Prometheus - Dunkle Zeichen |
Kann Ridley Scott an frühere Erfolge anknüpfen?
Kategorie:
Filme -
Autor: U. Waizenegger | C. Siegel - Datum:
Samstag, 16 Juni 2012 |
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Anmerkung zu Spoilern: Das Review von Ulrike Waizenegger beinhaltet leichte Spoiler zum Film - jedoch nichts, dass nicht auch schon die Trailer verraten hätten. Das Review von Christian Siegel ist de facto spoilerfrei. Kurzinhalt: ![]()
Ulrike Waizenegger
Review von Ulrike Waizenegger: Gleich zu Beginn bekommt man Voldemort zu sehen… ach ne, falscher Film. Aber das Wesen, das einem gezeigt wird, hat verblüffende Ähnlichkeit mit ihm. Sehr schnell merkt man in der Anfangsszene, dass die 3D-Effekte dieses Films sehr auf Perspektive und Tiefe setzen und weniger auf Überraschungsmomente, in dem einem etwas entgegen geflogen kommt. Die musikalische Untermalung war sehr passend und das Gefühl, Wassertropfen auf der Haut zu spüren, war nicht fern. Rückblickend jedoch muss ich sagen, dass diese Szene zwar klasse gemacht war, aber die Bedeutung dahinter hat sich mir leider nicht so ganz erschlossen. Der Cast des Films war jedenfalls gut gewählt: allen voran Michael Fassbender als Android David mit offensichtlich anderer Agenda als das restliche Team, wobei der ach-so-überraschende Wendepunkt der Handlung nicht sonderlich überraschend war; hat jedoch mit Fassbenders Rolle und schauspielerischer Leistung nichts zu tun. Im Gegenteil, lange Zeit empfand ich David als geradewegs durchtrieben und angsteinflößend. Ein Android, der so süffisant lächeln kann, weil er mehr und mehr erkennt, dass er eigentlich den Menschen, denen er dient, um Längen voraus ist, ist eine grandiose Bereicherung des Films. Charlize Theron hat das Beste aus der weniger umwerfenden Rolle der Leiterin der Expedition rausgeholt. Bei Meredith Vickers hatte ich das Gefühl, man brauchte einfach eine Zicke an Bord, die meint, sie kann ihren Willen durchsetzen und merkt dabei vor lauter Egozentrik nicht, wie ihr das gesamte Projekt durch die Finger rutscht. ![]() Als Science-Fiction-Fan war ich hellauf begeistert von der "Prometheus" und hätte nur zu gern auch den ein oder anderen Knopf gedrückt oder das Schiff mal geflogen. Dass das Schiff kein Kampfschiff ist, hat das Design sofort klar gemacht. Hier ging es um Transport und Flüge über weite Strecken. Dass es keine Raumschiffkämpfe gab, hat dem Film keinen Abbruch getan. Sci-Fi-Feeling kam bei mir jedenfalls sehr schnell auf. Mein persönliches Highlight war die Inszenierung des Starts des Alien-Schiffes. Hier hat sich das Soundtrack-Orchester mächtig ins Zeug gelegt und mir durchaus Gänsehaut beschert. Was den Horror-Aspekt betrifft, von dem ich mehrfach bei Genre-Klassifizierungen des Films gelesen habe, war ich ehrlich gesagt enttäuscht. Gruselmomente waren nur spärlich gesät, und nur extrem schreckhafte Leute werden vielleicht einmal einen Schock-Moment erleben, aber das Label "Horror" bekommt dieser Film von mir nicht. "Mystery" vielleicht noch eher, aber letztlich war es für mich nur Science-Fiction mit Action. Abschließend sei noch gesagt, dass hie und da ein paar Momente aufkommen, an denen man sich an "Alien" erinnert fühlt. Ist natürlich kein Wunder, wenn man weiß, dass "Prometheus" ursprünglich als Prequel zu dieser Reihe geplant war. Ob man nun begrüßt oder es als negativ bewertet, dass "Alien"-Referenzen auftauchen, obwohl der Film nunmehr als eigenständig gilt, sei jedem selbst überlassen. Fazit: Wer sich einen Horror-Science-Fiction-Film à la "Event Horizon" oder eben "Alien" erhofft, sollte seine Erwartungen mächtig zurückschrauben. Für alle anderen, die eine gute Portion Science-Fiction mit Action mögen, ist dieser Film gutes Unterhaltungsmaterial. Ein Meisterwerk ist es jedoch nicht. Wertung:7 von 10 Punkten
