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Doctor Sleeps Erwachen Drucken E-Mail
Mike Flanagans Fortsetzung zu "Shining" Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Donnerstag, 28 November 2019
 
 
Doctor Sleeps Erwachen
Originaltitel: Doctor Sleep
Produktionsland/jahr: USA 2019
Bewertung:
Studio/Verleih: Vertigo Entertainment/Warner Bros.
Regie: Mike Flanagan
Produzenten: U.a. Jon Berg & Trevor Macy
Drehbuch: Mike Flanagan, nach dem Roman von Stephen King
Filmmusik: The Newton Brothers
Kamera: Michael Fimognari
Schnitt: Mike Flanagan
Genre: Horror
Kinostart Deutschland: 21. November 2019
Kinostart USA: 08. November 2019
Laufzeit: 152 Minuten
Altersfreigabe: FSK ab 16
Trailer: YouTube
Kaufen: Blu-Ray, DVD
Mit: Ewan McGregor, Rebecca Ferguson, Kyliegh Curran, Cliff Curtis, Zahn McClarnon, Emily Alyn Lind, Carel Struycken, Zackary Momoh, Jocelin Donahue, Carl Lumbly, Alex Essoe, Henry Thomas, Bruce Greenwood, Jacob Tremplay u.a.


Kurzinhalt: Dan Torrance ist es zwar gelungen, die Geister des Overlook-Hotels zu "begraben", doch die tragischen Ereignisse, die sich damals rund um seinen Vater dort abgespielt haben, hat er nie so richtig überwunden. Und so begann er, seinen Kummer in Alkohol zu ertränken – was den angenehmen Nebeneffekt hatte, zugleich sein Shining zu dämpfen – und damit erst recht in die Fußstapfen seines Vaters zu schlüpfen. Nach einer besonders unrühmlichen Tat, die ihn seither verfolgt, verschlägt es ihn in die Kleinstadt Anniston in New Hampshire. Dort lernt er zufällig Billy Freeman kennen, der in Dan eine verwandte Seele erkennt. Er besorgt ihm eine Wohnung, bringt ihn zum nächsten Meeting der Anonymen Alkoholiker, und schließlich findet Dan dort im Hospiz auch einen Job als Krankenpfleger, wo ihm sein Shining, mit dem er den Sterbenden dabei hilft, friedlich einzuschlafen, schon bald den Titel "Doctor Sleep" einbringt. Acht Jahre später sind seine Fähigkeiten wieder gefragt. Das junge Mädchen Abra, dass seit einigen Jahren mit ihm eine Art Shining-Brieffreundschaft pflegt, zieht die Aufmerksamkeit des sogenannten Wahren Knotens auf sich. Dabei handelt es sich um Vampire, die ihr Leben künstlich verlängern, in dem sie Kindern mit übersinnlicher Begabung ihr "Shining" – bzw. "Steam", wie sie es nennen – aussaugen. Angeführt von Rose the Hat glauben sie, in Abra die gehaltvollste Nahrung seit Jahrzehnten gefunden zu haben. Um sie aufzuhalten, muss sich Dan den Schatten seiner Vergangenheit stellen…

Review: Szenenbild. Mike Flanagan hat sich in den letzten Jahren unter Horror-Fans mit Filmen wie "Oculus" (den ich persönlich noch sehr klischeehaft und nicht sonderlich prickelnd fand), der soliden Stephen King-Adaption "Das Spiel", sowie der – zu Recht – hochgelobten Netflix-Serie "The Haunting of Hill House" einen Namen gemacht. Bei "Doctor Sleeps Erwachen" stand er jedoch mit Abstand vor seiner bislang größten Herausforderung. Und das nicht nur, weil er damit eine späte Fortsetzung zu "Shining", einem der beliebtesten und auch besten Horror-Filme aller Zeiten abliefert – was für sich allein genommen schon eine beängstigende Aufgabe wäre. Erschwerend kommt aber nun hinzu, dass er auch hier wieder eine Vorlage von Stephen King adaptiert, dieser jedoch von Stanley Kubricks Meisterwerk nicht viel hält – das zudem in einigen wichtigen Details, nicht zuletzt dem Ende, von der Vorlage abweicht – und in seinem Roman natürlich selbstverständlich an sein eigenes Werk anknüpfte. "Doctor Sleeps Erwachen" soll nun einerseits die Vorlage adaptieren, zugleich aber auch als Sequel zu Kubricks Film funktionieren – ein ausgesprochen schwieriger Spagat.

