dem Willen, zu beweisen, dass Polynesien in vorkolumbianischer Zeit von Westen – von Südamerika - aus besiedelt wurde, stellt der junge Thor Heyerdahl eine Expedition auf die Beine, die 1947 eine Reise wiederholen soll, wie sie seiner Meinung nach schon vor 1500 Jahren stattgefunden hat. Fast 8000 Kilometer liegen vor Thor und seiner Besatzung des Balsa-Floßes Kon-Tiki. Die physischen und psychischen Belastungen der Männer sind, neben der Überfahrt an sich, der Kern dieses Films.
Review:
Thor Heyerdahl erlebte eines der letzten modernen Abenteuer, und "Kon-Tiki" nimmt uns mit auf dieses Abenteuer. Eine Reise mit fantastischen Bildern und einer Besetzung, die einen optimistischen Forschergeist ausstrahlt, der einen sofort hineinzieht. Dieser Optimismus wankt zwar im Laufe der Reise und ist natürlich ein Motor für Konflikte, aber im Grunde kann Pål Sverre Hagen als Thor sie alle immer wieder motivieren. Die späte Terminierung von "Kon-Tiki" in Deutschland hängt sicher mit dem Kinostart von "Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger" zusammen, das mit ähnlich beeindruckenden Bildern das Überleben auf dem Meer porträtiert, auch wenn die Situation eine ganz andere ist. Der Film war zu Recht oscarnominiert, denn auch wenn die meisten Anthropologen heute davon ausgehen, dass Polynesien doch von Osten – von Asien – aus besiedelt wurde, bleibt es ein unbeschreiblich erhebender Moment, als die Besatzung das Riff überwindet und auf dem Tuamotu-Archipel anlandet. Bevor sie dieses letzte Wagnis eingehen, erleben sie eine nicht enden wollende Flaute, das Floß an seine Grenzen bringende Stürme, Haiattacken und körperliche Probleme. Denn bis auf ein Funkgerät, mit dem sie sporadisch Kontakt zur Außenwelt haben, verzichten sie auf jegliche moderne Hilfsmittel.
Hagen spielt den Thor Heyerdahl großartig - immer perfekt an der Grenze zwischen Wahn und kalkuliertem Forscherdrang. Ohne diesen Wahn, es allen beweisen zu wollen, hätte die Reise auch ganz anders ausgehen können. Es ist den Tatsachen geschuldet, dass es sich um eine reine Männerveranstaltung handelt, von denen auch alle noch blond und blauäugig sind. Die einzige Ausnahme ist hier Agnes Kittelsen, die Heyerdahls Frau Liv spielt. Sie bleibt - nach einer Weile an Thors Seite, wo sie in Polynesien fast stirbt - mit den Söhnen zurück in Norwegen. Nach ihren wiederholten Bitten, seine Familie nicht zu vergessen, muss sie einsehen, dass seine erste Liebe immer das Abenteuer sein wird. Diese Entwicklung zeigt Kittelsen in fast schon rührender Melancholie. Mich hat "Kon-Tiki" wirklich begeistert, denn die Verfilmung wahrer Abenteuer ist selten geworden und dass es trotz der von Heyerdahl selbst gedrehten Doku und seinen Bestsellerbüchern immer noch als Filmstoff funktioniert und nicht ausgelutscht ist, beeindruckt zusätzlich. Es gibt ein paar Abweichungen von der realen Überfahrt, die die Autoren und Regisseure dazu nutzten, um zusätzlichen Konfliktstoff innerhalb der Crew zu haben, wie es seinerzeit auch bei "Apollo 13" der Fall war. Es wird z.B. zum größeren Thema gemacht, dass die Seile, die das Floß aus Baumstämmen zusammenhalten, sich langsam auflösen. Tatsächlich waren die Balsa-Stämme jedoch viel weicher als die Seile, so dass sich die Seile in die Stämme fraßen und so geschützt waren. Außerdem kommt es zu einer Begegnung mit dem auf dem (norwegischen) Poster abgebildeten Walhai, der als Fisch leider keine Lungen besitzt, um Wasserblasen zu produzieren oder Fontänen auszupusten. Aber es dient dem dramatischen Effekt, also kann man denke ich darüber hinwegsehen.
Fazit:
"Kon-Tiki" nimmt euch mit auf einer Entdeckungsreise, sowohl zu den Abgründen, die sich in jedem Menschen auftun, als auch zu den Gefahren der offenen See, aber auch ihrer wilden Schönheit. Dieser Film hat ganz Norwegen, statistisch gesehen, 3x komplett ins Kino gelockt; ihr solltet dem Beispiel folgen und euch begeistern lassen.