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The Boys - 1x01: Aller Anfang ist schwer… Drucken E-Mail
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Episodenbild (c) Amazon Studios

Originaltitel: The Name of the Game
Episodennummer: 1x01
Bewertung:
Weltweite Internet-VÖ: 26. Juli 2019 (Amazon Prime)
Drehbuch: Eric Kripke
Regie: Dan Trachtenberg
Besetzung: Karl Urban als Billy Butcher, Jack Quaid als Hughie Campbell, Antony Starr als Homelander, Erin Moriarty als Starlight / Annie January, Dominique McElligott als Queen Maeve, Jessie T. Usher als A-Train, Laz Alonso als Mother's Milk, Chace Crawford als The Deep, Tomer Capon als Frenchie, Karen Fukuhara als Kimiko Miyashiro, Nathan Mitchell als Black Noir, Elisabeth Shue als Madelyn Stillwell, Simon Pegg als Hugh Campbell, Alex Hassell als Translucent, Shaun Benson als Ezekiel, Ann Cusack als Donna January, Colby Minifie als Ashley Barrett, Jaden Martin als Jamie, Jess Salgueiro als Robin u.a.

Kurzinhalt: In einer Welt, in der Superhelden existieren, und über einen weltumspannenden Konzern gemanagt und vermarktet werden, erleidet Hughie Campbell einen tragischen Verlust. Er war gerade dabei, sich von seiner Freundin Robin zu verabschieden, als diese gerade mal einen Schritt über die Bordsteinkante machte – und daraufhin vom superschnellen Superhelden A-Train, als dieser Verbrecher verfolgte, erwischt wurde. Nun hält Hughie zwar noch ihre Arme fest – der Rest ist aber quasi explodiert. Die Versicherung der Superhelden macht ihm ein Vergleichsangebot, doch Hughie geht es nicht um Geld: Er will von A-Train vielmehr eine Entschuldigung hören. Da wendet sich der – angebliche – FBI-Agent Billy Butcher an ihn. Dieser hat ebenfalls eine Abneigung gegen Superhelden, und hat es insbesondere auf die sogenannten Sieben – quasi deren A-Team – abgesehen. Nachdem er Hughie eine Aufnahme zeigt, wo sich A-Train über den Tod von Robin lustig macht, erklärt sich dieser dazu bereit, eine Wanze im Büro der Seven zu platzieren. Währenddessen ist Annie January aka Starlight, eine junge Superheldin aus der Provinz, außer sich vor Freude, dass man aus allen KandidatInnen, die den Platz des in Pension gehenden Superhelden Lamplighter bei den Seven ausfüllen sollen, just für sie entscheidet. Doch schon bald muss sie erkennen, dass die glamouröse Welt der Superhelden nur Fassade ist – hinter der sich ein tiefer moralischer Abgrund auftut…


Review: Episodenbild (c) Amazon Studios So paradox es vielleicht auch sein mag, aber… der Hauptgrund, warum ich nach all der Zeit nun endlich damit begonnen habe, mir "The Boys" vorzuknöpfen, liegt bei der Netflix-Konkurrenzserie "Jupiter's Legacy". Diese basiert ja auf einem Comic von Mark Miller, und seit "Kick-Ass" (und durchaus auch noch "Kingsmen"; wobei in beiden Fällen die Fortsetzungen leider nicht mehr ganz an die ersten Filme heranreichten) habe ich auf alle Projekte, die eine Vorlage von ihm als Grundlage haben, ein besonderes Auge geworfen. Da die beiden Serien jedoch teilweise miteinander verglichen wurden, und insofern eine Gemeinsamkeit haben, als es beiden darum geht, die klassischen Superheldenmythen zu untergraben, schien es mir angebracht, mir vor "Lupiter's Legacy" zumindest mal die erste Staffel von "The Boys" vorzuknöpfen. Und zumindest mal nach der ersten Folge sage ich mal: Danke, Mark Millar, dass du mir den letzten Tritt in den Hintern gegeben hast, um mir die Serie endlich mal anzusehen (kleine Randnotiz: Dass der Trailer dazu vor jedem Panel der FedCon 2019 gezeigt wurde, trug damals sicherlich auch dazu bei, dass ich mich nicht gleich über die Serie stürzte; nach der gefühlt fünfzigsten Wiederholung konnte und wollte ich von "The Boys" einfach nichts mehr sehen).

