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The Ghost Drucken E-Mail
Großartiger Grusel-Klassiker von Riccardo Freda Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Sonntag, 19 Oktober 2025
 
Halloween-SPECiAL

 
The Ghost
Originaltitel: Lo Spettro
Produktionsland/jahr: Italien 1963
Bewertung:
Studio/Verleih: Panda Societa per L'Industria Cinematografica/Dino de Laurentiis Distribuzione
Regie: Riccardo Freda
Produzenten: Luigi Carpentieri & Dona Holloway
Drehbuch: Riccardo Freda & Ermanno Donati
Filmmusik: Franco Mannino
Kamera: Raffaele Masciocchi
Schnitt: Ornella Micheli
Genre: Horror/Thriller
Kinostart Deutschland: -8
Kinostart Italien: 30. März 1963
Laufzeit: 97 Minuten
Altersfreigabe: Nicht geprüft
Mit: Barbara Steele, Peter Baldwin, Elio Jotta, Harriet Medin, Carol Bennet, Carlo Kechler, Umberto Raho, Reginald Price Anderson u.a.


Kurzinhalt: Dr. John Hichcock ist gesundheitlich angeschlagen, und deshalb seit einiger Zeit vom Tod fasziniert. Von seinem Hausarzt Dr. Charles Livingstone lässt er sich ein Gift, und kurz darauf das Gegenmittel spritzen. So möchte er dem Tod näherkommen, jedoch ohne die Schwelle völlig zu betreten. Zudem hofft er darauf, dass die experimentelle Behandlungsmethode seinen Zustand verbessert, so dass er beispielsweise nicht mehr an den Rollstuhl gefesselt ist. Seine deutlich jüngere Frau hat indes eine Affäre mit Dr. Livingstone begonnen. Sie drängt ihn darauf, ihren Mann bei der nächsten Behandlung das Gegenmittel zu spät zu spritzen, und so seinen Tod herbeizuführen. Dieser lässt sich dazu überreden, und so stirbt Dr. Hichcock. Nun hoffen die beiden auf ein großes Erbe, erleben jedoch bei der Verlesung des Testaments eine böse Überraschung. Der Inhalt des Safes soll gemeinnützigen Organisationen gespendet werden, Margaret erbt "lediglich" das Anwesen. Doch das ist schon bald nicht ihre einzige Sorge: Denn sie hat zunehmend das Gefühl, dass der Geist ihres verstorbenen Ehemanns im Haus herumspukt…

Review (kann Spoiler enthalten): Szenenbild. Nachdem die Arbeiten an "Das schreckliche Geheimnis des Dr. Hichcock" abgeschlossen waren, schnappte sich Riccardo Freda Kameramann Raffaele Masciocchi und Hauptdarstellerin Barbara Steele, um gleich noch einen zweiten Film mit einigen Parallelen zu drehen. Nicht nur steht auch diesmal wieder ein Ehepaar Hichcock im Mittelpunkt, auch was Setting und Genre betrifft blieb man dem spirituellen Vorgänger treu. Das Drehbuch schrieb Freda diesmal allerdings, zusammen mit Oreste Biancoli, gleich selbst. Das Ergebnis ist ein Film, den ich noch einmal um einiges interessanter, unheimlicher und insgesamt gelungener finde. Das erste Mal habe ich ihn vor ein paar Jahren – in einer halbwegs brauchbaren Kopie – bei einer Giallo-Retrospektive im Filmmuseum gesehen (und ja, mit den klassischen Gialli hat "The Ghost" jetzt nicht wirklich etwas zu tun, gilt aber durchaus als spiritueller Vorreiter). Für die Neusichtung musste ich hingegen auf eine furchtbare (und semi-legale) DVD-Veröffentlichung zurückgreifen, bei der eine alte VHS-Aufnahme digitalisiert wurde. Im Juli dieses Jahres wurde die 4K-Restauration von Severin Films angekündigt, die bei den Filmfestspielen von Venedig Premiere hatte, und deren Veröffentlichung ich nun schon sehnlichst erwarte.

