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Fluch der Karibik 4 - Fremde Gezeiten Drucken E-Mail
Auf der Suche nach der Quelle der ewigen Jugend... Kategorie: Filme - Autor: M. Spieler | C. Siegel - Datum: Samstag, 21 Mai 2011
 
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Pirates of the Caribbean: Fremde Gezeiten
(Pirates of the Caribbean: On Stranger Tides, USA 2011)
 
Pirates of the Caribbean: Fremde Gezeiten
Bewertung:
Studio/Verleih: Walt Disney Pictures
Regie: Rob Marshall
Produzenten: U.a. Jerry Bruckheimer, Ted Elliott & Terry Rossio
Drehbuch: Ted Elliott & Terry Rossio, inspiriert vom Roman "In fremderen Gezeiten" von Tim Powers
Filmmusik: Hans Zimmer
Kamera: Dariusz Wolski
Schnitt: David Brenner, Michael Kahn & Wyatt Smith
Genre: Abenteuer/Fantasy
Kinostart (Deutschland): 19. Mai 2011
Kinostart (USA): 20. Mai 2011
Laufzeit: 137 Minuten
Altersfreigabe: Ab 12 Jahren
Trailer: Klick
Kaufen: Blu-Ray, DVD, Soundtrack, Roman "On Stranger Tides"
Mit: Johnny Depp, Penélope Cruz, Geoffrey Rush, Ian McShane, Kevin McNally, Stephen Graham, Sam Claflin, Astrid Berges-Frisbey u.a.


Kurzinhalt: Nach dem Ende der Geschichte um William Turner und Elizabeth Swan, folgt Captain Jack Sparrow (Johnny Depp) erneut, aber allein, dem Kurs seines magischen Kompasses. Wie der Blick auf die Seekarte im letzten Teil schon andeutete, ist das Objekt der Begierde in Fremde Gezeiten die Quelle der Jugend. In der alten Welt stehen Spanien und England in kriegerischer Konkurrenz zueinander. Angetrieben von ihren Glaubensausprägungen wollen sowohl Spaniens als auch Englands König, die Quelle erreichen. In London nun, heisst es, sucht Jack Sparrow eine neue Crew. Keiner ist von diesem Gerücht überraschter als Jack selbst. Dort treffen wir auch auf Barbossa (Geoffrey Rush), nun als Freibeuter in Diensten seiner Majestät stehend, der Rache für den Diebstahl der Black Pearl und den Verlust eines Beines geschworen hat. Blackbeard (Ian McShane), der Piratenbösewicht in diesem vierten Teil, hat ihm die Pearl und das Bein genommen. Dieser ist seinerseits getrieben von einer Prophezeihung auch auf der Suche nach dem Ort, der ewiges Leben verspricht. Alle wollen Jack, bzw. seinen treuen ersten Maat Master Gibbs (Kevin McNally), der den Kurs über die verschiedenen Stationen zur Quelle im Kopf hat. So erlebt der Zuschauer in diesem rumgetränkten 3D-Abenteuer ein klassisches Wettlauf-Szenario, angereichert mit den typischen Sprüchen von Capt. Jack und dem restlichen Piratenpack.
Michael Spieler


Review von Michael Spieler: ImageDie Mischung altbekannter und neuer Figuren macht "Fremde Gezeiten" interessant, v.a. die Hass-Freundschaft zwischen Barbossa und Sparrow macht ihn doch sehr kurzweilig. Sie hat außerdem den Effekt, dass man hier eine gute Verbindung zu den ersten drei Teilen geschaffen hat ohne sich zu wiederholen und ich kann nachvollziehen, dass man von dem Liebespaar genug hatte. Auf der Suche nach Antworten, begegnet Jack schließlich einer alten Flamme, Angelica (Penélope Cruz). Ihre Loyalität ist mehr als einmal unklar, sie versucht aber mit Hilfe eines jungen Priesters Blackbeards dunkle Seele zu retten, sollte die Prophezeiung wahr werden und die Quelle nicht rechtzeitig erreicht werden. Der Priester selbst wird im Laufe der Reise getestet und wird eine Entscheidung zu treffen haben.

