Kurzinhalt:
Dathan und seine Frau Miramir sind mit ihrer kleinen Tochter Rey vom Planeten Jakku geflohen. Dathan weiß um seine finstere Herkunft, und fürchtet, dass es sein "Vater", der ehemalige Imperator Palpatine – der auf Exegol seine bittere Rache plant – es auf seine Enkelin abgesehen haben könnte. Im Wilden Raum gelingt es ihnen mit Hilfe einer Staffel der Neuen Republik mit knapper Not, zu entkommen. Doch so leicht gibt sich Ochi von Bestoon – der damit beauftragt wurde, Rey zu entführen, und nach Exegol zu bringen – nicht geschlagen. Als er während des Besuchs eines Casinos von seinem jüngsten Auftrag erzählt, hört zufällig Lando Calrissian – der mitten in einem Sabacc-Spiel steckte – zu. Dieser wird daraufhin an das ungeklärte Verschwinden seiner eigenen Tochter Kadara erinnert. Er will den unbekannten Eltern ein ähnliches Schicksal ersparen, und heftet sich an Ochis Fersen. Als sich herausstellt, dass auch ein Sith-Kult in die Angelegenheit verwickelt ist, bittet er seinen alten Freund Luke Skywalker um Hilfe. Dieser hat auf Ossus eine neue Jedi-Akademie gegründet, wo er unter anderem Ben Solo unterrichtet. Seit kurzem wird er jedoch von schrecklichen Visionen und Alpträumen geplagt, die ihn glauben lassen, dass die Sith kurz davor sind, zurückzukehren, und neuerlich ihren Schatten auf die gesamte Galaxis zu werfen…
Review:
Ich hatte an "Im Schatten der Sith" durchaus einige Erwartungen. Im Hinblick auf meine bisherigen eher bescheidenen Meinungen zu den neuen Kanon-Romanen nach "Die Rückkehr der Jedi-Ritter" mag dies überraschen, aber es gab dafür vor allem zwei Gründe. Erstens rückte hier endlich wieder mal Luke Skywalker in den Mittelpunkt des Geschehens (von ihm fehlte ja u.a. in den beiden Trilogien von Chuck Wendig und Alexander Freed jede Spur). Und zweitens hatte Adam Christopher im Gegensatz zu Chuck Wendig den Vorteil, dass zum Zeitpunkt, als er sich hinsetzte um dieses Abenteuer zu schreiben, die Sequel-Trilogie (wohl oder übel) schon fertig erzählt war. Denn bei aller berechtigter Kritik an Wendigs Romanen, insbesondere auch seinem eigenwilligen Stil, so muss man dennoch anerkennen, dass er damit beauftragt wurde, einen Epilog zu "Die Rückkehr der Jedi-Ritter" zu schreiben, der zwar bereits (sehr zart) den Grundstein für die dritte Trilogie legt, dabei aber zugleich in vielen Bereichen nicht zu konkret wird. Denn: Als man den neuen Kanon ankündigte, versprach man ja hoch und heilig (wohl nicht zuletzt um jene Fans, die in der Vergangenheit viel Geld für "Star Wars"-Geschichten ausgegeben hatten, die nun nicht mehr offiziell waren, dazu zu bewegen, auch hier wieder zuzugreifen), dass alle Comics und Romane eine Kontinuität mit den Filmen (und Serien, auch wenn zu diesem Zeitpunkt von eben solchen noch niemand etwas ahnen sollte) bilden würden. Allerdings zeigt die Sequel-Trilogie, dass man im Vorfeld keine Ahnung hatte, welche Geschichte man dort erzählen wollte. Abseits der Tatsache, dass man im Wesentlichen die Ausgangssituation der Original-Trilogie wiederherstellte (einer meiner größten Kritikpunkte, da er den Sieg unserer Helden eben dort quasi bedeutungslos macht) war die Vorgeschichte zu "Das Erwachen der Macht" aber nicht wirklich ausgearbeitet. Man musste ja weder noch genau, was mit Lukes Jedi-Orden geschehen (und wie Ben Solo der dunklen Seite verfallen) ist, noch, wer Rey ist, und so weiter. Dementsprechend musste sich Wendig natürlich notgedrungen in vielerlei Hinsicht zurückhalten, und nicht irgendetwas erfinden, dem dann in weiterer Folge von den Filmen und/oder Serien widersprochen wird.
