Mit: Jennifer Lawrence, Javier Bardem, Ed Harris, Michelle Pfeiffer, Brian Gleeson, Domhnall Gleeson, Kristen Wiig, Stephen McHattie u.a.
Kurzinhalt:
Ein Autor und seine Frau ziehen sich auf einen abgelegenen Landsitz zurück. Während er damit kämpft, endlich wieder Worte aufs Papier zu bringen, bringt sie das renovierungsbedürftige Haus auf Vordermann. Eines Abends erhalten sie Besuch von einem Fremden, dem sich am Morgen darauf seine Frau anschließt. Daraufhin beginnt das beschauliche, ruhige Leben, dass die beiden bislang führten, zunehmend zusammenzubrechen…
Review:
Die Inhaltsangabe ist nicht nur deshalb extra kurz gehalten, weil jedes weitere Wort zu viel verraten würde, sondern auch, weil sich "Mother!" einer rationalen Handlungsbeschreibung weitestgehend entzieht. Darren Aronofskys jüngstes Werk ist kein Film, der eine Geschichte erzählen will, und/oder für bare Münze genommen werden kann, sondern ist vielmehr eine Metapher. Wofür? Eben darin liegt sowohl das größte Problem was das Schreiben einer Kritik zu ihm anbelangt, als wohl auch seine größte Stärke: "Mother!" ist ein Film, der sich wieder einmal das Prädikat "Kunst" verdient – und so wie jedes Kunstwerk wird das, was man darin sieht, stark von einem selbst abhängen. Und euch nun meine Interpretation quasi aufzudrängen, bevor ihr die Chance hattet, euch eine eigene Meinung zu bilden, würde Aronofskys Absicht, die er mit ihm verfolgte, zuwiderlaufen. Zumindest so viel kann und muss ich aber sagen, da es uns zu meinem ersten Kritikpunkt führt: Aus meiner Sicht behandelt Aronofsky hier, zum wiederholten Mal in seiner Karriere ("The Wrestler", "Black Swan"), die geplagte Seele eines Künstlers. Die sich ergebende Widersprüchlichkeit zwischen eben dieser Thematik und der Wahl von Jennifer Lawrence Figur als Protagonistin hat mich teilweise doch etwas irritiert – kann aber natürlich genauso gut auch meine "Schuld" sein, da meine Lesart des Films ganz einfach falsch ist (sofern die Interpretation von Kunst überhaupt jemals "falsch" sein kann.)
Deutlich objektiver wird meine Kritik schon, wenn wir zum letzten Drittel kommen. Denn auch wenn praktisch von vornherein klar war, dass "Mother!" nicht wortwörtlich zu verstehen ist, hat Aronofsky aus meiner Sicht dort dann was die Absurdität des Geschehens betrifft deutlich übers Ziel hinausgeschossen. In meinem Fall führte dies dazu, dass ich an einem Punkt ganz einfach ausgestiegen bin, und danach – trotz grundsätzlich noch starker Momente sowie einem zwar vorhersehbaren (wobei das insofern kein Problem war, als ich nicht den Eindruck hatte, dass dies als klassischer Twist gedacht/inszeniert war) aber dennoch stimmigen und sehr guten Ende – nie wieder so recht in den Film hineingefunden habe. Weniger wäre hier aus meiner Sicht definitiv mehr gewesen. Generell verliert sich der Film aus meiner Sicht mit der Zeit, und schlägt zu viele unterschiedliche Richtungen ein (das Haus, die Schwangerschaft, die Anstrengungen des Autors, die Besucher, der langsame Verfall in den Wahnsinn). Dies macht ihn zwar auf der einen Seite abwechslungsreich, andererseits – zumindest für mich – aber teilweise auch etwas konfus. Einen klareren Fokus hätte ich persönlich vorgezogen. Wirklich gut gefallen konnte mir in erster Linie die erste Hälfte. Die war noch wesentlich bodenständiger und bot, trotz aller Surrealität und einem gewissen alptraumhaften Charakter, den "Mother!" vom ersten Bild an verströmt, einige Momente, in die ich mich gut hineinfühlen konnte. Wie z.B. die Verletzung der eigenen Privatsphäre, den die "Mutter" empfindet, als sich plötzlich diese unangemeldeten Besucher in ihrem Haus breit machen und dieses auf den Kopf stellen. Diese und andere Momente nahmen mich emotional gefangen, und auch das Geschehen selbst zog mich anfänglich noch voll und ganz in seinen Bann.
