Originaltitel: Season of Mists Episodennummer: 2x01 Bewertung: Weltweiter Internet-Release: 03. Juli 2025 (Netflix) Drehbuch: Allan Heinberg Regie: Jamie Childs Besetzung:
Tom Sturridge als Dream,
Vivienne Acheampong als Lucienne,
Patton Oswalt als Matthew the Raven,
Kirby Howell-Baptiste als Death,
Mason Alexander Park als Desire,
Esmé Creed-Miles als Delirium,
Adrian Lester als Destiny,
Donna Preston als Despair,
Gwendoline Christie als Lucifer Morningstar,
Ferdinand Kingsley als Hob Gadling,
Sanjeev Bhaskar als Cain,
Asim Chaudhry als Abel,
Nina Wadia als Fate Mother,
Souad Faress als Fate Crone,
Dinita Gohil als Fate Maiden,
Razane Jammal als Lyta Hall,
Cassie Clare als Mazikeen,
Umulisa Gahiga als Nada u.a.
Kurzinhalt:
Destiny beruft eine Familienversammlung der Endless ein. Kurz darauf finden sich Dream, Death, Desire, Despair und Delirium bei ihm ein; nur ihr Bruder Destruction bleibt nach wie vor verschollen. Destiny erzählt ihnen von seiner Begegnung mit den drei Schicksalsgöttinnen. Es dauert nicht lange, bis der alte Konflikt zwischen Desire und Dream wieder hervorbricht, und Morpheus auf das tragische Schicksal seiner früheren Geliebten, Königin Nada, angesprochen wird – die von ihm, nachdem sie ihn verschmähte, dazu verdammt wurde, die Ewigkeit in der Hölle zu verbringen. Dream hinterfragt daraufhin zum ersten Mal seine damalige Entscheidung. Als Death ihm deutlich macht, dass Nada von ihm Unrecht angetan wurde, entschließt er, alles daran zu setzen, um seinen Fehler zu korrigieren – auch wenn dies bedeutet, erneut in die Hölle hinabzusteigen und sich Luzifer zu stellen…
Review:
Mehr als drei Jahre ist es her, dass "Sandman" auf Netflix gestartet ist. Seither hat sich einiges getan. Und damit meine ich jetzt weniger das Weltgeschehen (auch wenn dies zweifellos ebenfalls richtig, und vor allem auch natürlich in Wahrheit viel wichtiger ist), als die Vorwürfe gegen Neil Gaiman, die sowohl Einfluss auf "Good Omens" (wo es nun, statt einer vollwertigen dritten Staffel, nur mehr ein abschließenden Special geben wird), als auch "Sandman" hatten. Statt die Serie komplett einzustellen, wurde die zweite Staffel dahingehend umfunktioniert, dass man sie zugleich als die letzte konzipierte. Nachdem man in Season eins also gerade mal die ersten beiden Bände abdeckte (plus einzelne Geschichten aus dem losen dritten Band), soll die zweite Staffel nun die Geschichte aus den restlichen sieben Büchern erzählen. Zugegebenermaßen schweifte Neil Gaiman dort immer wieder ab, konzentrierte sich stark auf andere Figuren, und spielte Traum dort dann nur eine untergeordnete Rolle. Wenn man sich tatsächlich auf ihn fokussiert, kann ich mir somit schon vorstellen, dass es klappen könnte, ohne (zu) gehetzt zu wirken. Dennoch, drei Staffeln wären der Vorlage (ungeachtet was man von seinem Autor mittlerweile denken mag) wohl gerechter geworden.
