Originaltitel: Lyra's Jordan Episodennummer: 1x01 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 03. November 2019 (HBO) Erstausstrahlung D: 25. November 2019 (Sky) Drehbuch: Jack Thorne Regie: Tom Hooper Besetzung:
Dafne Keen als Lyra Belacqua,
James McAvoy als Lord Asriel,
Ruth Wilson als Mrs Coulter,
Clarke Peters als The Master,
Lewin Lloyd als Roger Parslow,
Gary Lewis als Thorold,
Ian Gelder als Charles,
Patrick Godfrey als Butler,
Philip Goldacre als Sub-Rector,
Richard Cunningham als Chaplain,
Daniel Frogson als Tony Costa,
Anne-Marie Duff als Ma Costa,
Simon Manyonda als Benjamin De Ruyter,
Geoff Bell als Jack Verhoeven,
Tyler Howitt als Billy Costa,
Lucian Msamati als John Faa,
James Cosmo als Farder Coram,
Mat Fraser als Raymond Van Gerrit,
Ariyon Bakare als Carlo Boreal,
Will Keen als Father MacPhail u.a.
Kurzinhalt:
Lyra Belacqua lebt in einer Parallelwelt, in der jeder Mensch von einem tierischen Begleiter, Daemon genannt, begleitet wird, dem auch dessen Seele innewohnt. Als sie noch ein Baby war, brachte ihr Onkel Asriel sie nach dem Tod ihrer Eltern zum Jordan College, um sie in Sicherheit zu bringen. Seither wuchs sie dort auf, und freundete sich dabei u.a. mit Roger an. Beide freuen sich schon auf den Tag, an dem ihr Daemon seine endgültige Gestalt erwählt. Eines Tages kehrt Lord Asriel von einer besonderes langen, aber ergiebigen, Expedition zum Nordpol zurück – und schockiert die Wissenschaftler des Colleges mit seinen blasphemischen Aussagen. So behauptet er nicht nur, einen Beweis für die Existenz von Staub gefunden zu haben – einer Substanz, die aus unbekannten Gründen nur Erwachsene, jedoch nicht Kinder, zu umgeben scheint – sondern auch, dass dieser in unmittelbaren Zusammenhang mit angeblichen Parallelwelten steht, deren Existenz jedoch vom Magisterium heftig bestritten wird. Seine blasphemischen Äußerungen stoßen nicht bei allen auf Gegenliebe, letztendlich gewinnt jedoch die wissenschaftliche Neugier, und eine weitere große Expedition wird genehmigt. Lyra möchte ihn bei dieser unbedingt begleiten, doch dies lehnt Asriel strikt ab – sie sei einfach noch zu jung. Kurz darauf erhält sie dafür das Angebot, Mrs. Coulter als ihre persönliche Assistentin zu begleiten, was sie dankend annimmt. Am nächsten Morgen, wenn sie aufbricht, ist jedoch ihr bester Freund Roger, der sie eigentlich hätte begleiten sollen, spurlos verschwunden…
Review:
Ich habe die "His Dark Materials"-Trilogie von Philip Pullman (der dann, wenn ich richtig informiert bin, auch nochmal Fortsetzungen mit Lyra als erwachsene Frau folgten) bisher (bzw. immer) noch nicht gelesen (ist allerdings noch auf meiner To Do-Liste), und kann somit zwischen dieser – angeblich recht werkgetreuen – Adaption und der Vorlage keinen Vergleich ziehen. Letzteren traue ich mich auch zum in der Hochzeit der Fantasy-Welle aus dem 2007er-Jahr, "Der goldene Kompass", nicht mehr zu, ist es doch mittlerweile auch schon wieder fast 10 Jahre her, dass ich den zuletzt gesehen habe. Bis auf die damals hochkarätige Besetzung sowie das unbefriedigend-offene Ende ist mir von dem nicht mehr wirklich viel erinnerlich. All dies hat für "His Dark Materials" letztendlich den Vorteil, dass ich ihr weitgehend "vorurteilsfrei" begegnen kann. Auffällig ist dabei gleich einmal, dass sich die BBC/HBO-Adaption im Vergleich zum Kinofilm was die Besetzung betrifft kaum verstecken muss. Vor allem die Verpflichtung von James McAvoy sticht hier positiv hervor, und verleiht der Neuverfilmung einen gewissen Hollywood-Touch. Aber auch Dafne Keen ("Logan") und Ruth Wilson sind durchaus bekannte Gesichter; zudem sind mit James Cosmo und Ian Gelder u.a. auch noch zwei "Game of Thrones"-Veteranen am Start (wobei ich trotzdem nicht den Eindruck hatte, dass sich "His Dark Materials" als potentieller Nachfolger platzieren würde).
