Normalerweise wird diese Kolumne ja eher dazu genutzt, unseren Leserinnen und Lesern
Insider-Tipps zu präsentieren. Also solche Inhalte, die einer Vielzahl
von ScienceFiction-Fans vielleicht nicht so geläufig sind. Vor 5 Jahren hätte
Babylon 5 ebenfalls noch sehr gut in diese Kategorie gepasst, doch die
kluge Veröffentlichungsstrategie von Warner Deutschland, welche die
DVD-Staffelboxen äußerst billig (ein Star Trek-Staffelset kostete
damals 3x so viel) auf den Markt brachten, sowie die Mundpropaganda
zahlreicher Fans der ersten Stunde oder auch von den "Bekehrten" – deren
Anzahl ständig größer wurde – haben hier Abhilfe geschafft.
Mittlerweile ist Babylon 5 eigentlich jedem ScienceFiction-Fan ein Begriff.
Sollte
es aber tatsächlich irgendwo da draußen in den Weiten des
deutschsprachigen Raums noch ScienceFiction-Fans geben, die von Babylon 5 nichts gehört haben oder es zumindest bisher nicht wert fanden, dem Weltraum-Epos
eine faire Chance zu geben, dann seien ihnen nachfolgend –
passenderweise – 5 Gründe genannt, warum man diese Serie als Fan des
Genres einfach gesehen haben muss:
1.) Die erfrischend andere Zukunftsvision
Ja, wir sind ins All vorgedrungen! Doch wir haben dabei all unsere
Probleme, Vorurteile und Schwächen mitgenommen. Rassistische
Organisationen wie die Homeguard haben es auf Außerirdische abgesehen,
auf der Station hat sich auf der unteren Ebene eine Art Ghetto
gebildet, und innerhalb der Erdregierung kommt es zu einer
folgenschweren Intrige. Viele ScienceFiction-Elemente wie die Telepathie werden
hier deutlich düsterer und meines Erachtens auch realistischer
dargestellt. Wo Deanna Troi bei Star Trek so viel fühlen darf wie sie
will, müssen Telepathen bei Babylon 5 strengen Regeln folgen – und sich
zudem zwischen einem Leben im Psi-Corps, unter Drogeneinfluss oder im
Gefängnis entscheiden. Alles an Babylon 5 wirkt dreckiger, ehrlicher
und irgendwie auch realistischer als in anderen ScieneFiction-Serien der damaligen
Zeit.
2.) Der auflockernde Humor
Zugegeben, es gibt lustigere Science Fiction-Serien als Babylon 5. Im
Gegensatz zu z.B. Stargate wird man hier vergeblich Episoden suchen,
die rein nur auf Humor setzen. Nichtsdestotrotz vergisst der Schöpfer J. Michael Straczynski (JMS) bei all
den dramatischen Ereignissen auch nicht, gelegentlich den einen
oder anderen Lacher einzubauen. Der Humor zeigt sich dabei erstaunlich
vielschichtig, von plumpen Slapstickeinlagen über ausgefeilte Dialoge
bis hin zu amüsanten Albernheiten. Damit sollte eigentlich für jeden
Nicht-Vulkanier etwas dabei sein, über das sie/er herzhaft lachen kann.
3.) Die vielschichtigen Charaktere
Die Charakterisierung ist bei Babylon 5 wirklich vorbildlich.
Schwarz-Weiß-Zeichnung gibt es nicht, genau so wenig wie man eindimensionale Schablonen finden wird. Alle Figuren haben ihre
positiven aber eben auch ihre negativen Seiten, und jeder verfügt über
eine eigene Persönlichkeit mit ganz individuellen Eigenschaften und
auch Eigenheiten – wie z.B. Garibaldi’s Vorliebe für Daffy Duck. Doch
nicht nur, dass die Figuren ausgesprochen vielschichtig sind, sie
dürfen sich im Laufe der Serie sogar weiterentwickeln! Zudem wurden für
die Serie wirklich großartige Schauspieler gecastet, die alle ihre
Rolle nicht einfach nur spielen, sondern LEBEN... und damit viel zum
Gelingen von „Babylon 5“ beitragen.
4.) Die großartige Musik
Für die Musik von „Babylon 5“ ist der deutsche Komponist Christopher
Franke verantwortlich – und mit ihm ist JMS ein wahrer Glücksgriff
gelungen. Virtuos kombiniert er ein klassisches Orchester mit
Synthesizer-Tönen, und sorgt so für ein außergewöhnliches und
originelles Klangerlebnis. Egal ob peitschende Musik während einer
Schlachtszene, oder eine ruhig-traurige Melodie während eines
dramatischen Moments, Franke versteht es, den Ton einer Szene perfekt
einzufangen und durch seine immer passende Musik noch zu verstärken.