Ulrike Waizenegger
Review von Christian Siegel: ![]() Jedoch: Selbst dann, wenn euch dieser Punkt bewusst ist, stehen die Chancen leider noch sehr gut, dass euch "Prometheus" enttäuschen wird. Das liegt nicht nur an den astronomisch (und unrealistisch?) hohen Erwartungen an den Film – angesichts der Tatsache, dass er Ridley Scotts Rückkehr in jenes Genre darstellt, dass er mit "Alien" und "Blade Runner" um zwei Meisterwerke bereichert hat – sondern schlicht und ergreifend auch daran, dass "Prometheus", im Gegensatz zu "Alien" eben leider kein "perfekter Organismus" ist, sondern über einige Schwächen verfügt. Das beginnt leider schon beim Inhalt. Hand aufs Herz: "Alien" war genau genommen inhaltlich ja eher dürftig. Ohne seine Leistungen herabwürdigen zu wollen, war er doch ein recht geradliniger Horror-Schocker. "Prometheus" will hier eine gänzlich andere Richtung einschlagen, und stattdessen Ideen, Gedanken und Thesen ins Zentrum rücken. Und dagegen ist grundsätzlich ja auch nichts einzuwenden. Zugleich versteckt sich hierin jedoch das erste Problem des Films, nämlich: Die meisten der hier präsentierten Ideen sind nicht gerade neu, und damit längst nicht so faszinierend, wie das die Verantwortlichen vielleicht meinen. Die von Erich von Däniken populär gemachte These, dass Außerirdische unsere Evolution und Entwicklung beeinflusst haben könnten, ist mittlerweile – auch in Hollywood – schon ein alter Hut, und hat bereits einige bekannte Blockbuster, wie z.B. "Stargate" oder "Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels", inspiriert. Auch einige andere der hier behandelten Ideen kennt man bereits aus anderen Filmen – so finden sich interessanterweise vor allem auch zu "Blade Runner" einige thematische Überschneidungen. Der Versuch, die Evolutionstheorie mit dem Kreationismus – und damit Wissenschaft und Glauben (ein Widerspruch, der schon bei der von Damon Lindelof co-produzierten Mystery-Serie "Lost" eine große Rolle gespielt hat) – in Einklang zu bringen, ist zwar schon deutlich frischer und unverbrauchter, wird aber ebenfalls nicht jedermanns Geschmack treffen. ![]() Für sich genommen ist dies ja schon enttäuschend, unbefriedigend und frustrierend genug. Es ergibt sich daraus jedoch noch ein weiteres wesentliches Problem des Films: So tun sich durch die mangelnden Antworten einige potentielle Logiklöcher auf, zu deren Beurteilung uns nach diesem ersten Film, der fast schamlos und rücksichtslos auf eine potentielle Fortsetzung hinarbeitet, einfach noch zu viele Informationen fehlen. Auf dem ersten Blick gibt es aber vieles, das nicht so recht Sinn ergeben will – worauf ich möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt in einem Spoiler-Nachwort zu diesem Review noch eingehen werde. Es hilft auch nicht, dass sich "Prometheus" nicht wirklich entscheiden kann, was es denn nun sein will: Ein eigenständiger SF-Film, oder ein "Alien"-Prequel. Vieles, was sich mit dem daraus bekannten Xenomorph befasst, wirkt irgendwie aufgesetzt, wie eine ungewollte Pflichtübung. Das Ergebnis ist ein sehr schizophrener Film, in dem die teilweise verkrampften Versuche einer Annäherung zur "Alien"-Reihe wie Störfaktoren wirken. Vor allem die letzte Szene vor dem Abspann fällt hier negativ auf – wirkt diese doch unheimlich aufgesetzt und wie ein billiger Versuch, die "Alien"-Fanboys (und -girls) in letzter Sekunde doch noch zufrieden zu stellen. Zudem platzt aus ihm ein weiterer potentieller