Minbari lügen nicht |
Episodennummer: 2x14 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 26.04.1995 Erstausstrahlung D: 31.03.1996 (Pro7) Drehbuch: Peter David Regie: Mike Vejar Hauptdarsteller: Bruce Boxleitner als Captain John Sheridan, Claudia Christian als Lt. Comdr. Susan Ivanova, Jerry Doyle als Michael Garibaldi, Mira Furlan als Delenn, Andrea Thompson als Talia Winters, Stephen Furst als Vir Cotto, Bill Mumy als Lennier, Robert Rusler als Warren Keffer, Andreas Katsulas als G'Kar, Peter Jurasik als Londo Mollari Gastdarsteller: Julie-Caitlin Brown als Guinevere Corey, Sean Gregory Sullivan als Ashan, Jeff Conaway als Zack Allan Denkwürdige Zitate: „ Beauty… in the dark.” (Koshs Lektionen scheinen langsam auf Sheridan abzufärben.) „You feel cast… in a bad light?” „Very well put, Commander.” (Dieser Witz hat zu meiner großen Überraschung sogar die Synchro ansatzweise überlebt!) „We're not some deep-space-franchise. This station is about something.” (Ein kleiner Seitenhieb auf die Konkurrenz.) Kurzinhalt: Völlig unerwartet und ohne jegliche Erklärung wird Captain Sheridan von einem Minbari angegriffen. Nach kurzem Kampf sieht er keine andere Möglichkeit, als den scheinbar wahnsinnigen Angreifer zu erschießen. Ein anderer Minbari beobachtet den Zwischenfall, gibt die Ereignisse allerdings ganz anders wieder: Er behauptet, Sheridan hätte grundlos das Feuer eröffnet. Da die Minbari strenge Vorschriften haben, was das Lügen betrifft, hat Botschafterin Delenn keine andere Wahl als ihm Glauben zu schenken und einen Prozess zu veranlassen, in dem über Sheridan's Schuld entschieden werden soll. Während der Vorbereitungen stellt Lennier Nachforschungen an – und findet schon bald Hinweise darauf, dass der Zeuge doch nicht die Wahrheit sagt. In der Zwischenzeit setzen Botschafter Kosh und Captain Sheridan ihre Lektionen fort. Die jüngste heißt "Schönheit in der Dunkelheit", und lehrt Sheridan, dass sich schönes oftmals auch an jenen Orten verstecken kann, an denen man es am wenigsten vermutet. Doch neben der Vorwürfe rund um den Angriff des Minbari verlangt noch ein weiteres Problem nach seiner Aufmerksamkeit: Auf Babylon 5 wurde ein Souvenirladen eröffnet, in dem Merchandising-Artikel angeboten werden. Schon bald kommt es jedoch zu einigen Beschwerden, was die dort ausgestellten Produkte betrifft… Synchro-Fehler: Ivanova: „Are you asking about the possibility or if I'll respect you if that's what happened?” Sheridan: „The former. I don't want to know the latter.” Ivanova: „Then I'll answer that part first. Any danger of losing respect for your was eliminated when you asked that question.” Die deutsche Übersetzung war leider wieder mal recht frei: Ivanova: „Was soll ich dazu sagen, ich vermute Sie wollen wissen, ob ich Sie noch respektiere.” Sheridan: „Sicher, aber geben Sie mir lieber keine Antwort.” Ivanova: „Nun grade. Ich respektiere Sie immer, weil Sie sich selbst steht's in Frage stellen.” Review: Der Kommandant unter Mordverdacht… ein uraltes Thema, dass schon in Star Trek unzählige Male durchgekaut wurde, und auch im B5-Pilotfilm schon nicht wirklich gelungen war. Auch hier wirkt die Geschichte alles andere als überzeugend, und da es (im Gegensatz zum Pilotfilm) für den Zuschauer nicht den geringsten Zweifel daran gibt, wie sich die Dinge wirklich zugetragen haben, ist die Folge auch nicht gerade spannend. Man fragt