Mit: Guy Pearce, Maggie Grace, Joseph Gilgun, Vincent Regan, Lennie James, Peter Stormare, Peter Hudson u.a.
Kurzinhalt:
In nicht allzu ferner Zukunft werden die schwersten Kriminellen in ein Hochsicherheitsgefängnis im Orbit der Erde gesteckt, in dem sie in Kälteschlafkapseln ruhiggestellt werden. Aus diesem Gefängnis gibt es keine Fluchtmöglichkeit, denn es handelt sich um eine Raumstation: die MS One. Gerüchten nachgehend, dass der Kälteschlaf zu irreparablen Hirnschäden führen kann, begibt sich Präsidententochter Emilie zur Station um eine Untersuchung dieser Vorwürfe durchzuführen. Es kommt durch die falsche Selbstsicherheit eines ihrer Bodyguards zur Revolte und Übernahme der Station durch die Gefangenen. Nun ist es an Agent Snow, in einer Einmannaktion an Bord zu gehen und die Tochter des Präsidenten zu retten. Nebenbei befindet sich an Bord auch ein Gefangener, der wichtige Informationen für ihn und seine Zukunft beim CIA hat.
Michael Spieler
Review von Christian Siegel:
Erst als ich den Trailer zu "Lockout" – damals noch als "MS One: Maximum Security" bezeichnet – zum ersten Mal sah, wurde mir bewusst, dass wir nun schon lange keinen richtigen SF-Actioner mehr hatten – vor allem einen, der im Weltall spielt. Und "Lockout" versprach, diese Lücke auf durchaus launige – wenn auch nicht sonderlich originelle – Art und Weise zu füllen. Dementsprechend gespannt war ich schon, was uns bei diesem aus der Luc Besson'schen Schmiede stammenden Film erwarten würde. Der Trailer weckte dabei in erster Linie Erinnerungen an den Carpenter-Klassiker "Die Klapperschlange", in dem Snake Plissken aka Kurt Russell in die Gefängnisinsel Manhatten eindringen muss, um den Präsidenten der USA zu retten – während in "Lockout" nun die Präsidententochter aus einen Gefängnis im All befreit werden muss. Zugegeben, dass er sich mit diesem großen Vorbild würde messen können, war nicht zu erwarten. Aber dass er selbst gegenüber dessen enttäuschendem Sequel "Flucht aus L.A." sowie B-Movie-Abklatsch wie "Fortress – Die Festung" den Kürzeren zieht, hat mich dann doch unangenehm überrascht.
Der Hauptgrund hierfür ist definitiv das schwache Drehbuch. Bitte nicht falsch verstehen: Von solch einem SF-Actioner erwartet man sich keine cleveren, ausgefeilten Dialoge oder gar so etwas wie Anspruch… aber was hier geboten wird, stellt leider so ziemlich den Bodensatz dessen dar, was das Genre zu bieten hat, und ist selbst mit der blutroten Nostalgiebrille nach den guten alten, harten Actionhelden und -filmen aus den 80ern nur schwer zu ertragen. Das beginnt schon bei zahlreichen absolut hirnrissigen Aktionen aller Protagonisten, egal auf welcher Seite des Gesetzes sie stehen. Das ganze Schlamassel beginnt damit, dass es einer von Emilies' Leibwächtern partout nicht schafft, sich an die Anweisungen zu halten. Es ist die erste von leider viel zu vielen Aktionen, die einen dazu verleiten, die Hand auf die Stirn zu klatschen. Ein besonders gutes Beispiel ist auch jene Szene, als Snow (der bemüht verzweifelte Versuch eines ähnlich coolen Namens wie "Snake"?) die Präsidententochter in eine Rettungskapsel steckt, jedoch statt sich zu vergewissern dass sie drin bleibt und MS One verlässt, ihr den Rücken zukehrt. Dass es ihr dann binnen zwei Sekunden gelingt, aus der Kapsel herauszuschlüpfen – und das noch dazu so mucksmäuschenstill, dass es Snow nicht bemerkt, setzt dem ganzen dann die Krone auf. Womit wir schon beim nächsten Problem des Drehbuchs wären: Das Hirn an der Kinokasse abgeben in allen Ehren, aber wie hier regelmäßig Deus Ex Machinas aus dem Hut gezaubert werden – mal auf Seiten der Helden, dann auf Seiten der Bösewichte – zehrt mit der Zeit nun wirklich an den Nerven. Vieles ist einfach ungemein bequem, und macht einen verkrampften und konstruierten Eindruck. Viel zu oft machen es sich die Drehbuchautoren schlicht und ergreifend viel zu leicht. So wird z.B. die Tatsache, dass man sich des wahnsinnigen, sadistischen und gewalttätigen Sträflings nicht schon sehr früh entledigt damit begründet, dass er der Bruder des Anführers dieses Gefangenenaufstands ist.
