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Terry Gilliams dystopisch-bizarre Zukunftsvision Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Montag, 01 Dezember 2025
 
Advent-SPECiAL

 
Brazil
Originaltitel: Brazil
Produktionsland/jahr: UK/USA 1985
Bewertung:
Studio/Verleih: Embassy International Pictures/20th Century Fox
Regie: Terry Gilliam
Produzenten: U.a. Arnon Milchan & Patrick Cassavetti
Drehbuch: Terry Gilliam, Tom Stoppard & Charles McKeown
Filmmusik: Michael Kamen
Kamera: Roger Pratt
Schnitt: Julian Doyle
Genre: Science Fiction/Thriller
Kinostart BRD: 26. April 1985
Kinostart UK: 22. Februar 1985
Laufzeit: 143 Minuten
Altersfreigabe: FSK ab 16
Mit: Jonathan Pryce, Kim Greist, Robert De Niro, Ian Holm, Katherine Helmond, Bob Hoskins, Michael Palin, Ian Richardson, Peter Vaughan, Jim Broadbent, Barbara Hicks, Charles McKeown, Derrick O'Connor, Kathryn Pogson, Brian Pringle, Sheila Reid u.a.


Kurzinhalt: In einer dystopischen Zukunft wird die Menschheit von einem totalitären Regime unterdrückt. Sam Lowry ist ein kleines bürokratisches Rädchen in dieser Maschine – und mit seinem unbedeutenden Job eigentlich ganz zufrieden; im Gegensatz zu seiner Mutter, die ihn zu höherem berufen sieht, und gerne hätte, dass er sich für das Informationsministerium bewirbt. Eben dazu sieht Sam jedoch keine Veranlassung. Er geht vielmehr Tagträumereien nach, in denen er als Superheld mit Schwingen durch die Lüfte schwebt, und ein Fräulein in Nöten vor Gefahren beschützt. Eines Tages wird er damit beauftragt, der Witwe eines aufgrund eines Tippfehlers zu Unrecht verhafteten – und in Gefangenschaft verstorbenen – Mannes einen Scheck als Entschädigung auszuhändigen. Dabei trifft er zufälligerweise auf Jill Layton – und erkennt in ihr die Frau aus seinen Träumen. Um mehr über sie zu erfahren, erfüllt er seiner Mutter ihren großen Wunsch, und nimmt die Beförderung ins Ministerium für Informationen an. Doch sein Versuch, Jill Layton wiederzusehen, bringt ihn unweigerlich auf Konfrontationskurs mit jenem Regime, für das er arbeitet…

Review: Szenenbild. Es gibt diese Filme, die erwischen einen zu früh im Leben – zu einem Zeitpunkt, wo man noch nicht für sie bereit ist. So ging es mir dereinst mit "Brazil". Im Gegensatz zu seinem späteren Werk "12 Monkeys", der mich bei der Erstsichtung in meinen Teenager-Jahren sofort begeisterte, vermochte ich in eben dieser Phase meines Lebens als er mir im Fernsehen unterkam an "Brazil" irgendwie nicht so recht anzudocken. Als solcher ist er natürlich längst nicht der einzige Film, und da und dort ist es auch schon mal vorgekommen, dass selbst ein neuerlicher Versuch im erfahreneren Alter nicht viel gebracht hat. Demgegenüber hat es sich bei "Brazil" voll und ganz ausgezahlt, ihm nun mit etwas mehr Lebens- aber auch Film-Erfahrung nochmal eine Chance zu geben. Wobei ich mein früheres Ich insofern nach wie vor verstehen kann, als "Brazil" zweifellos ein sehr schräger und eigenwilliger Film ist. Er vermischt eine finstere Dystopie im Stile von "1984" (an den ich mich hier doch des Öfteren erinnert fühlte) mit genau jenem bizarren Humor, für den gerade auch Terry Gilliam bei Monty Python so berühmt (oder berüchtigt?) war. Das Endergebnis ist ein Film, der es dem Publikum eben nicht leicht macht – aber, wenn man es schafft, sich auf ihn einzulassen, eben dafür dann auch reich belohnt.