Ohne seinen Beitrag zu „Babylon 5“ wären viele entscheidende Momente
weitaus weniger bewegend und gelungen ausgefallen. Sein Soundtrack ist
ein unverzichtbarer Bestandteil der Serie – und in meinen Augen einer
der wesentlichen Gründe für ihren Erfolg.
5.) Der epische Handlungsrahmen
„Du hast ein Loch in deinem Gedächtnis.“ Mehr als diese 7 Worte aus dem
Pilotfilm brauchte es nicht, und schon war ich süchtig. Keine Frage:
Der Handlungsrahmen ist ohne jeden Zweifel die mit Abstand größte
Stärke von Babylon 5, und der Hauptgrund warum die Serie so viele Leute
fasziniert: Anstatt verschiedene Einzelgeschichten aneinander zu
reihen, erzählt Babylon 5 eine epische Geschichte, die sich über 5
Staffeln erstreckt. Ereignisse, Dinge und Personen, die in der 1.
Staffel erwähnt oder gezeigt werden, werden plötzlich in der 3. oder 4.
Staffel wieder aufgegriffen und erlangen eine neue, bis dahin nicht
geahnte Bedeutung. Möglich ist dies durch den immer noch einzigartigen
und unerreichten Ansatz, den JMS bei Babylon 5 verfolgte: Im Gegensatz
zu anderen Serien, die wenn überhaupt lediglich von Staffel zu Staffel
planen, standen bei Babylon 5 die Eckpfeiler des 5 Jahre bzw. Staffeln
umspannenden Handlungsrahmens noch vor Produktion der ersten Episode
fest.
Diese sorgfältige Vorausplanung ermöglichte es JMS, immer wieder Köder
auszustreuen, Andeutungen und Prophezeiungen über zukünftige Ereignisse
bzw. das weitere Schicksal der Figuren einzubauen und damit das
Interesse am weiteren Verlauf der Handlung immer hoch zu halten. Für
letzteres sorgen auch die zahlreichen Cliffhanger, die nicht nur zum
Ende der Staffel vorkommen, sondern auch innerhalb einer Staffel immer
wieder anzutreffen sind. Immer noch darf sich Babylon 5 damit rühmen,
den meines Erachtens fiesesten – aber eben genau deshalb auch besten –
Cliffhanger aller Zeiten präsentiert zu haben, nämlich das Finale der
3. Staffel (nach dem Fans welche die deutsche Erstausstrahlung auf Pro
7 verfolgt haben immerhin mehr als ein Jahr auf die Fortsetzung warten
mussten). Natürlich musste die Handlung aufgrund äußerer Einflüsse (wie
z.B. Änderungen in der Besetzung) immer wieder mal in bestimmten
Bereichen verändert werden, trotzdem ist Babylon 5 was die Kontinuität
betrifft immer noch unübertroffen.
Babylon 5 ist eine epische Geschichte über Krieg, Freundschaft, Verrat,
Liebe, Ehre, Heldenmut, Entscheidungen, und deren – teils tragischen –
Konsequenzen. Hier gibt es keinen Reset-Knopf am Ende jeder Episode,
ganz im Gegenteil: Jede Folge baut auf die andere auf, und insbesondere
in den unheimlich intensiven Staffeln 3 und 4 kann man eigentlich keine
Episode auslassen, ohne wesentliche Entwicklungen und Szenen zu
verpassen. Durch die fortlaufende, ungemein spannende Handlung
entwickelt Babylon 5 eine Intensität, wie ich sie weder vorher noch
nachher bei irgend einer anderen Serie erlebt habe. Schon allein die
spannende und vielschichtige Geschichte mit zahlreichen interessanten
Entwicklungen, überraschenden Wendungen, tragischen Ereignissen und
großartigen Momenten macht es lohnenswert, sie mindestens ein Mal im
Leben gesehen zu haben. Denn trotz aller anderen positiven Aspekte
bleibt „Babylon 5“ in erster Linie eines: Eine packende,
hochdramatische und großartige Geschichte, auf die man am Ende
zurückblickt und dankbar dafür ist, sie (mit)erlebt haben zu dürfen.
Danke, JMS...
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