Als wäre das nicht schon genug, ist "Lockout" dann noch dazu ungemein vorhersehbar. Wenn z.B. zu Beginn Vermutungen über die Machenschaften in diesem Gefängnis geäußert werden, weiß man schon genau, wo dies hinführt. Wo das Drehbuch jedoch mit Abstand am meisten versagt, ist beim Titelhelden. Dieser ist – wie für solch einen Actioner typisch – auf cool, taff und "badass" angelegt – scheitert damit jedoch leider auf der ganzen Linie. Er wirkt nicht cool und tough, sondern pseudo-cool und -tough; dermaßen bemüht, dass es völlig verkrampft und teilweise sogar schon richtiggehend peinlich wirkt. In manchen Szenen wie gleich zu Beginn, die uns aufzeigen sollen was für ein harter Kerl er ist, wirkt er vielmehr einfach nur dämlich und/oder nervig. Zumindest bei mir hat kein einziger seiner angeblich coolen Sprüche gezündet. Ich wiederhole: Kein einziger. Er lässt einige derart peinlich-bemühte Oneliner und Sager ab, dass selbst Roger Moore und/oder Arnold Schwarzenegger vor lauter Scham im Kinosessel versinken würden. Jedenfalls geben die Drehbuchautoren Guy Pearce nicht das Geringste, um ihm dabei zu helfen, die angebliche Coolness und Härte seiner Figur zu vermitteln.
Dies beruht jedoch leider auf Gegenseitigkeit – soll heißen, er tut seinerseits auch nichts, um das Drehbuch bzw. den Film aufzuwerten. Wenn das Drehbuch derart versagt, uns den "badass"-Charakter des Helden zu verkaufen, hätte es einfach einen Schauspieler gebraucht, der über dieses Image schon verfügt – und nicht gegen die Schwächen des Drehbuchs versuchen muss, dieses erst aufzubauen. Jemanden wie Arnold Schwarzenegger zu seinen besten Zeiten, oder aktuell einen Vin Diesel oder einen Dwayne Johnson. Guy Pearce erweist sich hierfür jedoch leider als denkbar schlechte Wahl. Jedenfalls hat er meines Erachtens weder sich selbst noch dem Film damit einen Gefallen getan, diese Rolle anzunehmen. Maggie Grace ergeht es da schon ungleich besser. Sie bekommt definitiv die besten Momente des Films, darf einige Gefühle glaubhaft vermitteln, und macht ansatzweise so etwas wie eine Wandlung durch. Leider kommt aber selbst sie nicht ganz gegen die üblichen Klischees bzw. Genre-Erwartungen an ihre Figur – wie z.B. dass sie dem Helden natürlich mit Haut und Haar verfallen muss – an. Vor allem letzterer Herausforderung zeigt sie sich im Endeffekt leider nicht gewachsen – wobei ich zugeben muss, angesichts der schlecht geschriebenen Figur und dieses Drehbuchs wäre selbst eine hochbegabte, oscarprämierte Darstellerin daran gescheitert, uns glaubhaft zu vermitteln, dass sie sich zunehmend in diesen pseudo-coolen Helden verknallt. Sämtliche anderen Schauspieler sind mir – das ist die schlechte Nachricht – nicht positiv, allerdings – das ist die gute Nachricht – auch nicht negativ aufgefallen. Ja, Joseph Gilgun stellt teilweise grauenhaftes Overacting zur Schau, aber von solch einem Bösewicht erwartet man sich – gerade auch in solch einem Film – eigentlich auch nichts anderes.