Was ihn dabei u.a. so auszeichnet, und auch von der Konkurrenz á la "1984" abhebt, ist Terry Gilliams bizarrer Humor, der sich durch den gesamten Film zieht (und das Geschehen, trotz aller Düsternis, auch immer wieder ein bisschen auflockert). Angefangen bei den ganzen TV-Sendungen (entsprechende Satiren waren in den 80ern ja generell sehr angesagt), über das Facelifting und generell die Schönheits-OPs (mit übertriebenem Ergebnis), bis hin zu den ganzen absurden Szenen rund um sein Apartment, welches (wohl sinnbildlich für sein eigenes Leben) langsam in sich zusammenfällt. Zugegeben, wer mit Gilliams sehr eigenwilligem Humor nicht kann, wird sich mit den entsprechenden Einlagen (und damit auch dem Film an sich) schwer tun. Für mich machte eben dies aber unter anderem den Charme des Films aus. Ein ganz weiteres wesentliches Element sind die Traumszenen. Zwar ist der ganze Film, typisch Gilliam, designtechnisch phänomenal, und optisch imposant (man denke nur an die Szene, als Sam das erste Mal das Ministerium für Informationen betritt), aber es sind vor allem die Traumsequenzen, die diesbezüglich hervorstechen. Hier lässt Gilliam seiner Fantasie freien Lauf, und präsentiert viele Bilder und Momente, die in Erinnerung bleiben. Sam Lowry ist zudem eine charmante Hauptfigur, mit der es einem leicht fällt, trotz seiner Rolle in diesem totalitären Regime eine Bindung aufzubauen. Einen wesentlichen Anteil daran hat natürlich die Performance von Jonathan Pryce. Aber auch das Zusammenspiel mit Kim Greist – essentiell, damit die zentrale Romanze funktioniert – sitzt. Darüber hinaus freut man sich über Gastauftritte von (unter anderem) Michael Palin (in – für mich – einer der besten Rollen seiner Karriere), Robert de Niro, Ian Holm, Jim Broadbent und Bob Hoskins.

Szenenbild. Die letzte wesentliche Stärke ist dann der Twist am Ende. Diese Aussage mag jene überraschen, die noch mein diesjähriges Review zu "The Descent" im Kopf haben, wo ich etwas ganz ähnliches kritisiert habe. Allerdings, so skeptisch ich gegenüber diesem Stilmittel auch sein mag, wie Terry Gilliam es hier einsetzt, ist in meinen Augen meisterlich. Praktisch von Beginn an hat man das Gefühl, dass hier irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugeht; ein Eindruck, der dann mit jeder Minute (und seltsamen Momenten wie dem sich auflösenden Tuttle, oder auch dem Begräbnis für die Freundin von Sams Mutter) verstärkt. Von den vorhergehenden Tagträumereien von Sam, die diesen Twist schon vorbereiten, ganz abgesehen. Es kommt daher eben nicht aus dem Nichts, wenn die Wahrheit offenbart wird. Und doch hat diese Wendung bei mir den gewünschten Effekt eines heftigen Schlags in die Magengrube nicht verfehlt. Einfach, weil man Sam und Jill wünschen würde, dass es echt ist. Und so lässt einen "Brazil" erschüttert und ähnlich gebrochen zurück, wie seine Hauptfigur. Zwar fand ich das Ende von "1984" trotz allem noch etwas härter, und traf mich dieses dementsprechend noch ein bisschen mehr. Zudem ist der Film in der europäischen Schnittfassung mit über 140 Minuten dann doch eine Spur zu lang. Davon abgesehen freut es mich aber, den Film nun im fortgeschrittenen Alter in einer Art wertschätzen zu können, wie es meinem jugendlichen Ich (noch) nicht möglich war.

Fazit: "Brazil" weckt zweifellos Erinnerungen an George Orwells großen Klassiker "1984" bzw. dessen Verfilmung (aus eben diesem Jahr) mit John Hurt in der Hauptrolle. Was Terry Gilliams Film von diesem jedoch abhebt, ist der starke satirische Einschlag. "Brazil" ist in erster Linie eine Farce, mit zahlreichen bizarren Einfällen und surrealen Momenten – ohne dass dies die Wirkung des düsteren Ausgangs reduzieren würde. Vor allem optisch und designtechnisch ist der Film dabei absolut brillant, denn die Kälte, Härte und Unmenschlichkeit dieser dystopischen Welt spiegelt sich auch 1:1 in der Architektur, der Ausstattung usw. wieder. Getragen von einem sympathischen Jonathan Pryce in der Hauptrolle, und mit markanten Gastauftritten von (u.a.) Ian Holm, Robert de Niro und insbesondere Michael Palin, nimmt uns "Brazil" auf eine Reise in eine düster-trostlose Welt, aus der nur die Flucht in eine Fantasiewelt Erlösung bereithält – wenn auch zu einem sehr hohen Preis.

Wertung:8 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 1985 20th Century Fox)


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