Logischerweise gilt es bei einer Serie, die in einer parallelen Fantasy-Welt spielt, in der ersten Folge u.a. diese vorzustellen. Dies geschicht bei "Lyras Jordan" recht effizient mittels einer Texteinblendung zu Beginn (vergleichbar mit den Lauftexten von "Star Wars", oder auch "Blade Runner"). So werden dem geneigten, mit der Materie bislang nicht vertrauen Zuschauer, kurz und kompakt die wichtigsten Hintergrundinformationen vermittelt – insbesondere rund um die tierischen Daemonen. Wie schon beim Film fand ich diese von Pullman hier erschaffene Welt wieder durchaus faszinierend. Im direkten Vergleich zum Film war ich allerdings etwas über die deutlichen Parallelen zu unserer aktuellen Gegenwart irritiert. Möglicherweise habe ich das falsch in Erinnerung, aber den Film hätte ich eher in unserer Vergangenheit (so um 1900) verortet. Sehr interessant fand ich jedenfalls wieder das Konzept von klerikaler Wissenschaft. Pullman übt hier starke Religionskritik (bei mir immer ein Plus), und macht auch deutlich, dass es letztendlich schnurzpiepegal ist, ob wir an eine Bibel oder an irgendwelche wissenschaftliche Texte glauben; das Problem liegt darin, neuen Erkenntnissen gegenüber nicht aufgeschlossen zu sein. Letztendlich wird durch diese Betrachtungsweise auch deutlich, dass es bei jeder Form der institutionellen Religion in erster Linie um Kontrolle und Macht geht. Jedenfalls hat mich die hier vorgestellte Welt auch in der Serie wieder durchaus angesprochen. Die Figuren lernen wir hier zwar erstmal nur rudimentär, aber zumindest für einen ersten Eindruck ausreichend kennen. Die Ausnahme ist Lyra, die hier – no na – im Mittelpunkt steht, und mit ihrer neugierig-aufgeweckten Art sowohl (positiven) Eindruck hinterlässt. Hier ist zudem auch Dafne Keen hervorzuheben, die wie zuvor erwähnt u.a. bei "Logan" schon Kinoluft geschnuppert hat, und deren Leistung ich doch nochmal die Spur stärker einschätzen würde als jene von Dakota Blue Richards in "Der goldene Kompass".
Für die Regie zeichnete sich bei den ersten beiden Folgen ebenfalls jemand mit Kinoerfahrung verantwortlich, nämlich Tom Hooper, der sich zuerst mit "The King's Speech" und "Les Misérables" einen Namen machte, nur um ihn mit "Cats" (der parallel zur Erstausstrahlung der ersten Staffel von "His Dark Materials" in die Kinos kam) eigenmächtig wieder in den Dreck zu ziehen. Bei "Lyras Jordan" gibt er sich regietechnisch keine Blöße, jedoch auch, ohne groß zu glänzen. Ganz ehrlich: Um doch nochmal den "Game of Thrones"-Vergleich zu bemühen: Da haben einige TV-Veteranen dort beeindruckendere Arbeit abgeliefert. Grundsätzlich ist die Produktionsqualität (Sets, Kostüme, Effekte) aber auf jenem Niveau, dass man in den letzten Jahren von HBO (und anderen Streaming-Anbietern) zu erwarten gelernt hat. Bleibt noch die Musik. Diese stammt wie schon bei "Game of Thrones" wieder aus der Feder eines Komponisten, der durch die Zimmersche Schule gegangen ist (und dem man dies da und dort doch recht deutlich anhört). Lorne Balfe überzeugt dabei mit einer eingängigen Titelmelodie, kommt jedoch zumindest vorerst was Vielfalt und Orchestrierung betrifft nicht an Ramin Djawadis Arbeit für "Game of Thrones" heran. Wobei das zugegebenermaßen nach nur einer Episode jetzt nicht unbedingt ein fairer Vergleich ist.
Fazit:
"His Dark Materials" hat in meinem Fall den Vorteil, recht unvorbelastet starten zu können. Die Vorlage ist mir nämlich (leider nach wie vor) nicht bekannt, und ein Vergleich mit dem Film aus 2007 angesichts der Tatsache, dass ich den zuletzt vor knapp zehn Jahren gesehen habe, auch nicht wirklich möglich. Die Pilotfolge machte jedenfalls einen guten Job wenn es darum geht, uns diese (Parallel-)Welt vorzustellen, und uns auch zumindest einen ersten Eindruck von den Figuren erhaschen zu lassen. Neben Lyra, die als einzige näher beleuchtet wird, und auch in der Serie wieder sehr sympathisch rüberkommt, hinterließen dabei in erster Linie Lord Asriel und Mrs. Coulter bei mir Eindruck. Storytechnisch tut sich hier indes naturgemäß jetzt noch nicht unbedingt so viel, gilt es doch erstmal, die Figuren aufzustellen, das Setup abzuschließen und so die weitere Geschichte vorzubereiten – und das gelang "Lyras Jordan" überwiegend sehr gut, werden doch gleich mehrere spannende Fragen aufgeworfen (Asriels Entdeckung im Norden, das Geheimnis rund um den Tod von Lyras Eltern, das Rätsel rund um die verschwundenen Kinder, usw.), die nun im Rest der Staffel auf ihre Antwort harren. Produktionstechnisch mag "His Dark Materials" zwar nicht ganz mit den aktuellen Seriengrößen mithalten können, muss sich aber sicherlich auch nicht verstecken. Und die Besetzung macht ebenfalls einen hochkarätigen Eindruck, wobei neben James McAvoy und Ruth Wilson für mich in erster Linie Dafne Keen in der Hauptrolle hervorsticht. Sprechende Tiere sind für mich zwar immer ein bisschen "Disney", und insgesamt hat mich diese Auftaktfolge mal eher interessiert als fasziniert (oder gar begeistert), ihren Zweck, mein Interesse für den Rest der Serie (oder zumindest mal der ersten Staffel) zu wecken, hat "Lyras Jordan" aber erfüllt.