Jedenfalls sagt es sehr viel aus, dass mir der Film auch in dieser abgenudelten VHS-Kopie immer noch ausgesprochen gut gefallen konnte (was nicht heißt, dass ich es nicht schade fand, dass ich die hervorragende Kameraarbeit von Raffaele Masciocchi – im Gegensatz zum geistigen Vorgänger, der mir ja bereits auf restaurierter Blu-Ray vorlag – hier nicht wirklich wertschätzen konnte). Denn auch bei der Zweitsichtung verstand es "The Ghost", mich von Beginn an in den Bann zu ziehen. Die anfängliche Séance, das mit den Injektionen (mit Gift und Gegengift), die Affäre zwischen Margaret und Charles, der daraus resultierende Mord – und das sind nur die ersten rund fünfzehn Minuten! Darauf, was danach folgt, will ich ganz bewusst nicht zu viel eingehen. In jedem Fall gelingt es Freda aber – zusammen mit Masciocchi sowie Franco Mannino, der die Filmmusik komponierte – für eine schaurig-schöne Gruselstimmung zu sorgen. Eine weitere Stärke liegt für mich bei den Figuren. Während bei "Dr. Hichcock" die Grenzen zwischen gut und böse vergleichsweise klar gezogen waren, ist "The Ghost" voller wunderbar ambivalenter Figuren, von denen niemand die moralische Hohe für sich gepachtet hat. Herrlich auch das zunehmende Misstrauen zwischen Margaret und Charles. Und ungeachtet ihrer Taten schafft es Barbara Steele mit ihrer Performance, dass man bei Margarets zunehmenden Verfall in den Wahnsinn trotz allem bis zu einem gewissen Grad mit ihr mitfühlt. Die letzte wesentliche Stärke ist dann das Ende – über das jedoch an dieser Stelle nicht zu viel verraten werden soll. Jedenfalls ist mir absolut unverständlich, warum just dieser wunderbare Grusel-Streifen bislang noch nie einen offiziellen Release im deutschsprachigen Raum erhalten hat (vor drei Jahren gab es zwar mal eine entsprechende Ankündigung vom Label Mediacs, die jedoch bislang im Sande verlaufen ist). Insofern: Macht es wie ich, wartet (mehr oder weniger) geduldig (und sofern ihr ohne deutschen Ton oder Untertitel auskommt) auf den restaurierten Release von Severin Films, schlagt zu – und lasst euch für eineinhalb Stunden ins Schottland des Jahres 1910 entführen.

Fazit: Szenenbild. Nachdem mir ja bereits Riccardo Fredas Film davor "Das schreckliche Geheimnis von Dr. Hichcock" – teils vom selben Team entstanden – gut gefallen konnte, legte er in meinen Augen mit "The Ghost" nochmal in allen Belangen eins drauf. Das tolle Set-Design, ein nettes Farbenspiel, eine großartige Barbara Steele in der Hauptrolle, die einprägsame Glockenspiel-Melodie, eine nette (unheimliche) Grundstimmung, einzelne atmosphärisch dichte Momente, und ein gefälliger Handlungsverlauf – wobei es mir neben der Auflösung am Ende vor allem der allgemeine Ausgang des Geschehens angetan hatte – vermengen sich hier zu einem wunderbaren, klassischen, altmodischen Gruselstreifen in der Tradition der damaligen Hammer-Filme. Großartig!

