Originaltitel: Sic Semper Systema Episodennummer: 1x04 Bewertung: Weltweite Internet-VÖ: 11. März 2025 Drehbuch: David Feige & Jesse Wigutow Regie: Jeffrey Nachmanoff Besetzung:
Charlie Cox als Matt Murdock / Daredevil,
Vincent D'Onofrio als Wilson Fisk,
Margarita Levieva als Heather Glenn,
Arty Froushan als Buck Cashman,
Nikki M. James als Kirsten Mcduffie,
Ayelet Zurer als Vanessa Fisk,
Michael Gandolfini als Daniel Blake,
Zabryna Guevara als Sheila Rivera,
Genneya Walton als BB Urich,
Jon Bernthal als Frank Castle / Punisher,
Hunter Doohan als Bastian,
Charlie Hudson III als Leroy Mancini,
Hamish Allan-Headley als Powell,
Claire Saunders als Cece,
Joey Palestina als Officer Wilcox,
Elizabeth A. Davis als Sofija Ozola,
Daniel Echevarria als Officer San Miguel,
Avanthika Srinivasan als Jenna Jumper,
Ryan Youngwoong Kim als Jacob,
Ali Stoner als Janice,
Brian Munn als Phil Krause,
Evelyn Peralta als Ellen Sumann u.a.
Kurzinhalt:
Matt ist bestürzt, als er vom Tod von Hector Del Toro erfährt. Dieser ist gleich am ersten Abend nach seinem Freispruch wieder in sein White Tiger-Kostüm geschlüpft, und wurde auf offener Straße von einem unbekannten Täter kaltblütig erschossen. Zuerst vermutet Matt, dass es sich beim Täter um Officer Powell handeln könnte, als er diesen darauf anspricht, ist jedoch an seiner Reaktion erkennbar, dass er mit dem Mord nichts zu tun hatte. Daraufhin sucht Matt den Tatort auf – und findet eine Patronenhülse, auf deren Rückseite ein Totenkopf abgedruckt ist. Dies veranlasst ihn dazu, seinen alten Rächer-Kollegen und Freund Frank Castle aufzusuchen, um ihn zu befragen. Währenddessen treibt ein neuer Serienmörder, der seinen Opfern das Blut entnimmt, um damit Wandbilder zu malen, in New York sein Unwesen. Und als ein ohnehin schon geladener Wilson Fisk von einem gravierenden Fehler von einem seiner engsten Angestellten erfährt, wird seine Fähigkeit, seinen Zorn zu kontrollieren, wieder einmal auf eine harte Probe gestellt…
Review:
Es sind Szenen, die sind so gut, dass sie eine ganze Folge (oder gar einen Film) auf ein höheres Level zu heben vermögen. Die Begegnung zwischen Matt und Frank ist ein ebensolcher Moment. Schon allein für sich genommen wäre das Wiedersehen beider Figuren eine coole und hervorstechende Szene gewesen. So gesehen hätten sich alle Beteiligten, angefangen bei den Drehbuchautoren über den Schauspielern bis hin zum Regisseur, theoretisch auch zurücklehnen und sich auf den Selbstläufer verlassen können. Taten sie aber nicht; ganz im Gegenteil. Vielmehr liefen sie allesamt hier zur Höchstleistung auf. Die gesamte Szene war einfach ungemein stark. Angefangen bei der von Anfang an angespannten Atmosphäre zwischen den beiden. Sie mögen einmal Freunde gewesen sein, und ein gewisser Schatten davon, sowie ein allgemeiner gegenseitige Respekt sowie eine gewisse Wertschätzung, sind immer noch vorhanden. Und dennoch wird deutlich, dass sich die beiden mittlerweile entzweit haben. Dann kommt die Offenbarung, dass wohl Punisher-Fanboys für den Mord an Hector verantwortlich sein dürften. Dass Frank dies nicht weiter kratzt, erzürnt dann wiederum Matt.
