Die neue Allianz |
Episodennummer: 4x21 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 20. Oktober 1997 Erstausstrahlung D: 17. Oktober 1998 Drehbuch: J. Michael Straczynski Regie: Tony Dow Hauptdarsteller: Bruce Boxleitner als Captain John Sheridan, Claudia Christian als Commander Susan Ivanova, Jerry Doyle als Security Chief Michael Garibaldi, Mira Furlan als Delenn, Richard Biggs als Doctor Stephen Franklin, Bill Mumy als Lennier, Stephen Furst als Vir Cotto, Jason Carter als Marcus Cole, Jeff Conaway als Zack Allan, Patricia Tallman als Lyta Alexander, Peter Jurasik als Londo, Andreas Katsulas als G'Kar. Gastdarsteller: Walter Koenig als Bester, Beata Pozniak als President Susanna Luchenko, Denise Gentile als Lise Hampton Edgars, Rance Howard als David Sheridan, Michael Potter als General Foote, Joey Dente als Luko, Alex Cobo als Max, J.J. Boone als Med Tech, Julie Ow als Med Tech, Maggie Egan als ISN Anchor u.a. Kurzinhalt: Nachdem sich Präsident Clark selbst das Leben genommen hat und die Erde von seiner militärischen Diktatur befreit wurde, hat sich Captain Sheridan den Behörden gestellt, um für seine Taten geradezustehen. In einem Tribunal soll über sein weiteres Schicksal entschieden werden. Die neue Präsidentin der Erdregierung, Susanna Luchenko, macht ihm schließlich ein Angebot, dass er nicht ablehnen kann. Währenddessen trifft Dr. Franklin auf Babylon 5 ein – doch er kommt zu spät, um Marcus noch zu helfen. Völlig verzweifelt betrauert Ivanova seinen Tod. Garibaldi sucht indes auf dem Mars nach Lise, die in die Fänge der dortigen Mafia geraten ist. Und Delenn arbeitet zusammen G'Kar und Londo daran, eine neue interstellare Allianz zu gründen… Denkwürdige Zitate: "I knew he'd never hurt me, and I knew he'd never leave me. And I knew he loved me. I knew it. I just didn't want to admit it. And he gave so much, and he wanted so little in return. He just wanted a kind word, or a smile, and all I ever gave him in two years was grief… because I think I saw that I wanted… and I was afraid." (Susan trauert um Marcus.) "At least I should have boffed him just once." (Was soll man dazu noch groß sagen?) "I don't know exactly how he plans to settle the score, but I'm sure it'll be creative, colorful and extremely unpleasant." (Sheridan warnt Bester vor Garibaldis Rache.) "Well, captain, you've caused quite a stir. Half of Earthforce wants to give you a kiss on the cheek and the Medal of Honor. The other half wants you taken out and shot. As a politician, you learn how to compromise. Which by all rights means I should give you the Medal of Honor and then have you shot." (Das wäre ein klassischer, typischer politischer Kompromiss, ja.) "The bitch of it is, you probably did the right thing. But you did it the wrong way, the inconvenient way, and now you have to pay the penalty for that." (Präsidentin Luchenko in Richtung Sheridan.) "So, how does it feel to make history?" "You do not make history. You can only hope to survive it." (G'Kar scheint sich etwas von Ivanova abgeschaut zu haben.) "The new Alliance would waver, and crack, but in the end it would hold. Because what is built, endures. What is loved, endures. And Babylon 5… Babylon 5… endures." (In der Tat.) Review: Nach einem kurzen Einstieg mit der ISN-Meldung sowie dem angespannt im Weißen Stern-Schiff sitzenden Dr. Franklin erleben wir an Bord der Station einen der absoluten emotionalen Höhepunkte, nicht einfach nur dieser Folge, sondern vielmehr der kompletten Serie: Wie Stephen zur völlig am Boden zerstörten Ivanova geht, versucht sie zu trösten, und diese ihm ihr Herz ausschüttet, ist ein ungemein berührender Moment, der großartig geschrieben und vor allem auch von Claudia Christian absolut phänomenal gespielt wurde (wobei ihr Richard Biggs mit seiner feinfühligen Performance in nichts nachsteht). Man kann hier gar nicht anders, als mit ihr mitzufühlen, und es ist eine derart rohe, schmerzhafte Szene, dass man am liebsten in den Fernseher greifen