Mit: Rainn Wilson, Ellen Page, Kevin Bacon, Liv Tyler, Michael Rooker, Andre Royo, Sean Gunn, Gregg Henry, Linda Cardellini, Nathan Fillion u.a.
Kurzinhalt:
Nachdem ihn seine Frau für einen schmierigen Nachtclubbesitzer verlassen hat, ist Frank am Boden zerstört. Bis er glaubt, eine göttliche Vision zu erhalten und endlich seine Bestimmung zu erkennen. Nach etwas Recherche im nächstgelegenen Comic-Laden, bei der ihm die junge Mitarbeiterin Libby tatkräftig zur Seite steht, schneidert er sich ein Kostüm und schnappt sich einen Bolzen, um fortan als "Crimson Bolt" den Schurken dieser Welt das Fürchten zu lehren. Die ersten Nächte der Verbrechensbekämpfung gestalten sich zwar noch nicht sonderlich ereignisreich, doch als er eine Straße besucht, auf der fleißig Drogen verkauft werden, hat er sein erster Opfer gefunden. Auch in den darauffolgenden Nächten stellt er den einen oder anderen Abschaum – ehe er endlich die Zeit gekommen sieht, sich seiner Nemesis zu stellen. Doch die Rettungsmission seiner Frau gestaltet sich nicht so wie erhofft. Als er in seiner Verzweiflung zur einigen Person flüchtet, von der er glaubt, dass sie ihm helfen kann – Libby – steht ihm diese fortan als sein junger Sidekick tatkräftig zur Seite. Doch sind ein Mann und eine junge Frau in Kostümen genug, um Jacques und seine Schergen zu überwältigen?
Review:
"Super" ist nach "Defendor" und "Kick-Ass" bereits der dritte Film in relativ kurzer Zeit, der sich mit der Frage auseinandersetzt, was passieren würde, wenn ein Normalbürger (?) im "richtigen Leben" als kostümierter Rächer/Superheld auftreten würde. Trotz der thematischen Ähnlichkeit gelingt es ihm dabei, wie bereits der Konkurrenz zuvor, seine ganz eigene Nische und Identität zu finden und sich ausreichend von den Vorgängern abzugrenzen, um eine Bereicherung für dieses Subgenre darzustellen. Wo "Defendor" eine erstaunlich ernste und nachdenkliche Geschichte mit tragischen Untertönen erzählt hat, und "Kick-Ass" sich auf die parodistischen Elemente konzentriert hat, ehe es selbst zu einem (mehr als würdigen) Vertreter des Superhelden-Genres wurde, setzt "Super" in erster Linie auf ausgefallen-skurrile Töne sowie pechschwarzen Humor, gegen den selbst eine freudig Gangster niedermetzelnde 11-jährige vergleichsweise harmlos wirkt.
In den ersten Minuten stellt man uns Frank vor und macht ihn uns sympathisch bzw. lässt uns mit ihm Mitleid empfinden – Empfindungen, die sobald er seinen brutalen Streifzug zur Verbrechensbekämpfung beginnt, konstant auf die Probe gestellt werden. Bereits bei den ersten Angriffen, auch wenn es dabei Drogendealer, Kinderschänder und ähnlichen Abschaum erwischt, bleibt einem das Lachen angesichts der Brutalität seiner Angriffe im Hals stecken, doch spätestens wenn er ein junges Paar für ein vergleichsweise harmloses Vergehen auf ebenso gewalttätige Art und Weise bestraft, sollten selbst die Hartgesottesten beginnen, seine Motive bzw. die Rechtmäßigkeit seines Handelns zu hinterfragen. Durch Libby, die sich ihm in weiterer Folge anschließt, bringt man seine Verbrechensbekämpfung auf eine neue Stufe der Fragwürdigkeit, und auch wenn der Film an keiner Stelle so amüsant und unterhaltsam ist wie hier, und meines Erachtens erst durch sie so richtig zum Leben erwacht, ist man sich doch jederzeit bewusst, dass man das Gezeigte eigentlich nicht amüsant finden SOLLTE/DÜRFTE – wodurch sich ein herrliches Wechselbad der Gefühle ergibt. Dass Frank trotz seiner Taten nie gänzlich unsere Sympathien verliert, liegt unter anderem am gelungenen Schauspiel von Rainn Wilson, der ihn als von der Welt entrückten Verlierer darstellt und uns sowohl die Tragik der Figur als auch dessen – trotz seiner teils abscheulichen Taten – guten Absichten nie ganz vergessen lässt. Kevin Bacon überzeugt erneut in einer herrlich schmierig-boshaften Rolle, und Liv Tyler als Frank's (Ex?)Frau ist ebenfalls perfekt gecastet – wer von uns würde sie denn nicht aus den Fängen eines Schurken befreien wollen?! In weiteren kleinen Nebenrollen und/oder Gastauftritten brillieren Michael Rooker, Sean Gunn, Gregg Henry und Fan-Liebling Nathan Fillion.