sich nicht, ob der Minbari lügt, sondern nur, warum er lügt. Und da auch diese Erklärung nicht wirklich sonderlich gelungen ist, muss dieser Plot definitiv zu den schlechteren A-Stories der 2. Staffel gezählt werden. Immerhin, wir bekommen weitere Einblicke in die Kultur der Minbari, erfahren mehr über Sheridan's Triumph während des Erd-Minbari-Krieges, Lennier darf endlich wieder einmal etwas mehr in den Vordergrund rücken, und Julie Caitlin-Brown verleiht der Anwältin jenes Feuer, mit dem sie auch schon Na'Toth so unverwechselbar und gelungen gemacht hat (und welches Mary Kay Adams leider völlig fehlt). Schade nur, dass ihre Figur hier so gut wie gar nichts zu tun bekommt – von ihr hätte ich gern mehr gesehen. An den strukturellen Schwächen des Plots rund um das Mordkomplott kann allerdings keiner dieser Punkte etwas ändern… Was "Minbari lügen nicht" jedoch ordentlich aufwertet und einen allzu großen Absturz verhindert, sind die zahlreichen gelungenen Nebenhandlungen. Da hätten wir einerseits die Geschichte rund um Sheridans Lektion durch Kosh, wo dieser erfährt, dass sich Schönheit auf Babylon 5 befindet, wo er sie wohl am wenigsten vermutet hätte. Es ist interessant und faszinierend, zu sehen, wie sich zwischen den beiden langsam eine Art Vater-Sohn-Beziehung zu entwickeln scheint (vor allem auch in Anbetracht der späteren Offenbarungen). Ebenfalls gelungen ist der Plot rund um Vir und seine mögliche Abberufung. Einerseits merkt man hier wieder einmal deutlich, wie sich Vir seit seiner Ankunft auf der Station verändert hat, zugleich verleiht sie ihm durch seine innere Zerrissenheit (weiß er doch selbst nicht ob er denn überhaupt auf der Station bleiben und Londo weiterhin bei seinen fragwürdigen Taten unterstützen will) auch wieder mehr Profil. Und am Ende darf Londo wieder einmal zeigen, dass er trotz allem doch auch noch ein Herz (oder zwei) hat. Last but not least: die Handlung rund um den Souvenirshop auf der Station (der einen ziemlich fiesen Seitenhieb gegen Deep Space Nine zu bieten hat – siehe Zitat zur Folge) sorgt für den nötigen (und für Peter David typischen) Humor, egal ob nun die ihre jeweiligen Masken anprobierenden Käufer, Londo's Aufregung über die anatomisch unkorrekte Puppe, oder auch das Schicksal des niedlichen Teddybären… wenn die Haupthandlung schon eher uninteressant und langweilig geraten ist, so sorgt wenigstens dieser Teil der Episode dafür, dass man zumindest stellenweise noch gut unterhalten wird. Fazit: „Minbari lügen nicht“ ist sicher eine recht unterdurchschnittliche B5-Folge. Eine uralte, uninteressante Idee, der es aufgrund der Herangehensweise noch dazu vollkommen an Spannung fehlt, gepaart mit einer nicht sonderlich interessanten Auflösung. Sicherlich eine der schwächsten Folgen der 2. Staffel, denn auch wenn die gelungenen und vielseitigen Nebenhandlungen für einiges entschädigen, so sind sie doch nur ein zwar strahlendes, aber verhältnismäßig kleines Leuchtfeuer in der Dunkelheit dieser Episode… Bewertung: Spannung: 2/5 | Action: 1.5/5 | Humor: 3.5/5 | Dramatik: 2/5 | Inhalt: 2/5 | Gesamteindruck: 2/5
Christian Siegel
