Mit: Gerhard Liebmann, Edita Malovcic, Brigitte Kren, Hille Beseler, Peter Knaack, Felix Römer, Wolfgang Pampel, Murathan Muslu, Michael Fuith, Adina Vetter, Coco Huemer u.a.
Kurzinhalt:
Drei Klimaforscher und ein Techniker gehen in einer abgeschiedenen Forschungsstation in den Alpen ihren Aufgaben nach. Eines Tages stößt man auf ein seltsames Phänomen: Ein Gletscher, der blutrot eingefärbt ist. Zudem werden Jannik und der Wissenschaftler den er begleitet hat von einer exotischen Kreatur angegriffen. Man nimmt Proben vom roten Eis, und entdeckt darin unbekannte Mikroben, die möglicherweise Jahrhunderte im Eis eingeschlossen waren und nun durch den Klimawandel freigesetzt wurden. Die Wissenschaftler finden daraufhin heraus, dass die Mikroben, falls sie in den Blutkreislauf gelangen, Mutationen hervorrufen. Während die Forscher beraten, wie sie mit dieser sensationellen Entdeckung umgehen sollen, befindet sich die Umweltministerin samt Entourage auf einer Wanderung zur Forschungsstation – nicht wissend, dass sie sich damit in größte Gefahr begibt, wird ihre Gruppe doch schon bald von mutierten Kreaturen angegriffen…
Review:Genreproduktionen aus Österreich waren die längste Zeit Mangelware. Erst im neuen Jahrtausend begann sich der österreichische Film dank Andreas Prochaska und der Produktionsfirma Allegro Film langsam aber sicher aus dem engen Korsett aus Kunst- und Kabarett-Filmen zu befreien, zuerst mit dem überaus kompetenten Teenie-Slasher "In 3 Tagen bist du tot", und dann mit der sogar noch einen Tick besseren Survival-Horror-Fortsetzung "In 3 Tagen bist du tot 2". Danach versuchte die Billig-Produktion "Tartarus" mehr schlecht als recht, an diesen Trend anzuknüpfen. Dank Marvin Kren, der sein Spielfilmdebüt "Rammbock" noch in Deutschland gedreht hat und nun für seinen zweiten Langfilm in seine Heimat zurückgekehrt ist, erhält nun jedoch eine neue Facette Einzug in die österreichische Filmhistorie – beschert er seinem Heimatland doch damit das erste "Creature Feature". Und das Beste daran: "Blutgletscher" braucht in vielerlei Hinsicht den Vergleich mit ähnlichen – deutlich teureren – Produktionen aus Übersee nicht zu scheuen.
Als eine der größten Stärken erweist sich dabei die Landschaft. Die Südtiroler Alpen bzw. generell Berglandschaften sind nun mal was das Horror-Genre betrifft doch noch vergleichsweise unerschlossen bzw. unverbraucht, weshalb ich den Schauplatz allein schon mal als angenehme Abwechslung empfand. Zudem versteht es Marvin Kren, die Landschaft auch sehr imposant in Szene zu setzen, wobei vor allem der titelspendende Blutgletscher in Erinnerung bleibt. Was mir auch gut gefallen hat, ist das Konzept hinter den Kreaturen – das hier natürlich nicht verraten werden soll. Zumindest meinem Wissen nach war es aber eine durchaus originelle Idee, bei der auch eine wichtige Message zum Klimawandel mitschwingt, und die zudem viel Potential für viele verschiedene Monster bot. Deren Umsetzung ist grundsätzlich ebenfalls gelungen. Besonders positiv fand ich daran, dass man überwiegend auf "practical effects" statt auf CGI setzt. Zwar bleiben uns die meisten der Kreaturen überwiegend verborgen, sehen wir sie meistens im Dunklen und erhaschen wir oftmals nur einen kurzen Blick auf sie – aus meiner Sicht der einzige Aspekt, wo man "Blutgletscher" das nicht unbedingt überragende Budget anmerkt – dies erlaubt es jedoch auf der anderen Seite wiederum unserer Phantasie, quasi die Lücken zu füllen. Und es zwingt Marvin Kren dazu, sich Wege zu überlegen, um mit wenigen Mitteln für Spannung zu sorgen – was dann auch zu einer der besten Szenen des Films führt, nämlich dem Angriff des Steinbock-Mutanten. Dem Regisseur reichen hier Rütteln und Geräusche, um eine ungemein dichte, klaustrophobische Spannung aufzubauen, die sich z.B. vor John Carpenters "Das Ding aus einer anderen Welt" – der sich insgesamt als geistiger Vorfahre und Inspirationsquelle für "Blutgletscher" offenbart – nicht zu verstecken braucht.