Sie alle werden jedoch von einem 155 cm "großen" Energiebündel an die Wand gespielt. Ellen Page ist eine Naturgewalt in diesem Film. Als der Sidekick von "Crimson Bolt" (ihr Name sei an dieser Stelle nicht verraten; ich fand es einfach zu witzig, als er das erste Mal genannt wurde, als dass ich euch diese "Überraschung" verderben wollen würde) ist sie mindestens so lustig wie sexy, und mindestens so sexy wie ausgeflippt – all dies jedoch auf eine herrlich bedenklich-beunruhigend-schräge Art und Weise. Vor allem ihr Hang zur Gewalt, und wie sie diese genießt, ist einerseits ungemein amüsant, andererseits aber auch erschreckend. Zudem dient sie in vielerlei Hinsicht (neben Jacques) als Katalysator der Handlung, die "Crimson Bolt" dazu animiert, seine Verbrechensbekämpfung auf ein neues Niveau zu hieven. Ihre Performance allein ist es aus meiner Sicht schon wert, sich den Film bei nächster Gelegenheit anzusehen!
Doch auch wenn "Super" seinem Namen definitiv gerecht wird – er ist nicht perfekt. So war mir persönlich jene Szene, in der Frank "von Gott berührt" wird (oder zumindest davon träumt), dann doch schon wieder etwas zu abgefahren und trashig. Hier offenbarte Regisseur James Gunn (u.a. "Slither") dann für meinen Geschmack doch etwas zu deutlich seine Troma-Wurzeln. Am meisten störte mich jedoch der Einsatz eines bestimmten Stilmittels während des Showdowns. Ich will hier nichts verraten, aber es handelt sich um ein Stilmittel, welches zuvor nur höchst sporadisch eingesetzt wurde, und hier nun völlig außer Kontrolle gerät. Leider dient es in erster Linie dazu, Humor hinein- und die Zuseher zum Lachen zu bringen – und das just an einer Stelle, die meines Erachtens ernst, spannend und hochdramatisch sein sollte. Ich möchte an diesem Punkt im Film mit den Helden mitfiebern und –leiden; dieses Stilmittel riss mich aber leider völlig aus dem Geschehen. Jedenfalls war dieses humoristisch-parodistische Element, aus meiner Sicht an dieser Stelle des Films absolut fehl am Platz, an der der Zuschauer aus meiner Sicht zwar alle möglichen Empfindungen durchlaufen sollte – aber nicht Heiterkeit. Dieser dramaturgisch enttäuschende Showdown hinterließ bei mir einen fahlen Beigeschmack, den selbst das eigentliche, dann wieder sehr gelungene und mit einer gefälligen "Moral von der Geschicht'" aufwartende Ende nicht mehr gänzlich wegspülen konnte…
Fazit:
Auch wenn "Super" ein ähnlicher Grundgedanke zugrunde liegen mag wie "Kick-Ass" und "Defendor", so schlägt er dennoch einen gänzlich anderen Weg ein. Statt eines gelangweilten Teenagers oder eines Verrückten, steht hier de facto ein Psychopath im Mittelpunkt des Geschehens. Das Geschehen ist zwar mit einer ordentlichen Portion makaber-tiefschwarzen Humors umgesetzt, "Super" ist jedoch mehr als eine reine, belanglose Komödie. Denn mit der Frage, wie weit wir angesichts seiner rücksichtslosen und brutalen Vorgehensweise mit "Crimson Bolt" zu gehen bereit sind, und was er tun muss, um unsere Sympathien endgültig zu verlieren, stellt er den Zuschauer konstant auf die Probe – jedoch ohne dabei belehrend zu wirken. Dass uns die Figur dennoch nie abstößt sondern bis zum Ende hin zumindest einen Hauch an Restsympathie bewahrt, liegt an der tollen Darstellung von Rainn Wilson in der Hauptrolle, der uns die widersprüchlichsten Emotionen gegenüber Frank entlockt. Der wahre Star des Films ist jedoch Ellen Page, die mit ihrer herrlich abgefahrenen, energiegeladenen Performance alle anderen Figuren und Darsteller überstrahlt – erst mit ihr erwacht der Film so richtig zum Leben. Einzig die für meinen Geschmack etwas zu trashige Traumszene sowie ein meines Erachtens völlig deplatziertes Stilmittel während des Showdowns verhindern, dass mich "Super" uneingeschränkt begeistern konnte – doch selbst mit diesen Kritikpunkten wird er seinem Namen absolut gerecht.
Wertung:8 von 10 Punkten (vorläufige Wertung; ich schließe eine Aufwertung nach der Zweitsichtung um 1 Punkt nicht aus)