Wertung: 8 von 10 Punkten
Christian Siegel


Harrys Horror-Hintergründe:
Titel:
"The Ghost". Hmpf. Als Titel in etwa so interessant wie "Ghost" mit Patrick Swayze. Auch wenn er natürlich passt, aber… ach du meine Güte, die Italiener waren doch damals sonst so erfinderisch! Immerhin gab es eine spätere, italienische Auswertung unter dem Titel "Lo spettro del Dr. Hichcock (=der Geist von Dr. Hichcock)", was diesen ohnehin großartigen Film gleich noch ein wenig faszinierender macht, denn, ja! Wie schon in Regisseur Riccardo Freda’s "The Horrible Dr. Hichcock" ein Jahr zuvor, gibt es auch hier einen Doktor mit Nachnamen 'Hichcock', der mit einer jüngeren Dame, gespielt von Barbara Steele, verheiratet ist. Ist das hier etwa eine Fortsetzung? Mitnichten. Man kann nicht einmal richtig von einem "spiritual sequel" sprechen, denn, obwohl die Gemeinsamkeiten auf der Hand liegen (Charaktere mit Namen Hichcock – Regisseur Riccardo Freda – Hauptdarstellerin Barbara Steele – Nebendarstellerin Harriet Medin als zwielichtige Haushälterin – ein Film aus dem Gothic-Genre), haben wir es hier mit einem komplett eigenständigen Streifen zu tun, der zwar genauso wie "The Horrible Dr. Hichcock" knietief im Gothic-Wasser watet, handlungstechnisch aber eher eine Art Imitat vom 1955er Psycho-Thriller-Klassiker "Die Diabolischen" ist.

Jedoch: die Geschichte an sich ist tatsächlich eine Adaptation des Romans "La vecchia poltrona (=der alte Sessel)" von Pino Belli, 1961 unter seinem Pseudonym Max Dave in der Horror-Roman-Reihe "I racconti di Dracula (=Dracula-Geschichten) veröffentlicht. Laut italienischer Wikipedia hatte man Belli nichts davon gesagt, hat ihm also auch nichts dafür gezahlt. Der Gute hat erst Jahre später davon erfahren, als er den Film gesehen hatte. Hm. Ich hab' den Roman nicht gelesen, aber… naja, ich will ja nichts sagen, aber ich vermute mal, dass Belli selbst schamlos von "Die Teuflischen" gefladert hat, also seine finanziellen Einbußen sind da wohl die gerechte Strafe, oder so ;-)

Szenenbild. Bezüglich der italienischen Wiederveröffentlichung unter dem Titel "Lo spettro del Dr. Hichcock" konnte ich keine genauen Details finden, d.h. ich weiß nicht, wann er unter diesem Titel herauskam, wobei ich vermute, dass er wahrscheinlich irgendwann mal im Fernsehen unter diesem Titel ausgestrahlt wurde. Das wiederum bedeutet, dass die Verleiher 1963 tatsächlich keinen kommerziellen Nutzen aus den Hichcock-Namensgleichheiten gezogen hatten, und mit dem einfachen Titel "Lo spettro (=der Geist)" zufrieden waren – im Gegensatz zu den Franzosen, die das Teil 1964 als "Le Spectre du professeur Hichcock (=der Geist von Professor Hichcock) rausbrachten. Es gibt jedoch einen Beleg, dass der Erfolg des quasi-Vorgängers "The Horrible Dr. Hichcock" auf jeden Fall immens genug war, dass sich eine kleine italienische Verleihfirma namens "Regionale" dachte: "Mensch, daraus müsste man doch einen Nutzen ziehen können!". Gesagt, getan: man bemächtigte sich des spanischen Kriminalfilms "Autopsy of a Criminal" (1963) und vermarktete ihn als Fortsetzung, jedoch mit ganz außergewöhnlichen CK-Problemen: "L’assassino del Dr. Hichtckok". Nein, kein Verschreiber. HICHTCKOK! Regisseur Ricardo Blasco ging’s nicht besser: sein Name wurde auf dem Poster als RICHARD BLASCK angegeben. Ich spare mir weitere Kommentare dazu.

Als kuriosen Kontext dazu, muss ich noch erwähnen, dass der große Howard Vernon in "Autopsy of a Criminal" eine größere Rolle spielt. Vernon spielte zu dieser Zeit auch in Jess Franco’s Klassiker "The Awful Dr. Orloff" mit. Und justament genau dieser Streifen wurde in Amerika als Double Feature zusammen mit "The Horrible Dr. Hichcock" gezeigt. Ja, hier schließt sich ein Kreis, oder so.