Demgegenüber waren die offenen Fragen aus "Das Erwachen der Macht" nun beantwortet, weshalb Adam Christopher auf manches davon eingehen konnte. Dies gilt insbesondere für die Vorgeschichte von Rey. Zugegeben, in Grundzügen war uns diese ja bereits bekannt: Von ihren Eltern auf Jakku zurückgelassen, die sie dort in Sicherheit vor dem Imperator – ihrem Großvater – hofften. "Im Schatten der Sith" erzählt aber nun einerseits, wie es dazu genau kam, und andererseits auch, wie ihr weiteres Schicksal genau aussah. Ob diese Details unbedingt notwendig waren, muss jeder für sich selbst entscheiden, für mich wertete es die bislang bekannte Story (sofern dies – angesichts meines Missfallens der in der Sequel-Trilogie erzählten Geschichte – denn überhaupt möglich ist) aber durchaus auf. Deutlich geringer ist der Erkenntnisgewinn, wenn es um Luke, seine Jedi-Akadmie, und/oder die Ausbildung von Ben Solo geht. Und auch auf die Details rund um das Verschwinden von Landos Tochter wird hier nicht näher eingegangen. Ich vermute hier das gleiche Problem, vor dem Wendig stand: Christopher musste sich diesbezüglich zurückhalten, falls man dies in Zukunft doch nochmal irgendwie in einem Film oder einer Serie näher thematisieren will. Bedeutet allerdings halt leider auch, dass sich hier letztendlich nicht wirklich etwas für die Handlung aus der Sequel-Trilogie wichtiges/wesentliches zuträgt (weshalb ich auch der Einschätzung auf dem – englischen – Klappentext, es würde sich um einen "essentiellen" Roman handelt, nicht zustimmen kann). Dies gilt nicht zuletzt für die Sith-Akolythen, die eben dort ja (und bislang generell in der nach ROTJ angesiedelten Film- und Serienwelt) keine Rolle gespielt haben. Sie dienen halt nur als Platzhalter-Bedrohung, um Luke etwas Sinnvolles zu tun zu geben, während sich der Imperator auf Exegol auf seine Rückkehr vorbereitet (nicht, dass Luke eben dort dann noch eine Rolle gespielt hätte; generell scheint der leider Post-OT ziemlich nutzlos gewesen zu sein, und tendenziell mehr Schaden als Nutzen angerichtet zu haben). Als letzter Kritikpunkt sei dann noch der Auftritt von Ochi von Bestoon erwähnt. Mit der Figur konnte ich schon in den Vader-Comics herzlich wenig anfangen; dementsprechend hielt sich meine Freude über seine Rückkehr hier in sehr argen Grenzen.