Die vorherigen drei Teile sind zugleich Segen und Fluch dieses vierten Films. Zum Einen fühlt man sich in der von Disney geschaffenen Welt sofort zuhause, zum Anderen setzt bei mir eine Ermüdung ein. Ich glaube, das ist auch der Grund, warum es so lange vor "Fluch der Karibik" keine oder kaum moderne Piratenfilme gab (von "Die Piratenbraut" mal abgesehn): man braucht wie bei Western Verschnaufpausen im Kino, sonst fühlt man sich von Stoff im selben Setting schnell überrannt und trotz aller neuen Storyelemente sieht man gefühlt wenig Neues. Man sollte hier nicht zu viel erwarten, "Fremde Gezeiten" ist ein typischer Actionfilm und wie die ersten Filme mit wenig Tiefgang auf Keilereien und Seegefechte getrimmt. Mein größtes Problem habe ich mit Blackbeard. Sicher, Ian McShane macht aus der Figur einen mordlustigen, blutrünstigen Barbaren, der nur von Penélope Cruz' Angelica zeitweise beschwichtig werden kann und macht das gut. Aber nach zwei Teilen mit dem untoten Davy Jones und seiner zu Meeresfrüchten gewandelten Crew, ihn als NOCH böser oder vielschichtiger hinzustellen, funktioniert einfach nicht. Im Grunde is er ein Mann, der Schiss hat, dass ihn seine Taten einholen und nun aus Verzweiflung alles auf diese Reise wirft. Er wirkt nun wie die Sparversion von Davy Jones.

ImageTechnisch gibt es an der Produktion nicht da Geringste auszusetzen, so ist der 3D-Effekt hier auch durchaus angenehm. Ich würde nicht soweit gehen und ihn als notwendig einstufen, aber er trübt hier nicht das Kinoerlebnis, wie bei anderen 3D-Filmen der letzten Zeit. Mit den Kulissen haben sie sich erneut sehr viel Mühe gemacht. Gerade auch die neuen Schauplätze in der alten Welt sorgen für etwas Abwechslung zwischen den sonst recht tropischen Umgebungen. Der Beziehungsquatsch ist leider etwas aufgesetzt und irgendwie versucht die Beziehung zwischen Angelica und Jack krampfhaft die aus "Mr. und Mrs. Smith" nachzuahmen. Ich fühlte mich daran erinnert, nur leider fehlt mir da der Funke oder ein Knistern, besonders von Jacks Seite. Angelica wohnt spürbar eine Leidenschaft inne, die an Jack aber nur verpuffen würde, da hilft auch kein Tango im Mondschein.

Fazit: Alles in allem wirkt "Fremde Gezeiten" mehr wie eine losgeslöste Epsiode aus dem Leben von Captain Jack Sparrow, was ja irgendwie sogar der Plan der Macher war. Durchaus lustige Piratenaction, aber trotz guter Bemühungen eher eine Überdosis. Ich hab jedenfalls erstmal genug davon. Arrrrrr!

Wertung:5 von 10 Punkten


Michael Spieler



Review von Christian Siegel: Image"Pirates of the Caribbean" war nicht das erste mediale Projekt, das sich von der gleichnamigen Attraktion aus Disneyland inspirieren ließ. Auch die Idee zum PC-Spiel "Monkey Island", das selbst mehr als 20 Jahre nach Veröffentlichung zu den bekanntesten, beliebtesten und besten Computerspielen aller Zeiten zählt, entstand nach einem Besuch bei den Piraten der Karibik (so gesehen kommen Ähnlichkeiten wie die Geister/Skelettpiraten und der an LeChuck erinnernde Barbossa in Teil 1 wohl nicht von ungefähr). Eine weitere Inspirationsquelle für Ron Gilbert & Co. war der 1987 von Tim Powers veröffentlichte Abenteuerroman "On Stranger Tides" – zu deutsch "In fremderen Gezeiten". Als im Sommer 2009 die Special Edition des Spiels erschien, nahm ich mir dies zum Anlass, mir Tim Powers Roman zu Gemüte zu führen. Während des Lesens fielen mir bereits einige Ähnlichkeiten zu "Fluch der Karibik" auf. Pirat Jack Davies erinnerte mich an Jack Sparrow (wenn auch längst nicht so abgefahren), Blackbeard wiederum an Barbossa. Und im Zentrum stand ein Junge, der unfreiwillig zum Piraten wurde, und seine Liebe zur Gouverneurstochter Elizabeth, die es aus den Fängen des Bösewichts zu befreien gilt. Öhm…

