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Piggy Drucken E-Mail
Wenn Mobbing zum Horror wird Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Donnerstag, 13 Oktober 2022
 
Halloween-SPECiAL

 
Piggy
Originaltitel: Piggy
Produktionsland/jahr: Spanien 2022
Bewertung:
Studio/Verleih: Morena Films/Filmax/Alamode Film
Regie: Carlota Pereda
Produzenten: U.a. Merry Colomer, Jean-Baptiste Babin, David Atlan Jackson & Joel Thibout
Drehbuch: Carlota Pereda
Filmmusik: Olivier Arson
Kamera: Rita Noriega
Schnitt: David Pelegrín
Genre: Thriller/Drama
Kinostart Deutschland: Noch nicht bekannt
Kinostart Spanien: 14. Oktober 2022
Laufzeit: 90 Minuten
Altersfreigabe: Noch nicht geprüft
Trailer: YouTube
Kaufen: Noch nicht verfügbar
Mit: Laura Galán, Carmen Machi, laudia Salas, Pilar Castro, Fred Tatien, Camille Aguilar, José Pastor, Mabel del Pozo, Richard Holmes, Stéphanie Magnin, Irene Ferreiro, Julián Varcárcel, Fernando Delgado-Hierro, Chema del Barco u.a.


Kurzinhalt: Sara ist übergewichtig, und wird von ihren Mitschülerinnen verächtlich Piggy genannt. Als sie eines Tages – so wie eigentlich immer – nach der Schule zu einem nahegelegenen Pool geht, um ein paar Runden zu schwimmen, laufen ihr ihre Mitschülerinnen – darunter auch Claudia, die sie eigentlich als ihre Freundin betrachtet – über den Weg. Die Anführerin der Clique schnappt sich daraufhin das Poolnetz, und fängt Saras Kopf damit ein und drückt sie unter Wasser. Danach stiehlt man ihr die Kleidung, damit sie nur mit ihrem Bikini bekleidet nach Hause laufen muss. Nachdem sie auf dem Weg dann auch noch von einer Gruppe männlicher Jugendlicher belästigt wird, verlässt sie die Straße, und geht über den Wald zurück. Dort kommt sie an einem Lieferwagen vorbei. Als dieser vorbeifährt, sieht sie am hinteren Fenster eine blutige Hand – und schließlich das Gesicht von Claudia. Doch anstatt etwas zu unternehmen, bleibt Sara wie angewurzelt stehen – eine Entscheidung, deren Auswirkungen sie schon bald zu verfolgen beginnen…

Review (kann Spoiler enthalten): Szenenbild. "Piggy" war ein ganz anderer Film, als es das Poster und das Programmheft des heurigen SLASH-Filmfestivals versprachen – und auch knapp drei Wochen später weiß ich nicht so recht, ob ich das nun gut oder schlecht finde. Auf der einen Seite hätte ein klassisches Racheszenario definitiv seinen Reiz besessen, und den Film für all jene, die aus welchen Gründen auch immer in der Schule oder später im Leben Opfer von Mobbing wurden, zu einer befreienden Erfahrung machen können; da man im Kontext einer solchen fiktiven filmischen Erzählung Racheaktionen akzeptieren und anfeuern kann, die im echten Leben inakzeptabel wären. Doch ein Film im Stile von "Carrie" war nicht das, was Regisseurin und Drehbuchautorin Carlota Pereda – die hier ihren eigenen, gleichnamigen Kurzfilm als abendfüllenden Spielfilm adaptierte – im Sinn hatte. Und das, was wir stattdessen bekamen, hatte für mich ebenfalls seinen Reiz. Das erste Drittel wird dabei darauf verwendet, uns in aller Schonungslosigkeit aufzuzeigen, welche Schikanen Sara tagtäglich erdulden muss – was Übrigens nicht nur ihre Schulkolleginnen sowie ihre vermeintliche Freundin Claudia (deren Verrat sie verständlicherweise besonders hart trifft), sondern auch ihre eigene Familie betrifft. Die Szene im Schwimmbad, sowie das Nachspiel, sind absolut erschütternd.

