Mit: James Caan, Kathy Bates, Richard Farnsworth, Frances Sternhagen, Lauren Bacall u.a.
Kurzinhalt:
Gerade hat der Romanautor Paul Sheldon sein neuestes Werk fertig gestellt, und fährt los, um dieses zu seiner Verlegerin zu bringen. Doch er gerät in einen Sturm, und hat einen schweren Unfall mit dem Auto. Zum Glück (?) ist Annie Wilkes, der größte Fan seiner Misery-Romane, sofort an Ort und Stelle, um ihn aus dem Wrack zu befreien. Statt in ein Krankenhaus bringt sie ihn in ihr Haus, um ihn dort gesund zu pflegen – ist sie doch Krankenschwester. Paul beschleicht trotz ihrer Freundlichkeit schon bald ein ungutes Gefühl. Immerhin gibt Annie bereitwillig zu, ihn verfolgt zu haben. Zudem neigt sie zu Wutausbrüchen – so ist sie z.B. von seinem neuesten Werk, mit dem er die Misery-Reihe hinter sich lässt, überhaupt nicht angetan. Ganz schlimm wird es dann allerdings, als sie den neuesten – und wie sich herausstellt letzten – Misery-Roman liest, an dessen Ende die Titelheldin stirbt. Dann meint sie jedoch den Sinn hinter all diesen Ereignissen zu erkennen: Paul wurde von Gott zu ihr geschickt, damit sie ihn wieder auf den richtigen Weg führen kann. Und so kauft sie ihm eine Schreibmaschine und Papier, damit dieser eine Fortsetzung schreibt, in der er Misery wieder zum Leben erweckt…
Review:
Es gibt viele Aspekte, die dafür verantwortlich sind, dass Stephen King zum "Meister des Horrors" gekrönt wurde. Einer davon ist sicherlich, wie es ihm immer wieder gelingt, Figuren in eine eigentlich banale, aber nichtsdestotrotz äußerst missliche Lage und/oder scheinbar ausweglose Situation zu verfrachten. Eine weitere ist die langsame Eskalation von Ereignissen. Beides wird in "Misery" offensichtlich. Nachdem er sich beim Autounfall beide Beine gebrochen ist, ist Paul Sheldon seinem größten Fan hilflos ausgeliefert. Und was ein wenig unbehaglich beginnt, entwickelt sich schon bald über beunruhigend und beängstigend bis hin zu grauenerweckend. Eine weitere Stärke ist seine Figurenzeichnung, und auch diese wird in "Misery" schnell offensichtlich. Annie ist ganz offensichtlich eine Psychopatin – aber eine mit vielen Facetten. Mal ist sie fröhlich und freundlich, dann melancholisch, dann wieder cholerisch und wütend. Man weiß bei ihr nie, woran man ist, und dies trägt wesentlich zur Spannung bei. Paul wird einem schnell sympathisch – zumal er sich bis zuletzt einen gewissen Zynismus und schwarzen Humor bewahrt. Und auch wenn sie im Roman nicht vorkamen… auch Sheriff Buster und seiner Frau und Deputy Virginia gelingt es binnen weniger Szenen, uns ans Herz zu wachsen.