und sie in die Arme nehmen würde, um sie zu trösten. Und trotz aller Tragik und Emotionen gelingt es JMS dann aber dennoch, uns mit ihrem "bumsen"-Kommentar auch nochmal kurz zum Schmunzeln zu bringen. Dies ist einerseits natürlich ein schöner, humoristisch auflockernder, aber irgendwie auch ein sehr ehrlicher Moment. Zumindest ich spreche aus Erfahrung, dass einem manchmal in den traurigsten – und damit unpassendsten – Momenten die dümmsten Sprüche und Witze einfallen. Vielleicht ist das ja eine Art Abwehrmechanismus des Körpers bzw. Gehirns bei zu großer emotionaler Anspannung? Jedenfalls fand ich diese Szene absolut phantastisch. Der Rest der Folge gelang es leider nie wieder 100%ig, an diesen starken Moment anzuknüpfen, dennoch gab es auch danach noch die eine oder andere nette bis großartige Szene. Wie z.B. das Gespräch zwischen Bester und Sheridan. Mit den beiden Kontrahenten, die zu Beginn auf gegenüberliegenden Seiten eines langen Tisches Platz nehmen, ist es einerseits mal nett inszeniert. Wunderbar auch der Moment, wo Bester das Abschirmgerät in Richtung Sheridan schiebt, und dieses unmittelbar vor ihm liegen bleibt. Da fragt man sich unweigerlich, wie oft sie dies drehen mussten, bis sie es genau richtig hinbekommen haben. In erster Linie ist es aber auch hier einerseits das Drehbuch – dass es Bester erlaubt, sich praktisch im selben Moment von seiner menschlichen (aufgrund seiner Sorge für Carolyn) und von seiner grausamen Seite (mit der Drohung an Sheridan) zu zeigen, und andererseits aufgrund der schauspielerischen Leistungen, wobei vor allem Walter Koenig im Verlauf der Szene gleich mehrere Facetten seiner Figur spielen darf, und diese Möglichkeit genüsslich – und erfolgreich – auskostet. Sheridans große Momente kommen dann eher später, wie z.B. im Gespräch mit Präsidentin Luchenko (deren schauspielerische Leistung ich wiederum etwas verkrampft und gestelzt fand), und vor allem natürlich dann, als sich herausstellt, dass er zum Präsidenten der neu gegründeten Interstellaren Allianz gewählt wurde. Gerade auch nach dem Deal, zu dem man ihm zuvor gezwungen hat, gönnt man ihm diesen Sieg. Schön auch sein nachfolgendes Wiedersehen mit seinem Vater. Aber auch abseits der Erde gibt es ein paar schöne Momente, wie z.B. die Szene mit Delenn, G'Kar und Londo zur Gründung der Allianz, oder auch das nachfolgende Gespräch zwischen Delenn und Lennier über unerwiderte Liebe, wo letzterer auch wieder einmal seine Gefühle ihr gegenüber anklingen lassen darf – scheinbar ohne, dass sie dies bemerkt. Trotz dieser schönen Einzelmomente kann "Die neue Allianz" nicht ganz an die letzten vier, makellosen Episoden anknüpfen. Dies liegt in erster Linie daran, dass das Ganze teilweise doch ziemlich überhastet wirkt. Weniger in den einzelnen Momenten, die zum Glück immer genug Zeit bekommen, um zu Atmen und ihre gewünschte Wirkung zu entfalten (auch hier meine ich insbesondere die lange Szene zwischen Ivanova und Franklin), als vielmehr einige Entwicklungen, die hier überhastet eingeführt und/oder kurz angerissen werden mussten, da JMS zum Zeitpunkt der Dreharbeiten noch davon ausging, dass die vierte Staffel von "Babylon 5" zugleich auch die letzte sein würde. So wird die zunehmende freundschaftlich-entspannte Beziehung zwischen G'Kar und Londo angedeutet, Londo erfährt, dass er der nächste Imperator von Centauri Prime werden wird, die Erde schließt sich im Schnellverfahren der Interstellaren Allianz an, und gesteht zugleich auch dem Mars seine Unabhängigkeit zu, Delenn und Sheridan heiraten off-screen, Ivanova tritt ab, und und und. Diese Entwicklungen wirken dann doch etwas überhastet, bzw. kommen teilweise auch richtiggehend aus dem Nichts. Zuletzt fällt auch noch die Rede Sheridans über Entscheidungen, Konsequenzen und Verantwortung ein bisschen auf, wo JMS die Figur quasi die Moral von der Geschicht' vermitteln lässt – ein für "Babylon 5" doch eher ungewöhnlich aufdringlich-direkter Wink mit dem Zaunpfahl. Fazit: "Die neue