So wie "Jupiter's Legacy" basiert auch "The Boys" auf einer Comic-Vorlage, in diesem Fall von Garth Ennis (von dem Amazon zuvor "Preacher" adaptierte – eine Serie, die ich mir vielleicht auch endlich mal vorknöpfen sollte). Da ich diese bislang nicht kenne, kann ich keinen Vergleich ziehen, aber vom Konzept her hat mich die Pilotfolge jedenfalls schon mal sehr angesprochen. Auf der einen Seite steht da die Idee von Superhelden als regelrechte Arschlöcher. Diese mag nicht mehr ganz neu sein – Alan Moore war vermutlich der erste, der mit "Watchmen" Superhelden-Archetypen als verkorkste, kaputte Gestalten darstellte – hat aber in der schonungslos-brutal-schwarzhumorigen Art und Weise, wie es hier dargestellt wird, für mich definitiv ihren Reiz. Wir befinden uns momentan in der goldenen Ära der Superhelden, zumindest soweit es Film und Fernsehen betrifft. Und so sehr ich auch die klassische entsprechende Genre-Unterhaltung nach wie vor schätze, so tut es auch gut, ein bisschen Abwechslung zum Einheitsbrei serviert zu bekommen (weshalb mir eben auch die zumindest sehr ungewöhnlich startende erste Disney-Marvel-Serie "WandaVision" weitaus besser gefallen konnte als der deutlich generischere "The Falcon and the Winter Soldier"). Ähnlich wie zuvor "Watchmen" ist es Garth Ennis dabei sehr gut gelungen, klassische Superhelden zu nehmen, und hier nun in leicht abgewandelter oder auch nur umbenannter Form in seiner Erzählung auftreten zu lassen. Angefangen beim Homelander, der wie eine Mischung aus Superman und Captain America wirkt, über den Wonder Woman-Verschnitt Queen Maeve, die Aquaman-Variante The Deep, den Translucent genannten Unsichtbaren, bis hin zur Flash-Kopie A-Train. Diese Archetypen derart ins Dunkle verzerrt zu sehen, fand ich auch hier wieder sehr interessant.

Episodenbild (c) Amazon Studios Noch mehr als das sticht jedoch die Art und Weise heraus, wie Superhelden bei "The Boys" vermarktet werden. Das war dann auch genau jene Idee, die mir so bislang noch nicht untergekommen wäre, und die ich nicht nur originell, sondern auch sehr glaubwürdig fand. Nicht zuletzt auch in unserer aktuellen, von Marken, IPs und Kommerz dominierten Welt erscheint es nur folgerichtig, dass sich ein Konzern die Rechte an Superhelden sichern und diese dann weltweit vermarkten würde, sei es über Werbeauftritte, Lizenzprodukte oder auch Filmen, in denen sie sich selbst spielen. Die vermeintlich glitzernd-heile Welt offenbart sich dabei schon bald als reiner Schein – wie auch Starlight erfahren muss, die just von The Deep, den sie einst als Teenagerin anhimmelte, sexuell missbraucht wird (eine Szene, die mir echt durch Mark und Bein ging). Auch hier finden sich so interessante wie erschütternde Parallelen zur Realität, sei es nun im Bereich der Model- oder auch der Schauspiel-Welt, wo ebenfalls ein glamouröser Schein gewahrt wird, hinter dem sich (wohl; ich kann es aus eigener Erfahrung ja nicht beurteilen) in Wahrheit (nicht zuletzt auch moralische) Abgründe auftun.