Dafür profitiert "Im Schatten der Sith" vom insbesondere im Vergleich von der bereits mehrmals angesprochenen "Nachspiel"-Trilogie von Chuck Wendig von Adam Christophers deutlich besserem (oder sollte ich vielmehr sagen: Meinen persönlichen Geschmack wesentlich besser treffenden) Schreibstil. Zwar ist der Roman mit knapp siebenhundert Seiten sicherlich länger, als er zwingend hätte sein müssen, echte Langeweile kam bei mir aber nie auf. Christopher versteht es ausgesprochen gut, den richtigen Mittelweg aus Charakter- und Handlungstiefe auf der einen, und einem angemessenen Erzähltempo auf der anderen Seite zu finden. Zudem hat mich im Vergleich zu sowohl zur "Nachspiel" als auch der "Alphabet-Geschwader"-Trilogie die Story hier deutlich mehr angesprochen. Der Roman profitiert darüber hinaus von seiner ungewöhnlichen Paarung, denn Lando und Luke zusammen auf Mission, das gab es in den Filmen nie, und auch in den Büchern und Comics bislang nur höchst selten. Die Dynamik zwischen den beiden fand ich sehr spannend; auch das wertet "Im Schatten der Sith" auf. Umso mehr, als mir beide sehr gut getroffen schienen. Luke schien sich mir dabei tatsächlich gerade ziemlich genau am Mittelpunkt seiner Entwicklung von der OT hin zur ST zu befinden. Aus der Last, die als letzter Jedi auf seinen Schultern lastet, hätte Christopher zwar noch eine Spur mehr herausholen können. Zudem schafft er es nicht, das größte Manko der Sequel-Trilogie – nämlich dass sich Luke völlig aus der Galaxis zurückgezogen hat, und es dieser überlässt, seinen Fehler mit Ben Solo auszubaden – auszumerzen. Dies von ihm zu erwarten, wäre allerdings zugegebenermaßen auch unfair gewesen. Insgesamt hat mir aber seine Betrachtung von Lando sogar noch einmal eine Spur besser gefallen. Dieser wurde in den Filmen bislang ja teilweise doch ziemlich vernachlässigt; hier schafft Christopher Abhilfe. Vor allem durch das Verschwinden seiner Tochter (aus "Der Aufstieg Skywalkers" ja bereits bekannt) erhält er deutlich mehr Profil und Tiefe; insbesondere dies hatte es mir sehr angetan. Last but not least: Wenn er Ochi schon reaktivieren musste, so bin ich ihm zumindest dankbar, dass er die Geschichte der Figur hier zumindest abschließt – und damit Reys Eltern zugleich aus dem Grab heraus einen Triumph über ihn verschafft. Das war schon ziemlich cool gemacht.
Fazit:
"Im Schatten der Sith" hat mich recht gut unterhalten; ganz so lange hätte der Roman zwar zugegebenermaßen nicht unbedingt sein müssen, Adam Christopher gelingt es aber größtenteils, dass man ihm eben diese Länge selten bis nie anmerkt. Die Story entwickelt sich stets flüssig weiter, jedoch ohne dabei jemals in Oberflächlichkeit abzudriften. Der Roman profitiert darüber hinaus von der ungewöhnlichen Paarung von Lando und Luke; zumal die beiden von ihm auch sehr gut getroffen werden. Und nicht zuletzt erfahren wir hier etwas mehr über die Hintergründe, wie Rey von ihren Eltern auf Jakku zurückgelassen wurde; man kann darüber diskutieren, ob dieses Wissen unbedingt essentiell ist, die ausführlichere Schilderung hier verstärkt für mich jedoch erfolgreich die Tragik dieser Wendung. Worunter jedoch auch "Im Schatten der Sith", wie bislang alle nach ROTJ angesiedelten Romane des neuen "Star Wars"-Kanons leidet: Er gibt uns wenig neue, wesentliche Informationen, die für die Sequel-Trilogie relevant wären, geschweige denn diese irgendwie aufwerten würde. Man ist offenbar selbst nach "Der Aufstieg Skywalkers" und damit dem Abschluss der Trilogie immer noch zögerlich, im Hinblick auf die Hintergründe der dortigen Ereignisse zu viel zu verraten, um nicht das Risiko einzugehen, dass ein späterer Film oder einer Serie der Darstellung hier widerspricht, und man damit gezwungen ist, das Verspechen, dass dieser neue Kanon nun wirklich in sich schlüssig zu eben diesen wäre, zu brechen. Dies macht auch "Im Schatten der Sith" letztendlich relativ entbehrlich, und sorgt zudem dafür, dass man sich mit Wegwerf-Bösewichten wie eben Ochi oder auch dem Sith-Lord auseinandersetzen muss. Das "Expanded Universe" war hier halt damals deutlich freier, da damals niemand erwartet hat, dass jemals noch "offizielle" Fortsetzungen folgen würden. Ob es einem der weiteren Romane gelingen wird, über dieses nicht unerhebliche Manko hinwegzukommen?!