Mit: Pedro Pascal, Vanessa Kirby, Ebon Moss-Bachrach, Joseph Quinn, Ralph Ineson, Julia Garner, Natasha Lyonne, Paul Walter Hauser, Sarah Niles, Mark Gatiss u.a.
Kurzinhalt:
Die Erde 828 im Jahr 1964: Die ganze Welt feiert das vierjährige Jubiläum der Fantastic Four. Vier Jahre zuvor sind die Astronauten Reed Richards, seine Frau Sue Storm, deren Bruder Johnny Storm, sowie Reeds bester Freund Ben Grimm ins All aufgebrochen. Bei ihrem Flug wurden sie von einem kosmischen Sturm erfasst, der ihren genetischen Code durcheinanderwirbelte. Seither kann Reed seinen Körper und seine Gliedmaßen nach Belieben ausdehnen. Sue kann unsichtbar werden und Kraftfelder erschaffen. Johnny verwandelt sich auf Wunsch in eine lebende Fackel. Und Bens Haut ist hart wie ein Felsen, wobei sein Schicksal insofern das Schwerste ist, als er seine Fähigkeiten nicht nach Belieben ein- und wieder ausschalten kann. Dennoch sorgen sie seither als Superhelden für Recht und Ordnung, und sind die Beschützer von Erde 828. Nun stehen sie vor ihrer ersten großen Herausforderung: Die Silver Surferin, ihres Zeichens Herold des großen Weltenverschlingers Galactus, kommt auf die Erde, um der Menschheit zu verkünden, dass Galactus ihren Heimatplaneten als sein nächstes Ziel erwählt hat. Die Fantastic Four sind die Einzigen, welche diese Bedrohung aufhalten können. Sie fliegen ins All, um mit Galactus direkt zu verhandeln. Wie sich zeigt, wäre dieser tatsächlich grundsätzlich bereit, die Erde zu verschonen. Doch dafür verlangt er von den Fantastic Four einen Preis, den sie einfach nicht bezahlen können: Das Baby von Reed und Sue, welches gerade in ihrem Körper heranwächst…
Review:
Die Fantastic Four haben im Kino eine mehr als problematische Vergangenheit hinter sich. Der erste Film, aus dem Jahr 1994, wurde zwar gedreht, jedoch nie offiziell veröffentlicht; was auch von vornherein der Plan war. Man hat einfach nur etwas möglichst Billiges produziert, um die Rechte nicht zu verlieren. Der erste "richtige" Versuch, Marvels First Family auf die Leinwand zu bringen, war ebenfalls eher glücklos. In der Ära des von "X-Men" losgebrochenen Comicfilm-Revivals Anfang der 0er-Jahre entstanden, litten die Filme von Tim Story unter schwachen Drehbüchern, sowie einem durchwachsenen Casting; denn während Michael Chiklis, Chris Evans sowie der kürzlich verstorbene Julian McMahon ihre Sache (mindestens) ordentlich machen, mangelte es Ioan Gruffudd völlig an Charisma (für den Anführer einer Superheldentruppe eine denkbar schlechte Eigenschaft), und Jessica Alba war für die Rolle der Mutter dieser Familie einfach viel zu jung. Beide Filme waren zwar gerade noch so kommerzielle Erfolge, sind aber definitiv dem unteren Ende des Comic-Outputs dieses Jahrzehnts zuzuordnen. Und über "Fantastic Four" aus dem Jahr 2015 hüllen wir generell lieber den Mantel des Schweigens. Im Gegensatz zur Produktion aus den 90ern kam dieser zwar sogar ins Kino – so wie wohl die meisten wünschte ich mir aber in seinem Fall, er wäre wie die Roger Corman/Bernd Eichinger-Koproduktion aus den 90ern für immer unter Verschluss geblieben.