Um fair zu bleiben: Nicht alles an "Lockout" ist abgrundtief schlecht. Die Weltraumeffekte wissen zu gefallen, und der Soundtrack von Alexandre Azaria ist besser, als es sich der Film verdient hat. Die Regisseure James Mather und Stephen St. Leger tun ihr Bestes, um trotz des vorhersehbaren Drehbuchs nach Schema F Spannung zu erzeugen und die Action packend zu inszenieren, und auch wenn sie leider wie viele ihrer Kollegen wieder einmal das Stativ zu Hause vergessen haben, fällt die Inszenierung im Vergleich zu anderen Aspekten der Produktion zumindest nicht negativ auf. Und in all den teils schauerlich-schlechten Momenten sticht zumindest eine wirklich großartige Szene hervor, nämlich jene, als Emilie ihrem Vater sagen soll, den geplanten Angiff auf die Station abzublasen. Hier gibt man Maggie Grace endlich einmal etwas zu tun, und sie meistert diese Szene mit Bravour, und zeigt in diesem kurzen Moment die beste Leistung, die ich bislang von ihr gesehen habe. Hilfe erhält sie von einem in dieser Szene besonders gelungenen Soundtrack, der den Moment perfekt unterstreicht. Schade, dass er sich leider auch genauso schnell wieder in Luft auflöst, wie sie gekommen ist, als sie sich ganz "Fräulein in Nöten"-mäßig von Snow retten lassen muss.
Der kurz darauf folgende Atmosphärensprung ist auch noch recht gelungen und eine der inspirierteren und packenderen Szenen des Films (wenn es auch sehr an "Star Trek" erinnern mag), doch selbst dieser kurze Moment ist nicht ohne Schwächen – dauert dieser doch viel zu kurz. Der bevorstehende Stratosphärensprung von Felix Baumgartner wird in etwa 5-1/2 Minuten dauern – in "Lockout" vergeht zwischen dem Verlassen der Station und der Landung gerade mal eine Minute. Nun gebe ich ja zu, es wäre wohl wenig packend gewesen, ihnen über fünf Minuten lang beim Flug durch die Atmosphäre zuzusehen – aber ein halbwegs vernünftiger Mittelweg zwischen dramaturgischen Erfordernissen und der wissenschaftlichen Realität hätte sich ja wohl finden lassen, oder? Am Ende überrascht "Lockout" dann noch mit einer verhältnismäßig cleveren – wenn auch weder überraschenden noch sonderlich originellen – Auflösung rund um den als McGuffin dienenden Koffer, ehe man dann wieder in Genrekonventionen verfällt, als der große Held selbstredend als man ihn aus dem Gefängnis entlässt von der Präsidententochter höchstselbst abgeholt wird. Als sie ihm einen Kuss verweigert flammte kurzzeitig die Hoffnung auf, man würde sich zumindest am Ende nochmals vom Schema F entfernen, doch dann kündigt die Gute an, mit ihm in die Kiste hüpfen zu wollen, was ihren vorherigen Liebesentzug ad absurdum führt und meine Hoffnung auf ein zumindest ansatzweise gelungenes Ende ähnlich schnell verpuffen lies, wie die von mir nach Sichtung des Trailers gehegte Hoffnung, hier tatsächlich einen coolen, unterhaltsamen SF-Actioner der alten Schule präsentiert zu bekommen, der zumindest ansatzweise an die großen Klassiker des Genres anknüpfen kann.