Dass der Film Sara dabei lange Zeit jegliche Handlungsmacht nimmt, und sie eher zum Spielball des Geschehens an sich macht, kann man dabei durchaus kritisieren; für mich war es aber die logische Konsequenz der Belästigungen und Unterdrückung, der Sara ständig ausgesetzt ist. Wie sollst du dich in einer Gesellschaft durchsetzen, die dich als nicht vollwertiges Mitglied betrachtet, egal ob nun aufgrund deiner Herkunft, deines Geschlechts, deiner sexuellen Orientierung, oder aber eben deines Aussehens? Die perfide Systematik dahinter – und ihre Auswirkungen – aufzuzeigen, gelang Carlota Pereda in meinen Augen sehr gut. Das Entscheidende dabei ist: Am Ende gewinnt Sara dann eben doch genau jene Handlungsmacht zurück. Und als sie alle Trümpfe in der Hand hält, trifft Sara eine Entscheidung, die ich sehr spannend und beachtlich fand: (Achtung, Spoiler!)Statt zur (Mit-)täterin (wenn auch natürlich mit nachvollziehbarer Motivation), wird sie hier letzten Endes eben doch noch zur Heldin der Geschichte. Damit ist "Piggy" quasi auch die Antithese des gleichnamigen Kurzfilms, der die Geschichte vom Pool bis zur Abfahrt des Lieferwagens erzählt(Spoiler Ende). Und das fand ich dann eben wiederum auch durchaus erhebend – wenn auch auf andere Art und Weise, als es eine klassischere Racheerzählung gewesen wäre. Spannend fand ich zudem die Wahl des heutzutage doch eher untypischen 4:3-Bildformats. Lob muss auch Laura Galan ausgesprochen werden, einerseits aufgrund der starken Performance an sich, andererseits aber auch, als ich mir vorstellen kann, dass die eine oder andere Szene zu spielen auf emotionaler Ebene anstrengend und herausfordernd gewesen sein muss. Last but not least fand ich es auch so beachtlich wie lobenswert, dass Carlota Pereda ihre Hauptfigur trotz des alltäglichen Mobbings nicht nur darauf – und ihr Aussehen – reduziert, sondern immer wieder den – ganz normalen – Menschen dahinter erkennen lässt.

Szenenbild. Leider aber ist Pereda die Umwandlung von einem Kurz- in einen Spielfilm doch eher nur mittelmäßig geglückt. So interessant die Idee grundsätzlich ist, diese eine – auch im Langfilm entscheidende – Szene zu nehmen, und quasi ein Gerüst drum herumzubauen, so zieht sich die zweite Hälfte des Films, nach dem Vorfall im Schwimmbad und dessen Nachspiel, leider teilweise doch ordentlich dahin. Hier ist ihr leider in meinen Augen nicht genug eingefallen, um auch diesen Teil dann mit ausreichend interessanten Szenen zu füllen, und ihn so unterhaltsam zu machen. Auch den Flirt mit dem Serienkiller fand ich eher sonderbar. Ich verstehe die Idee dahinter, Sara mit einer Art möglichen, düsteren (zukünftigen) Version ihrer Selbst zu konfrontieren (deutet der Film doch an, dass es dem Killer in der Vergangenheit ähnlich erging wie ihr), die Umsetzung fand ich aber nur bedingt gelungen. Und die letzte Szene war dann fast schon wieder etwas zu viel der Wunscherfüllung und des Happy Ends; gerade auch, da der Film bis dahin sehr bodenständig und "realistisch" war (wenn man auch sicher argumentieren kann, dass Pereda sie hier einfach für die zuvor getroffene Entscheidung "belohnen" wollte). Nicht zuletzt die starken Einzelmomente machen "Piggy" aber trotz dieser Schwächen definitiv sehenswert – wenn sich auch zugegebenermaßen der beste Teil letztendlich auch schon im (bzw. als) Kurzfilm zu sehen war.

Fazit: "Piggy" ist ein ganz anderer Film, als zumindest ich ihn angesichts des (blutigen) Filmposters erwartet hätte. Statt einer überhöhten (und im Kontext einer fiktiven Erzählung auf archaische Art und Weise befreienden) Rachefantasie präsentiert uns Carlota Pereda hier vielmehr ein interessantes Thrillerdrama, welches vor allem mit der Darstellung jenes Mobbings, welches Sara aufgrund ihres Aussehens tagtäglich ausgesetzt ist, besticht. Seinen – relativ frühen – Höhepunkt erreicht der Film dann mit der Adaptierung des gleichnamigen Kurzfilms. Danach geht ihm zwar etwas die Luft aus – die Umwandlung des Kurz- in einen Langfilm ist der Regisseurin und Drehbuchautorin dann doch eher nur mittelmäßig geglückt – das Finale konnte mir dann aber wieder sehr gut gefallen. Zwar hätte ich mit einer klassischeren Rachefantasie auch sehr gut leben können. Letztendlich denke ich aber, dass mir "Piggy" eben genau deshalb, weil er in eine andere Richtung ging, länger in Erinnerung bleiben wird, als wenn er einem traditionelleren Ansatz gefolgt wäre.

Wertung:6 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2022 Alamode Film)


Weiterführende Links:
Halloween-SPECiAL 2022





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