Insofern war es seitens Marvel schon ein bisschen ein gamble, bei ihrer Mission, dass MCU aus der aktuellen Krise zu führen (auch wenn dies, zumindest in qualitativer Hinsicht, in meinen Augen durchaus bereits mit "Thunderbolts*" gelungen war), auf die First Family zu setzen. Im Gegensatz zu "Superman" war ich hier jedoch von Anfang an hoffnungsfroh. Einerseits aufgrund der Wahl des Hauptverantwortlichen: Matt Shakmans "WandaVision" ist nach wie vor meine Lieblings-MCU-Serie, und schien mir für diese Herausforderung eine ausgesprochen gute Wahl zu sein. Er übernahm dann auch gleich ein paar interessante Einfälle von eben dieser Serie, insbesondere im Hinblick auf das Retro-Feeling, in dem er "The Fantastic Four: First Steps" statt der Erde unserer Gegenwart auf Erde-828 des Jahres 1964 verfrachtete. Wir befinden uns damit hier quasi in einer völlig neuen Welt, was den Film vom Setting und der optischen Gestaltung her wohltuend aus dem MCU-Einheitsbrei hervorstechen lässt. Eben darin liegt dann für mich auch gleich eine seiner wesentlichen Stärken: Das ganze retrofuturistische Design des Films fand ich einfach nur (verzeiht) fantastisch. Generell hatte es mir der Look des Films sehr angetan, und bot "Fantastic Four" einige nette Einstellungen und beeindruckende Bilder (im Gegensatz zu "Superman", mit dem sich der Vergleich aufgrund des zeitnahen Releases fast zwangsläufig aufdrängt). Matt Shakmans Inszenierung hatte es mir ja auch bereits bei "WandaVision" angetan, und hiermit empfiehlt er sich definitiv auch im Kinobereich für mehr. Eine weitere wesentliche Stärke ist die Musik von Michael Giacchino, die all das war, was ich mir vom Score zu "Superman" erhofft hatte: Ein volles Orchester mit Chor, eine einprägsame Melodie, die je nach Situation vielfältig interpretiert wird, und generell sehr vielschichtig; mal majestätisch, mal emotional. So muss dass, Herr Supermann!
Und auch beim Casting hat man – im Gegensatz zu eigentlich sämtlichen Vorgängern – alles richtig gemacht. Wenn wir aus den letzten Jahren wissen, dass es eine Rolle gibt, die Pedro Pascal spielen kann, dann ist es die des Vaters. Im Gegensatz zu Ioan Gruffudd hat er zudem auch die nötige Ausstrahlung, und könnte den Film notfalls auch auf seinen eigenen Schultern tragen. Muss er aber nicht. An ihm zur Seite besticht nicht zuletzt Vanessa Kirby, mit der man die Mutter der Fantastic Four nicht nur endlich in einem vernünftigen Alter castet, sondern die auch mit einer wirklich starken Performance besticht. Ebon-Moss Bachrach hat es als The Thing schon allein aufgrund der CGI-Umsetzung schwerer, zu glänzen, macht seine Sache aber ebenfalls sehr gut. Und nicht zuletzt von Joseph Quinn als Johnny Storm war ich überaus positiv überrascht. Was zugegebenermaßen auch daran liegt, dass man die Figur im Vergleich zu den früheren Filmen ganz anders anlegt, nämlich weniger wie ein Hitzkopf, sondern der gute Onkel, der alles dafür geben würde, um seine Familie zu beschützen. Wie das letztendlich eben auch für sie alle gilt.
Was schon der nächste positive Punkt ist: Es sind nicht nur die individuellen Darsteller:innen, sie harmonieren zudem wunderbar miteinander. Vor allem aber ist "The Fantastic Four: First Steps" der erste Film, der die Dynamik zwischen ihnen perfekt einfängt. Diesbezüglich sind mir vor allem noch die Tim Story-Filme mit ihren ständigen Streitereien noch in schlechter Erinnerung (an den 2015-Film habe ich hingegen zum Glück kaum mehr eine Erinnerung, weshalb ich es nicht genau einschätzen kann). Hier hingegen haben wir eine Familie, die von Anfang bis Ende zueinandersteht, durch dick und dünn geht, und dabei immer füreinander da ist. Eben das fand ich absolut wunderbar. Das letzte Plus ist dann die Story, die zwar zugegebenermaßen jetzt nicht unbedingt herausragend, aber auch zweifellos die beste aller bisherigen "Fantastic Four"-Filme ist (auch wenn die Latte diesbezüglich zugegebenermaßen erschreckend niedrig liegt). Vor allem das zentrale Dilemma, vor dem die Fantastic Four hier stehen, wertete die Geschichte für mich enorm auf. Denn tatsächlich gäbe es ja eine Möglichkeit, ihre Welt zu retten. Doch der Preis, den Galactus dafür verlangt – ihr ungeborenes Kind – ist einfach zu hoch. Aber auch alles rund um die Silver Surferin fand ich sehr gut umgesetzt. Zuerst einmal ist mir der "gender swap" der Figur echt schnurzpiepegal; zumal wir uns ja in einer Parallelwelt befinden, in der noch dazu Dr. Doom wie Tony Stark aussehen wird. Warum soll der Silver Surfer dort nicht weiblich sein. Zumal ich Julia Garner nun schon seit gut zehn Jahren (genauer gesagt, seit sie in "We Are What We Are" das erste Mal Eindruck bei mir hinterlassen hat) überaus schätze. Auch sie tut sich zwar als CGI-Gestalt schwer, die Emotionen ihrer Figur zu vermitteln, dennoch fühlte ich mir ihr durchaus mit. Und nicht zuletzt die entscheidende Rolly, die Johnny Storm dabei spielt, gefiel mir ausgesprochen gut. Last bot not least: Im Hinblick auf Galactus traut man sich, der Comic-Vorlage treu zu bleiben, und einfach eine gigantische Gestalt zu nehmen, statt wie beim "Rise of the Silver Surfer" auf eine große Wolke im Weltall zu setzen. Auch das sehe ich positiv.
