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Das schreckliche Geheimnis des Dr. Hichcock Drucken E-Mail
Review zum italienischen Gothic-Horror-Film Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Freitag, 03 Oktober 2025
 
Halloween-SPECiAL

 
Das schreckliche Geheimnis des Dr. Hichcock
Originaltitel: The Horrible Dr. Hichcock
Produktionsland/jahr: Italien 1962
Bewertung:
Studio/Verleih: Panda Film/Warner Bros./Movietime
Regie: Riccardo Freda
Produzenten: Luigi Carpentieri & Ermanno Donati
Drehbuch: Ernesto Gastaldi
Filmmusik: Roman Vlad
Kamera: Raffaele Masciocchi
Schnitt: Ornella Micheli
Genre: Horror/Thriller
Heimkino-Release D: 16. Februar 2018
Kinostart Italien: 23. August 1962
Laufzeit: 87 Minuten
Altersfreigabe: FSK ab 12
Mit: Barbara Steele, Robert Flemyng, Silvano Tranquilli, Maria Teresa Vianello, Marriet Medin, Lamberto Antinori, Aldo Cristiani, Evaristo Signorini, Giovanni Querrel u.a.


Kurzinhalt: Dr. Bernard Hichcock ist ein angesehener Arzt in London. Doch er verbirgt ein schreckliches Geheimnis: Er hat nekrophile Tendenzen. Zu Hause lebt er diese mit seiner Frau Margaretha aus, in dem er ihr ein experimentelles Beruhigungsmittel verabreicht, welches sie quasi zu einer Leiche erstarren lässt. Doch eines Tages geht etwas schief, und Margaretha stirbt tatsächlich. Verzweifelt kehrt Dr. Hichcock London – und seinem Anwesen dort – den Rücken. Erst zwölf Jahre später kehrt er, mittlerweile wieder verheiratet, dorthin zurück. Während sich seine neue Frau Cynthia einzuleben versucht, jedoch meint, an jeder Ecke des Hauses den Geist von Margaretha zu spüren, erwachen in Bernard die nekrophilen Gelüste wieder zum Leben…

Review (kann Spoiler enthalten): Szenenbild. Nachdem er 1957 mit "Der Vampir von Notre Dame" den italienischen Horrorfilm reanimierte, und zwei Jahre später – wieder mit Mario Bava als Ko-Regisseur – mit "Caltiki" einen Ausflug ins Monster-Genre wagte, kehrte Riccardo Freda 1962 wieder ins Gothic-Horror-Genre zurück – welches sich damals nicht zuletzt aufgrund der erfolgreichen Hammer-Filme großer Beliebtheit erfreute. In seinem spirituellen Nachfolger zu "Der Vampir von Notre Dame" erzählt Freda eine im London des Jahres 1897 angesiedelte Geschichte, die vor allem mit ihrer riskant-skandalösen Thematik überrascht. Im Gegensatz zu manch anderen Konzepten, die wir heutzutage deutlich entspannter sehen als vor über sechzig Jahren, hat Nekrophilie in dieser Zeit nichts von seiner abstoßend-schockierenden Wirkung eingebüßt. Umso beachtlicher, dass Freda und Drehbuchautor Ernesto Gastaldi einen Film rund um diese perverse sexuelle Neigung anno 1962 drehen (und ins Kino bringen), und dafür auch (damals) angesehene Darsteller:innen wie Horror-Göttin Barbara Steele sowie Robert Flemyng (auch wenn dieser dem Vernehmen nach, als er von Dr. Hichcocks Neigung erfuhr, alles andere als glücklich war, und versuchte, irgendwie aus der Nummer wieder herauszukommen – erfolglos) verpflichten konnten.