Aber halt! So leicht entkommt uns unser guter Dr. Hichcock nicht. 10 Jahre später durfte er nämlich in Frankreich quasi ein Comeback feiern, weil ein findiger Verleih Fernando Di Leo’s Semi-Giallo "Slaughter Hotel" (1971) mit Klaus Kinski, neben einigen anderen Titeln, u.a. als "Les insatisfaites poupées érotiques du Docteur Hichcock", also "Dr. Hichcock’s unbefriedigte Sex-Puppen" herausbrachte, und das, meine Damen und Herren, ist wohl einer der großartigsten Titel, die je jemand verbrochen hat.

Fassungen:
Es ist fürchterlich: während man von "The Horrible Dr. Hichcock" ganz locker großartig aussehende UHDs zu kaufen bekommt, führt "The Ghost" immer noch ein Schattendasein auf DVD, und das auch nicht allzu exorbitant. In Italien und Frankreich gab es einige Veröffentlichungen in annehmbarer Qualität auf VHS und DVD, die jedoch allesamt nur mehr gebraucht und zu horrenden Preisen erhältlich sind. In Amerika gilt der Streifen als Public Domain und ist da ein wenig leichter zu ergattern. Dafür aber in eher grottiger Qualität von so, ähem, angesehen Labels wie Mill Creek oder Brentwood Home Video, die dafür bekannt sind, alte Filme un-remastered zu Dutzenden auf Discs zu pressen und für wenig Geld herzugeben. Immerhin: dank Mill Creek’s "Chilling Classics – 50-Movies-Box" bin ich überhaupt erst über diesen sensationellen Film und seinen nicht minder sensationellen Regisseur Riccardo Freda gestolpert.

Szenenbild. Dank dieser eher spärlichen Auswertung kam es gottseidank nicht zu einer Vielzahl von Schnittfassungen. Einzige Ausnahme: die US Version. Grundsätzlich fängt der Film ja mit einer "Scotland 1910"-Texttafel an, gefolgt von einer Séance die in die Opening Credits übergeht. So weit, so gut. Jedoch in Amerika fängt der Film mit dem Ende dieser Séance-Szene an(!!), danach Opening Credits und DANN erst die Texttafel, gefolgt von der Séance-Szene minus dem Ende davon. Es ist grotesk. Es macht keinen Sinn. Es ist einfach nur blöd. Aber wenn man nix davon weiß, so wie ich, als ich ihn zum ersten Mal gesehen hatte, da kommt es einem zwar komisch vor, aber man denkt sich nix dabei. Bis man dann davon liest.

Seit 16. Juli dieses Jahres gibt es aber große Hoffnung auf einen baldigen, anständigen Release! Severin Films hat an diesem Tage offiziell auf Facebook bekanntgegeben, dass sie "The Ghost" restaurieren durften und ihn nun in neuem Glanz auf einigen Filmfestivals, wie z.B. dem spanischen Sitges Film Festival, präsentieren werden. Die dazugehörigen Screenshots im Posting lassen Großes erwarten. So schön hat der Film wohl noch nie ausgesehen. Wow!

Meinung:
Was soll ich sagen? "The Ghost" ist so großartig wie sein ein Jahr zuvor entstandenes quasi-Pendant "The Horrible Dr. Hichcock. In Sachen Ende, dass hier ja gleich ein paar Tiefschläge Richtung Magengrube austeilt, würd ich behaupten, dass "The Ghost" seinen semi-Vorgänger sogar noch übertrumpft. Italienischer Gothic-Horror at its best von einem Regisseur der es danach leider nicht mehr schaffte, Ebenbürtiges abzuliefern. Zumindest der schwer unterbewertete "Tragic Ceremony" (1972) war noch ein Kracher auf sehr hohem Niveau. Aber natürlich keine Konkurrenz für dieses unsagbar geniale Meisterwerk.

Harry
(Bilder © 1963 Dino de Laurentiis Distribuzione/2025 Severin Films)


Weiterführende Links:
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