Natürlich hätte man, um einen "richtigen" Fluch der Karibik-Film daraus zu machen, noch zahlreiche Änderungen an Figuren und Geschichte vornehmen müssen, aber alles in allem fand ich, dass das Grundgerüst für ein entsprechendes Abenteuer definitiv da war. Dass scheinbar nicht nur ich dieser Ansicht war, zeigt die Tatsache, dass nur wenige Tage, nachdem ich den Roman beendet hatte, "Pirates of the Caribbean: On Stranger Tides" offiziell angekündigt wurde. Meines Erachtens eine vielversprechende Ausgangssituation für den 4. Teil, in dem man auf Elizabeth und Will nun verzichten würde müssen. Als dann schließlich Ian McShane (aka "Al Swearangen" aus "Deadwood") als Blackbeard gecastet wurde, was von mir mit den Worten "Best Casting Ever" aufgenommen wurde, begann sich meine Vorfreude – und die Hoffnung auf eine würdige Fortsetzung der Reihe – endgültig zu steigern. Rob Marshall war zwar für mich als Regisseur ein ungeschriebenes Blatt, aber der gelungene Trailer schien anzudeuten, dass es ihm gelingen würde, an Verbinski’s tolle Inszenierung anzuknüpfen und dem bisherigen Stil der "Fluch der Karibik"-Filme treu zu bleiben. Tja, so kann man sich täuschen…

ImageManchmal sieht man einen schlechten und/oder enttäuschenden Film, und freut sich schon förmlich drauf, ein gemeines, bissiges Review zu schreiben - siehe "Spider-Man 3" oder "Transformers - Die Rache". Manchmal ist das Vergnügen eines solchen Verrisses das einzig Positive an solch einem (qualitativen) Flop. Das Review zu "Fremde Gezeiten" zu schreiben hat mir hingegen keine Freude bereitet. Einerseits, da ich die bisherigen Filme der Reihe zu sehr schätze und daher von Teil 4 einfach zu enttäuscht bin, und andererseits, da er nicht wirklich schlecht ist – nur halt leider auch alles andere als gut. Bevor wir fortfahren möchte ich kurz noch einmal darauf hinweisen, dass ich im Gegensatz zu vielen anderen alle drei bisherigen "Fluch der Karibik"-Filme gelungen fand. Der Erste ist und bleibt natürlich ganz klar der Beste, aber Teil 2 sehe ich mittlerweile z.B. um einiges positiver als damals unmittelbar nach dem Kinobesuch, als ich mein ursprüngliches Review verfasst habe. Und an "Am Ende der Welt" schätze ich nach wie vor seinen Mut und seine Epik, und halte ihn für einen würdigen, gelungenen Abschluss der Trilogie.

Mir ist bewusst, dass ich damit bis zu einem gewissen Grad aus der Reihe tanze – wurde doch insbesondere "Am Ende der Welt" von vielen eher kritisch aufgenommen, da zu überladen und komplex. Ich schließe daher nicht aus, dass viele von jenen, denen die letzten beiden Filme weniger zugesagt haben als mir, mit "Fremde Gezeiten" vielleicht mehr anfangen werden können. Aber für mich war der 4. Teil eine herbe Enttäuschung. Zwar sicherlich noch ein paar gute Szenen und Elemente davon entfernt, filmischen Schiffbruch zu erleiden, fehlten mir einfach (zu) viele Stärken der Vorgänger. Die komplexe, vielschichtige Handlung, die von vielen – vor allem bei "Am Ende der Welt" – gescholten wurde, hat für mich die bisherigen Filme in gewisser Weise abgehoben und vom üblichen "Gib dein Hirn an der Kinokasse ab"-Blockbuster-Mist abgehoben. Gleiches gilt für die zahlreichen kleinen bizarren und skurrilen Momente und Elemente, die wohl in erster Linie auf Gore Verbinski zurückzuführen gewesen sein dürften – dessen Gespür für tolle, imposante Bilder, packende Action und dieses gewisse Maß an Besonderem bei "Fremde Gezeiten" an allen Ecken und Enden fehlt.