Mitreden! Sagt uns eure Meinung zu „Minbari lügen nicht„ in der SF-Community!Produktionsnotizen: Vom Skript zur Folge: Zwischen den von Peter David übermittelten Erstentwurf und der fertigen Episode gibt es einige eklatante Unterschiede. So fehlen z.B. die Szenen mit Kosh und seiner Lektion (mehr dazu weiter unten bei „Kommentare von Peter David“). Im Gegenzug gibt es zahlreiche Dialoge und Szenen, die es nicht in die Folge geschafft haben: Sheridan: „Sie sagen "nur vorübergehend."” Ivanova: „Taten sind vorübergehend. Deren Folgen sind langanhaltend.” Sheridan: „Und warum haben Sie recht und die anderen unrecht?” Ivanova: „Weil Ivanova Gott ist.” Sheridan (zu "Gott"): „Sie sind kleiner als ich erwartet hatte…” Sheridan stellt sich vor sie hin und sagt zu Ashan: „Du willst sie erschießen? Dann musst du zuerst an mir vorbei. Sollte nicht zu schwer sein. Sheridan Sternenkiller. Nur diesmal kannst du nicht einfach nur die Spuren anderer verwischen und dir einreden dass du ehrenhaft handelst. Jetzt werden wir sehen woran du, der religiöse, spirituelle Ashan, glaubst. Wenn sie das was von meinem Körper übrig ist aufsammeln, werden wir sehen was noch von seiner Seele übrig ist.” Ashan: „Halt den Mund! Sheridan… du und der Centauri da… so nobel, so selbstaufopfernd! Als ob euch das besser machen würde als mich!” Delenn: „Nein. Nicht besser. Aber gleich. Gleich, Ashan. Das ist der Punkt.” Woraufhin Ashan die Waffe senkt und sich festnehmen lässt. Vir möchte nun alle davon überzeugen, dass die Aufregung umsonst war, handelte es sich doch um eine unechte PPG. Er feuert gegen die Wand – und als er sieht, wie sich ein echter Schuss von der Waffe löst, fällt er in Ohnmacht. Quelle: „Babylon 5: Other Voices - Volume 3” Das sagen die Schauspieler: Quelle: „Babylon 5: Season by Season-Guides - Volume 2: The Coming of Shadows” Kommentare von Drehbuchautor Peter David Während ich den Dreharbeiten zu "Drei Frauen für Mollari" beiwohnte rief mich Joe in sein Büro und sagte mir, dass sie ein Loch in ihrem Drehplan hatten. Ein Drehbuch das sich in Entwicklung befand funktionierte einfach nicht. „Es ist offensichtlich, dass du die Serie verstehst, und ich habe mich gefragt, ob du noch irgendwelche andere Ideen für Episoden hättest.” Zum Glück spukte mir tatsächlich etwas im Kopf herum. Die Nachrichten waren voll von Geschichten über Polizisten die in Schießereien verwickelt waren – meistens ein weißer Cop der einen Schwarzen erschoss – und den daraus resultierenden Aufschrei und Ärger. Ich dachte es wäre interessant, dies in ein SF-Umfeld zu stecken, und sagte „Was wenn Garibaldi in eine Schießerei mit einem Minbari geraten würde? Und dieser Zwischenfall bringt Sheridan in eine schwierige Situation, da die Minbari Gerechtigkeit verlangen?” Joe dachte einen Augenblick darüber nach und sagte dann „Was wenn es stattdessen Sheridan wäre? Ich könnte eine starke Sheridan-Episode gebrauchen, und dann wäre es Delenn die in der Zwickmühle stecken würde.” An Garibaldi hatte ich deshalb gedacht, da er praktisch der Polizist war, aber ich konnte mir leicht vorstellen wie die Geschichte auch mit Sheridan funktionieren würde. „Sicher”, sagte ich, und Joe und ich tauschten uns ein oder zwei Minuten darüber aus, welche Richtung die Episode einschlagen könnte. Dann sagte ich „Willst du, dass ich einen Abriss schreibe?” „Dafür haben wir keine Zeit. Setz dich gleich ans Drehbuch.” Es war erstaunlich für mich wie weit ich in so kurzer Zeit gekommen war. Aus dem Kerl der nicht mal die Genehmigung für seinen Entwurf erhalten konnte wurde ich auf einmal der Kerl der die Show offensichtlich verstand, seine zweite Geschichte in ebenso vielen