Mauern der Gewalt
Klischeehaftes Gefängnis-Drama Kategorie: Filme - Autor: Björn Flügel - Datum: Freitag, 31 Oktober 2014
 
 
Mauern der Gewalt
Originaltitel: Starred Up
Produktionsland/jahr: UK 2013
Bewertung:
Studio/Verleih: Sigma Films/Ascot Elite
Regie: David Mackenzie
Produzenten: U.a. Gillian Berrie
Drehbuch: Jonathan Asser
Filmmusik: -
Kamera: Michael McDonough
Schnitt: Jake Roberts & Nick Emerson
Genre: Drama
DVD-Premiere Deutschland: 28. Oktober 2014
Kinostart UK: 21. März 2014
Laufzeit: 106 Minuten
Altersfreigabe: Ab 16 Jahren
Trailer: YouTube
Kaufen:Blu-Ray, DVD
Mit: Jack O'Connell, Gilly Gilchrist, Frederick Schmidt, Edna Caskey, Darren Hart, Raphael Sowole, Duncan Airlie James, Anthony Welsh, David Ajala u.a.



Kurzinhalt: Wegen seiner Aggressivität wird der 19-jährige Eric aus dem Jugendknast in den Strafvollzug für Erwachsene verlegt. Dort begegnet er seinem Vater Neville, zu dem er praktisch gar kein Verhältnis hat. Nachdem Eric sowohl Mithäftlinge als auch Wärter gegen sich aufgebracht hat, stellt sich Neville seiner Verantwortung als Vater und nimmt seinen Sohn unter seine Fittiche. So bringt er ihn in die Therapiegruppe des Sozialarbeiters Oliver, um seine Aggressionen in den Griff zu bekommen. Doch zunächst ist Eric nicht daran gelegen, sein Verhältnis zu seinem Vater aufzuarbeiten…

Review: Szenenbild. Die ersten Szenen vermitteln einen ungefähren Eindruck davon, welchen Anspruch Regisseur David Mackenzie in seinem Gefängnisdrama "Mauern der Gewalt" erheben will. Er will den harten Knastalltag möglichst realitätsnah und ohne dramaturgische Kniffe schildern, er will ein authentisches Drama erzählen. So ist es zu erklären, dass sich die ersten Minuten quasi in Echtzeit und im Pseudodokumentarstil mit der Einlieferung des 19-jährigen Hauptprotagonisten Eric (Jack O'Connell) beschäftigen. Dieser Einstieg hat mir ausgesprochen gut gefallen, und es ist umso bedauerlicher, dass der Film schon kurz darauf Schiffbruch erleidet, denn mit Fakten und ungeschöntem Drama hat der Film unter dem Strich rein gar nichts zu tun. Zuallererst halte ich die Prämisse, dass Eric just auf dieselbe Station, auf der auch sein Vater Neville (Ben Mendelsohn) einsitzt, verlegt wird, für absolut unglaubwürdig. Ihr Familienverhältnis scheint der Gefängnisverwaltung ja bekannt zu sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man in der Realität Vater und Sohn im selben Trakt unterbringen würde, da die Gefahr, dass es zu Unruhen kommt, doch recht groß ist.

Weiterhin bezweifle ich die Authenzität des hier geschilderten Gefängnisalltages. Selbst wenn ich glauben würde, dass die hier dargestellten Aggressionen unter den Gefangenen wirklich an der Tagesordnung wären, dann wäre es erst recht unwahrscheinlich, dass sie sich nahezu frei und ohne jede Aufsicht innerhalb des Gefängnisses bewegen könnten. Ah, nein, denn die Wärter sind natürlich bestechlich und bessern sich ihr Gehalt auf, indem sie bewusst "wegsehen" oder den Insassen den einen oder anderen Wunsch erfüllen. Und so ist es dann auch möglich, dass ein Mitgefangener seinen Geschäften erfolgreich nachgehen und im Knast sowieso alle Strippen ziehen kann. Der Einzige, der an Eric glaubt und ihm einen Weg aus der Gewalt heraus zeigt, ist der gutgläubige Sozialarbeiter Oliver (Rupert Friend), an dessen Therapiegruppe neben Eric - logischerweise - ausschließlich schwarze Häftlinge teilnehmen. Der Film ist sich wirklich für kein Klischee zu schade, und insofern ist es kein Wunder, dass die Gefängnisprämisse, die Regisseur Mackenzie ausgiebig etabliert, den Film nicht zusammenzuhalten vermag. Für die Vater-Sohn-Geschichte nimmt er sich viel zu wenig Zeit, so ist sie kaum nachvollziehbar und erreicht den Zuschauer einfach nicht. Die wenigen gegebenen Hintergrundinfos, die meist nur in Nebensätzen abgehandelt werden, reichen längst nicht dazu aus, um mit den Figuren mitzufühlen und ihre Beweggründe zu verstehen. Das ist schade, wäre die Aufarbeitung des zerrütteten Vater-Sohn-Verhältnisses doch bestens dazu geeignet gewesen, neben der körperlichen Gewalt auch den psychischen Druck der Gefangenschaft zu thematisieren und dem Film als solchen eine Substanz zu geben. Doch so bleibt dieser Aspekt nicht mehr als nur eine Randnotiz.

Szenenbild. Ich kann bei bestem Willen all die positiven, zum Teil geradezu überschwänglichen Kritiken, die insbesondere die außerordentliche Authenzität des Films hervorheben, nicht nachvollziehen, denn summa summarum ist "Mauern der Gewalt" ebenso fiktional wie vergleichbare Produkte. Was den Film dann aber doch noch zumindest bedingt sehenswert macht, ist die exzellente Performance von Jack O'Connell. Bravourös stemmt er die physisch doch stark fordernde Hauptrolle. Auch ist erkennbar, wie sehr er sich in die Rolle hineinfühlt. Ein ungemein diszipliniertes junges Talent, von dem man sicher noch einiges hören wird! Weiterhin können sich auch das ausgezeichnete Produktionsdesign und die Bildgestaltung sehen lassen. Sie tragen maßgeblich dazu bei, dass so etwas wie Atmoshäre aufkommt und verleihen dem Film dank geschickter Kameraeinstellungen, Beleuchtung und Farbfilter eine gewisse Ästhetik, was den Film deutlich aufwertet.

Fazit: Auf den ersten Blick sieht "Mauern der Gewalt" sehr gut aus. Mit Jack O'Connell präsentiert der Film einen hervorragenden Hauptdarsteller, die Optik ist durchaus ansprechend und verleiht dem Film eine gewisse Ästhetik. Jedoch sei davor gewarnt, ihn als authentisches, realitätsnahes Knastdrama zu betrachten, denn das ist der Film keineswegs! Regisseur David Mackenzie schildert exzessiv den rauhen, harten Knastalltag bzw. das, was er dafür hält, wobei er kaum ein Klischee auslässt und die psychischen Aspekte von vornherein unter den Tisch fallen lässt. Die eigentliche Story, die Vater-Sohn-Geschichte, vernachlässigt er sträflichst, so dass sie kaum nachvollziehbar ist und den Zuschauer emotional nicht erreicht. Spannend ist der Film insofern nicht.

Wertung:5 von 10 Punkten
Björn Flügel
(Bilder © 2014 Ascot Elite Home Entertainment)


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