So oder so, die Thematik sticht jedenfalls hervor, und gibt "Das schreckliche Geheimnis des Dr. Hichcock" von Beginn an etwas ungutes, ja geradezu grindiges, welches der grundsätzlich dominierenden, jedoch halt auch von vielen anderen Filmen der Zeit bekannten Gothic-Atmosphäre nochmal eine ganz eigene Note gibt. Man versteht es dabei, seine Neigung zu zeigen, ohne dabei jemals explizit zu werden. Egal ob er nun wollte oder nicht, Flemyng versteht es jedenfalls sehr gut, die entsprechende Perversion seiner Figur darzustellen. Tatsächlich ist man sogar dazu geneigt, ein gewisses Grad an Mitleid für ihn zu empfinden. Also zumindest bis kurz vor dem Ende, denn nachdem der zentrale (von mir jedoch früh erahnte) Twist des Films offenbart wird, biegt er dann doch noch in die Richtung eines klassischen Horror-Bösewichts ab. Bis dahin fand ich die Darstellung seiner Figur aber wunderbar ambivalent. Einen wesentlichen Anteil am Erfolg des Films hat auch Barbara Steele, die es schafft, unsere Sympathien von Beginn an auf ihre Seite zu ziehen. Dementsprechend fiebern – und leiden – wir hier mit ihr mit, nachdem sie in ihrer Ehe zunehmend unglücklich ist, und sich im Anwesen, wo sie überall den Geist von Bernards früherer Frau zu spüren scheint, nicht wohl fühlt. Die Inszenierung von Riccardo Freda ist, unterstützt von Roman Vlads Musik, wunderbar atmosphärisch. Und vor allem optisch ist der Film, dank der Kameraarbeit von Raffaele Masciocchi (der sich hier offenbar stark von Mario Bava inspirieren ließ), ein echtes Highlight. Allerdings hält sich die Spannung bei "Das schreckliche Geheimnis des Dr. Hichcock" doch eher in Grenzen. Ja, die Grundthematik sorgt für einen kalten Schauer, und vereinzelt macht sich eine nette Gruselstimmung breit. Wirklich zum Fürchten ist "Das schreckliche Geheimnis des Dr. Hichcock" allerdings nicht. Dafür bietet er (in der italienischen Schnittfassung) knapp neunzig Minuten schaurig- altmodische Gothic-Horror-Unterhaltung.

Fazit: Szenenbild. Wer ein Faible für die Gothic-Horror-Klassiker der Hammer Studios aus dem 50ern und 60ern hat, dem sei diese italienische Produktion aus dem Jahr 1962 ans Herz gelegt (wenn auch nicht ganz so sehr wie der Nachfolger im Geiste "The Ghost", der für mich in allen Belangen nochmal eins draufsetzte – es aber bedauerlicherweise und aus mir unerfindlichen Gründen bisher nicht in den deutschsprachigen Raum schaffte). Das von Riccardo Freda inszenierte Schauermärchen besticht dabei vor allem mit einer netten, wenn auch dezenten, Gruselstimmung, der (an Mario Bava erinnernden) Kameraarbeit von Raffaele Masciocchi, einer wie immer famosen Barbara Steele, sowie nicht zuletzt dem für einen solchen Film (und die damalige Zeit) ungewöhnlich makaberen Element rund um Dr. Hichcocks nekrophile Neigung. Zwar regiert hier definitiv mehr der zarte Grusel denn die nervenzerfetzende Spannung. Und den zentralen Twist habe ich sehr früh kommen sehen. Davon abgesehen aber ein schön-schauriger Gruselstreifen!

Wertung: 6 von 10 Punkten
Christian Siegel


Harrys Horror-Hintergründe:
Titel:
Es ist nicht wirklich ein Zufall, dass der Hauptcharakter des Films mit Nachnamen "Hichcock“ heißt, und das fehlende "t" ist auch kein Schreibfehler. Regisseur Freda und ganz besonders Skript-Verfasser Ernesto Gastaldi waren beide riesengroße Fans von Alfred Hitchcock und extrem angetan von seinem Werk. Gastaldi hat in Interviews auch immer hervorgehoben, dass er beim Schreiben von "The Horrible Dr. Hichcock" massiv von "Rebecca" beeinflusst war, was in der grundsätzlichen Story mit all ihren Elementen mehr als offensichtlich ist: Der Witwer, der eine junge Frau heiratet, obwohl er noch immer in seine tote Ehefrau verliebt ist; die Haushälterin, deren mysteriöses Gebaren mehr als undurchsichtig ist; das abgelegene Herrenhaus, das am Ende in Flammen aufgeht, etc.

