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Die Entstehung eines Klassikers Kategorie: Kolumnen - Autor: Björn Flügel - Datum: Samstag, 31 Dezember 2011
 
45 Jahre Raumpartrouille Orion
FollowTheBox 27"Was heute noch wie ein Märchen klingt, kann morgen Wirklichkeit sein. Hier ist ein Märchen von übermorgen..."

Pünktlich zum Jahresausklang wollen wir unser Jubiläums-Special zu "Raumpatrouille Orion" abrunden und auf die Entstehung dieses Klassikers zurückblicken: 1966 war ein ereignisreiches, turbulentes Jahr. Kurt Georg Kiesinger wird zum Kanzler der ersten "Großen Koalition" gewählt, Deutschland unterliegt England im Finale der Fußball-WM durch das bis heute umstrittene "Wembley-Tor". Die Beatles beenden ihre letzte Tournee, die Fernsehkrimireihe "Stahlnetz" von Jürgen Roland ist der Straßenfeger schlechthin. Der amerikanische SF-Film "Die phantastische Reise" begeistert die Kinozuschauer, Frank Herberts spektakulärer SF-Roman "Dune - Der Wüstenplanet" wird mit dem Hugo Award ausgezeichnet. Opel liefert den millionsten "Kadett" aus, der sowjetischen Mondsonde "Luna 9" glückt im Februar die erste weiche Landung auf dem Mond. Am 20.10. wird Stefan Raab in Köln geboren... War sonst noch etwas? Am 08. September wird in den USA die erste Episode einer neuen Fernsehserie namens "Star Trek" ausgestrahlt. Und neun Tage später, am 17. September 1966, feiert in Deutschland die "Raumpatrouille" ihre TV-Premiere!

"Raumpatrouille - Die phantastischen Abenteuer des Raumschiffes Orion" ist die erste und bis heute einzige SF-Fernsehserie, die in Deutschland hergestellt wurde. 45 Jahre sind seit ihrer Erstausstrahlung vergangen, und auch wenn lediglich sieben Episoden produziert wurden, gilt die Serie als Meilenstein deutscher TV-Unterhaltung. Jeder kennt die berühmte Titelmelodie aus der Feder von Komponist Peter Thomas, und fragt man nach einem bekannten Detail aus dem Raumschiff Orion, fällt nahezu jedem sofort das Bügeleisen ein.

Mehr als nur Buegeleisen: Eine Szene aus Raumpatrouille Orion

1962 legte der deutsche Hörspiel- und Fernsehautor Rolf Honold sein Konzept zur "Raumpatrouille" der Bavaria Atelier GmbH vor, wo es zunächst längere Zeit liegen blieb. Die immensen erforderlichen Produktionskosten schienen das Projekt "Raumpatrouille" von vornherein scheitern zu lassen. 1965 schließlich wagten es der WDR, NDR, SDR und SWF gemeinschaftlich, die Orion doch starten zu lassen. Der Gesamtetat belief sich schließlich auf 3,4 Millionen DM (inflationsbereinigt nach heuigem Stand ca. 6,1 Millionen Euro), woran sich das französische Fernsehen ORTF zu 20 % beteiligte. Mehr als 50.000 Arbeitsstunden waren zur Fertigstellung der 7-teiligen Serie nötig.

Die aufwendigen Kulissen wurden von dem späteren Oscarpreisträger Rolf Zehetbauer ("Cabaret", 1972) entworfen. Handelsübliche Sanitärarmaturen, Getränkebecher, Bleistiftspitzer, Nierentische und Haushaltsgeräte wurden zu futuristischen Ausrüstungen umfunktioniert, allein im knapp 28 Meter breiten Leitstand wurden mehr als 10.000 Meter und 3.200 Glühbirnen verbaut. Von der Orion selbst wurden drei Modelle aus Gips, Aluminium, Holz und Plexiglas gefertigt. Das kleinste Modell war nur 30 cm groß, das größte hatte einen Durchmesser von 160 cm. Die einzigartigen Kostüme von Margit Bardy und Vera Otto lösten regelrecht eine Modewelle aus und gelten heute ebenso wie die speziell für die "Raumpatrouille" gestalteten Haarfrisuren als retro-futuristischer Chic der 1960er Jahre.