In meinem Fall hatte Flanagan zudem noch mit der Herausforderung zu kämpfen, dass ich nicht nur, wie viele andere, "Shining" zu den allerbesten Horrorfilmen aller Zeiten zähle (dementsprechend hoch liegt die Latte für seinen Nachfolger), sondern noch dazu von Stephen Kings Romanvorlage zu "Doctor Sleeps Erwachen" doch eher enttäuscht war. Sprich, er knüpfte einerseits an einen meiner Lieblings-Horrorfilme an, und das mit der Verfilmung eines meines Erachtens eher mäßigen Romans. Das klang nicht unbedingt sehr vielversprechend. Umso überraschter war ich, wie gut der Film bei mir angekommen ist – gerade auch, wenn man sich so manche eher kritische bis richtiggehend vernichtende Kritiken in der Fachpresse ansieht. Dabei glaube ich, dass der Film in meinem Fall sehr davon profitierte, dass ich hier ausnahmsweise mit meiner nach "Der Herr der Ringe" aufgestellten Regel, Romanvorlagen möglichst erst nach Sichtung des Films zu lesen, gebrochen habe. Denn wenn man die IMO doch eher schwache Vorlage kennt, weiß man die Art und Weise, wie Flanagan sie hier adaptiert hat, gleich noch mehr zu schätzen. Aus meiner Sicht ist es ihm jedenfalls sehr gut gelungen, sich die Rosinen aus der Vorlage herauszupicken (wobei ich dieses Sprichwort schon immer seltsam fand; wer zur Hölle mag schon Rosinen?!?!). Zudem gelingt es ihm mit seiner wieder einmal überaus kompetenten Inszenierung, einen meiner größten Kritikpunkte am Roman – die mangelnde Spannung – auszumerzen. Zugleich muss ich aber auch so ehrlich sein und sagen: So mäßig ich das Buch auch fand, so war es doch irgendwie erfrischend, wieder mal einen Film zu haben, der auf eine ebensolche – noch dazu reichhaltige – Vorlage basiert. Heutzutage sind Drehbücher ja allzu oft enorm gestrafft: Nur, was auf irgendeine Art und Weise von Bedeutung für die Handlung ist, wird gezeigt oder erwähnt (ja selbst, wenn eine Filmtochter beiläufig von ihrem Fahnenschwenk-Wettbewerb in der Schule erzählt). Was fehlt, sind wahllose Details, die zwar narrativ keine Bedeutung haben, dem ganzen aber halt doch irgendwie einen gewissen Flair geben – und das Ganze für mich zudem auch irgendwie realistischer (weil unsere Leben sind ja auch nicht so stromlinienförmig auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet).

Szenenbild. Nun ist Stephen King ein Autor, der für seinen ausschweifenden Stil bekannt ist. Er schreibt nicht nur gerne und viel, sondern holt zudem auch immer wieder gerne aus, und verliert sich schon mal in seitenlangen Nebenhandlungssträngen. Was grundsätzlich einen Teil seines Reizes ausmacht; wie erfolgreich dies ist, hängt aber für mich halt immer einerseits davon ab, wie spannend ich die Handlung finde, und andererseits, ob er dabei zumindest ein gewisses Augenmaß beibehält; beides waren letztendlich an "Doctor Sleep" die Knackpunkte. Mike Flanagan bedient sich nun an dieser reichhaltigen Vorlage, und das ist zugleich das Beste und das Schlechteste an seinem Film. Das Beste, weil seine Adaption damit genau jene Würze bekommt, die mir in den meisten aktuellen Hollywood-Filmen fehlt. Diese kleinen Details, die "random weirdness", einfach irgendwelche Dinge, die nur dafür da sind, um die Welt ein bisschen größer und/oder eine Figur vielschichtiger zu machen. Andererseits bleibt es jedoch aufgrund der Laufzeit hier oftmals nur bei kleinen Teasern, die oftmals nicht weitergeführt werden. Sei es Snakebite Andy, die recht groß vorgestellt wird, danach aber kaum mehr zur Geltung kommt, oder auch Dans Tätigkeit im Hospiz, die man wohl zeigen musste, um den Titel zu erklären, die in weiterer Folge aber völlig in Vergessenheit gerät.