Monaten verkaufte, und dem gesagt wurde die Zusammenfassung zu überspringen und gleich damit anzufangen, das Drehbuch zu schreiben. Während der Dreharbeiten zu "Drei Frauen für Mollari" habe ich ein paar Dinge bemerkt die später noch wichtig wurden. Eine davon waren die Szenen im Zocalo. Ich beobachtete die Aliens dabei wie sie im Hintergrund herumliefen, und der Assistent des Regisseurs würde „Kopf runter!” oder „Kopf aufsetzen!” rufen, je nachdem ob sie filmten oder nicht. Und es war seltsam zu sehen wie die Drazi ihren Kopf abnehmen um darunter einen Menschen zu offenbaren. Ich sprach mit Bill Mumy darüber und sagte „Weißt du was ich gerne machen würde? Eine Szene schreiben über einen Souvenirshop auf Babylon 5. Ivanova kauft dort ein, sieht sich die Artikel an. Und sie dreht sich zu einem Drazi um und sagt "Dieses ganze Zeug hier ist ja unglaublich" und der Drazi nimmt seinen Kopf herunter und wir sehen, dass er ein Mensch ist.” Bill hatte dann die Idee zum Überdrüber-Gag: „Und dann dreht sich Ivanova zu einem Menschen um, sagt "Dieser Ort hier ist verrückt!", und der Mensch nimmt seinen Kopf ab und ist ein Drazi.” […] Die Szene wurde brillant gefilmt, da der Mensch der seine Maske abnimmt und sich daraufhin als Drazi entpuppt in einer einzigen Einstellung gedreht wurde, ohne Schnitt. Das war vor der Art von Morphing-Effekten, mit denen es ein leichtes gewesen wäre, dies später in der Nachbearbeitung umzusetzen. Stattdessen wurde alles live gedreht. Mike Vejar, der Regisseur, inszenierte es so dass Ivanova dem "Menschen" gegenüberstand, der an seinen Hals griff und damit begann das was wie das untere Ende einer Maske aussah abzuziehen. Dann schwenkte die Kamera zu einem Spiegel (den die Kunden vermutlich verwenden würden um zu sehen, wie sie mit Maske aussehen) und das Spiegelbild des Kunden zog die Maske herunter um sein Drazi-Gesicht zu offenbaren. Es war einfach genug zu inszenieren. Der Schauspieler trat einfach aus dem Weg sobald die Kamera von ihm wegfuhr, und der Mensch-der-den-Drazi-spielt-der-den-Mensch-spielt trat an seinem Platz um im Spiegel aufzuscheinen und die Illusion perfekt zu machen, und eine Maske von einem Kopf zu ziehen die vom Gesicht des anderen Schauspielers gemacht wurde. Während "Drei Frauen für Mollari" überwiegend meine Arbeit war, trifft das für "Minbari lügen nicht" nur mehr bedingt zu. Joe schrieb ungefähr die Hälfte des Drehbuchs um; er hätte leicht seinen Namen als Koautor anführen lassen, aber das war nicht sein Stil. […] Einiges von seiner Arbeit war auf Notwendigkeit zurückzuführen. Die Folge beinhaltet eine Handlung mit Sheridan und Kosh und einen Moment perfekter Schönheit. Jedes Wort davon war Joe's. Ich vermute, dass es zuvor im anderen Drehbuch war, dass "Minbari lügen nicht" ersetzt hat, und dass es Joe wegen des Handlungsrahmens für erforderlich hielt, es in mein Drehbuch einzufügen. Das war, worauf Joe sein Hauptaugenmerk richten musste: den allumfassenden Handlungsbogen. Das Gesamtbild war wichtiger als meine Einzelepisode, oder irgendeine Einzelepisode, um genau zu sein. Als Ergebnis daraus wurde Material aus meinem Drehbuch gestrichen, um Raum für die Szenen mit Kosh zu schaffen. Die Figur die es am schwersten erwischt hat war dabei Guinevere Corey, Sheridan's Anwältin, benannt nach meiner zweiten Tochter, und dargestellt von Julie Caitlin Brown, befreit von ihrem