ImageEbenfalls abgängig sind die mutigeren, düsteren Elemente, sowie die Ambitionen der Vorgänger. Natürlich war die "Fluch der Karibik"-Reihe schon immer als typische Bruckheimer-Blockbuster gedacht, die in erster Linie dazu da sind, möglichst viel Geld in die Taschen der Produzenten zu spülen. Und doch waren die ersten drei Filme der Reihe mehr. Gore Verbinski und seinem Team hatten eine Vision. Es ging nicht einfach nur darum, einen erfolgreichen Film zu machen, sie wollten einen guten Film machen. Ob ihnen dies immer gelungen ist, darüber kann man geteilter Meinung sein; nicht jedoch, dass sie es wenigstens versucht haben. Das ist leider mehr, als man über so ziemlich alle Beteiligten an "Fremde Gezeiten" sagen kann. Sie alle – einschließlich Wiederholungstätern wie die Drehbuchautoren Ted Elliot und Terry Rossio, Komponist Hans Zimmer, ja teilweise leider sogar Johnny Depp (der zwischendurch immer wieder auf den typischen Sparrow-Akzent und dessen Mimik und Gestik zu vergessen scheint; ja fast wirkt es teilweise so, als hätte man Proben in den Film geschnitten, in denen Depp noch nicht "in character" war) – scheinen immer nur das absolut Notwendigste zu tun, mit dem sie meinen, gerade noch durchzukommen – wie ein Schulkind dass immer irgendwie durchrutscht, aber keinen Grund sieht, sich darüber hinaus noch sonderlich anzustrengen.

Überhaupt erinnert "Fremde Gezeiten" leider wieder mehr an jene lieblosen Möchtegern-Blockbuster, wie man sie von Disney in den letzten Jahren im Realfilm-Bereich überwiegend gewohnt ist (siehe "National Treasure", "Prince of Persia – Der Sand der Zeit" oder auch "Duell der Magier"), denn an die bisherigen, mit Schweiß und Herzblut umgesetzten Filme der "Fluch der Karibik"-Reihe. So als hätte sich eine Gruppe von Leuten zusammengeschlossen, um "Pirates of the Caribbean" nachzuahmen (so wie "National Treasure" im Prinzip ja auch nur eine billige "Indiana Jones"-Kopie war), jedoch ohne das nötige Talent – uva. ohne zu verstehen, was diese Filme so gelungen gemacht hat. CAPTAIN Jack Sparrow hat in den ersten drei Teilen deshalb so gut funktioniert, und war deswegen eine derart geniale Präsenz, weil er nicht im Mittelpunkt stand. Er war immer entweder der Stolperstein, den es zu überwinden galt, oder ein Verbündeter, dessen Loyalität man sich jedoch nie zu sicher sein durfte. Er war eine Wildcard, ein Manipulierer, der in erster Linie seine eigenen Interessen und Ziele verfolgte, und sich der Tatsache stellen musste, dass diese manchmal im Widerspruch zu seinem sich gelegentlich regenden Gewissen standen. Dieser Konflikt – sowohl der innere als auch der äußere zu den anderen Figuren – war einer der Hauptelemente, welche die bisherigen Filme angetrieben haben.

ImageEben dieser Motor fehlt diesmal. CAPTAIN Jack Sparrow ist kein widerstrebender Held mehr, sondern einfach nur mehr ein Held. Der Hauptprotagonist. Statt das Ass im Ärmel liegt er diesmal für alle sichtbar auf dem Tisch. Nun bin ich nicht unbedingt der Ansicht, dass ein Jack Sparrow-zentrierter "Fluch der Karibik"-Film von vornherein zum Scheitern verurteilt war, aber was diesem Konzept bei "Fremde Gezeiten" dann endgültig das Genick bricht, ist die Tatsache, dass er in allen bisherigen Filmen eine viel stärkere Motivation hat als hier. Im ersten möchte er seine Black Pearl und damit seine Freiheit zurück. Im zweiten geht es ihm darum, seine Haut zu retten, und im dritten liebäugelt er mit der Unsterblichkeit. Diesmal gerät er eher zufällig bzw. widerwillig auf Blackbeards Schiff, und hilft ihm dabei, die Quelle der ewigen Jugend zu finden – nur warum eigentlich? Wenn er nach wie vor daran interessiert ist, ewig zu leben, so scheitert "Fremde Gezeiten" damit, uns dies auch zu vermitteln.