Perfektes Styling: Retro-Frisuren aus der Zukunft

Der berühmte Gesellschaftstanz, der stets zwischen den Abenteuern im Starlight Casino getanzt wird (und erst im Producer's Cut von 2003 den Namen "Galyxo" erhielt), wurde von William Milli entwickelt und choreographiert. Die Musik wurde von dem erfolgreichen Filmkomponisten Peter Thomas geschrieben, der sich bis dahin u.a. durch seine Soundtracks für die beliebten "Edgar Wallace"-Verfilmungen einen Namen gemacht hatte. Bis heute ist seine Orion-Titelmusik mit ihren unverwechselbaren Jazz-Klängen eine der berühmtesten und am meisten gecoverten deutschen TV-Melodien überhaupt.

Die Drehbücher wurden von Rolf Honold sowie einem fünfköpfigen Autorenteam unter dem Pseudonym W.G. Larsen geschrieben. Dahinter verbargen sich die Orion-Produzenten Hans Gottschalk, Helmut Krapp, Oliver Storz sowie die Regisseure Theo Mezger und Michael Braun. Die wissenschaftliche Plausibilität wurde von dem Atomphysiker Dr. Ernst Jung auf den Prüfstand gestellt. Honold war daran gelegen, das mit Science Fiction recht unerfahrene deutsche Publikum nicht mir allzu fantastischen Themen zu überfordern, weshalb die Abenteuer der Orion insgesamt vergleichsweise bodenständig blieben. Vorwiegend griff er auf eher klassische SF-Motive zurück, die er aber zu einem komplexen, detaillierten Bild von der Zukunft zusammenführte.

Gut gelaunt und unverwechselbar: Die Crew der Orion

Die multinationale Crew wurde ausnahmlos von deutschen bzw. österreichischen Schauspielern verkörpert. Für die Rolle des Raumschiffkommandanten wurde Österreicher Dietmar Schönherr verpflichtet. Bemerkenswerterweise war er nicht die erste Wahl, sondern wurde erst relativ spät als Cliff Allister McLane verpflichtet, nachdem einige andere Schauspielgrößen die Größe angesichts des Risikos einer Science-Fiction-Serie abgelehnt hatten. Es ist eine Ironie, dass gerade diese Rolle für Schönherr ein Karrieresprungbrett war und ihn Fernsehgeschichte schrieben ließ. Seinen bis heute anhaltenden Bekanntheitsgrad verdankt er auch trotz seiner späteren Erfolge (z.B. mit der Talkshow "Je später der Abend", 1973) im Wesentlichen seiner Hauptrolle in der "Raumpatrouille". Dass die Mitwirkung an der Serie für alle Darsteller etwas Besonderes war, belegen die zahllosen Interviews, die sie in den folgenden Jahrzehnten gaben und in denen sie immer wieder die "Raumpatrouille" und ihren Einfluss auf ihre Karrierewege würdigten.

Die Episoden entstanden unter Leitung der Regie-Experten Michael Braun (Episoden 1; 5; 7) und Theo Mezger (Episoden 2; 3; 4; 6). Braun hatte zwischen 1961 und 1963 an der Erfolgsserie "Funkstreife Isar 12" mitgearbeitet und lieferte 1969 mit der Zirkusserie "Salto mortale" einen weiteren viel beachteten TV-Hit ab. Auch Theo Mezger hatte sich als Regisseur in "Funkstreife Isar 12" erste Lorbeeren verdient, ehe er 1964 den überaus erfolgreichen Fernsehfilm "Flug in Gefahr" mit Hanns Lothar in der Hauptrolle inszenierte. Da das französische Fernsehen an der Produktion beteiligt war, wurden einige Szenen mit französischen Darstellern parallel gedreht. So wird beispielsweise die Regentin von Chroma (Episode 5, "Der kampf um die Sonne") in der deutschen Fassung von Margot Trooger gespielt, in der französischen Version hingegen von Christiane Minazzoli.

Die Dreharbeiten dauerten lediglich 19 Wochen. Die erste Klappe fiel am 15. März 1965 auf dem Bavaria-Gelände Geiselgasteig bei München. Die Außenaufnahmen entstanden im näheren Umkreis des Studios. So hält zum Beispiel das Braunkohlewerk in Peißenberg als Kulisse für den Bergbauplanetoiden Pallas (Episode 3, "Hüter des Gesetzes") her, beim Regierungssitz von Chroma (Episode 5, "Der Kampf um die Sonne") handelt es sich tatsächlich um Schloss Höhenried am Starnberger See.