Logikfehler hervor und hinterlässt ein unschönes Loch im narrativen Brustkorb des Films. Und insgesamt fällt leider auch störend auf, dass "Prometheus" sich auf der einen Seite zwar beharrlich weigert, wirklich interessanten (und innerhalb dieses Films aufgeworfenen) Fragen zu beantworten, uns auf der anderen Seite aber offene Fragen aus "Alien" beantwortet, zu denen wir jedoch meines Erachtens nicht unbedingt eine Antwort gebraucht hätten. Zumal auch diese Antworten nicht gerade begeistern können, und sie auch nicht immer 100%ig schlüssig erscheinen. Alles in allem wäre es wohl besser gewesen, wenn man sich vorab entschlossen hätte, entweder einen eigenständigen Film, oder aber ein "Alien"-Prequel zu machen, aber eben nicht beides zugleich versucht hätte. ![]() Durch dieses oftmals nicht nachvollziehbare Verhalten, welches einzig und allein den Erfordernissen des Drehbuchs geschuldet ist, entsteht unweigerlich eine Distanz zum Zuschauer. Während man derartiges Verhalten vielleicht bei einem vergleichsweise hirnlosen Horrorfilm oder Action-Blockbuster noch eher verschmerzen kann, fällt es eben gerade bei einem Film, der ja eigentlich zum Nachdenken anregen will, extrem negativ auf. Weiters hat mich auch der Tod einer bestimmten Figur gegen Ende des Films enorm gestört. Mal ganz abgesehen davon, dass ich diese auch gerne in einer Fortsetzung gesehen hätte, da sie eine der interessanteren Figuren des Films war, hat man ihren Tod zudem derart dümmlich umgesetzt, dass es fast unfreiwillig komisch wirkte. Darüber hinaus hätte ich es entschieden besser gefunden, wenn man sich die ersten beiden Szenen gespart und stattdessen direkt mit der im All fliegenden "Prometheus" gestartet wäre. Und das nicht nur, weil dies den Bezug zu "Alien" (im Unterschied zu einigen jener Elemente, die man dann schließlich eingebaut hat) auf unaufdringliche Art und Weise hätte verstärken können. Die erste Szene ist zwar für sich genommen durchaus faszinierend, und wohl wichtig, um zumindest in einigen Bereichen eine Interpretation durch den Zuschauer zu erlauben. Aber einerseits wirken die Handlungen der Personen hier nicht unbedingt schlüssig (bzw. fehlen uns essentielle Informationen, um dieses zu erklären), und andererseits beantwortet man damit jene Frage, welche die erste Stunde des Films dominiert. Zudem nimmt man gleich mehrere spätere Offenbarungen vorweg, die dadurch nicht mehr die gewünschte Wirkung entfalten können. Denn statt es gemeinsam mit den Protagonisten zu entdecken, verfügen wir hier über einen nicht unwesentlichen Informationsvorsprung, was nicht nur ihre Entdeckungsreise weniger interessant und faszinierend macht, sondern auch dafür sorgt, dass wir nicht so recht ins Geschehen eintauchen können. Auch die darauffolgende Szene hätte ich geschnitten; einfach, da sie vollkommen unnötig ist und absolut nichts zum Film beiträgt. Ach ja, und auch wenn es im Vergleich zu den anderen Schwächen nur eine Lappalie ist, aber… in einem Aspekt hält man sich zu strikt an die chekovsche Regel, und zeigt die "Waffe an der Wand" etwas zu überdeutlich. ![]() Eine weitere essentielle Stärke des Films ist David. Michael Fassbender ist in dieser Rolle einfach nur (wieder mal) großartig. Er verleiht seinem David von Beginn an eine herrliche, phantastische Ambivalenz, die uns ihm (und seinen Absichten) gegenüber skeptisch macht. Zudem war es mir schwer bis unmöglich, ihn und seine Motive einzuschätzen. Führt er nur Befehle aus, oder verfolgt er gar eigene Ziele? Wenn ja, welche? Ist er die Marionette, oder vielmehr der Puppenspieler, der im Hintergrund die Fäden zieht? Es war das erste Mal