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Poor Things Drucken E-Mail
Ein Pflichttermin für alle Cineasten! Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 20 Januar 2024
 
 
Poor Things
Originaltitel: Poor Things
Produktionsland/jahr: Irland/UK/USA 2023
Bewertung:
Studio/Verleih: Element Pictures/Searchlicht Pictures/20th Century Studios
Regie: Yorgos Lanthimos
Produzenten: U.a. Ed Guiney, Yorgos Lanthimos, Andrew Lowe & Emma Stone
Drehbuch: Tony McNamara, nach dem Roman von Alasdair Gray
Filmmusik: Jerskin Fendrix
Kamera: Robbie Ryan
Schnitt: Yorgos Mavropsaridis
Genre: Fantasy/Komödie
Kinostart Deutschland: 18. Januar 2024
Kinostart USA: 22. Dezember 2023
Laufzeit: 141 Minuten
Altersfreigabe: FSK ab 16
Trailer: YouTube
Kaufen: Noch nicht verfügbar
Mit: Emma Stone, Willem Dafoe, Mark Ruffalo, Ramy Youssef, Kathryn Hunter, Christopher Abbott u.a.


Kurzinhalt: London im viktorianischen Zeitalter: Der exzentrische Chirurg Godwin Baxter lehrt an der Universität, ist jedoch aufgrund seiner bizarren und moralisch fragwürdigen Experimente umstritten. Ein junger Student, Max McCandles, beginnt sich mit ihm anzufreunden, und lernt als er Godwin nach Hause begleitet schließlich eine junge Frau kennen, die ihm als Bella Baxter vorgestellt wird. Dabei handelt es sich jedoch nicht etwa um Godwins Tochter, sondern um sein Meisterstück: Hat er Bella doch wieder zum Leben erweckt, nachdem ihre Leiche am Ufer der Themse angespült wurde. Godwin bittet Max nun darum, ihre geistige Entwicklung – die sich aktuell auf jenem eines Kleinkinds befindet – zu dokumentieren. Dabei kommen sich die beiden unweigerlich näher, und beschließen letztendlich, zu heiraten. Doch nur kurz nach der Verlobung lernt Bella den Casanova Duncan Wedderburn kennen, und ist von diesem fasziniert. Da wiederum auch Duncan ein Auge auf Bella geworfen hat, brennen die beiden schließlich durch. Eine Entscheidung, die Duncan jedoch im Verlauf ihrer Reise, als Bella immer selbstbewusster und selbstbestimmter wird, zunehmend zu bereuen beginnt…

Review: Szenenbild. Ich hatte das große Glück, "Poor Things" bei der letztjährigen Viennale zu sehen, wo er nicht einfach "nur" mein Highlight des Festivals war. Denn tatsächlich hätte dieses so bizarre wie charmante und unterhaltsame Fantasy-Märchen, wäre es bereits letztes Jahr regulär ins Kino gekommen, die beiden großen Konkurrenten "Barbie" und "Past Lives" in die Schranken verwiesen (so hingegen ist er nun ein früher heißer Kandidat für den besten Film des Jahres 2024). Nach zwei guten Filmen, die mich jedoch eher im Konzept/der Grundidee als der Umsetzung/Erzählung überzeugen konnten ("The Lobster" und "The Killing of a Sacred Deer"; "Dogtooth" fehlt mir leider noch), legte der griechische Regisseur Yorgos Lanthimos, der sich seit jeher auf doch eher schräge Stoffe konzentriert, mit "The Favourite" seinen ersten Film vor, der mich so richtig begeistert hat. Rückblickend erweist sich dieser in mehrerlei Hinsicht als wegweisend für sein jüngstes Meisterstück: Mit dem historischen Setting, einem noch stärkeren Fokus auf (schwarzen) Humor, sowie insbesondere seiner Bekanntschaft mit Emma Stone (dort bereits eine beeindruckende Präsenz, wenn auch etwas im Schatten der überragenden Olivia Colman).

