Originaltitel: The Great Wave Episodennummer: 1x04 Bewertung: Weltweite Internet-VÖ: 16. September 2022 (Amazon Prime) Drehbuch: Stephany Folsom, John D. Payne & Patrick McKay Regie: Wayne Yip Besetzung:
Morfydd Clark als Galadriel,
Cynthia Addai-Robinson als Queen Regent Míriel,
Ema Horvath als Eärien,
Leon Wadham als Kemen,
Trystan Gravelle als Pharazôn,
Lloyd Owen als Captain Elendil,
Charlie Vickers als Halbrand,
Maxim Baldry als Isildur,
Anthony Crum als Ontamo,
Alex Tarrant als Valandil,
Ismael Cruz Cordova als Arondir,
Joseph Mawle als Adar,
Nazanin Boniadi als Bronwyn,
Peter Tait als Tredwill,
Geoff Morrell als Waldreg,
Tyroe Muhafidin als Theo,
Ian Blackburn als Rowan,
Robert Aramayo als Elrond,
Charles Edwards als Lord Celebrimbor,
Sophia Nomvete als Princess Disa,
Owain Arthur als Prince Durin IV,
Ken Blackburn als Tar-Palantir,
Peter Mullan als King Durin III u.a.
Kurzinhalt:
Galadriel versucht Königin Miriel davon zu überzeugen, mit einer Streitmacht in Richtung Mittelerde zu segeln, um sich dem Grauen, welches sich in den Südlanden zusammenbraut, zu stellen. Diese jedoch will davon nichts hören. Nachdem Galadriel darauf beharrt, mit ihrem Vater – dem eigentlichen König – zu sprechen, lässt sie die Elbin ins Gefängnis sperren. Als Wachen kommen, um sie auf ein Schiff zu befördern, mit dem sie nach Mittelerde zurückkehren soll, überwältigt sie diese, und schafft es, zum König zu gelangen. In dessen Kammer weiht Miriel sie schließlich in ihr Geheimnis ein: Sie ist geplagt von einer Vision des Untergangs von Númenor, die ihr von einem im Palast versteckten Palantir gezeigt wurde. In den Südlanden ziehen sich die Bewohner des an die vorrückenden Orks grenzenden Dorfs in den nahegelegenen Wachturm zurück. Da dort nicht genug Vorräte vorhanden sind, um alle Schutzsuchenden zu versorgen, bricht Bronwyns Sohn Theo zusammen mit einem Freund auf, um Nachschub zu besorgen. Arondir wird indes von Adar, dem Anführer der Orks, freigelassen, um den Südländern sein Ultimatum zu überbringen…
Review (kann Spoiler enthalten):
"Die Große Woge" startet für alle, die mit Tolkiens Mythologie vertraut sind, mit einem echten Leckerbissen. Im Review zur letzten Episode hatte ich ja erwähnt, dass ich schon sehr gespannt darauf bin, ob wir im Verlauf der Serie den Untergang Númenors zu Gesicht bekommen würden. So früh hätte ich damit aber nicht gerechnet – auch wenn es sich hier "nur" um eine Vision handelt. Wenn man weiß, wie wichtig Tolkien eben diese Geschichte war, und dass ihr Ursprung in einem wiederkehrenden Alptraum einer versinkenden Stadt liegt, haben diese Bilder (die hier eben noch dazu als ein Traum von Miriel) gezeigt werden, einen unheimlichen Reiz. Aber selbst ohne diese Kenntnis beginnt "Die große Woge" aufgrund der damit einhergehenden Bilder mit einem echten Spektakel. Nun stellt sich mir die Frage, ob es sich hier um einen Teaser für etwas handelt, welches wir in weiterer Folge in der Serie nochmal "in echt" sehen werden, oder dies – ähnlich zur Schändung des Auenlands, die Frodo kurz sieht, als er in Galadriels Spiegel blickt – einfach als Verbeugung vor Tolkiens Werk gedacht war, und sich der eigentliche Untergang zwischen der Serie und den Filmen zutragen wird.