Erst im weiteren Verlauf des Films gibt man Jack einen halbwegs guten Grund das zu tun was er tut: Um Angelica zu retten. Leider wird die Bedrohung für ihr Leben leider erst beim Showdown am Ende konkret – und zu diesem Zeitpunkt ist schon lange klar, wie das alles ausgehen wird. Hier verabsäumt es "Fremde Gezeiten" leider auch, Captain Teague’s Versprechen zuvor, als er seinen Sohn davor warnt dass die Quelle ihn prüfen werde, einzulösen. Erinnert ihr euch noch an die geniale Szene vom Ende aus "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug", als Indy den Gral fast erreichen kann, ihn jedoch schließlich zurücklassen muss, um sich zu retten? Auf einen solchen Moment wartet man hier vergeblich. Es gibt keine Versuchung für Jack, da seine Motivation ab ca. der Mitte des Films darin besteht, Angelica zu retten. Damit gibt es am Ende auch keinen Konflikt und keine Frage, was er tun wird – und damit leider auch keinerlei Spannung und/oder Dramatik. Doch nicht nur Jack’s Motivation ist über weite Strecken des Films unklar und/oder nicht nachvollziehbar, dies gilt praktisch für jede Figur des Films. In den ersten drei Filmen war immer klar, was jeder Protagonist erreichen will. Diesmal sind uns ihre Ziele entweder unbekannt, interessieren uns nicht, oder aber sie erscheinen unlogisch.

ImageBarbossa will sich also an Blackbeard rächen – warum macht er dann Jagd nach der Quelle der ewigen Jugend? Woher weiß er, dass er diesen dort antreffen wird? Die Flotte der Spanier wiederum wirkt völlig unnötig und überflüssig, und wenn sich zuletzt ihre Motivation offenbart, kann man vor lauter Unlogik einfach nur mehr den Kopf schütteln. Angelica möchte ihren Vater retten, da sie um seine dunkle Seele fürchtet. Aber die Quelle würde sein Leben nur verlängern, und ihn nicht plötzlich zu einem neuen Menschen machen. Blackbeard’s Motivation wiederum erscheint ziemlich konstruiert, ist doch die Bedrohung für sein Leben durch die Prophezeiung eines seiner Crewmitglieder ungemein vage – und gleichzeitig für uns deutlich und durchschaubar genug, um zu diesem Zeitpunkt praktisch schon zu wissen, wie der Film ausgehen wird (ein weiterer Grund für die mangelnde Spannung). Eine tödliche Krankheit wäre hier aus meiner Sicht deutlich gelungener gewesen – und hätte Blackbeard auch zu einer interessanteren Figur gemacht, mit der man – ähnlich wie mit Barbossa im ersten Teil – sogar zumindest teilweise hätte sympathisieren können. Den Vogel schießt er allerdings am Ende ab, wo er am Ziel der Reise angelangt ist, und eine Entscheidung trifft, die im krassen Widerspruch zu seiner ursprünglichen Motivation zu sein scheint.

Überhaupt ist Blackbeard der bisher mit Abstand uninteressanteste Bösewicht der Reihe, dem es zudem an Bedrohlichkeit fehlt. Was genau macht ihn zu so einem gefürchteten Piraten? Ja, er hat gewisse Kräfte, und lässt einen Meuterer grausam grillen. Auch scheint ihm seine Crew ziemlich egal zu sein; er hat keine Bedenken damit, einige davon zu opfern, um seine Ziele zu erreichen. Damit unterscheidet er sich jedoch nicht im Geringsten von Barbossa (der nur wenige Minuten später teilnahmslos dabei zusieht, wie seine Besatzung von Meerjungfrauen dahingerafft wird) und/oder Jack Sparrow (der in "Fluch der Karibik 2" hundert Seelen für sein Schiff angeheuert hat, um diese Davy Jones im Austausch für seine eigene anzubieten). So gesehen wird leider auch Ian McShane völlig verschwendet. Nicht, dass er wenig Zeit auf der Leinwand zu sehen wäre; nachdem wir ihn das erste Mal zu Gesicht bekommen, bleibt er bis zum Showdown eine wichtige, ständige Präsenz. Aber er bekommt einfach überhaupt nichts zu tun. Blackbeard bleibt als Bösewicht leider unverzeihlich blass und harmlos.