Komplexe Figuren zu schreiben ist das eine – doch es bedarf tollen schauspielerischen Leistungen, damit wir auch wirklich eine Bindung (egal ob positiver oder negativer Natur) zu ihnen aufbauen. Die dominierende und beachtlichste Performance des Films erbringt dabei zweifellos Kathy Bates, die für ihre Leistung hier auch völlig zu Recht mit einem Oscar bedacht wurde. Mühelos wechselt sie zwischen den einzelnen Stimmungen ihrer Figur hin und her, und bleibt dabei trotz aller teils abrupter Gemütsschwankungen stets überzeugend und glaubwürdig. Selbst zu Beginn, als sie noch sehr freundlich erscheint, schafft sie es durch kleine Gesten und ihre Mimik, dass wir uns unwohl fühlen. Später wird sie dann richtiggehend beängstigend, als klar wird, dass sie kein Interesse daran hat, Paul Sheldon einfach so gehen zu lassen. Vor allem ihre oftmals unerwarteten Wutausbrüche machen sie zu einer bedrohlichen, denkwürdigen Präsenz, und Kathy Bates schafft es auf beeindruckende Art und Weise, all diese teils widersprüchlichen Aspekte ihrer Figur darzustellen. Angesichts ihrer alles andere überschattenden Performance fällt es den anderen vergleichsweise schwer, zu glänzen, dennoch darf auch James Caan nicht vergessen werden. Zwar bekommt er vergleichsweise wenig zu tun, dennoch bringt auch er die verschiedensten Emotionen seiner Figur immer verständlich und auch glaubhaft zur Geltung. Eine besondere Erwähnung haben sich dann auch noch Richard Farnsworth und Frances Sternhagen verdient, deren älteres Sheriff- und Deputy-Pärchen die triste Handlung in Annie's Haus durchbrechen und für Abwechslung sorgen. Vor allem aber werden einem die beiden sehr schnell sympathisch – weshalb man im weiteren Verlauf der Handlung beim Besuch des Sheriffs eben nicht nur mit Paul, sondern auch mit Buster mitfiebert. Und auch wenn sie nicht viel zu tun bekommt und nur in wenigen Szenen zu sehen ist, aber… Lauren Bacalls alleinige Anwesenheit veredelt den Film noch einmal zusätzlich.
Die letzte wesentliche Stärke ist dann Rob Reiners Inszenierung. Nach einer sehr kurzen Einführung verdichtet sich die Atmosphäre zusehends. Zwar gibt es zwischendurch auch immer wieder ruhigere Momente, sowie die eine oder andere Portion auflockernden Humor (ich sag nur Liberace-Schallplatte!), doch wenn Regisseur Rob Reiner an der Spannungsschraube dreht, dann richtig – exemplarisch sei Pauls erster "Ausflug" erwähnt. Und auch wenn er überwiegend auf eine dichte Atmosphäre setzt, streut er auch gelegentlich den einen oder anderen Schockeffekt ein, um die Spannung zusätzlich zu steigern. Zudem präsentiert er uns einige denkwürdige Szenen, wobei hier natürlich vor allem der Einsatz des Vorschlaghammers hervorsticht – ein Moment, von dem ich mir nicht vorstellen kann, wie man ihn nach Sichtung des Films je vergessen könnte. Der letzte wesentliche, gelungene Kniff seiner Inszenierung ist es dann, Kathy Bates immer wieder direkt in die Kamera sprechen bzw. schauspielern zu lassen – wodurch wir Zuschauer quasi in Pauls Haut schlüpfen. Damit steht Reiners Inszenierung den anderen Aspekten der Produktion in nichts nach!
Fazit:
"Misery" ist ein großartiger Thriller mit einer überragenden Kathy Bates, die es versteht, die verschiedenen Stimmungen ihrer Figur allesamt glaubwürdig zu vermitteln, und uns von vornherein unbehaglich fühlen zu lassen. Vor allem auch im weiteren Verlauf des Films wird sie zunehmend zu einer bedrohlichen Präsenz – jedoch ohne dabei jemals in klischeehafte Bösewicht-Gefilde abzugleiten. Bis zuletzt bleibt Annie – dank Bates sowie dem Drehbuch – eine interessante, vielschichtige Figur. Als weitere wesentliche Stärken erweisen sich das auf dem Stephen King-Roman "Sie" (im Original, wie der Film, "Misery") basierende Drehbuch, sowie Rob Reiners clever-ausgeklügelte und sehr atmosphärische Inszenierung. Vor allem einzelnen Momenten verleiht er eine fast unerträgliche Spannung. Zudem versteht er es, sich auf seine kompetenten SchauspielerInnen zu verlassen, und das Spannungsverhältnis zwischen beiden Figuren perfekt auszunutzen. Darüber hinaus ist es vor allem auch die interessante Thematik rund um eine extreme Fan-Obsession, die "Misery" auszeichnet und von anderen Genrevertretern abhebt. Einzig die Tatsache, dass die spannenden Momente teilweise recht weit gestreut sind, verhindert die Höchstwertung – denn davon abgesehen macht "Misery" alles richtig, und erweist sich als eine der besten "Stephen King"-Adaptionen einer Horror-Vorlage, die die Kinoleinwand bisher gesehen hat.