Mit: Max Thieriot, John Magaro, Denzel Whitaker, Zena Grey, Nick Lashaway, Paulina Olszynski, Jeremy Chu, Emily Meade, Raúl Esparza, Harris Yulin, Elena Hurst u.a.
Kurzinhalt:
Vor 16 Jahren hat eine blutige Mordserie die amerikanische Kleinstadt Riverton in Angst und Schrecken versetzt. Zwar konnte der unter einer Persönlichkeitsstörung leidende Täter gefasst werden, auf dem Weg ins Krankenhaus ist er jedoch – trotz seiner schweren Verletzungen – nach einem Unfall des Rettungswagens spurlos verschwunden; sein weiteres Schicksal ist ungewiss. In der gleichen Nacht kommen in der Stadt sieben Kinder zur Welt – einige davon als Frühgeburten. Seit ihrer Kindheit leben sie im Schatten jener grässlichen Ereignisse, die sich in der Nacht ihrer Geburt abgespielt haben. Eine sind der Ansicht, der Riverton-Killer wäre von mehreren Seelen besessen gewesen – und jede davon ist bei seinem vermeintlichen Tod in eins der Kinder gefahren. Um den bösen Geist des Riverton-Killers zu vertreiben, veranstalten die Kinder jedes Jahr ein Ritual, mit dem sie ihn in den See zurückdrängen wollen. Nun, an ihrem 16. Geburtstag, wird der problemgebeutelte Bug dazu auserkoren – doch er scheitert. Nur kurz darauf holt sich der Riverton-Killer sein erster Opfer. Offenbar hat er es auf jene Kinder abgesehen, die in der Nacht seines vermeintlichen Todes geboren wurden…
Review:
Nachdem das letzte Bild aus "My Soul to Take" über meinen Fernsehschirm geflimmert ist, war ich mir noch sicher, hier einen weiteren Fall von Pensionsschock-Therapie vor mir gehabt zu haben (siehe John Carpenter und "The Ward"), und das Wes Craven sich auf das erste Drehbuch gestürzt hat, dass er in die Finger bekommen konnte, nur um endlich wieder mal hinter der Kamera stehen zu können. Als dann jedoch zu Beginn des Abspanns "Written and Directed by Wes Craven" stand, war ich – zum ersten und einzigen Mal während meiner Sichtung des Films – richtig baff, denn das hatte ich nun wirklich nicht erwartet. Wes Craven gilt ja allgemein als Altmeister des Horrors, und auch wenn ich in diese Lobgesänge nicht 100%ig einstimmen mag und mich z.B. sein gefeierter Klassiker "Nightmare on Elm Street" nicht gänzlich überzeugen konnte, so hat mich "My Soul To Take" doch äußerst unangenehm überrascht. Denn mit diesem unterbietet er sogar nochmal seine ohnehin schon nicht überragende vorherige Regiearbeit "Red Eye" – die wenigstens über eine spannende Ausgangssituation und gute darstellerische Leistungen verfügt hat. Von "My Soul To Take" kann man leider nicht einmal das behaupten…
Nachdem es ihm nicht gelungen ist, die Personifizierung des Riverton-Killers wieder in den See zu verscheuchen, hat Bug Angst, dass er sie nun alle zum Tode verurteilt hätte. Nur wenige Minuten später erwischt es auch schon den ersten der sieben Jugendlichen. Ob dies nun tatsächlich in einem verqueren Zusammenhang mit Bug's Scheitern steht, wird nie aufgeklärt – wie "My Soul To Take" generell ein thematischer "mess" ist (bitte verzeiht mir, wenn ich ausnahmsweise auf diesen englischen Begriff zurückgreife; aber es gibt dafür keine passende deutsche Übersetzung, und dieses Wort trifft es nun mal an besten). Zahlreiche Dinge und Aspekte werden eingeführt, verlaufen aber ins Leere. Wie z.B. die Radioübertragung über den Condor, die Bug hört, und wie dieser angeblich Seelen einfängt. Die seltsame Verbindung, die Max zu den anderen, am selben Tag geborenen Jugendlichen hat. Seine mysteriöse Vergangenheit, in der sich möglicherweise auch ein Mord finden lässt (wir erfahren es leider nie so genau). Andere Fragen wiederum werden viel zu deutlich und bedeutungsschwanger beantwortet, auf eine Art und Weise, die andeutet, dass Craven uns damit schockieren oder zumindest überraschen wollte. Stattdessen dürfte wohl den meisten das große Geheimnis von Max bereits lange bevor es ihm selbst offenbart wird bereits bewusst gewesen sein.