ImageWomit wir schon beim möglicherweise größten Problem des Films wären: Er ist nicht spannend. Hauptgrund dafür ist wohl, dass es die Drehbuchautoren und der Regisseur verabsäumen uns mitzuteilen, was denn eigentlich überhaupt auf dem Spiel steht. Im ersten Teil ging es darum, Elizabeth zu retten, und in den beiden Fortsetzungen gab es überhaupt zahlreiche individuelle Ziele der Protagonisten, die für Spannung gesorgt haben: Will wollte seinen Vater retten, Jack sich selbst, und Elizabeth wollte endlich ihre Hochzeitsnacht. Dabei gab es mit Davy Jones, dem Kraken, dem ehemaligen Commodore Norrington und Lord Beckett gleich mehrere Hürden zu überwinden. Doch worum geht’s eigentlich diesmal? Blackbeard möchte die Quelle der ewigen Jugend erreichen, um sein Leben zu retten. Schön und gut, nur… was genau soll denn dort so schlimmes passieren? Wer ist bedroht, und warum sollte mich das kümmern? Welches böse Schicksal droht denn unseren Protagonisten, wenn ihm dies gelingt? Worin liegt die Bedrohung, warum sollten wir mitfiebern und hoffen, dass er damit scheitert? Auch die Vorhersehbarkeit drückt enorm auf die Spannung und damit den Unterhaltungswert. Bei den bisherigen Fluch der Karibik-Filmen wusste man nie so recht, was nun als nächstes passieren würde. Diesmal ist die Handlung ungemein absehbar.

Je vorhersehbarer das Ziel, desto wichtiger wird es, dass der Weg dorthin unterhaltsam ist. Leider scheiterte "Fremde Gezeiten" meines Erachtens auch darin; zu viele Gags fielen – zumindest bei mir – flach. Ich gestehe jedoch unumwunden ein, sicherlich nicht die letzte, unumstößliche Instanz zu sein, und dem Gelächter nach gab es einige, die von ihm gut unterhalten wurden. Ich gehörte nur leider nicht dazu. Ein weiteres Problem ist die Action. In den Vorgängern gab es immer mindestens eine packende, gelungene, mitreißende und denkwürdige Actionszene. Diesmal? Nada. Die Kutschenverfolgungsjagd kommt diesem Grundgedanken noch am nächsten, ist jedoch nicht gut genug inszeniert, um wirklich in Erinnerung zu bleiben. Kurz darauf gibt es den besten Schwertkampf des Films, der an das erste Duell zwischen Will und Jack erinnert (und einige Momente daraus kopiert), doch hier mangelt es wiederum an Originalität, um wirklich begeistern zu können. Und der Rest der – danach ohnehin erstaunlich spärlich gesäten – Action war einfach nur enttäuschend. Ja selbst auf einen Kampf auf hoher See muss man diesmal verzichten. Damit begeht "Fremde Gezeiten" schließlich die Todsünde eines jeden Blockbusters: Er wird stellenweise richtiggehend langweilig…

ImageEs hilft auch nicht, dass man viele alte, lieb gewonnene Figuren hier schmerzlich vermisst (so ist Gibbs das einzige ehemalige Crewmitglied der Black Pearl, mit dem es ein Wiedersehen gibt), und die neuen kein würdiger Ersatz für sie sind. Dies gilt insbesondere für Will und Elizabeth. Ich weiß, dass einige ihrer Romanze müde waren, aber mit ihnen fehlt diesmal leider auch das Herz. Philip und Syrena bekommen einfach zu wenig Screentime und wirken zu unbedeutend, um diese Lücke zu füllen. Ansätze sind ja durchaus vorhanden: So finde ich die Kombination eines Klerikers und einer Meerjungfrau grundsätzlich nicht uninteressant. Zudem ist Astrid Berges-Frisbey (die mich in ihrer kurzen Szene im Trailer als sie aus dem Wasser auftaucht immer an Ellen Page erinnert hat) wirklich bildhübsch und spielt die scheinbar eine einzige freundlich-unschuldige Meerjungfrau mit Rehaugenblick, der bei jedem Mann im Kinosaal den Beschützerinstinkt auslösen dürfte, sehr überzeugend und gut. Hätte man sich mehr auf die beiden konzentriert, hätte das eine interessante, warmherzige Liebesgeschichte werden und dem Film damit etwas an emotionalem Gewicht verleihen können – so fällt es leider in die Kategorie "zu wenig, zu spät"…