Dies gibt dem Film eine gewisse Zerfahrenheit, und sorgt zudem zum seltsam widersprüchlichen Eindruck, dass dieser zugleich zu lang und zu kurz ist. Zu lang, weil einige dieser Details, so sehr ich die Idee dahinter schätze, willkürlich und überflüssig wirken, und den Film letztendlich nur unnötig aufhalten. Ein bisschen mehr Fokus hätte der Erzählung dann halt doch gut getan. Und zu kurz wiederum insofern, als trotz einer fürs Genre eh schon recht langen Laufzeit von zweieinhalb Stunden einfach nicht genug Zeit ist, um diese interessanten Details näher auszubauen und so auch richtig etwas mit ihnen anzufangen. Oder auch nur, die anderen Mitglieder des wahren Knotens näher vorzustellen, so dass sie nicht einfach zu austauschbaren Wegwerf-Bösewichten werden. So gesehen wäre hier – so schade ich es auch gefunden hätte, ihn nicht auf der großen Leinwand zu sehen – eine Netflix-Miniserie eventuell doch der bessere Zugang gewesen. Von diesem Punkt abgesehen hat mir "Doctor Sleeps Erwachen" aber wirklich gut gefallen. Wie im Buch war für mich eines der Highlights dabei Rose the Hat, bzw. generell der interessante Zugang, den man beim wahren Knoten verfolgt. Denn ja, diese vollbringen absolut abscheuliche und unverzeihliche Taten – vor deren expliziter Darstellung Flanagan auch nicht zurückschreckt (der Mord an Brad wird wirklich brutal umgesetzt, und sollte wohl niemanden kalt lassen). Und doch sind sie keine unbesiegbaren Bösewichte wie Michael Myers, der Terminator, oder andere, sondern immer noch Menschen (was ihre Grausamkeiten irgendwie noch erschreckender macht). Wie der Roman gesteht ihnen auch der Film in weiterer Folge mehr Verletzlichkeit zu, als man das von Horror-Bösewichten sonst gewohnt ist. Eben dies stach für mich auch in der Film-Variante wieder hervor. Aber auch die telepathischen Duelle zwischen Rose/Abra/Dan fand ich sehr gut umgesetzt. Hier präsentiert Flanagan einige nette Ideen und denkwürdige Bilder, wobei mir vor allem Rose' Flug über die Erde in Erinnerung bleiben wird.

Szenenbild. Generell habe ich den Eindruck, dass die Geschichte einfach eine ist, die besser funktioniert, wenn man sie im Film erzählt, als nur auf Papier. Was neben den teils sehr gelungenen Bildern und der von Flanagan sehr gut aufgebauten Atmosphäre vor allem auch am fantastischen Score der Newton-Brothers, die sich an Wendy Carlos und Rachel Elkind Arbeit für "Shining" anlehnen (und diese an einzelnen Stellen direkt zitieren), und dem Film so eine ähnlich bedrückende Grundstimmung verleihen. Und auch die schauspielerischen Leistungen (bzw. das Casting; nicht zuletzt dank Carel Struycken als Grampa Flick, sowie Jacob Tremblay in einer zwar kleinen, aber essentiellen Rolle) stechen hervor. Ewan McGregor zeigt zwar für seine Verhältnisse eine "nur" solide Leistung, ist als älterer, von den gleichen Dämonen wie sein Vater verfolgter Dan aber dennoch gut. Kyliegh Curran ist als Abra eine interessante und vielversprechende Neuentdeckung. In erster Linie gehört "Doctor Sleeps Erwachen" aber Rebecca Ferguson, die mit ihrer so charismatischen wie eigenwilligen Darstellung von Rose the Hat den Film dominiert, und sich als dessen eigentlicher Star entpuppt.

