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Bedrückender Serienkiller-Film von Gerald Kargl Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Montag, 13 Oktober 2025
 
Halloween-SPECiAL

 
Angst
Originaltitel: Angst
Produktionsland/jahr: Österreich 1983
Bewertung:
Studio/Verleih: Gerald Kargl/Cult Epics
Regie: Gerald Kargl
Produzenten: Gerald Kargl & Josef Reitinger-Laska
Drehbuch: Gerald Kargl & Zbigniew Rybczynski
Filmmusik: Klaus Schulze
Kamera: Zbigniew Rybczynski
Schnitt: Zbigniew Rybczynski
Genre: Horror/Thriller
Kinostart Österreich: 1983
Heimkino-Premiere Deutschland: 01. Juni 2006
Laufzeit: 137 Minuten
Altersfreigabe: FSK ab 18
Mit: Erwin Leder, Robert Hunger-Bühler, Silvia Ryder, Karin Springer, Edith Rosset, Josefine Lakatha, Rudolf Götz, Renate Kastelik, Hermann Groissenberger, Claudia Schinko, Beate Jurkowitsch, Rosa Schandl u.a.


Kurzinhalt: Nachdem er seine Strafe im Gefängnis wegen Mordes abgesessen hat, macht sich der Psychopath K. gleich auf die Suche nach einem neuen Opfer. Bei seinem Streifzug verschlägt es ihn schließlich in ein abgelegenes, und zwar bewohntes, vorerst aber verlassenes Haus. In dieses bricht er ein, und lauert darauf, dass die Besitzer zurückkehren. Am Abend ist es dann schließlich soweit. Für K. ist die Angst, die er bei ihnen auslöst, überaus erregend. Demgegenüber beginnt für die Familie, die rein zufällig in seine Fänge geraten ist, eine Nacht des Terrors…

Review (kann Spoiler enthalten): Szenenbild. Bei seiner Veröffentlichung zuerst (zumindest von öffentlicher Seite; weil die Pressestimmen waren teilweise durchaus positiv) größtenteils geächtet (in einigen Ländern – wie Deutschland – wurde er noch vor einem möglichen Release verboten) und danach die längste Zeit ignoriert, hat sich Gerald Kargls Film in den letzten Jahren/Jahrzehnten dank prominenten Befürwortern wie Gaspar Noé und Jörg Buttgereit langsam aber sicher den Status eines Kultfilms erarbeitet. Gerald Kargl selbst dürfte dies jedoch leider nur bedingt geholfen zu haben: Die anfangs sehr ablehnende Haltung gegenüber seinen damals für Österreich höchst untypischen Film bedeutete einerseits – nachdem er keine Förderung von öffentlichen Stellen erhielt und "Angst" privat finanzierte – den finanziellen Ruin, und andererseits das frühe Ende einer Regie-Karriere (zumindest, wenn man von seiner 2006 gedrehten Doku "Das geheimnisvolle Reich der Quanten" absieht), die eigentlich mit "Angst" überaus vielversprechend begonnen hätte – auch wenn das damals leider nur die wenigsten sehen wollten.

"Angst" basiert auf wahren Begebenheiten, wenn auch mit einzelnen Abweichungen (so wurde der Täter nicht etwa entlassen, sondern befand sich "nur" auf Freigang – den er dann gleich für weitere Morde nutzte). Das verlesene psychiatrische Gutachten zitiert aber aus der Akte des wahren Mörders. Dies gibt dem ohnehin schon bedrückenden Film nochmals eine zusätzliche verstörende Komponente. Darüber hinaus zeichnet "Angst" aber vor auch die Machart auf. Wir verfolgen hier über den ganzen Film hinweg nur die Perspektive des Täters, nie jene der Opfer. Das mag damals bereits nicht mehr unbedingt neu gewesen sein – man denke nur an "Maniac" – dennoch macht die Art und Weise, wie uns "Angst" in die Psyche des Killers zwingt, noch einmal um einiges erschreckender. Einen großen Anteil daran hat zweifellos auch die starke schauspielerische Leistung von Erwin Leder, der zwei Jahre zuvor in "Das Boot" in einer Nebenrolle seinen ersten größeren Auftritt hatte, und der Jahre später im ersten "Underworld"-Film auch in einer prominenten internationalen Produktion zu sehen war. Er wirft sich ohne Hemmungen in diese zweifellos herausfordernde Rolle. Auch die Musik von Klaus Schulze trägt viel zur bedrückenden Stimmung des Films bei. Das herausragende Element von "Angst" ist aber zweifellos die Kameraarbeit von Zbigniew Rybczynski (der auch zusammen mit Kargl das Drehbuch geschrieben hat). Es ist teilweise einfach nur krank, was in diesem Film kameratechnisch abgeht, und man merkt deutlich, wie insbesondere Noé von eben diesem stark beeinflusst wurde. Wie man hier teilweise nur auf Ausschnitte von Details (Augen, Lippen usw.) setzt. Wie die Kamera fast nie still steht, sondern immer in Bewegung ist. Generell sind einige der Kamerafahrten echt beeindruckend. Und nicht zuletzt die damals innovative "Umschnall-Kamera", die ganz neue Perspektiven ermöglichte, und dafür sorgte, dass wir auch während er umherging ganz nah am Täter dran bleiben, sticht hervor.