innerhalb der im "Alien"-Universum angesiedelten Filme, dass ich nur aufgrund der Performance des Darstellers bzw. dem Drehbuch dem Androiden gegenüber Unbehagen empfand. Denn bei "Alien" wusste man ja nicht, dass es sich bei Ash um einen Androiden handelt – dementsprechend hatte man auch keinen Grund, ihm gegenüber voreingenommen zu sein. Und unsere vorsichtig-skeptischen Gefühle gegenüber Bishop in "Aliens" waren ja in erster Linie auf Ashs Taten aus dem Vorgänger zurückzuführen. Hier jedoch fühlte zumindest ich mich von Anfang an in Davids Gegenwart nie so richtig wohl. Einige Kommentare, seine Mimik und Gestik machen seine Herkunft deutlich und sorgen für Unbehagen. Fassbender ist hierbei sehr subtil, aber wohl auch genau deshalb eben auch ungemein effektiv. Wirklich eine großartige Performance, und so ziemlich das einzige am Film, das gänzlich ohne Makel ist. Hinzu kommt, dass die besten und interessantesten Thematiken, die der Film behandelt, mit David in Verbindung stehen. Doch auch davon abgesehen ist er mit Abstand die interessanteste und faszinierendste Figur im gesamten Ensemble. Charlize Theron ist – vor allem angesichts dessen, dass sie leider nicht allzu viel zu tun bekommt – ebenfalls großartig, und Noomi Rapace ist Gott sei Dank auch wieder deutlich besser als noch bei "Sherlock Holmes – Spiel im Schatten" – wenngleich sie auch dem Vergleich mit Sigourney Weaver nicht stand hält. Aus dem Rest der Besetzung sticht dann vor allem noch Idris Elba positiv hervor, während der Rest weder sonderlich positiv noch negativ auffällt. ![]() Fazit: Ich kann nur allen, die sich von dieser Rückkehr von Ridley Scott zum SF-Genre ein Meisterwerk erhoffen, raten, ihre Erwartungen zurückzuschrauben. Optisch natürlich – wie es die Trailer schon erwarten ließen – ungemein beeindruckend, und mit einigen wirklich tollen Idee und starken Szenen, fehlt es "Prometheus" doch an der atmosphärischen Dichte von "Alien". Zudem sind die hier präsentierten Ideen leider größtenteils nicht neu, und dafür für sich genommen nicht interessant und faszinierend genug, um für gute Unterhaltung zu sorgen. Weitere kleinere Schwachpunkte sind ein sehr schlecht umgesetzter und auch inhaltlich enttäuschender Tod eines Protagonisten, sowie der meines Erachtens suboptimale Einstieg, da die erste Szene zu viel vorwegnimmt, und die zweite völlig überflüssig war. Auch die Stränge an Alien-DNA, die Ridley Scott seinem neuesten Science Fiction-"Kind" mit auf dem Weg gegeben hat, tun dem Film im Endeffekt nicht wirklich gut; scheint man sich doch nicht so recht entscheiden zu können, ob "Prometheus" nun in erster Linie ein "Alien"-Prequel oder ein eigenständiger Film sein soll. Zu deutlich merkt man, dass viele der Anspielungen auf die bekannte und beliebte Filmreihe nur dazu da sind, die Fans zu befriedigen; im Kontext des restlichen Films wirken sie jedoch eher störend. Die größte Schwäche ist aber das Drehbuch, das von den Protagonisten einige bescheuerte Aktionen und Verhaltensmuster voraussetzt, über mehrere potentielle Logiklöcher verfügt, und vor allem (zu) viele der aufgeworfenen Fragen unbeantwortet lässt. Vor allem letzteres sorgt unweigerlich für Frust; zu offensichtlich ist, dass hier auf eine potentielle Fortsetzung hingearbeitet wird, die all diese Fragen dann hoffentlich/vielleicht beantworten wird – wobei man diesbezüglich wohl hoffnungsfroher wäre, wenn nicht gerade einer der Mitproduzenten und Schöpfer von "Lost" am Drehbuch mitgewirkt hätte. ![]() Wertung:7 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © Centfox Film GmbH)
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