Aber ganz abseits dieses beeindruckenden Auftakts war der Handlungsstrang rund um Galadriel – und Miriel – auch hier wieder mein Favorit. Ich finde Morfydd Clark in der Rolle wirklich phänomenal; sie erinnert finde ich definitiv an Cate Blanchett, und vor allem die Stärke hinter ihren Worten als sie von Miriel verlangt, zu ihrem Vater gebracht zu werden, war beeindruckend. Schön aber auch, dass wir in weiterer Folge auch die Hintergründe für Miriels Verhalten zu verstehen beginnen. Denn das mit dem Untergang Númenors ist nicht einfach "nur" ein Alptraum, sondern eine Vision, die sie vom Palantir erhalten hat – und diese begann mit der Ankunft Galadriels. Aus ihrer Sicht wurde somit mit der Ankunft der Elbin der Niedergang ihres Reichs eingeläutet. Parallel dazu sehen wir in einigen eindringlichen Momenten – insbesondere wenn Pharazon zum wütenden Mob spricht – dass es sich bei Númenor schon lange vor der Großen Woge um ein Reich im Niedergang handelte. Die alten Werte, die Freundschaft zu den Elben, und so weiter, all dies wurde zunehmend aufgegeben, und machte Neid, Missgunst bis richtiggehendem Hass Platz. Die Hetzerei gegen Elben, die den Nùmenorern die Jobs wegnehmen (und noch dazu nicht altern – letzteres ist ein ganz zentraler Aspekt des Hasses der Menschen auf die Elben), erinnert dabei an ganz ähnliche Stimmungen (die Populisten nur zu gut zu nutzen und zusätzlich anzufeuern verstehen), die wir auch in unserer Gesellschaft immer wieder beobachten können. Auf der anderen Seite haben wir die Familie von Elendil, die nach wie vor treu zu den Elben stehen, und die alten Werte hochhalten. Sein Sohn Isildur wird hier – nachdem die See zu ihm ruft – zusammen mit seinen Freunden vom Schiff gewofen, und schließt sich letztendlich, nachdem Miriel von den fallenden Blättern des Baumes umgestimmt wurde, der Reise nach Mittelerde an. Wer sich noch an den Prolog aus "Der Herr der Ringe" erinnert, wird wissen, wo dies eines Tages hinführen wird (im Übrigen fand ich es spannend, wie für mich der Ruf der See jenen entscheidenden Moment widerzuspiegeln schien, in dem der Ring selbst zu Isildur spricht, und ihn so davon abhält, ihn ins Feuer zu werfen).
Generell gefällt es mir bislang ausgesprochen gut, wie die Serie Elemente aus Tolkiens Mythologie aufgreift, und auch immer wieder Dinge aufnimmt, die noch vor der Serie passiert sind – wie z.B. die Gespräche über Elronds Vater Eärendil. Nun da ich endlich das Silmarillion ebenfalls gelesen habe, bekomme ich bei solchen Momenten (wie z.B. auch nur der kurzen namentlichen Erwähnung von Beleriand) Gänsehaut. Gleiches gilt übrigens für den musikalisch hervorstechenden Moment mit Prinzessin Disas Gesang (der zuerst noch dazu diente, Theos Flucht zu untermalen – dazu gleich noch). Überhaupt hatte es mir die Story in Kzahad-dûm wieder sehr angetan. Die Freundschaft zwischen Elrond und Durin IV kommt sehr schön heraus; zugleich liegt in all diesen Szenen im Wissen ob des Untergang des Reichs – weil die Zwerge einst, um das kostbare Mithril zu bergen, zu tief schürfen und den darunter lauernden Schrecken erwecken werden – eine bestechende innewohnende Tragik. So sehr man sich auch freut, dass Durin IV hier am Ende die richtige Entscheidung trifft, wir wissen eben, dass der Untergang damit nicht verhindert, sondern nur verzögert/verschoben wurde. All dies sind Dinge, die mit dem nötigen Hintergrundwissen (wobei hier die Filme letztendlich überwiegend schon ausreichend sind) nochmal aufgewertet werden.