Ein weiterer Schwachpunkt ist die Tatsache, dass wir das eine oder andere Mal von Ereignissen hören oder sie erzählt bekommen, statt sie uns zu zeigen – und die allesamt interessanter klingen als das meiste, dass uns in "Fremde Gezeiten" präsentiert wird. Vor allem der Angriff auf die Black Pearl und Barbossa’s Kampf hätten eine grandiose, denkwürdige Actionszene und einen genialen Einstieg abgegeben, nach der man nicht nur Barbossa’s Rachegelüste besser nachvollziehen hätte können (und damit zumindest eine Figur zum mitfiebern und mitfühlen gehabt hätten), sondern die zudem Blackbeard um einiges furchterregender gemacht hätte. Stattdessen darf er uns leider nur davon erzählen, und auch wenn es eine der wenigen gut inszenierten Szenen war (wenn auch nicht sonderlich originell, hat mich das mit den Geräuschen im Hintergrund doch u.a. an die Special Edition des "Babylon 5"-Pilotfilms "Die Zusammenkunft" erinnert), war es eben doch längst nicht so interessant, als hätten wir diesen Angriff hautnah miterlebt. Damit wären wir dann auch schon beim letzten großen Kritikpunkt: Der Inszenierung. Rob Marshall lässt es leider an Witz, Originalität uva. Raffinesse vermissen, und erweist sich damit als in keinster Weise würdiger Ersatz für Gore Verbinski, dessen Gespür für imposante Bilder und packende Action man in jeder Sekunde schmerzlich vermisst.

ImageDass "Fremde Gezeiten" trotz aller Schwächen gerade noch so an der "Filmwrack-Bucht" vorbeisegelt, verdankt er in erster Linie dem hohen Tempo sowie den gelungenen Momenten und Szenen zwischendurch. Einige davon zwischen Jack und der feurigen Angelica, die meisten davon jedoch mit Jack und dem wieder einmal formidablen Barbossa. Der einzig wirklich packende, originelle Moment, der für mich an die besten aus den Vorgängern zumindest ansatzweise anknüpfen konnte, war für mich aber der Angriff der Meerjungfrauen. Nicht nur, dass Hans Zimmers Filmmusik hier – nachdem er sich zuvor in erster Linie selbst kopiert hat – mit einer gespenstischen neuen Komposition das erste und einzige Mal zu begeistern vermag, war diese angenehm düster und sehr atmosphärisch in Szene gesetzt. Man stelle sich vor, wie spannend und packend diese Szene erst gewesen wäre, wenn uns auch nur eine der Personen auf dem Boot, die durch sie bedroht wurden, nicht völlig egal gewesen wäre? Doch selbst mit diesem fahlen Beigeschmack war es der einzige Moment, in dem "Fremde Gezeiten" für mich wirklich zum Leben erwacht ist…

Fazit: Nach drei – meines Erachtens – sehr gelungenen und höchst unterhaltsamen Blockbustern, welche die erste Trilogie für mich zu einer der besten der Filmgeschichte gemacht haben, nimmt "Fremde Gezeiten" der "Fluch der Karibik"-Reihe nun leider den Wind aus den Segeln. Die Handlung bewegt sich zwar etwas schneller voran als bei den beiden unmittelbaren Vorgängern, dafür weiß man diesmal nicht, wohin. Da zudem Blackbeard ein unverzeihlich blasser und uninteressanter Bösewicht war, der kaum bedrohlich wirkte, ließ es "Fremde Gezeiten" fast gänzlich an Spannung vermissen. Da auch die Gags bei mir leider allzu oft nicht gezündet haben und die Action überraschend rar gesät (und auch nicht sonderlich packend inszeniert) war, rasselte der Unterhaltungswert stellenweise in Davy Jones‘ Unterwelt. Zudem fehlte es im Vergleich zu den Vorgängern an Mut und diesem Hauch von Besonderen, der diese von anderen Blockbustern abgehoben hat. Vermutlich war dafür wohl in erster Linie Gore Verbinski verantwortlich, dessen inszenatorisches Talent man hier wirklich schmerzlich vermisst - vor allem in den Actionszenen. Lediglich ein paar unterhaltsame, gelungene Szenen und Momente zwischendurch – allen voran das wieder einmal überzeugende Zusammenspiel zwischen Jack Sparrow und Barbossa, sowie der toll in Szene gesetzte Angriff der Meerjungfrauen – verhindern, dass der vierte Teil völlig Schiffbruch erlitt.