Allianz" präsentiert so manche Einzelszene, die durchaus zu den Höhepunkten der vierten Staffel zu zählen sind. Der beste Moment ist dabei ganz klar die ungemein bewegende Szene zwischen Ivanova und Dr. Franklin, wo diese Marcus Tod betrauert. Claudia Christian und auch Richard Biggs spielen diesen Moment ungemein eindringlich und intensiv, so dass sich die Emotionen der Figuren auch auf mich übertrug. Weitere Highlights sind das Gespräch zwischen Bester und Sheridan, zwischen Sheridan und Präsidentin Luchenko, die Offenbarung rund um den frisch gewählten Präsidenten der neu gegründeten Interstellaren Allianz, sowie das Wiedersehen zwischen Sheridan und seinem Vater. Trotz dieser gelungenen Einzelszenen kommt man aber nicht umhin, zu bemerken, dass sich das Ganze dann doch irgendwie etwas überhastet anfühlt. In wohl keiner anderen Episode der vierten Staffel war die Notwendigkeit, die Rahmenhandlung bereits in der vierten Staffel soweit als möglich abzuschließen, so offensichtlich – und schädigend – wie hier. Vieles wird nur am Rande gestreift bzw. in einem Nebensatz erwähnt, und manches – wie Londos Ernennung zum Imperator – kommt sprichwörtlich aus dem Nichts. Natürlich ist JMS hierfür kein Vorwurf zu machen – aber schade ist es trotzdem. Denn auf die ersten vier oder fünf Episoden der nächsten Staffel verteilt hätten all diese Entwicklungen einen deutlich größeren Eindruck hinterlassen. Und zugleich hätte dann der Einstieg in die fünfte Staffel vielleicht auch keinen gar so losgelösten, ziel- und planlosen sowie teilweise irgendwie auch inhaltsarmen Eindruck gemacht. Aber das ist eine andere Geschichte, für einen anderen Tag. Wertung: 4 von 5 Punkten
Christian Siegel
Mitreden! Sagt uns eure Meinung zu "Die neue Allianz" im SpacePub! Vom Skript zur Folge: Die erste Szene mit der alten ISN-Reporterin, die in der letzten Folge ausgestrahlt wurde, steht erst im Drehbuch zu dieser Folge, und wurde somit vorgezogen. Deutlich interessanter ist jedoch ein kurzes Gespräch zwischen Dr. Franklin und dem Med-Techniker, der ihn über Marcus informiert: "Es gab immer noch Reste von Hirnaktivität, weshalb wir beschlossen haben, ihn einzufrieren. Wenn Sie mich also fragen ob er lebt oder tot ist, lautet die Antwort: Beides, und keins davon. Wir erwischten ihn genau im Moment dazwischen. Ob es uns jemals gelingen wird, ihn wiederzubeleben…" Damit wird auch deutlich, dass das mit der Cryostase-Einheit aus "Der Weg ins Licht" kein spontaner Einfall war, sondern sich JMS schon immer ein Hintertürchen offenhalten wollte. Und, natürlich: In der Episode war ursprünglich davon die Rede, dass Ivanova das Kommando über die Station angeboten wurde – wobei sie selbst dort schon zugleich das Angebot erhielt, vielmehr einen Kreuzer der neuen Warlock-Klasse zu befehligen und sich – wie in der Folge – mit den Worten "Ich muss feststellen, so mein Herz hingehört, ehe der Rest von mir folgen kann" Bedenkzeit erbeten. Davon abgesehen habe ich keine nennenswerten Änderungen bemerkt. Quelle: "Babylon 5: The Scripts of J. Michael Straczynski - Volume 11" Stimmen zur Episode: Quelle: "Babylon 5: Season by Season-Guides - Volume 4: No Surrender, No Retreat" Kommentare von JMS Angesichts der Tatsache, dass eine fünfte Staffel zum Zeitpunkt als ich die Episode schrieb völlig unwahrscheinlich schien, und mit diesen Punkten, die noch nicht thematisiert wurden, fühlte ich das Bedürfnis sie jemanden tatsächlich laut aussprechen zu lassen. Was für einen Autor eine echte Schande ist, weil du deine Geschichte ausreichend ausführlich erzählen willst, so dass du am Ende nicht mit einer Moral von der Geschichte à la "Dies ist, was ich wollte, dass ihr von der Geschichte mitnehmt" aufhören musst. Es sollte sich stillschweigend von selbst erklären. In Ermangelung dessen, wendete ich mich an Sheridan. Er spricht demnach für den Autor wenn er sagt: "Während meiner Zeit auf Babylon 5 habe ich etwas über Entscheidungen, Konsequenzen und Verantwortung gelernt. Ich