Emma Stone erweist sich für Bella Baxter als die Idealbesetzung. Ich verfolge ihre Karriere seit "Superbad", in den Jahren danach hat sie immer wieder großartige schauspielerische Leistungen gezeigt (u.a. in "Birdman"); doch in "Poor Things" (den sie auch mitproduzierte) hat sie die (bisherige?) Rolle ihres Lebens gefunden. Dabei kommt ihr zweifellos zu Gute, dass sie in Bella Baxter die ungewöhnliche Möglichkeit bekommt, eine Figur von der Kindheit weg über die Pubertät bis hin zum Erwachsenenleben zu spielen. Eben diese Entwicklung – die von Emma Stone überragend gespielt wird – ist dann auch das Herzstück von "Poor Things". Einerseits, da Bella zu einer wirklich wunderbaren, mitfühlenden Person heranwächst. Vor allem aber ist es ungemein befriedigend und erhebend, mitzuerleben, wie diese Figur, die lange Zeit von den verschiedenen Männern in ihren Leben dominiert wird, lernt, aus ihrem Korsett auszubrechen, und selbstbestimmt ihren eigenen Weg zu gehen. Eben darin steckt schließlich auch der starke feministische Kern, der "Poor Things" ebenfalls auszeichnet, und mit dem er auch perfekt in den aktuellen Zeitgeist (siehe eben auch "Barbie") passt. Eingebettet ist diese Charakterentwicklung in einer gleichermaßen amüsanten wie bizarren Erzählung, die ebenfalls zu den großen Stärken des Films zu zählen ist – und die zumindest im Kern auf das Konto des schottischen Autors Alastair Gray geht, der die Romanvorlage lieferte (die ich mir übrigens sofort als ich aus dem Kino kam bestellt habe; Review folgt). Zwar ist "Poor Things" mit einer Laufzeit von über zwei Stunden nicht gerade kurz, da sich der Film jedoch sowohl durch ein flottes Erzähltempo (jedoch zugleich mit genug Luft, damit die wichtigen Momente und Entwicklungen ihre emotionale Wirkung entfalten können) als auch einen hohen Unterhaltungswert auszeichnet, vergeht diese Zeit letztendlich wie im Flug. Zumindest ich wurde von dieser Geschichte – und der Entwicklung von Bella – mitgerissen.

Szenenbild. Einen großen Anteil daran hat zweifellos auch der bereits kurz angesprochene Humor. "Poor Things" zeichnet sich, trotz Bellas tragischer Vorgeschichte, sowie einzelner dramatischer und teilweise auch düsterer Entwicklungen, durch einen locker-amüsanten Grundton, vor allem aber zahlreichen komischen Momenten aus, die mich zum Lachen brachten. Eine weitere ganz wesentliche Stärke des Films ist die Gestaltung der Welt von "Poor Things", angefangen bei den Sets bis hin zu den "Landschaften" (ihr werdet verstehen, was ich meine, wenn ihr es seht). So wie auch die schräge Musik von Jerskin Fendrix ist die Optik nämlich mindestens so skurril wie die Geschichte. Damit ergeben Bilder, Musik und Inhalt ein stimmiges Ganzes, welches einen in eine zauberhafte Märchenwelt transportiert, die mich teilweise an die schrägen Werke von Terry Gilliam denken ließ. Und doch schafft Yorgos Lanthimos hier letztendlich ein eigenes, eigenständiges und vor allem auch einzigartiges Werk, dass in dieser Form/Gestalt wohl – so wie Godwin Baxter – nur er hätte kreieren können. Für mich befindet sich der außergewöhnliche Regisseur mit "Poor Things" jedenfalls am Zenit seines bisherigen Schaffens.

Fazit: "Poor Things" ist ein phänomenales und in allen Sinnen des Wortes fantastisches Werk, und ein früher Kandidat auf den Film des Jahres. Basierend auf dem Roman von Alasdair Gray, und adaptiert von Tony McNamara, erzählt Yorgos Lanthimos' jüngster Film von der Selbstfindung einer jungen Frau. Trotz aller vor allem anfänglicher Naivität wirkt sie dabei oftmals reifer, erwachsener und in sich gefestigter als die Charaktere um sie herum, was insbesondere für ihren Liebhaber Duncan Wedderburn gilt. Neben der wunderbaren Entwicklung ihrer Figur – die mitzuerleben den Film allein schon zu einem Vergnügen macht – besticht "Poor Things" nicht zuletzt auch mit der so eigenwilligen wie bezaubernden visuellen Umsetzung, sowie Jerskin Fendrixs wunderbar schräger Musik, die perfekt zum Inhalt des Films passt. Aber auch die schauspielerischen Leistungen sind fantastisch, angefangen bei "God" Willem Dafor, über Mark Ruffalo und Ramy Yousef, bis hin zur überragenden Emma Stone, die dafür sorgt, dass man von Beginn an mit Bella mitfiebert. Zusammen mit dem wunderbar (teils durchaus schrägen und schwarzen) Humor, macht dies "Poor Things", trotz der makaberen Ausgangssituation, und einiger dramatischer Entwicklungen, ungemein unterhaltsam. In der offensichtlich für "Poor Things" (Roman und Film) Pate stehenden Erzählung von Mary Shelley meint Dr. Frankenstein ja: "Ich habe ein Monster erschaffen". Das kann man hier nicht behaupten. Denn so wie Bella Baxter ist auch "Poor Things" nicht etwa "nur" kein Monster, sondern vielmehr ein Triumph.

Wertung: 10 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2023 20th Century Studios)





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