Aber es gibt noch viel mehr Hitchcock-Anspielungen: Die Begräbnis-Szene mit dem Meer aus Regenschirmen erinnert frappant an eine selbige in "Mord a.k.a Der Auslandskorrespondent" (1940), die Nahaufnahme des Trinkglases voll vergifteter Milch kennt man aus "Verdacht" (1941), der Totenkopf im Bett stammt aus "Sklavin des Herzens" (1949), die enge Beziehung zwischen Dr. Hichcock und der misstrauischen, oft undurchsichtigen Haushälterin erinnert ein wenig an die Beziehung zwischen Claude Rains' Nazi-Charakter und seiner Mutter in "Berüchtigt" (1946), und dann wären da auch noch zahllose visuelle Anspielungen auf "Vertigo" (1954), so z.b. Robert Flemying auf der Balustrade stehend, nach unten schauend, dezent die Szene mit James Stewart am Kirchturm imitierend.

Szenenbild. Dass man letztendlich den grabraubenden (Norman Bates, ick hör dir trapsen!) Doktor ausgerechnet "Hichcock" benannte, war vom marketingtechnischen Standpunkt natürlich eine absolute Glanzleistung. Trotz aller Hitchcock-Liebe hieß unser Hauptschurke in Gastaldis ursprünglichem Skript (Arbeitstitel: "Raptus") nämlich schlicht "Dr. Stoltz". Nix da!, dachten sich die Produzenten, nahmen sich die Bekanntheit Alfred Hitchcocks, sowie die irrsinnige Popularität der "Alfred Hitchcock presents"-Serie, die im italienischen Fernsehen seit 1959 unglaublich erfolgreich lief, zu Herzen, machten aus Dr. Stoltz einen Dr. Hichcock, und ersetzten "Raptus" durch "L’orribile segreto del Dr. Hichcock". Das "t" in Hitchcock ließ man vorsichtshalber unter den Tisch fallen, damit es nicht zu etwaigen Gerichtsverfahren kommt. Eine Taktik, die man in den 70ern auch erfolgreich bei den "Black Emanuelle"-Streifen anwandte, indem man schwuppdiwupp das zweite "m" von "Emmanuelle" verschwinden ließ.

Moment… was war da mit "Raptus"??? Ja, genau. Der eigentliche Drehbuch-Titel war "Raptus" [lateinische Bezeichnung für einen abrupt einsetzenden Erregungszustand, z.B. im Rahmen einer schweren Depression oder einer katatonen Schizophrenie], ein Titel, der perfekt zu dem Post-"Vertigo"/"Psycho" Trend der 60er Jahre passte, bei dem Thriller oft Titel trugen, die in irgendeinem psychischen bzw. medizinischen Zusammenhang standen, so z.B. "Homicidal" (1961), "Anatomy of a Psycho" (1961), "Maniac" (1963), "Paranoiac" (1963), "Dementia 13" (1963), "Shock Corridor" (1963), "Shock Treatment" (1964), "Strait-Jacket" (1964), oder "Fanatic" (1965). Doch die Inklusion des "Hichcock"-Namens war einfach besser zu vermarkten, daher gab es international keine "Raptus"-Auswertungen (obwohl für den UK Release eine Title Card mit dem Titel "Raptus: The Secret of Dr. Hichcock" vorbereitet wurde).

Interessant auch, wie sich die englischen Titel vom italienischen Titel unterscheiden (aufgeworfen von Tim Lucas in seinem großartigen Audiokommentar auf der Veröffentlichung von Radiance Films): Während die Amerikaner mit "The Horrible Dr. Hichcock" und die Briten mit "The Terror of Dr. Hichcock" den Fokus auf Dr. Hichcock als grausame Hauptfigur lenkten, konzentrierten sich die Italiener eher auf Hichcock’s Geheimnis. "L’orribile segreto del Dr. Hichcock" = das grauenhafte Geheimnis des Dr. Hichcock. Klingt nicht nur großartig, sondern schwächt auch den Horror des Hauptcharakters ab. Nicht er als Person ist fürchterlich, sondern sein Geheimnis, was, wenn man überlegt, ein weit passenderer Titel ist. In deutschsprachigen Landen wurde der Film erst 2018 offiziell veröffentlicht, aber, dank dem sympathischen Ostalgica-Label in einer mehr als adäquaten Übersetzung des originalen Titels: "Das schreckliche Geheimnis des Dr. Hichcock". Hach!