Sei's wie's sei: "Die Zeit des Nebels" war jedenfalls mal ein cooler, vielversprechender Auftakt. Zwar muss ich gestehen, dass die drei Jahre Pause (auch darüber wird im FilmRückblick noch zu sprechen sein) dahingehend nicht zuträglich sind, wenn es darum geht, neuerlich in die Welt von "Sandman" einzutauchen. Zugleich dürfte wohl nicht jeder die Zeit haben, sich die erste Staffel zur Vorbereitung noch einmal komplett anzusehen (ich hatte sie nicht). Und der Rückblick war zwar grundsätzlich hilfreich, um sich die wichtigsten Ereignisse in Erinnerung zu rufen – nur, das sind halt zugleich auch jene, die einem wohl ohnehin am ehesten (und besten) im Gedächtnis geblieben sind. Zumindest ich brauchte jedenfalls etwas Zeit, um mich hier wieder zurechtzufinden. Gut gefallen konnten mir dabei in erster Linie wieder die Inszenierung von Jamie Childs, sowie die schauspielerischen Leistungen. Tom Sturridge bleibt als Dream nach wie vor ungemein intensiv, und das Zusammenspiel mit den anderen aus der Familie war auch ebenfalls stark, insbesondere natürlich Death und Desire. Schön zudem, dass wir hier nun auch drei weitere Familienmitglieder kennenlernen. Adrian Lester als Destiny und Esmé Creed-Miles als Delirium gelang es von Beginn an, die Quintessenz ihrer Figuren vom Comic auf den Fernsehschirm zu übertragen. Donna Preston als Despair eh auch, aber selbst wenn man im Vergleich zur Darstellung in der Vorlage es eh ein bisschen abgeschwächt hat, tue ich mir nichtsdestotrotz damit schwer, dass just bei ihr eine korpulente Darstellung gewählt wurde, so als gebe es zwischen einem höheren Körpergewicht und Verzweiflung einen ursächlichen Zusammenhang (in welche Richtung auch immer). Im Hinblick auf die Schauspieler:innen sei dann auch nochmal lobend auf Gwendoline Christie hingewiesen, die ich als Lucifer nach wie vor für die Idealbesetzung halte.
Zwar werde ich in meiner Besprechung zur Serie die Vorwürfe gegenüber Gaiman größtenteils nicht thematisieren (wie gesagt, dazu folgt noch was im FilmRückblick für 2025), allerdings, manchmal drängt es sich mir leider auf, egal ob ich will oder nicht. Immerhin ist "Sandman" das erste Mal seit dem Aufkommen der Vorwürfe, dass ich mich mit einem Werk von ihm auseinandersetze. Ich habe "Sandman" beim ersten Lesen (eh erst vor ein paar Jahren) geliebt; habe aber schon Angst davor, welche Parallelen sich mir aufdrängen werden, falls ich sie mir eines Tages nochmal vorknöpfen sollte. So haben viele kommentiert, dass Richard Madoc eine Verkörperung seiner dunklen Seite gewesen sein könnte. Rückblickend stechen nun aber auch so manche Verhaltensweisen von Morpheus (mit dem sich Gaiman wohl schon immer identifiziert hat) ins Auge. Wie z.B. eben, wie er Nada weil sie ihn zurückwies in die Hölle verbannte. Vor allem aber an der Stelle, wo Dream sagt "If I made wrong, I have to put it right", musste ich unweigerlich an Neil Gaiman denken – und wünschte mir, von ihm wären, als die Vorwürfe aufkamen, ähnliche Worte (statt schwache Dementi) gekommen. Hoffentlich nehmen diese Assoziationen im Verlauf der Staffel nicht überhand, sonst könnte es mir trotz meiner guten Absichten (weil die anderen Kunsttreibenden hinter der Serie ja für Gaimans Taten nichts können) schwer fallen, mich auf die zweite Staffel einzulassen.
Fazit:
"Die Zeit des Nebels" machte grundsätzlich einen guten Job dabei, der restlichen Geschichte aus dieser Staffel – und damit zugleich Serie – den Weg zu ebnen. Zwar brauchte ich nach der langen Pause zugegebenermaßen ein bisschen, ehe ich wieder in die Handlung reingefunden hatte, aber vor allen die Dynamik zwischen den Endless hatte es mir gleich wieder angetan. Positiv hervorzuheben sind zudem die Inszenierung von Jamie Childs, sowie die schauspielerischen Leistungen, insbesondere von Tom Sturridge. Auch, dass wir hier bis auf Destruction nun auch die anderen Familienmitglieder der Endless kennenlernen, fand ich positiv. Und generell gab es hier einige gelungene und vereinzelt sogar ansatzweise starke Momente. Ich bin und bleibe allerdings vorerst noch ein bisschen skeptisch, ob es gelingen wird, die Geschichte von Dream in den verbleibenden Episoden (von denen noch dazu die letzte auf Death fokussiert ist) vernünftig abzuschließen. So das gelingt, würde sich "Sandman" als zwar kurzlebige, aber durchaus beachtens- und lohnenswerte Fantasy-Serie der Neuzeit erweisen.