Na'Toth-Makeup. Fast all ihre Szenen wurden gestrichen was dazu führte, dass sie zwar einen großen Auftritt hatte, danach aber praktisch nichts mehr zu tun bekam. Andere Dinge wurden aus Zeitgründen gestrichen. Ich wollte Stephen Furst etwas mehr zu tun geben, und hatte eine Nebenhandlung in der er von Schuldgefühlen geplagt wird wegen der Gräueltaten die von Londo verübt werden. Ich schrieb eine Szene in der Talia ihn zufällig berührt und einen flüchtigen Blick in seine Gedanken erhascht. Was sie dabei sehen sollte war eine surreale Szene, in der Vir in einen bodenlosen Abgrund stürzt. In der ausgestrahlten Version läuft sie zwar in ihn hinein, aber der Fall wurde geschnitten. Er wurde jedoch gedreht, was mit sich brachte, dass Stephen in einem unbequemen Klettergeschirr hochgezogen wurde und man ihn eine Stunde lang vor einer grünen Leinwand baumeln ließ, während er sich windete und schrie und gequält dreinschaute (was nicht viel Schauspielerei erforderte). Andere Änderungen waren eine Frage der Charakterisierung. In der endgültigen Fassung trickst Lennier Ashan (der Name meiner ältesten Tochter, Shana, leicht verschoben ausgesprochen) aus und bringt ihn zum Geständnis, dass der tote Minbari Teil einer großen Verschwörung war, mit der man Sheridan kaltstellen wollte. Das war nicht was ich geschrieben hatte. Etwas früher in der Episode spricht Ashan verächtlich zu Delenn, und nennt sie einen "Freak" wegen der Veränderung die sie vollzogen hat. In meinem Erstentwurf nahm Delenn, als sie erkennt dass Ashan an einem Komplott beteiligt war um Sheridan zu stürzen, ihren Gravitationsring, den wir seit "Die Zusammenkunft" nicht mehr gesehen haben, und verwendet ihn um Ashan zu bedrohen. Sie macht ihm deutlich dass er sofern er nicht schnell zum Reden anfängt, als Futter für die Würmer enden wird. Ein gequälter Ashan schreit daraufhin „Aber Minbari töten keine anderen Minbari!”, woraufhin Delenn kalt antwortet: „Das ist wahr. Aber welche Bedeutung hat das schon… für einen Freak?” Woraufhin Ashan sich die Seele aus dem Leib redet. Ich liebte diesen Satz, und die Idee dass Delenn ihm das mit dem "freak" zurückwirft. Ich konnte Mira's Stimme dabei hören, wie sie das sagte. Joe hasste es. Er hielt es für unelegant und zu brutal, dass eine Figur die Wahrheit aus einem Verdächtigen quasi rausprügelte. Er war derjenige, der die Szene mit Lennier schrieb. So wie er mein ursprüngliches Konzept für "Drei Frauen für Mollari" als zu "Star Trek"-ähnlich empfand, erinnerte mich seine Auflösung für "Minbari lügen nicht" zu sehr an "Mord ist ihr Hobby". War ich verärgert über die Änderung? Nein. Ein wenig enttäuscht vielleicht, und bis heute glaube ich, dass meine Version besser war. Aber B5 war, und ist, Joe's Sandkiste. Es ist nicht wie bei "Star Trek" wo du ein Dutzend oder mehr Autoren hattest die über jedes Drehbuch drübergehen und alle möglichen Änderungen vornehmen, egal ob das Drehbuch diese brauchte oder nicht. B5 war die alleinige Vision von Joe Straczynksi, und alle Änderungen die er vornahm dienten dazu, seine Vision zu verwirklichen. Meine damalige Frau liebte Plüschbären. Dankbar, dass Joe zwei Drehbücher von mir gekauft hatte, und da die Feiertage herannahten, dachte Sie dass ein kleines Geschenk als Dankeschön angebracht war. Nach reiflicher Überlegung entschied sie, dass Sie Joe einen Bären der Vermont Teddy Bear Company schicken lassen