So richtig dreht die Szene dann aber auf, wenn man auf den Verlust von Foggy zu sprechen kommt. Der Punisher ist eben nicht nur mit seinen Taten, sondern auch seinen Worten skrupellos, und bohrt so lange in der offenen Wunde, bis der Schmerz endlich aus Matt herausbricht. Die Leistung von Jon Bernthal und vor allem auch Charlie Cox war in dieser Szene einfach phänomenal. Vor allem aber machte mir die Szene endlich deutlich, warum Matt den roten Anzug an den Nagel gehängt hat. Es geht dabei weniger darum, dass er mit Foggy just eine Person die ihm extrem nahestand – und die noch dazu ein durch und durch guter Mensch war – nicht retten konnte. Er hat vielmehr Angst davor, dass er zusammen mit Daredevil auch den Teufel in sich selbst wecken könnte, und sich all die Trauer und Wut die er verspürt in einer Art und Weise entlehnt, die mit Gerechtigkeit nichts mehr zu tun hat. Wie es ja eben auch in diesem Moment passierte, wo er Poindexter vom Dach warf (auch wenn dieser das überlebt hat). Dass er sich all dies auch selbst eingesteht, war wohl der entscheidende Moment, der es ihm am Ende dann auch ermöglichte, mit dem Daredevil-Training wieder anzufangen. Noch ist es zwar nicht soweit, dass er auch das Kostüm anzieht (ich glaube ja nach wie vor, dass wir damit bis zum Ende der Staffel werden warten müssen), alle, denen es bislang bei "Born Again" war, konnten hier nun aber wohl endlich wieder Hoffnung schöpfen. Doch auch wenn das Gespräch zwischen Matt und Frank alles andere, was in der Episode passierte, überschattete, heißt das nicht, dass mir nicht auch sonst noch einige Momente und/oder Entwicklungen sehr gut gefallen konnten. Da wäre zum einen der Nebenstrang rund um Leroy Mancini, der wegen Ladendiebstahls verhaftet wird, und den Matt vor Gericht vertritt. Hier stach nicht zuletzt die von Leroy angeprangerte Sinnlosigkeit hervor, ihn einzusperren und dafür mehr Geld auszugeben, als es kosten würde, ihn soweit finanziell zu unterstützen, dass er nicht stehlen muss. Oder auch die Szene, in der Matt die Enkelin von Hector tröstet.
Und dann war da noch der Handlungsstrang rund um Wilson Fisk. Ok, ich gebe zu, man kann darüber diskutieren, ob es notwendig und richtig war, diese Entwicklung über mehrere Episoden zu ziehen. Aber vor allem auch hier fand ich den zunehmenden Druck auf dem "Kochtopf" Fisk, wo man eigentlich jede Sekunde darauf wartet, dass seine Wut aus ihm herausbricht (der Serie gelingt es bislang sehr gut, die Parallelen zwischen ihm und Matt in dieser Hinsicht zu vermitteln), verdammt gut gemacht. Zum einen liegt dies natürlich an den ganzen frustrierenden Situationen, in denen er sich wiederfindet, angefangen bei der Paartherapie, wo sie auf Vanessas Affäre zu sprechen kommen, über die verschiedenen Termine die er als Bürgermeister wahrnehmen muss, bis hin zum unabsichtlichen Informationsleck, den just einer seiner ihm treu ergebenen Mitarbeiter eingestehen muss. Zum anderen ist dies aber natürlich auch maßgeblich Vincent D'Onofrio zuzuschreiben, der das einfach saugut spielt. So wie auch bei Matt wird jedoch auch bei Wilson mit jedem Moment klar, dass eine Rückkehr zu seinem Alter Ego Kingpin, und einer damit einhergehenden brutalen Vorgehensweise, unvermeidlich und nur eine Frage der Zeit ist.
Fazit:
"Six Semper Systema" konnte mir ja generell schon sehr gut gefallen, angefangen bei der Storyline rund um Leroy, welche soziale Ungerechtigkeit (und rechtlichen Unsinn) anprangert, über Matts Ermittlungen im Mord von Hector, bis hin zu den ganzen Szenen rund um den zunehmend unter Druck stehenden Wilson Fisk. Die ganze Zeit wartet man darauf, dass der Vulkan nun endlich ausbricht, zumindest vorerst behält sich der Ex-Kingpin jedoch noch unter Kontrolle. Der Moment der Folge war allerdings eindeutig das Wiedersehen zwischen Matt und Frank. Es wäre für sich genommen schon eine coole Szene gewesen, aber der Inhalt ihres Gesprächs, und wie dieser Matt dazu zwingt, sich endlich seinen Gefühlen ob des Verlustes von Foggy zu stellen, in Verbindung mit den phänomenalen schauspielerischen Leistungen von Jon Bernthal und Charlie Cox, machten sie zur mit Abstand stärksten Szene der Serie seit den ersten 10-15 Minuten.