Als weitere Stärke erweisen sich einige der Figuren, allen voran Janek, sowie die Ministerin Bodicek (dargestellt von Marvin Krens Mutter Brigitte), die sich im Verlauf des Films zu einem absoluten Publikumsliebling mausert. Auch die Dynamik zwischen den Protagonisten ist überwiegend sehr gelungen, wobei für mich hier vor allem auch das Zusammenspiel von Janek und Tanja hervorstach. Jedenfalls gelang es dem Film, mich zu den wichtigsten Protagonisten eine Bindung aufbauen zu lassen und so in weiterer Folge mit ihnen mitzufiebern. Zudem beschert uns die Sympathie die wir für sie empfinden auch den einen oder anderen ansatzweise berührenden Moment – etwas, dass in Horrorfilmen nun wahrlich nicht selbstverständlich ist. Neben Drehbuch und Regie haben daran natürlich auch die schauspielerischen Leistungen einen großen Anteil. Alle DarstellerInnen machen ihre Sache sehr gut, wobei für mich vor allem das Duo Gerhard Liebmann und Edita Malovcic hervorstach. Aber auch Brigitte Kren spielt ihre Ministerin hervorragend. Darüber hinaus habe ich mich vor allem noch über den Auftritt von Wolfgang Pampel gefreut, den man sonst in erster Linie von seiner Synchronarbeit kennt (als deutsche Stimme von Harrison Ford) und somit doch eher selten zu Gesicht bekommt.
Weniger gut gefallen hat mir, dass sich Marvin Kren in erster Linie auf doch eher billige Schockeffekte verlegt, um Spannung zu erzeugen. Diese sind noch dazu kaum kunstfertig eingebaut, sondern verdanken ihre Wirkung in erster Linie einem sehr aggressiv abgemischten Soundmix, der mir generell etwas zu unausgewogen und laut war, was die Geräusche betrifft. Hier besteht für Krens nächsten Filmen in meinen Augen – und vor allem auch Ohren – noch Potential nach oben. Etwas irritiert war ich auch vom plötzlichen Auftauchen der Joggerin. Während alle anderen Figuren vorgestellt und langsam eingeführt wurden, taucht sie einfach von einer Szene auf die nächste auf. Und auch die Abtreibungs-Kritik hätte ich nicht gebraucht, wobei mir vor allem der Satz "Das war der schlimmste Fehler meines Lebens" enorm sauer aufstieß. Am schwersten wiegt aber zweifellos das Ende, Marke "What the fuck" – was jedoch in diesem Fall leider nicht positiv gemeint, sondern als Ausdruck meines ungläubigen Staunens ob dessen absurder Dämlichkeit zu verstehen ist. Es war einfach nur schräg und seltsam, und wollte für mich überhaupt nicht zum doch eher ernsten Rest des Films passen. In einem anderen Film hätte es vielleicht als schwarzhumoriger Ausklang funktionieren können – hier schien es mir aber völlig fehl am Platz, und tonal im krassen Widerspruch zu den 90 Minuten davor zu stehen. Enorm schade finde ich auch, dass dieses Ende irgendwie den Rest des Films überschattet. Nach der Premiere sprach nämlich leider kaum jemand mehr über die guten Szenen zuvor, die Landschaftsaufnahmen, das Konzept der Wesen, oder auch den coolen Auftritt der Ministerin – sondern nur mehr darüber, wie dämlich das Ende doch war. Schade! Denn hier wird "Blutgletscher", so befürchte ich, viele Zuschauer in letzter Sekunde noch verlieren, denen der Film bis dahin gut gefallen hat.
Fazit:Nach der "In 3 Tagen bist du tot"-Duologie gibt der österreichische Horrorfilm mit "Blutgletscher" wieder ein kräftiges Lebenszeichen von sich. Nach Teenie- und Backwood-Slasher bekommt der Horror-Fan hier nun das erste österreichische "Creature Feature" spendiert. Am Erfreulichsten ist dabei, dass "Blutgletscher" sich vor amerikanischen Genre-Produktionen nicht verstecken braucht, sondern deren Niveau erreicht, und teilweise sogar übertrifft. Als eine der größten Stärken erweisen sich dabei die beeindruckenden Landschaftsaufnahmen. Aber auch Konzept und Umsetzung der Kreaturen kann durchaus gefallen. Die Figuren sind teilweise ebenfalls recht gut ausgearbeitet, wobei vor allem Janek hervorsticht – während sich Ministerin Bodicek wohl im Verlauf des Films zum absoluten Publikumsliebling mausern dürfte. Die schauspielerischen Leistungen sind allesamt hochkarätig, und Marvin Kren beschert dem Film einige atmosphärisch dichte sowie – in Horrorfilmen nun wahrlich nicht alltäglich – auch ein paar ansatzweise berührende Szenen. Jedoch: Teilweise verlegte er sich für meinen Geschmack beim Versuch, Spannung zu erzeugen, zu sehr auf billige Schockeffekte. Auch die übertriebene Abtreibungskritik hätte er sich ruhig sparen können. Am schwersten wiegt aber ganz klar das lächerliche Ende, das auch überhaupt nicht zum Rest des Films passen will. Schade drum! Denn bis dahin war Marvin Kren wohl drauf und dran, selbst die größten Skeptiker davon zu überzeugen, dass auch Österreicher ein tolles "Creature Feature" auf die Beine stellen können. So reicht es immerhin noch für das Prädikat "gut".