Aufwendig und innovativ: Die Startsequenz der OrionEffektreiche Episode: Planet außer Kurs

Wesentlich zeitaufwendiger gestaltete sich die Herstellung der Spezialeffekte, für die sich Theodor Nischwitz verantwortlich zeichnete. Nischwitz hatte 1960 an der gelungenen Gruselkomödie "Das Spukschloss im Spessart" mit Liselotte Pulver mitgearbeitet und war zum Beispiel auch 1981 an Wolfgang Petersens Kinoerfolg "Das Boot" beteiligt. Für die Erstellung der Effekte der "Raumpatrouille" waren Einfallsreichtum und handwerkliches Geschick gefordert, und viele der Trickszenen entstanden im Hinblick auf eine mögliche Fortsetzung bereits in Farbe, obwohl dieses erst 1967 in Deutschland eingeführt wurde. Der aufwendigste und zugleich beeindruckendste Effekt war die Startsequenz der Orion. Als Kulisse für die Tiefseebasis wurde der Königsplatz in München genutzt, der damals noch mit großen Granitplatten belegt war. Für die gesame Sequenz wurden schließlich 13 Filmbänder übereinander kopiert (u.a. das Personal auf dem Königsplatz, der beleuchtete Hintergrund, die Mitarbeiterin im Vordergrund, die Orion selber, der Landeschacht). Für den Wasserstart wurde zunächst ein ausgeschnittenes Foto der Orion auf eine Glasplatte geklebt. Dahinter wurden drei Alka-Seltzer-Tabletten angebracht, um so die Luftblasen zu simulieren. Die Glasplatte wurde dann kopfüber in eine mit Wasser gefüllte Küvette getaucht und mit einer auf dem Kopf stehenden Kamera gefilmt. Hinter dem Behälter wurde ein bemalter Hintergrund bewegt, um so den Eindruck der aufsteigenden Orion zu verstärken. Der Strudel, aus dem die Orion auftaucht, wurde in einer Versuchsanlage für Wasserdynamik erzeugt. Dafür wurde das Wasser zunächst dunkel eingefärbt und anschließend mit Scheinwerfern hell angestrahlt. Ventilatoren wirbelten die Wasseroberfläche auf, der Himmel wurde als Hintergrund in die Aufnahmen hineinkopiert.

Die Kritiken nach der Erstausstrahlung waren durchwachsen. Im Allgemeinen wurde der strenge militärische Jargon bemängelt, die "Raumpatrouille" sei auch zu intellektuell, die Prädikate reichten von "Schund" bis hin zu "faschistoid". Trotz der negativen Bewertungen erreichte die "Raumpatrouille" traumhafte Einschaltquoten von z.T. mehr als 50 %, was bis dahin allenfalls die Shows mit Hans-Joachim Kuhlenkampff erreicht hatten. "Raumpatrouille" war ein Straßenfeger. Die folgende langlebige Romanserie, an der maßgeblich der "Perry Rhodan"-Autor Hans Kneifel beteiligt war, die TV-Wiederholungen und die Video- und DVD-Veröffentlichungen führten dazu, dass der Kult um die Orion bis heute anhält. So existieren auch heute noch einige aktive Fanclubs, Programmkinos zeigen die Abenteuer der Orion auf der großen Leinwand, es gibt sogar Fan-Artikel wie Bücher, Pins, Aufnäher, Hörspiele oder Schneidebretter. Und wo es kein Fan-Material gibt, behilft man sich selber: Wer beispielsweise ein Modell der Orion sucht, findet im Internet entsprechende Bastelanleitungen.

Nur 7 Episoden, trotzdem unvergessen: Raumpatrouille Orion

Auch nach 45 Jahren garantieren die sieben Episoden immer noch spannende Abenteuer im Weltraum, so wie sie einen nostalgischen Rückblick in die 1960er Jahre gewähren, in der man sich die Zukunft noch nicht mit Hilfe von Elektronengehirnen ausmalte. Sie sind ein Zeugnis ihrer Zeit, zeigen die Ängste, aber auch die Hoffnungen auf und stellen unter Beweis, mit welcher Kreativität und welchem Ehrgeiz die bis heute einzige deutsche SF-Fernsehserie entstanden ist. So lädt die "Raumpatrouille" auch heute noch zu einer fulminanten Reise ins Jahr 3000 ein - Eben aus der Sicht des Jahres 1966.

Björn Flügel
(Bilder © Bavaria Atelier GmbH/WDR)


Weiterführende Links:
Raumpatrouille Orion - Special
OrionSpace.de - Fanseite
Saphir-im-Stahl-Verlag (Orion-Bücher)
Raumpatrouille Orion - Bastelbögen






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