Nach der noch gelungenen Einführung begibt sich "My Soul To Take" kurzfristig auf unfreiwillig komische Jugenddrama-Pfade, die nicht im Geringsten glaubwürdig wirken. Das passiert halt wohl, wenn ein 72-jähriger Regie-Opa glaubt, sich in die Jugendkultur hineindenken zu können/müssen – es wird peinlich. Wenn man zu keiner der Figuren eine Verbindung aufbauen kann, kann es zumindest noch ansatzweise helfen, wenigstens die Tode spektakulär und eindrucksvoll in Szene zu setzen – doch nichts da. So langweilig wurde selbst in 08/15 Teenie-Slashern selten gestorben. Die einzige Spannung… nein streicht das, weil spannend ist der Film leider keine Sekunde lang. Sagen wir lieber: Das wenige an Interesse (und es ist wirklich nur ein Quentchen), welches der Film für seine Handlung aufzubringen vermag, verdankt er der Frage, ob der Riverton-Killer damals überlebt hat und nun zurückgekehrt ist, oder sich seine Seele (bzw. der Dämon – auch hier gilt wieder: So genau wird nie aufgeklärt, was es damit auf sich hat) nun in einem der an diesem Tag geborenen Jugendlichen befindet. Leider aber ist all das derart langweilig in Szene gesetzt, dass mich selbst diese Antwort nicht mehr sonderlich interessiert hat – es war mir schlicht und ergreifend wurscht. Seltsam auch, wie viel potentiell interessantes dramaturgisches Potential verschwendet wird, bzw. auch – wie zuvor schon erwähnt – wie viele Andeutungen ins Nichts führen. Hier muss ich leicht in Spoiler-Territorium vordringen. Ich verrate zwar nicht, wer der Killer ist, und glaube ohnehin nicht daran, dass man bei "My Soul To Take" viel verderben kann (außer ich würde euch raten: "Seht ihn euch an, das ist ein absolutes Meisterwerk!" – dann könntet ihr mich mit Unterstützung von Amnesty International auf seelische Grausamkeit verklagen), aber wer ihn sich trotz meiner Warnung noch ansehen will, und das möglichst unvorbereitet, sollte den letzten Absatz überspringen, und erst beim Fazit weiterlesen!
Etwas, dass niemals aufgeklärt wird, aber scheinbar auch keinen richtigen Sinn zu haben scheint, ist die seltsame Verbindung von Bug zu den anderen, die an diesem Tag geboren wurde. Diese wird gleich mehrmals während des Films in den Mittelpunkt der Dramaturgie gerückt, wie z.B. während der "Spiegel-Szene", als Bug alle Bewegungen von Alex nach macht. Oder auch, als er Worte anderer Figuren spricht, bzw. über wissen verfügt, welches nur diese haben konnten. Gegen Ende hin wird angedeutet, dass er ähnlich wie der Condor die Seelen der anderen aufsammelt – nur, dass diese Verbindung ja auch schon vor ihrem Tod existiert hat. Wie auch immer, angesichts dieser Offenbarung hätte ich eigentlich erwartet, dass am Ende dann auch die Seele des Killers quasi in ihn hineinfährt – doch nichts dergleichen. Bug wird als Held gefeiert, und das war's. Selten wurde so viel Zeit in einem Film darauf verschwendet, eine Entwicklung vorzubereiten, die zuletzt ins Nichts führt. Wobei das zugegebenermaßen nicht das größte Problem dieses filmischen Desasters war…
Fazit:
Bevor er mit "Scream 4" sein wohl erfolgreichstes Horror-Franchise wiederbelebt hat, wagte sich Wes Craven mit "My Soul To Take" (zum ersten Mal seit "Freddy's New Nightmare" in Personalunion als Regisseur und Drehbuchautor) nach längerer Regiestuhl-Abstinenz bereits einen Versuch, zu alter Stärke zurückzufinden – und ist dabei erbarmungslos auf die Nase gefallen. Als Regisseur mag er zwar einen nett anzusehenden Film geschaffen haben, lässt es aber gänzlich an atmosphärischer Dichte vermissen. Und als Drehbuchautor versagte er bei "My Soul To Take" leider auf der ganzen Linie. Aspekte und Ideen werden eingeführt und dann ebenso schnell wieder verworfen, ohne näher auf sie einzugehen. Die Figuren reichen von uninteressant bis peinlich, und vermögen es zu keinem Zeitpunkt, unsere Sympathien zu gewinnen. Nicht mal halbwegs anständige Todesszenen hat Wes Craven diesem mystischen Teenie-Slasher spendiert. "My Soul To Take" ist ein langweiliger, seelenloser Horrorfilm nach Schema F, mit dem Wes Craven (hoffentlich) den Tiefpunkt seiner Karriere erreicht hat.