Fassungen:
Grundsätzlich gibt's/gab's 3 verschiedene Schnittfassungen: die originale aus Italien mit einer Länge von 87 Minuten, einen US-Cut ("The Horrible Dr. Hichcock") und einen UK-Cut ("The Terror of Dr. Hichcock"), beide jeweils 76 Minuten lang. Der UK-Cut ist jedoch leider quasi verschollen, oder zumindest sind die Kopien der 1965-Auswertung bisher nicht mehr auffindbar. Was schade ist, denn obwohl gleich lang wie der US-Cut, gibt es laut Tim Lucas Hinweise darauf, dass es sich hierbei um eine andere Schnittfassung handeln könnte. Vielleicht werden wir irgendwann mal Näheres dazu erfahren.

Szenenbild. Die amerikanische Fassung, die in Sachen Auswertung auf VHS oder DVD lange Zeit die Gängigste war, ist eine kürzere und bisweilen knackigere Variante des Films, die neben einigen neuen Überblendungen/Abblenden und diversen Umschnitten, auch einige zusätzliche Dialoge und Einstellungen besitzt, aber sich insgesamt nicht allzu sehr unterscheidet. Ob lang oder kurz, es ist so oder so ein sensationeller Film. Laut Regie-Assistent Marcello Avallone wurden für den japanischen Markt einige etwas explizitere Szenen gedreht, dazu gibt es aber keinerlei Belege. Vielleicht, wie Muck47 von Schnittberichte schreibt, verwechselt Avallone diesen Film schlicht mit einem anderen?!

Noch was?
Ja! "The Horrible Dr. Hichcock" könnte man, laut Tim Lucas, als den Mittelteil einer quasi-Trilogie ansehen, bestehend aus 3 Gothic-Horror-Filmen, ["I Vampiri" (1957)/ "The Horrible Dr. Hichcock" (1962) / "The Ghost" (1963)], die nicht nur allesamt von der italienischen Regie-Legende Riccardo Freda gedreht wurden, sondern in denen jeweils ein zentraler, weiblicher Charakter mit einem "Margeriten"-Namen vorkommt:
- Margherita du Grand in "I vampiri"
- Margaretha Hichcock in "The Horrible Dr. Hichcock"
- Margaret Hichcock in "The Ghost"

In Mexiko wurde der Film übrigens, aufgrund der damals extrem populären Edgar Allen Poe Verfilmungen von Roger Corman, als eine Poe-Adaptation vermarktet. Klar, eine glatte Lüge, aber wenn man sich so die diversen Themen, die "The Horrible Dr. Hichcock" behandelt genauer ansieht (Tod, Verlust, Trauer, Wahnsinn), dann macht das durchaus Sinn. Freda-Biograph Roberto Curti attestiert der Geschichte auch eine dezente Verwandschaft zu Klassikern der "Female Gothic"-Literatur wie z.B. Emily Brontë’s "Sturmhöhe" oder Charlotte Brontë’s "Jane Eyre".

Meinung:
Ich liebe den Film! Der italienische Gothic Horror hat in den 60er jahren ja so einige Perlen hervorgebracht, wie z.B. Mario Bava’s "Black Sunday", Mario Caiano’s "Nightmare Castle" oder Antonio Margheriti’s "Castle of Blood". Aber, eigentlich sind "Dr. Hichcock", bzw. sein ein Jahr später erschienenes Pendant "The Ghost", die absolute Speerspitze dieses Sub-Genres und zeigen, was für ein grandioser, aber auch leider immer noch schwer unterschätzter Regisseur Riccardo Freda ist. Und Barbara Steele ist, wie eigentlich immer, zum Sterben schön!

Harry
(Bilder © 1962 Warner Bros.)


Weiterführende Links:
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