Jedenfalls wurde hier nun mit dem Mithril auch die Frage beantwortet, was Durin so kostbar-glänzendes in der Schatulle in "Treibgut" versteckt hat (wobei Mithril von sich aus eigentlich nicht leuchten sollte, sondern nur, wenn es angestrahlt wird, aber das will ich ihnen mal nachsehen). In den Südlanden ging es indes auch spannend weiter. Die schemenhafte Figur am Ende der letzten Folge wird hier nun enthüllt, wobei wir seinen Namen noch nicht erfahren – ist Adar doch nur die Bezeichnung ("Vater"), welche die Orks ihm gegeben haben. Dies wiederum lädt zum Spekulieren ein. Ob wohl das nun Sauron ist? Oder ist es "nur" einer seiner Handlanger? Die weiteren Episoden werden es zeigen (im Übrigen ist es sehr beruhigend zu wissen, dass es "Die Ringe der Macht" wohl kaum passieren kann, abgesetzt zu werden, bevor man die offenen Fragen beantworten kann). Die Figur selbst, und ihr Gespräch mit Arondir, fand ich jedenfalls sehr interessant. Alles rund um die Flucht der Südländer zum Wachturm hatte für mich dann wiederum einen starken "Helms Klamm"-Touch, an den die Burg für mich generell vom Aufbau her (ich vermute bewusst?) erinnerte. Dort kann sich dann auch Theo endlich mal richtig in Szene setzen, als er zusammen mit einem Freund loszieht, um Vorräte zu besorgen. Mir gefällt, wie die Serie einen Aspekt aufgreift, der bei Peter Jacksons Trilogie eher vernachlässigt wurde, nämlich die Furcht der Orks vor Sonnenlicht. Was ihn wiederum, als sich eine Wolke übers verlassene Dorf legt, in die Bredouille bringt, als die Orks einfallen. Nach einer nett inszenierten Flucht, die länger ohne erkennbaren Schnitt aufkommt, kulminiert dies schließlich in der zuvor schon erwähnten Szene, als Arondir gerade rechtzeitig kommt, um ihn in Wald vor den Orks zu retten. Im Gegensatz zum überbordenden Einsatz in der letzten Folge hat es in der Zeitlupe hier gepasst; auch diese Flucht aus dem Wald war jedenfalls definitiv – auch dank der zuvor schon gelobten gänsehauterzeugenden Einlage – ein Highlight. Natürlich merkt man, dass wir nach wie vor in der Vorbereitungsarbeit sind. Und doch beginnen zunehmend, große Ereignisse ihre Schatten vorauszuwerfen. Eben das macht "Die Ringe der Macht" unter anderem so reizvoll, auch wenn sich inhaltlich genau genommen eigentlich noch gar nicht so viel tun mag.
Fazit:
In "Die Große Woge" gab es wieder einige Highlights, angefangen bei der titelspendenden Vision vom Untergang Númenors, über die Flucht von Arondir, Theo und Bronwyn vor den Orks, bis hin zur Offenbarung des Mithrils in Kzahad-dûm. Die Episode profitiert dabei einerseits – zumindest bei allen, die eine entsprechende Kenntnis der Materie mitbringen – von Referenzen auf Tolkiens etablierter Mittelerde-Mythologie (wie z.B. die Erzählung über Eärendil, und zugleich von unserem Wissen (welches sich teilweise auch allein aus der Filmtrilogie ergibt), dass einige der hier gezeigten Reiche in weiterer Folge untergehen werden. Was die Inszenierung, die Musik (neben Dinas Gesang sei hier insbesondere noch die Untermalung von Galadriels Aufbruch aus Númenor erwähnt), die Effekte, Ausstattung, Sets, Kostüme bis hin zu den schauspielerischen Leistungen betrifft, ist das alles nach wie vor allererste Sahne, wobei es mir im Hinblick auf letzterem insbesondere Morfydd Clark wieder enorm angetan hatte. Stimmt schon, viel Vorwärtsbewegung gibt es momentan noch nicht, und insbesondere wenn man mit der Mythologie nicht ganz so vertraut ist kann ich mir vorstellen, dass da und dort der Eindruck entsteht, dass sich eigentlich nicht wirklich etwas tut. Ich persönlich genieße es aber viel zu sehr, dank "Die Ringe der Macht" neuerlich in der Welt von Mittelerde versinken zu können, als dass ich mich darüber beschweren könnte.