Perfekt ist der Film zwar zugegebenermaßen nicht. Tatsächlich steht mein größter Kritikpunkt in unmittelbaren Zusammenhang mit einer der größten Stärken des Films, nämlich dem zentralen Dilemma, vor dem die Fantastic Four stehen. Denn es gab nun wahrlich keinen Grund, eben dies der Öffentlichkeit mitzuteilen, und quasi zu sagen "Wir könnten euch alle retten, aber unser Sohn ist uns wichtiger. Tut uns leid, Leute!". Überhaupt: Da hatten sie einen Monat Zeit, sich zu überlegen, was sie sagen, und dann landen sie und meinen kurz angebunden, sie hätten keine Erklärung vorbereitet? Was habt ihr denn die ganze Zeit während des Rückflugs zur Erde gemacht? Quartett gespielt? Der Tod einer Figur verfehlt zudem die gewünschte Wirkung ziemlich. Ich fühlte mich hier unangenehm an "Star Trek Into Darkness" zurückerinnert, wo man nicht nur auch schon wusste, dass die Person überleben, sondern auch, wie sie gerettet wird. Und dann ist da noch die Post-Credits-Szene. Nachdem man vor ziemlich genau einem Jahr bei der SDCC groß Robert Downey Jr. als Dr. Doom angekündigt hat, und er dem Vernehmen nach mehr als 100 Millionen Dollar erhält, hätte er aber doch den halben Drehtag abzweigen und mal schnell sein Gesicht in die Kamera halten können. So war das nämlich doch ziemlich antiklimaktisch, und hat letztendlich die Post-Credits-Szene aus "Thunderbolts*" meine Vorfreude auf "Avengers: Doomsday" mehr/besser geschürt.
Fazit:
Superner als "Superman"! So lautet mein Urteil zu "The Fantastic Four: First Steps", nachdem ich beide im Abstand von einer Woche gesehen habe. Dabei war ich zugegebenermaßen halt auch schon ein wirklich großer Fan von Matt Shakmans "WandaVision", an die ich mich hier vor allem im Hinblick auf den Retro(futuristischen)-Touch teilweise erinnert fühlte. Allein dieser, sowie ganz allgemein das Setting auf Erde-828, lassen den Film schon mal generell wohltuend aus dem MCU-Einheitsbrei hervorstechen. Dazu gesellt sich dann auch noch eine visuell bestechende Inszenierung, die grandiose Musik von Michael Giacchino, die deutlich bessere Umsetzung eines ersten Films ohne klassische "origin story", der trotz allen Nebenfiguren (insbesondere natürlich der Silver Surferin) eindeutig auf die zentralen vier Helden zugeschnittene Story (es sind vora llem diese vier Aspekte, in denen der Film "Superman" in meinen Augen deutlich überlegen ist), die wunderbare Dynamik zwischen den Figuren, das perfekte Casting, und nicht zuletzt das Dilemma, vor dem Marvels "First Family" hier steht. All dies und noch mehr hatte es mir an "The Fantastic Four: First Steps" wirklich angetan. Da fällt es dann eben auch leichter, dem Film die einzelnen Fehltritte (wie insbesondere Reeds Pressekonferenz, der ineffektive Scheintod einer Figur, sowie die ein bisschen enttäuschende Post-Credits-Szene) zu verzeihen. Insgesamt macht ihn dies mit Abstand zur bisher besten Verfilmung der Fantastic Four, und weil das in Anbetracht der Konkurrenz mit dem man ihn hier vergleicht ein potentiell nur verhaltenes Lob ist, sei es abschließend nochmal festgehalten: Ja, ich fand den Film (sorry) fantastisch.