würde. Er wäre in einer Baseball-Jacke gekleidet, hätte hinten das Logo "Babearlon 5", und die Initialen JS vorne auf der Jacke. Der Bär wurde bestellt, produziert, und verschickt. Ich sprach mit Joe cirka eine Woche später. Er klang ernst: „Peter, ich habe dein… Geschenk… erhalten.” „Oh gut, gefällt es dir?” „Ich hasse niedlich”, antwortete er, nicht weniger ernst. Er war offenbar der Ansicht, dass dies allgemein bekannt war. Ich hatte keine Ahnung gehabt. „Uhm... okay, nun, wenn du ihn nicht willst, schick ihn zurück.” „Nein nein, ich behalte ihn”, antwortete er. Dann machte er eine kurze Pause und fügte an „Dafür werde ich dich drankriegen. ”„Du wirst mich drankriegen. Für ein Geschenk?” „Ja.” Und Joe schrieb den Bären ins Drehbuch, was damit endete dass John Sheridan Anstoß an dem Bären nahm, der seine Initialen auf der Jacke eingestickt hatte (Joe Straczinsky… John Sheridan… Jeffrey Sinclair. Zufall? Natürlich nicht.) Als Ergebnis daraus wurde das hilflose Fellknäuel ins Weltall geworfen, prallte von der Windschutzscheibe einer Starfury ab und driftete ins Nichts. Hätte ich damals eine Kristallkugel gehabt und gewusst, dass meine Ehe in einer Scheidung enden würde, hätte ich es dabei bewenden lassen. Aber wenn das Geschenk deiner Frau im Fernsehen runtergemacht wird, ist Vergeltung angesagt. Deshalb wurde in der TV-Serie "Space Cases", die ich mit Bill Mumy erschaffen habe, ein identischer Bär (ohne Mütze und Jacke, auf Drängen der Nick-verantwortlichen) im All herumfliegend von den Kindern unseres Schiffs, der Christa, gefunden. Die Figur Rosie fragte daraufhin rhetorisch „Welcher Trottel würde einen Bären in tadellosem Zustand ins All werfen?” Die Antwort darauf war, wie sich später herausstellen sollte, dass dies das Werk einer außerirdischen Rasse namens Strazyn war: Möchtegern-Galaxie-Eroberer die ein knappes Budget zur Verfügung hatten und deshalb in ihrer Region des Alls Fallen auslegten, inklusive – in diesem Fall – einem tödlichen Virus innerhalb des Teddybären. Ich sagte Joe, dass wir damit quitt wären. Joe machte mir klar, dass, ganz im Gegenteil, ich nun eine Naturgewalt freigelassen hätte. Er hatte sich das als amüsantes hin- und her zwischen uns vorgestellt, mit Fans die zu Conventions gehen würden nur um zu sehen welchen Streich sich Joe oder Peter diesmal rund um den Bären ausgedacht hätten. Er wollte sogar, dass der Bär in anderen SF-Serien auftaucht. Auf der folgenden San Diego Comic-Con waren meine Sinne definitiv geschärft. Ich hatte eine Präsentation zu "Space Cases". Ich hatte ein Video mitgebracht und hatte gerade erst damit begonnen, eine Episode herzuzeigen. Ich durchsuchte daraufhin den dunklen Raum, auf der Suche nach irgendetwas. Ich wusste nicht was, aber ich wusste dass ich es erkennen würde, sobald ich es entdeckte. Und in der Tat, im hintersten Teil des Raumes sah ich eine junge Frau in einem Bärenkostüm. Ich wusste, dass es eine Frau war, da sie den Kopf des Bären in ihren Händen hielt. Sie war offenbar gerade erst eingetroffen und wartete nun dort. Neben ihr stand eine andere Frau. Ich ging zu ihr und sagte sanft „Kann ich ihnen irgendwie helfen?” Sie sagte "Ich bin hier um ein singendes Telegramm an Peter David zuzustellen.” Ich antwortete, in einer so humorlosen Stimme wie es mir nur möglich war, „Ich bin Peter David.” Selbst in der Dunkelheit des Raumes konnte ich sehen, wie das Blut aus