Fazit:
Der Trailer war ja noch durchaus verheißungsvoll, und versprach einen sehr spaßigen und höchst unterhaltsamen sowie packenden SF-Actioner – ein Anspruch, dem der Film leider bei weitem nicht gerecht wird. Die Hauptschuldigen sind in diesem Fall die Drehbuchautoren, die selbst die ohnehin geringen Erwartungen ans Skript eines derartigen Films noch einmal deutlich unterbieten. Konstruiert, mit vielen allzu bequemen Wendungen, dümmlichen Aktionen aller Beteiligten am laufenden Band, viel zu vorhersehbar und dadurch spannungsarm, und vor allem mit einem Helden, der nur bemüht-cool und badass rüberkommt, diesbezüglich jedoch nicht zu überzeugen vermag. Letzteres ist bis zu einem gewissen Grad sicherlich auch Guy Pearce anzulasten, der wohl nicht die beste Wahl für diese Rolle war. Demgegenüber schlägt sich Maggie Grace ganz ordentlich, die Regisseure tun ihr Bestes, um trotz des "Malen nach Zahlen"-Drehbuchs für Spannung zu sorgen, der Soundtrack von Alexandre Azaria ist ebenfalls sehr gelungen, und auch die Effektaufnahmen wissen zu gefallen. So richtig geglückt ist jedoch nur eine einzige Szene – und das ist noch nicht Mal eine Actionszene und/oder ein cooler Moment! Gänzlicher Reinfall ist "Lockout" zwar keiner, da er zwar auch wenn er nie sonderlich spannend geraten ist und/oder gut zu unterhalten versteht, wenigstens auch kaum langweilig wird. Für mehr als eine Leih-Empfehlung reicht es von meiner Seite aber nicht.
Wertung:4 von 10 Punkten
Christian Siegel
Review von Michael Spieler:
Der Film atmet förmlich den Geist von Ideengeber und Produzent Luc Besson. Er fühlt sich ein bisschen nach "Babylon A.D." gemischt mit "Flucht aus L.A." an, was nicht zuletzt auch am Plot mit der Präsidententochter und dem Sprüche klopfenden Hauptcharakter liegen dürfte. Agent Snow ist für Guy Pearce ("The King's Speech", "The Hurt Locker") keine typische Rolle und dennoch füllt er sie erstaunlich gut aus. Er hat für "Lockout" muskelmäßig ordentlich zugelegt und beweist ausgesprochen gutes Timing, was das Sprücheklopfen eines Actionhelden angeht. Seine Gegenspieler, die schottischen Brüder Alex und Hydell werden von den britischen Serien- und Nebenrollendarstellern Vincent Regan ("Ghost Rider: Spirit of Vengeance") und Joseph Gilgun ("Misfits") gespielt. Alex ist der kühle Denker, der versucht irgendwie von der Plattform zu kommen und Hydell ist dank des Kälteschlafs durchgeknallt und kaum im Zaum zu halten. Dazu kommen noch zwei CIA-Chefs, deren Loyalitäten unklar sind und die Snow diesen Job aus unterschiedlichen Gründen zutragen, da er angeblich seinen Mentor umgebracht haben soll. Genug Ebenen für Konflikt zwischen den Parteien an sich und auch innerhalb dieser. Emilie, die Präsidententochter, wird von der bezaubernden Maggie Grace ("Lost") gespielt, die sich ihre Action-Sporen im Laufe des Films verdient. Dazu kommt eine gehörige Portion Action an Bord der Station und um sie herum. Die Effekte sind überzeugend gut gemacht und es wurde auf 3D verzichtet.
Trotz der relativen Unerfahrenheit der beiden irischen Regisseure und Drehbuchautoren Saint & Mather wurde "Lockout" zu einem guten Actionstreifen mit einer ausgeprägten komischen Komponente, wie man sie von den besten Vertretern des Genres, z.B. "Stirb Langsam", kennt. Mather ist bisher hauptsächlich als Kameramann unterwegs gewesen und kümmert sich auch bei "Lockout" eher um die technischen Aspekte beim Drehen, während Saint sich hauptsächlich auf die Arbeit mit den Schauspielern konzentrierte. Das Duo wurde 2004 mit dem Kurzfilm "Prey Alone" bekannt und landete so auf dem Schirm von Luc Besson, der dann mit seiner Idee an die beiden herantrat. Die beiden liefern mit "Lockout" als Erstlingswerk eine echt gute Leistung ab und das in einem Genre, das Dinge wie "Battleship" produziert und in dem Perlen rar sind. Humor, Ernsthaftigkeit, Brutalität und Action halten sich gut die Waage und der Film driftet weder in Klamauk noch in eine Splatterorgie ab.
Fazit:
Darf es ein bisschen leichte Kost für das Männertagswochenende mit Brückentag sein? Dann ist "Lockout" die richtige Wahl für einen entspannten Filmabend.