Szenenbild. Allerdings: Nach einer höchst beklemmenden ersten Stunde lässt "Angst" im letzten Drittel – genauer gesagt, am nächsten Morgen – dann doch ein bisschen nach. Er erreicht auch nicht wirklich einen dramatischen Höhepunkt, sondern läuft eher unspektakulär aus. Und auch der Prolog (da ich mir den Film bei meiner Erstsichtung in der Version mit eben diesem angesehen habe, auch wenn Kargl selbst die Kinoversion vorzieht, die direkt mit der Freilassung von K. beginnt) ist ein zweischneidiges Schwert. Denn: Das dort ausführlich zitierte psychiatrische Gutachten ist zwar grundsätzlich sehr interessant, nimmt allerdings schon jene Informationen vorweg, die uns K. in seinen Voice Over-Kommentaren im Verlauf des Films selbst noch vermitteln wird, und macht sie damit bis zu einem gewissen Grad redundant. Andererseits wiederum: Die ersten paar Minuten, die uns seinen ersten Mord zeigen, und der mit der Kameraführung bereits perfekt auf den restlichen Film einstimmt (und auch schon eine enorme Spannung erzeugen), würde ich nicht missen wollen.

Fazit: Es ist zwar extrem schade, irgendwie aber auch nicht überraschend, dass Gerald Kargls "Angst" anno 1983 kaum Beachtung geschenkt wurde, und teilweise sogar richtiggehend versteckt wurde; so wie ein schlimmes Geheimnis, dass man irgendwo im Keller in die hinterste Kiste im Eck packt, in der Hoffnung, dass es nie gefunden wird. "Angst" ist dreckig, verstörend und zutiefst beklemmend. Dies einerseits, weil die Handlung des Films auf Tatsachen beruht, und andererseits, als uns Gerald Kargl aufgrund der Inszenierung sowie des Voice Over-Kommentars von K. in die Perspektive des Täters zwingt. Neben dieser kompromisslosen Herangehensweise und einer von Beginn an beunruhigenden Atmosphäre sollten sich dann vor allem noch Erwin Leders intensive Performance, die eindringliche Musik von Klaus Schulze, sowie die phänomenale Kameraarbeit von Zbigniew Rybczynski als wesentliche Stärken (von "Erfolgsfaktor" kann man in diesem Fall ja insofern nicht wirklich sprechen, als ein eben solcher ihm ja leider eben nicht beschieden war) erweisen. Schade lediglich, dass der Film, sobald er auf den nächsten Morgen schwenkt, dann leider doch ziemlich abbaut. Zudem hat man im Hinblick auf den Prolog ein bisschen die Wahl zwischen Pest und Cholera, da ich die Mordszene für den perfekten Einstieg halte, der Auszug aus den Akten aber im Hinblick auf die Motivation und Vorgeschichte des Täters zu viel vorwegnimmt. Dessen ungeachtet ist "Angst" aber ein höchst unangenehmer Film – und genau deshalb so empfehlenswert.

Wertung: 8 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 1983 Gerald Kargl)


Weiterführende Links:
Halloween-SPECiAL 2024





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