ihrem Gesicht wich. Ich hatte sie erwischt, bevor sie bereit war loszulegen. „Ah, nun, also… Ich soll singen und tanzen und sie bloßstellen.” „Ich verstehe”, sagte ich mit ernster Stimme (was ganz einfach war, ich imitierte einfach Joe). „Nun, ich muss Ihnen sagen, ich habe gerade dieses Video reingelegt, und wenn sie glauben dass ich meine Präsentation unterbreche damit sie singen, tanzen und mich bloßstellen können, können Sie das vergessen. Wenn sie wollen, können Sie gehen und sagen Sie wären aufgetaucht um mich bloß zu stellen, aber es ist ihnen nicht gelungen.” Die Frau neben ihr war eine Art Begleitung, jemand von der Firma der bestätigen sollte, dass das Telegramm zugestellt wurde. „Nein, das kann sie nicht machen.”, sagte sie. „Wir werden warten müssen, bis das Video vorbei ist.” „Okay, fein.” „Wie lang dauert es?”, fragte die Frau im Kostüm. Es dauerte 22 Minuten, aber natürlich sagte ich ihr, dass es eine knappe Stunde dauern würde. Sie lehnte sich zurück an die Wand und stöhnte leicht. Die Raumtemperatur war nicht unbedingt kühl, was bei der Frau schon bald Wirkung zeigen sollte. Ich beschloss, dabei noch ein wenig nachzuhelfen. „Das sieht wiiiiiiirklich verdammt heiß aus in diesem Kostüm.”, sagte ich, meine Stimme voller Mitgefühl. „Mann, Sie müssen darunter ganz schön schwitzen.” Sie nickte. „Ich bin froh dass ich nicht in solch einem heißen, schweißnassen Kostüm für solch eine laaaaaaange Zeit herumstehen muss.” Die Schweißperlen begannen ihr übers Gesicht zu laufen. Sie sah aus als würde sie gleich beginnen zu schmelzen. „Ich wünschte ja, ich könnte Ihnen helfen, aber es wird noch eine laaaange Zeit dauern, bis das Video vorbei ist.” Ihre Begleitung sagte „Was wenn wir kurz nach draußen in den Gang gehen? Sie kann es dort machen.” „Fein.”, sagte ich sofort. Und so gingen wir nach draußen in den Gang, der völlig verlassen war, und keine Menschenseele es sah. Joe's Vergeltung wurde vereitelt. Daraufhin plante ich meinerseits zurückzuschlagen, und ich hatte auch schon einen ausgefuchsten Plan im Kopf. Aber einige Wochen später rief mich ein Freund von mir, der Autor John Peel an, und erzählte mir eine beunruhigende Geschichte. Er wurde von einer Convention gefragt, potentielle Gäste zu empfehlen, und er schlug vor mich einzuladen. Worauf man ihm gesagt hat „Nun, wir mögen Peter zwar als Autor und so, aber unser Ehrengast ist Joe Straczynski, und jeder weiß dass er und Peter sich nicht ausstehen können.” Und ich sagte, „Ok, das war's.” Nachdem ich John aufgeklärt hatte, rief ich sofort Joe an und erzählte ihm was passiert war. Joe bat sofort an, sich mit der Convention in Verbindung zu setzen und sie darüber zu informieren, dass wir ganz im Gegenteil guter Freunde waren und es sich bei der Bären-Geschichte nur um einen Scherz handelte – ein mentaler Schlagabtausch in Einfallsreichtum, wenn man so will. Ich sagte ihm, dass dies nicht nötig war, dass ich mich darum kümmern würde, und dann sagte ich „Soweit es mich betrifft, ist es vorbei. Ich möchte nicht, dass die Fans glauben, dass wir beide uns hassen. Wenn du also weiter deine Bären-Streiche machen willst, nur zu, und ich werde sie hinnehmen, aber ich werde nicht zurückschlagen.” Und Joe sagte, etwas enttäuscht „Nun, das würde doch keinen Spaß machen. Dann vergessen wir's.” Und das war's dann. Oder auch nicht. Denn der Bär hatte ein Eigenleben entwickelt. Eine der