Neben den Superhelden stehen aber auch ein paar ganz normale Menschen im Mittelpunkt, die aufgrund ihrer individuellen Erfahrungen einen Hass auf Superhelden entwickelt haben. So wie Billy Butcher (gespielt vom wohl größten Star, mit dem die Serie aufwarten kann, nämlich Karl Urban), der sich als FBI-Agent ausgibt (und wo wir hier erstmal den Grund für seinen Feldzug gegen Superhelden noch nicht erfahren), sowie insbesondere Hughie Campbell, dessen tragischen Verlust wir unmittelbar miterleben, und dementsprechend nachvollziehen und teilen können. Wie ihm seine geliebte Freundin von einer Sekunde auf die nächste aufgrund von A-Trains Unaufmerksamkeit (und Gleichgültigkeit) entrissen wird, mag zwar fast schon ins komische überzeichnet sein, verfehlt jedoch trotzdem die gewünschte schockierend-emotionale Wirkung nicht. Was in ihm vorgegangen ist, dass er den Scheck zerrissen hat, konnte ich zwar nicht verstehen (hätte sich dieser doch in ihrem Feldzug gegen Superhelden sehr gut einsetzen lassen), davon abgesehen fiel es mir aber leicht, mich in ihn hineinzuversetzen. Die zweite Hauptfigur, quasi auf der Gegenseite, ist dann Annie January aka Starlight. Gespielt von Erin Moriarty, die mir das erste Mal in der Marvel/Netflix-Serie "Jessica Jones" positiv aufgefallen ist, haben wir hier eine (leicht naive) Idealistin vor uns, die mit der Erkenntnis fertig werden muss, dass die Superheldentruppe die sie Zeit ihres Lebens angehimmelt hat, und von der sie nicht einmal zu träumen wagte, eines Tages Teil von ihnen zu sein, alles andere als jene strahlende Helden sind, die sie bislang in ihnen sah. Der Konflikt aus ihrer idealisierten Vorstellung mit der knallharten Realität sorgt für eine überaus spannende Ausgangssituation für den Rest der Serie. Jedenfalls ist es "The Boys" mit "Aller Anfang ist schwer…" aufgrund des interessanten Grundkonzepts, der interessanten Figuren, der tollen schauspielerischen Leistung, sowie der hochwertigen Inszenierung durch Dan Trachtenberg gelungen, mich gleich für sich einzunehmen.

Fazit: Episodenbild (c) Amazon Studios Let's hear it for "The Boys"! Ich mag auf den Zug erst recht spät aufgesprungen sein, und natürlich muss man nach nur einer Folge noch etwas vorsichtig sein, aber zumindest "Aller Anfang ist schwer…" ist es mal voll und ganz gelungen, mich zu überzeugen. Im Gegensatz zum Großteil der Superhelden-Unterhaltung, richtet sich "The Boys" eindeutig an Erwachsene, und ist dementsprechend düster und brutal; was ich für sich genommen schon als nette Abwechslung zum üblichen, jugendfreien Einheitsbrei empfinde. Zumal ich für Dekonstruktionen klassischer Superhelden-Mythen, bei aller Liebe fürs Genre, ebenfalls durchaus etwas übrig habe. Die Idee, dass Menschen mit Superkräften nicht zwingend auch Helden sein müssen, mag dabei zwar nicht mehr unbedingt neu sein (vor allem Alan Moore hat dies mit bzw. in "Watchmen" ja geradezu zelebriert), gefällt mir aber auch bei der Umsetzung in "The Boys" nach wie vor sehr gut. Dazu gesellt sich dann noch die Idee rund ums Management und die Vermarktung, die zumindest ich als recht erfrischend und neu empfand. Zusammen mit den teils wunderbar sympathischen, teils herrlich abscheulichen Figuren, einer hochwertigen Inszenierung, sowie einzelnen Höhepunkten, macht dies "Aller Anfang ist schwer…", entgegen des deutschen Titels, vielmehr zu einem höchst gelungenen und vielversprechenden Auftakt!

Wertung: 4 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2019 Amazon Prime Video)








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