ImageWas "Fremde Gezeiten" für mich aber besonders frustrierend und enttäuschend gemacht hat, ist wie lieblos und uninspiriert er – gerade im Vergleich zu den Vorgängern – wirkt. Es fehlte diesmal einfach das Gefühl, dass alle Beteiligten – auch wenn es sich um einen Blockbuster handelt, der in erster Linie massig Geld einspielen soll – ihr bestes geben, um nicht einfach nur einen erfolgreichen, sondern einen guten Film zu machen; eben das, was die "Fluch der Karibik"-Trilogie von anderen seelenlosen Blockbustern so abgehoben hat. Man kann über die Vorgänger sagen was man will, aber sie waren allesamt ambitioniert. Es lag Herzblut dahinter. Vermutlich auch deshalb sind sie – trotz ihrer Schwächen – bei mir so gut angekommen, da sie sich dadurch vom handelsüblichen 08/15-Blockbuster abgehoben haben. Hier scheint man hingegen nur mehr darauf aus gewesen zu sein, so viel Geld wie möglich mit so wenig Aufwand wie möglich zu erbeuten. "Fremde Gezeiten" wirkt wie aus dem Voodoo-ein mal eins für Blockbuster zusammengestoppelt. Wobei… streicht das wieder, denn Voodoo impliziert eine Form der Magie. Und es ist absolut nichts Magisches an "Fremde Gezeiten" – außer, dass er trotz seiner Schwächen die Kinokassen klingeln lassen wird.

Wertung:4 von 10 Punkten


Christian Siegel


(Bilder © Walt Disney Pictures)


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Weiterführende Links:
Review zu "Fluch der Karibik"
Review zu "Pirates of the Caribbean: Fluch der Karibik 2"
Review zu "Pirates of the Caribbean: Am Ende der Welt"
Review zu "Spider-Man 3"
Review zu "Transformers - Die Rache"
Review zum Babylon 5-Pilotfilm "Die Zusammenkunft"


    



Kommentare (3)
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1. 12.08.2013 20:59
 
In den letzten Tagen nach längerem mal wieder die ganze Reihe gesehen. Möchte mich nicht lang mit aufhalten, deshalb nur die Wertungen: 
 
Teil 1 = 6/10 
Teil 2 = 8/10 
Teil 3 = 7/10 
Teil 4 = 5/10 
 
Okay, eine Sache will ich doch loswerden: es wäre echt besser gewesen, hätte man Barbossa einfach Tod gelassen. Der genaue Grund, weshalb er von Calypso zurückgeholt wurde, ist mir echt entgangen, aber das ändert nichts daran, dass er nur wieder kam, weil er auch mittlerweile zu einer beliebten Figur geworden war, mit der sich noch ordentlich Kohle machen ließ und weil man dadurch die ebenfalls ziemlich beliebten Streitereien zwischen ihm und Sparrow wieder einbauen konnte.
 
2. 16.08.2013 14:06
 
Lone Ranger hat mich dazu animiert, mir die FdK-Reihe auch wieder mal anzuschauen - darunter auch Teil 4, den ich bislang nur 1x im Kino gesehen habe. Werde mir beginnend mit diesem WE wohl jede Woche einen Film der Reihe vorknöpfen, und melde mich dann nochmal zurück. :)
 
3. 17.08.2013 13:19
 
Hat dich wirklich nur Lone Ranger (den ich im Kino auslasse, weil das für mich wie ne Kopie von FDK/POTC aussieht) dazu gebracht oder vielleicht nicht zusätzlich noch mein Kommentar? 
 
Besonders was den ersten angeht, bin ich gespannt, wie du den jetzt finden wirst. Hast den ja früher recht hoch bewertet. Ich war vor kurzem stellenweiße echt ernüchtert.
 

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