erkannte, dass wir alle eine Wahl haben, ob wir sie als solche erkennen oder nicht. Dass unsere Entscheidungen Konsequenzen haben, nicht nur für uns, sondern auch für andere. Und das wir für diese Konsequenzen die Verantwortung übernehmen müssen." Es war klar und auf den Punkt. Und ich hasste es mehr, es schreiben zu müssen, als ihr euch jemals vorstellen könnt. Die zweite bemerkenswerte, wenn auch stillere, Performance ist Walter Koenigs Szene mit Sheridan. Es ist wohl eine von Besters menschlichsten Momenten, und Walter vermittelt dies in höchstem Maße. Er ist immer noch ein Arsch, aber er ist auch dazu fähig eine derart profunde Liebe zu empfinden, dass er für sie sogar so weit gehen würde. Er ist menschlich, mit Fehlern, gerissen und tödlich, alles in der gleichen Szene, und das ist für jeden Schauspieler eine schwierige Liste, wenn er sie in so kurzer Zeit abarbeiten muss. Aber Walter macht es, und lässt es noch dazu mühelos aussehen. (Diese Szene wurde unter anderem auch deshalb eingebaut, um den späteren Telepathen-Krieg vorzubereiten, von dem ich hoffte, und immer noch hoffe, ihn eines Tages erzählen zu können.) Zuletzt, und mit einer noch stilleren Performance, haben wir Lenniers Szene in der er Ivanovas Worte wiederholt, dass Liebe immer unerwidert ist. In dieser Szene sehen wir die ersten Echos jener Tragödie, die ihn eines Tages einholen wird, auch wenn ich als ich dies schrieb keine Ahnung hatte ob wir je die Gelegenheit erhalten würden diese tragische Geschichte vollständig in einer fünften Staffel zu erzählen. Quelle: "Babylon 5: The Scripts of J. Michael Straczynski - Volume 11" Ich wusste selbst nicht genau was ich in diesem Fall machen wollte. Es fiel mir einfach schwer, die Figur zu töten. Ich mochte Marcus wirklich sehr, und ich hielt mir eine kleine Tür offen um beide Richtungen einschlagen zu können. Meine endgültige Entscheidung erfolgte dann aus der Tatsache heraus, dass Ivanova sich an die Frontlinie geschmissen hatte und bereit dazu war, zu sterben, und falls ich nun ein zweites Mal schummeln würde – oder es zumindest so aussehen würde, als würde ich schummeln – indem ich nun auch Marcus in letzter Sekunde aus dem Feuer heraushole… untergräbt und schmälert er das, was er soeben getan hat? Und letztendlich, und zutiefst bekümmert über die ganze Sache, erkannte ich, dass ich es durchziehen musste. Quelle: "Babylon 5: Season by Season-Guides - Volume 4: No Surrender, No Retreat" Genau… es ist nicht das Ende der Geschichte. Verschiede Leute sagten immer wieder "Oh, der Arc wurde im 4ten Jahr abgeschlossen". Diese Folge bietet eine Art "Lösung", die insgesamt etwas anders ist, und lässt genug Möglichkeiten für andere geplante Dinge. Bezüglich Marcus ist dies genau der Punkt. Wenn wir so etwas tun, wie wir es mit Ivanova getan haben, und sie dann in letzter Sekunde retten, und dann das selbe mit Marcus tun, wäre das ein doppelter Betrug und das wäre nicht fair dem Publikum gegenüber. Wenn man sie aber nur auf Kosten eines Anderen rettet, dann ist das in keinster Weise Betrug. Es war schwer, Marcus dies anzutun, aber es war die einzige Möglichkeit, mit Anstand und Ehre mit der Situation umzugehen. Das war sehr schwer zu schreiben. Eine Dinge die noch gezeigt werden könnten (bleibt etwas unklar um die Spannung zu erhalten): Der Beginn des Telepathenkrieges. Der Beginn des Krieges gegen die Drakh. Londos Schicksal auf Centauri Prime. Das erste Jahr in dem die Interstellare Allianz versucht, die Arbeit aufzunehmen. Rivalitätskämpfe zwischen den Allianz-Mitgliedern. Die Entwicklung des Mars zu einem unabhängigen Staat. Die Hinterlassenschaft von William Edgars dunklen Projekten. Nachwirkungen des Bürgerkrieges und die damit verbundenen Gefühle. Wie Lennier, Sheridan und Delenn nun zurechtkommen. Wie ist es damit so als Anfang? Quelle: Der deutsche Lurker’s Guide für Babylon 5
Zusammengestellt und überarbeitet von Christian Siegel
(Bilder © Warner Bros.)
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