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Mangas für Mangaskeptiker Kategorie: Kolumnen - Autor: Christina Hansen - Datum: Samstag, 17 Februar 2007
 
FollowTheBox #3: Jenseits der Telleraugen
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Es kann frustrierend sein, Leuten in Deutschland Mangas näher zu bringen.

Das ist zunächst einmal etwas überraschend, denn Mangas sind, vielleicht mit Ausnahme von Evergreens wie Mickey Maus und Asterix, mittlerweile die populärsten Comics in Deutschland. Trotzdem sprechen sie nur eine vergleichsweise eingeschworene, wenn auch zahlenmäßig recht starke Fangemeinde an. Dies ist eigentlich ein Jammer, denn diese Comics fernöstlicher Provenienz bieten wesentlich mehr - und oft auch anderes - als das, was man gemeinhin mit ihnen verbindet.

Wer bereits einige oberflächliche Begegnungen mit japanischen Comics hatte, hat meist eine recht genaue Vorstellung davon, was ihn oder sie dort erwartet. Riesenroboter, komplexbeladene Jünglinge, zuckersüße Mädchen und anstrengende Kratzbürsten, ein wenig Magie und viel Herzschmerz, Schulmädchenuniformen, weichgespülte Erotik, Telleraugen, spitze Kinne und phänomenale Oberweiten, große Kanonen und gelegentliche Ultragewalt - dies sind wohl einige der häufigsten Assoziationen.

Der Eindruck, daß mit diesen Begriffen das Wesen japanischer Comics hinreichend umschrieben sei, ist so falsch wie erklärlich. Wie die meisten populären Unterhaltungsformen haben auch Mangas ihre Klischees und Konventionen, und diese bestimmen das Bild in den Köpfen der meisten Menschen; doch wie so oft finden auch im Manga die wahren Leseabenteuer häufig ein wenig abseits der ausgetretenen Pfade statt. Weder thematisch noch zeichnerisch sind japanische Comics auch nur annähernd so einheitlich, wie es nach einem kurzen Blick auf das deutsche Angebot erscheinen mag.

Ebenso wie in der angloamerikanischen und der europäischen Comickultur gibt es in Japan nicht nur den Mainstream, sondern auch Comicautoren, die in ihren Comics eine sehr persönliche Handschrift pflegen und originelle, ungewöhnliche Geschichten erzählen. Und selbst im Mainstream gibt es viel zu entdecken, denn die japanische Comiclandschaft beherbergt eine weitaus größere Vielfalt als der schmale Ausschnitt des deutschen Mangaangebots vermuten läßt.

Die deutsche Mangaauswahl bietet überproportional viele Titel, die auf Kinder und Teenager ausgerichtet sind, während in Japan große Segmente des Angebots den Markt der erwachsenen Comicleser bedienen. Und da in Japan Science Fiction und Phantastik allgemein hoch im Kurs stehen, warten dort auch viele Schätze des phantastischen Genres auf ihre Hebung. Nur erreichen leider wenige davon unsere Gestade.

Die meisten in Deutschland erscheinenden Mangas sind, wie schon gesagt, für ein jüngeres Publikum gedacht, und wie in jedem gut funktionierenden Teufelskreis werden durch das relativ homogene Angebot Lesererwartungen bestätigt und gefestigt, was wiederum zu einem Fortschreiten der Homogenisierung führt. Angebot kreiert Nachfrage - und umgekehrt. Dennoch versuchen die Verlage immer wieder einmal, eine der etwas ungewöhnlicheren, "erwachseneren" Serien in Deutschland zu lancieren. Bisher verkauften sich diese jedoch fast ausnahmslos dramatisch schlecht bis - bestenfalls - mäßig und wurden gelegentlich sogar vor dem Ende abgebrochen.

Dabei sind es ironischerweise eben jene "erwachseneren" und für deutsche Verhältnisse "ungewöhnlicheren" Mangas, die das größte Potential hätten, ein Publikum jenseits des harten Kerns der Mangaleser anzusprechen. Sie sind meist stilistisch relativ stark an der westlichen Comicästhetik und allgemein an westlichen Sehgewohnheiten orientiert (oder doch zumindest damit recht kompatibel) und behandeln oft Themen, die auch Otto und Ottilie Normalleser interessieren könnten - seien es der amerikanische Präsidentschaftswahlkampf oder die Jagd nach einem unheimlichen Serienmörder. Die Erzählweise ist oft stark von Film- und Fernsehkonventionen geprägt, so daß man gelegentlich den Eindruck hat, weniger einen Comic als eine Folge einer Fernsehserie in Standbildern vor sich zu haben, was diese Comics gerade für die "televisuell" geprägten Generation(en) zu einem optimalen Lesestoff machen sollte.

Wir möchten hier in den nächsten Monaten in loser Folge diverse Titel aus dem im weitesten Sinne phantastischen Bereich vorstellen, die auch von Mangaskeptikern genossen werden können - weil diese Titel mehr Leser verdienen, und, was noch wichtiger ist: weil mehr Leser es verdienen, diese Titel zu entdecken.

 




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