ersten Fragen, die Bruce Boxleitern bei einer Fragestunde einer britischen Convention gestellt wurde, lautete „Glauben Sie, dass die Figur von Captain Sheridan durch seine abscheuliche Behandlung des Teddybären irreparabel beschädigt wurde?” Was Joe betrifft… bei einer anderen Convention hielt er eine Videopräsentation, und als danach die Lichter angingen entdeckte er, sehr zu seinem Missfallen, dass währenddessen fünf Stoffbären auf dem Bühnentisch aufgestellt wurden. Sie wurden dort von ein paar heimtückischen Fans hingestellt, und saßen nun dort, und starrten ihn vorwurfsvoll an. Joe ging auf die Bühne, schnappte einen der Bären, und warf ihn ins Publikum. Woraufhin ein kleines Mädchen ihre Hand hob und fragte „Wenn Sie die Bären hergeben, könnte ich vielleicht einen haben?” Joe nahm daraufhin die verbleibenden vier und drückte sie in die Hände des hocherfreuten Mädchens. Ich traf sie später bei der Orlando MegaCon und fragte sie, ob sie den Bären schon Namen gegeben hätte. Sie verneinte. Und ich sagte ihr, sie sollte sie Babearlon 1, 2, 3 und 5 nennen, da Nr. 4 verschwunden ist. Am meisten bedaure ich, dass ich keine der Merchandising-Artikel die im Shop hergezeigt wurden behalten durfte. Nicht mal ein einziges Shirt oder eine Baseballkappe. Joe stellte die Londo Mollari-Puppe vor einer Weile auf Ebay und ich bot wie wild, hab sie aber nicht bekommen. Ich hatte mal zwei Babylon 5 Crew-Jacken, aber meine Ex-Frau bekam eine davon (sie gab sie sofort her, was mich unheimlich verärgert hat – was natürlich genau der Grund war warum sie es getan hat), und ein unerwarteter Mottenbefall zerstörte die andere. Daher habe ich keine physischen Souvenirs von meiner Zeit mit B5 (außer den Bären, aber den zähle ich nicht). Was ich habe, sind viele Erinnerungen, und meinen Platz in der B5-Geschichte, auch wenn Mira bis zum heutigen Tag gereizt reagiert wenn jemand ihr gegenüber den Satz mit den Krämpfen erwähnt. Das Ironische an der Sache ist, dass Fans meiner Star Trek-Romane mir immer sagten „Du solltest Star Trek-Episoden schreiben.” Hier schrieb ich nun zwei Episoden für Babylon 5, und was sagten die Fans zu mir? „Du solltest B5-Romane schreiben!” Was, wie das Leben so spielt, ich dann auch tat, unter anderem die "Centauri Prime"-Trilogie. Joe sagte Fans, dass ich die logische Wahl dafür sei, da „Peter David praktisch ein Centauri ist.” Alles in allem war "Babylon 5" eine der angenehmsten und interessanten kreativen Erfahrungen meines Lebens. Leute fragen mich ob ich noch an mehr B5-Material arbeiten werde, und ich gebe ihnen immer die gleiche Antwort: Wenn mich Joe haben will, bin ich dabei. Andernfalls bin ich völlig damit zufrieden, einfach ein weiterer Fan zu sein, und bin gespannt darauf zu sehen, was als nächstes im Babylon 5-Universum passieren wird. Quelle: „Babylon 5: Other Voices - Volume 3” Kommentare von JMS Quelle: „Babylon 5: Season by Season-Guides - Volume 2: The Coming of Shadows” Schickt mir niemals etwas Niedliches. Der beste Teil war während der Dreharbeiten, als wir den Bären vor einem Bluescreen aufnahmen, um ihn in die CGI einzufügen. Da steht also unser EFX Supervisor vor dem Bluescreen, mit diesem langen Stab im Hintern des Teddybären, der sich dreht und dreht und dreht… Quelle: Der deutsche Lurker’s Guide für Babylon 5
Zusammengestellt von Christian Siegel
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