Zudem steigert sich "Mother!" zu diesem Zeitpunkt noch sehr schön, was die Spannung betrifft – die dann schließlich als man Jennifer Lawrence alleine im Haus zurücklässt ihren Höhepunkt erreicht. In diesen Momenten zieht Aronofsky die Spannungsschraube derart stark an, dass meine Nerven fast zum Zerreißen gespannt waren. Eben dieser Teil war für mich dann eben auch ganz klar der Höhepunkt des Films. Und das ist eben auch die Krux: Ich zog die bodenständigeren Momente, in denen ich mich so richtig in die Figur hineinfühlen konnte, vor – und diese gingen im letzten Drittel zugunsten eines WTF-Chaos fast vollständig verloren. Was dafür die ganze Laufzeit hinweg überzeugen kann, sind einerseits Aronofskys atmosphärische und teilweise schon fast intime Inszenierung (die Kamera befindet sich oft nah an den Gesichtern), sowie die schauspielerischen Leistungen, wobei neben (erwartungsgemäß) Jennifer Lawrence (die sie hier im wahrsten Sinne des Wortes das Herz aus dem Leib spielt) in erster Linie Michelle Pfeiffer mit ihrer heimtückischen Performance Eindruck bei mir hinterließ. Handwerklich gibt es an "Mother!" jedenfalls nicht das Geringste auszusetzen. Inhaltlich erweist er sich allerdings als überaus schwere Kost, die einige faszinieren und andere kalt lassen wird. Ich selbst fand mich da irgendwo dazwischen.
Fazit:
Mit "Mother!" läutet Darren Aronofsky nach dem von Popcornfilmen geprägten Sommer die Zeit des anspruchsvollen Kinoherbstes ein. Sein jüngstes Werk ist, wenn auch dem Horror-Genre zugehörig, alles andere als leichte Kost, und wer sich aufgrund der kurzen Inhaltsangaben einen geradlinigen "Home Invasion"-Thriller erwartet, den dürfte "Mother!" wohl ziemlich vor den Kopf stoßen. Schafft man es, sich auf ihn einzulassen, offenbart sich in ihm jedoch ein außergewöhnlicher Film, der vor allem mit dem Interpretationsspielraum besticht, den er bietet. Mich persönlich sprachen dabei vor allem die noch recht bodenständigen ersten beiden Drittel an, wo mich nicht nur die Story in Beschlag nahm, sondern die auch so manchen unangenehmen Moment bot, der mich emotional mit den Figuren – insbesondere Jennifer Lawrence titelspendender "Mutter" – mitfühlen ließ. Eben dies steigerte sich dann bis zur starken Szene, als Lawrence eine Zeit lang im Haus allein gelassen wird – und wo Aronofsky die Spannungsschraube fast bis zum Zerreißen anzog. Danach entgleiste der Film jedoch aus meiner Sicht ein bisschen. Einerseits, da er sich in zu viele Richtungen streckte, vor allem aber mit dem zu übertriebenen Wahnsinn, der die Figuren im letzten Drittel heimsucht. Spätestens hier entzieht sich "Mother!" dann jedweder wortwörtlichen Betrachtung, und offenbart sich als kunstvolle Allegorie – wobei es jedem selbst überlassen ist, die Frage "Auf was?" zu beantworten. Als solcher ist er durchaus ansprechend und bietet ausreichend Gesprächsstoff, um sich mit anderen über ihn auszutauschen. Schade nur, dass er mich persönlich bei dem ganzen WTF-Chaos am Ende verloren hat, da ich an einem Punkt völlig abgeschaltet habe. In jedem Fall ist "Mother!" aber – gerade auch da sich nicht vorhersagen lässt, wie man auf ihn reagieren wird – bei aller Eigenwilligkeit doch definitiv sehenswert. Ob man jedoch bei einem derart schwer zugänglichen Film das Risiko eingeht, dies unbedingt im Kino zu tun, muss jeder mit sich selbst ausmachen.