Kurzinhalt:
Sarah ist seit jeher sehr abenteuerlustig, egal, ob sie mit ihren Freundinnen oder ihrer Familie unterwegs ist. Just nach dem Raften mit ihrem Ehemann und ihrer kleinen Tochter kommen die beiden bei einem Autounfall ums Leben. Ein Jahr später ist Sarah endlich bereit, diesen schmerzlichen Verlust hinter sich zu lassen, und sich mit Juno, Beth, Rebecca, Sam und Holly auf ein neues Abenteuer einzulassen. Diesmal möchten sie in einer Höhle klettern gehen. Was Juno den anderen erst verrät, als sie sich bereits mitten in dieser befinden: Die Höhle ist bislang unerforscht. Dementsprechend gibt es auch keine Karte, an der man sich orientieren könnte. Nach einem Einsturz ist zudem der Eingang den sie benutzten um in die Höhle zu gelangen verschüttet. Sie müssen nun also in der finsteren Höhle mit ihren teilweise enorm engen Gängen einen anderen Ausweg finden. Doch die Höhle hat noch größere Bedrohungen zu bieten, als nur die Enge und die Dunkelheit…
Review (kann Spoiler enthalten):
Wahnsinn, jetzt hat "The Descent" auch schon wieder zwanzig Jahre auf dem Buckel. In der guten alten Videothekenzeit gab es immer wieder jene Filme, die erst nach der Veröffentlichung auf Video oder DVD so richtig bekannt (und erfolgreich) wurden. Neben dem Kult-Phänomen "Donnie Darko" zählt hier sicherlich auch "The Descent" dazu, der sowohl international als auch im DACH-Raum im Kino doch eher untergegangen ist, dank Mundpropaganda nach dem Heimkinorelease aber zunehmend eine Fangemeinde um sich scharen konnte. Ich selbst mag von ihm zwar nicht ganz so begeistert sein, wie manch andere, würde mich aber nichtsdestotrotz durchaus auch zu dieser zählen. Besonders gut hat mir am Film der Mittelteil gefallen, nachdem sich die sechs jungen Frauen in die Höhle begeben haben, und der Eingang verschüttet wurde. Neil Marshall gelingt es hier, ein ungemein klaustrophobisches Gefühl aufzubauen, welches diesen Teil des Films einfach wahnsinnig packend und mitreißend macht.
Neben der großartigen und sehr überzeugenden Gestaltung des Höhlen-Sets hat dabei auch die Inszenierung einen enormen Anteil. Denn Marshall bzw. sein Kameramann Sam McCurdy setzten bewusst nur das von den Protagonisten stammende Licht – wie Taschenlampen, Fackeln usw. – ein. Dadurch lauert rund um den kleinen Bereich, den wir sehen können, beständig die Dunkelheit. Zusammen mit den teils engen Höhlen-Sets ist dies natürlich maßgeblich für die klaustrophobische Stimmung verantwortlich. Die besondere Belichtung macht "The Descent" darüber hinaus optisch extrem interessant, vor allem auch aufgrund der wechselnden und sehr intensiven Farben. Auch das wertet den Film enorm auf – und lässt ihn auch deutlich teurer wirken und aussehen, als das eigentlich ziemlich geringe Budget, welches Marshall hier zur Verfügung stand (so wie Matthew Vaughn – und neuerdings auch Steven Konstanski [auf noch einmal einem deutlich niedrigeren Niveau] zählt Marshall für mich zu den absoluten Experten, wenn es darum geht, Filme teurer aussehen zu lassen, und es eigentlich war; bei ihm, so hat man das Gefühl, landet auch immer jeder einzelne Cent auf der Leinwand). Und auch der Score von David Julyan sowie das phänomenale Sounddesign tragen enorm viel zur packend-bedrückenden Stimmung des Films bei. Die letzte wesentliche Stärke sind dann die schauspielerischen Leistungen, wobei insbesondere Hauptdarstellerin Shauna Macdonald hervorsticht. Und generell wertet die ganz besondere (und sich aufgrund der Extremsituation in der sie sich wiederfinden im Verlauf des Films auch verändernde) Dynamik zwischen den (anfangs noch) sechs jungen Frauen "The Descent" definitiv auch.
Jedoch; Kurioserweise finde ich, dass der Film mit dem Erscheinen der Monster tendenziell eher an Reiz verliert, statt zu gewinnen. Möglicherweise, weil das Setting davor tatsächlich etwas anderes war, und positiv hervorstach – während es Monsterfilme wie Sand am Meer gibt. Vor allem aber bin ich tatsächlich kein großer Fan des (offiziellen, originalen, britisch-internationalen) Endes. Bitte nicht falsch verstehen: Es muss nicht jeder Horrorfilm gut ausgehen. Aber einerseits bin ich kein Freund von solchen "Dieses oder jenes war nur eingebildet/geträumt"-Twists; ich finde so etwas immer sehr billig, und auch nicht überzeugend (oder wollt ihr mir erzählen, dass Sarah in dieser Situation genau das genau so geträumt haben soll?!). Wenn sich Marshall zumindest diesen Twist gespart und Sarah halt einfach gestorben wäre, hätte ich mir zumindest ein bisschen leichter damit getan. Wobei ich dann wiederum gefunden hätte, dass man damit die coole Wendung rund um die Szene, wo sie Juno verletzt, ansatzweise ruiniert; weil die funktioniert eigentlich nur dann so richtig, wenn Sarah die Flucht gelingt (weil sonst machte es ja keinen Unterschied, da beide so und so draufgegangen wären). All dies führt dazu, dass ich zu den wenigen Menschen zähle, die dem US-Ende (wo einfach früher – nämlich vor der Rückkehr in die Höhle – abgeblendet wird) den Vorzug geben.
Fazit:
An "The Descent" besticht in erster Linie die Inszenierung. Neil Marshall gelingt es zusammen mit seinem ganzen Team (Set-Gestaltung, Sounddesign, Kamera, Musik) phänomenal, nachdem die sechs Frauen in der Höhle gefangen sind eine klaustrophobische Stimmung zu verbreiten, die ich enorm bedrückend und beängstigend fand. Darüber hinaus ist der Film optisch aufgrund der satten Farben stellenweise echt ein Traum (und sieht deutlich teurer aus, als es das relativ geringe Budget vermuten ließe). Jedoch: Tendenziell nahm die Spannung in meinen Augen mit dem Auftauchen der Monster eher ab, als dass sich diese dadurch zusätzlich verstärken würde. Im Vergleich zum Horror zuvor ist das halt einfach etwas, dass man aus zahlreichen anderen Filmen kennt, und dementsprechend schon gewohnt ist. Und auch das (Original-)Ende sehe ich kritisch; ich bin einfach kein Freund von solchen "Täuschungsmanövern", und sehe bei diesem nicht zuletzt auch keinen Sinn in Sarahs letzter Aktion im Hinblick auf Juno – weshalb mir das alternative (glücklichere) US-Ende tatsächlich besser gefällt. Dessen einziger Haken: Er ebnete einem grauenhaften, unwürdigen Sequel den Weg; aber dazu an anderer Stelle mehr.