Der letzte wesentliche Punkt, warum mir die Verfilmung weitaus besser gefallen konnte als das Buch, ist dann, dass sich Flanagan im Vergleich zu King mit Anspielungen auf "Shining" längst nicht so zurückhält. Klar, von Inhalt, Aufbau und Setting her haben die beiden nicht viel miteinander gemein (was ich aber eigentlich ganz reizvoll fand; "more of the same"-Sequels gibt's nun wahrlich schon genug), aber da in Kubricks Film das Hotel am Ende eben nicht abgebrannt ist, kann er am Ende nicht einfach nur an den Ort wo es früher stand, sondern direkt ins Overlook selbst zurückkehren. Ich denke, dass vor allem dieses Finale die Filmgemeinde spalten wird. Einigen wird es zu einfallslos und der Zitate zu viel sein, und sich generell zu sehr auf Kubricks ikonische Bilder verlassen. Aber nicht zuletzt, als ich Flanagan abkaufte, dies nicht aus eigener Ideenlosigkeit, sondern einer Verbeugung vor Kubricks Genie zu tun, fand ich diese Momente großartig. Ok, selbst für meinen Geschmack mag er damit leicht übertrieben haben. Und zugegebenermaßen wirkt die Entscheidung, auf Neubesetzungen legendärer Rollen zurückzugreifen, im Zeitalter einer immer besser werdenden De-Ageing-Technologie etwas eigenwillig, und doch ein bisschen antiquiert. Aber als großer Fan des Originals genoss ich letztendlich jede Sekunde (mehr), die wir im Overlook verbringen durften. Wobei ich insbesondere die Szene in der Bar großartig, und vor allem das Ende dann enorm spannend (im Sinne von "interessant") fand. Denn zwar weicht hier auch Flanagan (wie zuvor Kubrick), von Kings Vorlage ab, zugleich dürfte es diesem aber wohl auch schwer fallen, sich darüber allzu sehr zu beschweren. Zumal Flanagan diese Wendung mit einer ganz bestimmten Referenz auf Kings Werk (von denen sich so manche in "Doctor Sleeps Erwachen" finden) sehr gut vorbereitet. Mehr sei an dieser Stelle aber nicht verraten.

Fazit: Szenenbild. "Doctor Sleeps Erwachen" steht für mich in etwa auf einer Stufe mit "2010 – Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen" und "Blade Runner 2049": Späte, eher unabhängige und eigenständige Sequels echter Meisterwerke, die diesen zwar unterlegen sind (was jedoch offen gestanden von Anfang an nicht anders zu erwarten war), sich aber dennoch als würdige und lohnenswerte Fortführungen erweisen. Der Film begeisterte mich dabei vor allem mit der Art und Weise, wie es ihm gelingt, beide Aspekte – nämlich die Adaptierung von Stephen Kings Fortsetzung seines Romans, und zugleich Sequel zu Stanley Kubricks recht freier Interpretation von "Shining" – unter einen Hut zu bringen. Ich fand es auch schön, mal wieder einen Film zu haben, der offenkundig auf eine reichhaltige Romanvorlage basiert, und wo demnach die Story nicht dermaßen stromlinienförmig zusammengekürzt ist, dass für kleine, bereichernde Details kein Platz mehr ist, weil sich alles der Story unterordnen und für diese von Bedeutung sein muss (egal ob Bienenallergie oder ein Fahne schwenken-Wettbewerb in der Schule).

Die Besetzung ist zudem über jeden Zweifel erhaben, wobei vor allem Rebecca Ferguson mit ihrer denkwürdigen Performance als Rose the Hat besticht. Und Mike Flanagan macht mit seiner Inszenierung, und mit Unterstützung des atmosphärischen Scores der Newton Brothers, das gut, was King aus meiner Sicht bei der Vorlage versemmelt hat: Ist "Doctor Sleeps Erwachen" doch im Gegensatz zum Roman mit einigen wirklich packenden Momenten gespickt. Wie die Story für mich generell auf der Kinoleinwand inszeniert besser zu funktionieren scheint, als auf Papier gedruckt. Vor allem das Finale im Overlook-Hotel dürfte die Filmgemeinde dann spalten, und selbst ich gebe zu, dass sich Flanagan an dieser Stelle vielleicht etwas zu sehr auf Kubricks Ikonographie verlässt. Da ich jedoch immer das Gefühl hatte, dass dies nicht einfach als einfallsloser Ideenklau, sondern vielmehr Verbeugung vor einem Regie-Großmeister gemeint ist, und ich zudem jede Sekunde die wir an diesem (film-)geschichtsträchtigen Ort verweilen durften genoss, war das Finale für mich letztendlich eine der größten Stärken des Films. Nicht zuletzt auch aufgrund der interessanten Art und Weise, wie Flanagan "Doctor Sleeps Erwachen" abschließt. Insgesamt kann seine Fortsetzung dem Original zwar (natürlich) nicht das Wasser reichen, ist aber immerhin der doch eher mäßigen Vorlage klar und deutlich überlegen – und zumindest als Adaption mindestens so spannend und interessant wie Kubricks Meisterwerk.

Wertung:7 von 10 Punkten (mit Option auf die 8 nach der Zweitsichtung im Heimkino)
Christian Siegel
(Bilder © 2019 Warner Bros.)





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