Originaltitel: The Adventure of Johnnie Waverly Episodennummer: 1x03 Bewertung: Erstausstrahlung UK: 22. Januar 1989 Erstausstrahlung D: 17. April 1990 Drehbuch: Clive Exton Regie: Renny Rye Besetzung:
David Suchet als Hercule Poirot,
Hugh Fraser als Captain Hastings,
Philip Jackson als Chief Inspector Japp,
Pauline Moran als Miss Lemon,
Geoffrey Bateman als Marcus Waverly,
Julia Chambers als Ada Waverly,
Dominic Rougier als Johnnie Waverly,
Patrick Jordan als Tredwell,
Carol Frazer als Jessie Withers,
Sandra Freeman als Miss Collins,
Robert Putt als Rogers,
Patrick Connor als Hughes,
Phillip Manikum als Sergeant,
Jona Jones als Constable,
Jonathan Magnanti als Policeman,
Samantha Beckinsale als Barmaid u.a.
Kurzinhalt:
Marcus und Ada Waverly haben mehrere Erpresserbriefe erhalten. Es wird ihnen jeweils mit der Entführung ihres gemeinsamen Sohnes Johnnie gedroht, wenn sie nicht eine bestimmte Summe zahlen. Die beiden waren schon bei der Polizei, doch Inspector Japp meinte nur, dass solche Drohbriefe an der Tagesordnung seien. Als der Tag der angedrohten Entführung immer näher rückt, wenden sie sich in ihrer Verzweiflung schließlich an Hercule Poirot. Dessen Interesse ist sofort geweckt. Denn normalerweise gehen Kidnapper ja genau anders herum vor: Zuerst wird das Opfer entführt, und dann erst die Eltern kontaktiert, um Lösegeld zu erpressen. Doch obwohl die Entführer den genauen Zeitpunkt ankündigten, alle vorgewarnt waren, und schließlich selbst Inspector Japp mit einer Einsatztruppe vor Ort war, gelingt es nicht, die Entführung zu verhindern. Mit seinem Scharfsinn gelingt es Hercule Poirot dann allerdings, den bzw. die Schuldigen zu stellen…
Review (kann Spoiler enthalten):
Die Ausgangssituation von "Poirot und der Kidnapper" hat bei mir gleich einmal mein Interesse geweckt. Bei Miss Marple hatten wir ja bereits einen Fall, in dem jemand einen Mord angekündigte; hier nun passiert das gleiche mit einer geplanten Entführung. Möglicherweise waren es meine Erinnerungen an eben diesen Fall, aber... ich fürchte, ich konnte hier den Täter sehr rasch – und in meinen Augen leider auch viel zu früh und einfach – identifizieren. Am Ende sagt Poirot zu Japp und/oder Hastings (so genau weiß ich es jetzt nicht mehr) "It was obvious" – und ich kann ihm da nur zustimmen. Sieht man mal davon ab, dass man sich rückblickend unweigerlich fragt, warum er denn eigentlich Hercule Poirot eingeschaltet hat, verhält sich Marcus Waverly je näher der Tag der angekündigten Entführung rückt immer verdächtiger. Und im Hinblick darauf, dass es sich aufgrund der ganzen Umstände (wie die Vergiftung seiner Frau, das Umstellen der Uhr usw.) um einen Insider-Job handeln musste, war zumindest mir bald sonnenklar, wer hier dahintersteckt.
Eben dies nahm "Poirot und der Kidnapper" fürchte ich doch einiges an Reiz. Klar, es ist bei weitem nicht das erste Mal, dass meine erfahrene Kriminase den richtigen Riecher haben sollte, aber diese Episode schien noch mehr als sonst auf die eben möglichst überraschende Auflösung ausgelegt zu sein. Funktioniert dies – wie in meinem Fall – nicht, hat sie (im Gegensatz zu anderen Poirot-Abenteuern, die ich mir trotz der mir bereits bekannten Auflösung immer wieder ansehen kann) leider nicht mehr wirklich viel zu bieten. Zumal man sich wie gesagt unweigerlich fragen muss, warum er denn überhaupt Hercule Poirot in die Sache eingeschaltet hat. Und nicht zuletzt, dass trotz aller sorgfältiger Planung auch einiges an Glück dabei war, dass die Entführung wie gewünscht von statten gehen konnte. Man stelle sich nur mal vor, Inspector Japp wäre nicht so dämlich gewesen, zusammen mit Marcus hinauszulaufen, und noch dazu keinen einzigen Polizisten bei Johnnie zurückzulassen. Und trotz der Sabotage des Wagens wäre es theoretisch auch möglich gewesen, dass es Poirot trotzdem rechtzeitig zurück schafft. Und so überzeugt der Plan leider rückblickend – im Gegensatz zu den meisten Christie-Mysterien – rückblickend leider nicht wirklich. Positiv macht sich somit in erster Linie die hohe Produktionsqualität dieser itv-Umsetzung bemerkbar, angefangen beim historischen Setting, über die Locations, die Regie, die Musik, bis hin zu den schauspielerischen Leistungen, wobei es mir vor allem auch wieder David Suchet in der Titelrolle angetan hatte. Generell hatte die Episode durchaus ihre gelungenen Momente und/oder Dialoge, wobei es mir vor allem die Szene angetan hatte, wo Poirot Hastings wissen lässt, dass er den Fall aufgeklärt hat, und diesen – eben aufgrund der Auflösung – doch ordentlich satt hat. Insgesamt fand ich den Fall allerdings – vor allem für Agatha Christie-Verhältnisse – leider doch eher schwach.
Fazit:
Dame Agatha Christie hat siebzig Fälle für Hercule Poirot geschrieben. Es ist absolut verständlich, dass nicht jeder von denen ein absoluter Knaller sein kann. Davon ausgehend, dass die Schwächen von "Poirot und der Kidnapper" überhaupt ihr (und nicht dem Drehbuchautor der Adaption, Clive Exton, der allerdings bei den zwei Folgen davor einen überaus guten Job gemacht hatte; zumindest, soweit man das ohne Kenntnis der Vorlage beurteilen kann) anzulasten sind, will ich deswegen daraus jetzt auch kein großes Drama machen. Aber ja: Ich fand den Fall hier leider doch verhältnismäßig schwach, und die Auflösung viel zu offensichtlich. Was sich deshalb umso negativer bemerkbar macht, als die Erzählung – oder zumindest die Adaption – in erster Linie vom vermeintlich überraschenden Twist am Ende lebt, und davon abgesehen leider verhältnismäßig wenig zu bieten hat. So manche logische Inkonsistenz, sowie das Glück, dass der Täter bei der Durchführung seines Plans benötigte, damit dieser Erfolg hat, drücken "Poirot und der Kidnapper" für mich dann endgültig unter den Durchschnitt.